RESIST Projektbericht: Wirkungen von und Widerstände gegen 'Anti-Gender'-Mobilisierungen in Europa: Bericht zur Fallstudie Deutschland
Contributors
Research group:
- 1. RESIST Fostering Queer Feminist Intersectional Resistances against Transnational Anti-Gender Politics
Description
This is the German translation of the RESIST Project Work Package 2 Report: "Effects of, and Resistances to ‘Anti-Gender’ Mobilisations Across Europe. A Report on Germany"
Abstract (German)
Trotz der jüngsten Bemühungen, Deutschlands geschlechtliche und sexuelle Gleichstellung auf gesetzlicher Ebene zu verankern, haben kürzlich mehrere Bundesländer ein Verbot der gender-inklusiven Sprache in öffentlichen Einrichtungen, einschließlich Schulen und Universitäten, eingeführt. In den Interviewdaten der Fallstudie Deutschland wurden Widerstände gegen den Begriff ‚Gender’ daher hauptsächlich mit diesen so genannten ‚Genderverboten’ wie zum Beispiel in Bayern und Hessen sowie mit Debatten über Geschlechtsidentitäten in Verbindung gebracht. Diese Kontroversen wurden von den Teilnehmenden als Ausdruck von Antifeminismus und Queerfeindlichkeit verstanden.
Die Teilnehmenden dieser Studie machten ihre große Besorgnis über die Wahlerfolge der extrem rechten Partei ‚Alternative für Deutschland’ (AfD) deutlich. Sie verknüpften deren Aufstieg auch mit einem mangelnden Wissen sowie ‚Ignoranz’. Dies identifizierten sie nicht nur als Nährboden für rechte Mobilisierungen, sondern auch für die Unsichtbarmachung geschlechtlicher Vielfalt durch Institutionen sowie für zwischenmenschliche Mikroaggressionen. Sie fürchteten sich vor drohenden Kürzungen von Fördermitteln, vor parlamentarische Anfragen in Bezug auf Projekte der politischen Bildung sowie vor gezielten Störungen von feministischen und LGBTIQ+-Veranstaltungen. Im Kontext dieser Befürchtungen empfanden die Teilnehmenden Gefühle der Angst und der Hilflosigkeit.
Teilnehmende berichteten weiter von einer zunehmenden Sichtbarkeit von trans* Menschen in medialen Diskursen, die von Feindseligkeit geprägt sei. Sie beobachteten zudem eine Verschärfung von physischer sowie digitaler Gewalt gegen trans* Personen und deren Unterstützer*innen. Die Teilnehmenden assoziierten diese Entwicklungen mit den Debatten um das kürzlich in Deutschland verabschiedete Selbstbestimmungsgesetz (SBGG).
Verschiedene Befragte berichteten von gezielten Übergriffen im Kontext ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit, beispielsweise in Form von medialen Kontroversen oder Online-„Shitstorms“. Diese Übergriffe richteten sich unter anderem gegen Pädagog*innen, Forschende und Beratende in den Bereichen der Inklusion von LGBTIQ+-Personen, Antifeminismus und Schwangerschaftsabbrüchen. Die Teilnehmenden gaben an, dass sie sich mit der Bewältigung solcher Übergriffe oft allein gelassen fühlten, selbst wenn diese im beruflichen Kontext stattfanden. Mehrere Studienteilnehmende hielten fest, dass sie sich privater Ressourcen bedienen mussten, um mit den Angriffen auf ihre Person zurechtzukommen.
Zahlreiche Teilnehmende berichteten aufgrund von erlebten (oder drohenden) Angriffen über einen Rückzug aus dem öffentlichen Raum, einschließlich sozialer Medien und Veröffentlichungen. Sie wiesen darauf hin, wie wichtig sie die Erhaltung eines demokratischen Diskurses erachten, an dem sich auch Minderheiten sicher beteiligen können. Die Teilnehmenden sahen diesen als wichtiges und nachhaltiges Mittel, um die breite Gesellschaft widerstandsfähiger gegen diskriminierende Mobilisierungen zu machen. Aus den Daten wurde ersichtlich, dass sich die befragten Personen an politischer und zivilgesellschaftlicher Bildung beteiligen, um Diskriminierung zu bekämpfen und die breite Gesellschaft mit ihren Anliegen zu erreichen.
Mediale Debatten wurden von den Befragten als zentrale Schauplätze für das Schüren von trans* feindlichen Einstellungen angesehen. Einige trans* Teilnehmende berichteten hierzu, dass sie sich bewusst an öffentlichen Aktionen wie Demonstrationen oder Kundgebungen beteiligten, um eine positive Sichtbarkeit zu schaffen und somit den negativen Bildern in diesen Debatten entgegenzuwirken. Viele Teilnehmende äußerten auch, dass sie sich zur Bekämpfung von Antifeminismus und Queerfeindlichkeit für eine institutionelle Zusammenarbeit sowie Solidarität engagierten. Sie zählten dazu auch das Teilen von Ressourcen.
Die Teilnehmenden äußerten Besorgnis in Bezug auf den Zusammenhalt feministischer und LQBTIQ+-Communities. Als Bedrohungen für diesen Zusammenhalt identifizierten sie mehrfache Diskriminierung, „Ausradierung“, interne Spaltungen aufgrund politischer Einstelllungen sowie einen zunehmend feindseliger werdenden Umgangston. Die meisten Befragten waren aktive Community-Mitglieder. Nebst der geäußerten Besorgnis betrachteten sie ihre Communities als entscheidend, um das feindselige politische Klima und ihre persönlichen Erfahrungen mit Antifeminismus und Queerfeindlichkeit zu bewältigen. Für die Befragten war es wichtig, sich in Räumen aufzuhalten, in denen ihre Erfahrungen und Identitäten anerkannt und nicht in Frage gestellt werden.
Series information
Part of the: Deliverables of the RESIST Project (EU Project ID: 101060749). Output ID: “D2.1: Report on the effects and everyday resistances to anti-gender mobilisations”.
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- Is part of
- Report: 10.5281/zenodo.11180745 (DOI)