"giebt es in Deutschland noch lebende Personen, welche Missionarien in Amerika gewesen sind? u. wie heißen sie? und wo halten sie sich auf?" Über die Fragilität grammatikographischer Gelehrtennetzwerke am Anfang des 19. Jh.

»Comme Vous continuez toujours à Vous occuper de ces mêmes objets, je suis convaincu que nous pouvons encore nous attendre à voir paroître des travaux qui avanceront essentiellement la connoissance des langues sauvages de l'Amérique septentrionale, & j'attends sur tout avec impatience la grammaire de Zeisberger«,[1] schreibt Wilhelm von Humboldt (1767-1835) am 9. April 1823 an Peter Stephen Du Ponceau (1760-1844). Er sei überzeugt, so Humboldt, dass man noch weitere Studien zu den 'wilden Sprachen' Nordamerikas auffinde werde, und mit besonderer Ungeduld erwarte er die Grammatik von Zeisberger. Das wird nach dem Tod von John Heckewelder (1743-1823), den Du Ponceau sonst persönlich wegen Nachfragen aus Europa kontaktierte, allerdings immer schwieriger. Den Briefwechseln zufolge hat Humboldt die Grammatik des Onondagoischen – einer nordirokesischen Sprache –, nach der er in Folge noch mehrfach fragte, auch nie selbst in Händen gehalten. In Briefwechseln wie diesen bilden sich nicht nur weltweite Gelehrtennetzwerke ab. Hier eben eines, das besonderes grammatikographisches Interesse hat und zu dem im Hinblick auf nordamerikanische Sprachen neben den Genannten auch Johann Severin Vater (1771-1826) und John Pickering (1777-1846) gehörten. Zum anderen können wir auf er Basis der digitalisierten Grammatik David Zeisbergers (1721-1808) und an den Grammatiken, die das Onondagoische behandeln, heute nachvollziehen, welches Wissen auf welchem Weg nach Europa gekommen und in die Grammatiken eingegangen ist. 

[1] Wilhelm von Humboldt an Peter Stephen Duponceau, 09.04.1823. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 18.10.2021. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/518.