Published March 19, 2022 | Version v1
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Normalisiereung

  • 1. JOHANNES GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ

Description

Der Begriff der Normalisierung (engl. Normalization) wird im Bereich der Translationswissenschaft für die Bezeichnung verschiedener Konzepte verwendet. Er beschreibt die Standardisierung, die Sprachen durchlaufen, um zu einer Hochsprache zu reifen, die in allen Bereichen des Alltags Verwendung findet, und bei der Übersetzungen eine entscheidende Rolle spielen. Ebenfalls als Normalisierung bezeichnet man die Vorbereitung von Texten für die maschinelle Übersetzung, eine Übersetzungsstrategie, bei der der Übersetzer*innen versuchen, die Übersetzung an die Zielkultur anzupassen, sowie ein Phänomen von sprachlichen Frequenzeffekten, die in Translationskorpora beobachtet werden können.

Normalisierung als die Standardisierung von Sprachen bezeichnet Fälle der Geschichte, in denen einflussreiche Übersetzer*innen (z. B. Martin Luther) in einen zur damaligen Zeit nur eingeschränkt verwendeten Dialekt übersetzten. Dadurch, dass dieser Dialekt nun auch für literarische Zwecke verwendet wurde und stärker Verwendung fand, etablierte er sich als Hochsprache.

Normalisierung oder Normierung bezeichnet auch einen Prozess, in dem Texte bestimmten Normen angepasst werden. Diese Normen werden sowohl von Firmen als auch von nationalen und internationalen Organisationen definiert. Sie betreffen unter anderem die Terminologie, aber auch andere sprachliche Bereiche bestimmter Fachbereiche. Übersetzer*innen müssen diese Normen bei der Erstellung ihrer Zieltexte berücksichtigen. Die Einführung von Textnormen führt oft zu einer Einheitlichkeit der Texte und einer höheren Qualität.

Normalisierung als Vorbereitung von Text für die maschinelle Übersetzung bezeichnet einen Prozess, bei dem nicht normgerechte Aspekte von Texten (z. B. Abweichungen von der üblichen Rechtschreibung oder die Verwendung unüblicher Abkürzungen) vor der maschinellen Übersetzung korrigiert werden, um das Resultat zu verbessern.

Normalisierung als Übersetzungsstrategie beschreibt die Wahl einzelner Übersetzer*innen, die Übersetzung an die Normen der Zielkultur anzupassen. Diese Strategie wird auch als Einbürgerung bezeichnet.

Insgesamt ist jedoch festzustellen, dass der Begriff Normalisierung in der translationswissenschaftlichen Literatur überwiegend verwendet wird, um einen linguistischen Frequenzeffekt in Vergleichskorpora zu beschreiben. Normalisierung wird in diesem Fall als die übertriebene Verwendung für die Zielsprache typischer Merkmale in Übersetzungen, verglichen mit frei produzierten Texten, bezeichnet. Normalisierung als Frequenzeffekt ist in einer ganzen Reihe an Korpusstudien untersucht worden. Der Effekt wurde in verschiedenen linguistischen Bereichen und mit unterschiedlichen Sprachenpaaren beobachtet. Verschiedene Theorien wurden aufgestellt, um unter anderem die kognitiven Ursachen für dieses Phänomen zu finden.

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