Published September 30, 2021 | Version 1.0
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Zukunft Biene 2 – Grundlagenforschungsprojekt zur Förderung des Bienenschutzes und der Bienengesundheit

  • 1. Institute of Biology, University of Graz, Graz, Austria
  • 2. Austrian Agency for Health and Food Safety Ltd., Vienna, Austria
  • 3. Institute of Virology, Department of Pathobiology, University of Veterinary Medicine, Vienna, Austria

Description

Im Modul U werden die Winterverluste von Bienenvölkern erhoben und auf Risikofaktoren hin untersucht. In Österreich wird diese Untersuchung seit dem Winter 2007/08 durchgeführt. Die Winterverlustraten in den vier Umfragejahren der Untersuchung für Österreich waren 2017/18 11,8% (95% CI: 11,1-12,5%), 2018/19 15,2% (95% CI: 14,4-16,1%), 2019/20 12,6% (95% CI: 11,9-13,3%) und 2020/21 12,5% (95% CI: 11,8-13,3%). Der laufende Mittelwert der Winterverluste für Österreich über die vier Umfragejahre beträgt 13,0%.

Die Beteiligungsrate war zwischen 4,4% und 5,2%, wobei die Anzahl der bei „Biene Österreich“ gemeldeten Imkereien und auch Bienenvölkern so hoch wie noch nie seit dem Beginn unserer Winterverlustumfrage sind. Nur durch die erfolgreiche freiwillige Teilnahme vieler Imker und Imkerinnen an unserer Umfrage ist es uns überhaupt möglich Winterverluste und ihre möglichen Faktoren über mehrere Jahre hinweg zu untersuchen. Hierbei wurden Analysen über die geografische Verteilung der Winterverluste, zu den begleitenden Symptomen, sowie zur Betriebsweise durchgeführt. Ein wichtiger Faktor war außerdem die Analyse der Behandlungsmethoden, welche zur Bekämpfung von Varroa destructor eingesetzt wurden und deren Einfluss auf die Wintersterblichkeit. Sowie auch Trends und Verteilung der durchaus heterogenen Imkerei in Österreich explorativ darzustellen.

Auf Bundeslandebene zeigt sich nur selten eine statistisch signifikante Abweichung der Verlustraten vom österreichischen Durchschnitt. Vergleicht man aber die Bundesländer direkt, haben Wien und Niederösterreich in drei von vier Umfragejahren eine signifikante höhere Wahrscheinlichkeit für höhere Winterverlustraten. Die Unterschiede zwischen Bundesländern können auf Imkereidemographie oder ökologischen Faktoren beruhen, wie der Landnutzung. Eine Analyse der gemeldeten Symptome zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Jahren, wobei das gemeldete Symptom „keine oder nur wenige tote Bienen im oder vor dem Volk“ in allen Jahren am häufigsten war.

Über die Umfragejahre konnten bei Faktoren die auf Professionalität, Erfahrung in der Imkerei etc. hindeuten signifikant niedrigere Verlustraten festgestellt werden. Hierzu zählen zum Beispiel die Betriebsgröße (größere Betriebe haben weniger Verluste) und Wanderimkereien (haben in zwei von vier Jahren geringere Verlustraten). Auch konnte in den letzten drei Umfragejahren ein positiver Effekt für einen eigenen Wachskreislauf identifiziert werden, was wiederum auf die Professionalität der ImkerInnen oder auf generelle Qualitätsprobleme mit Wachs hindeuten könnte. Bei den restlichen abgefragten Betriebsweisen konnte kein signifikanter Einfluss auf die Wintersterblichkeit festgestellt werden.

Bei der Analyse der Trachtquellen zeigt sich, dass ImkerInnen mit einer Waldtracht eine signifikante Wahrscheinlichkeit für geringere Winterverluste in zwei von vier Jahren hatten. Dies könnte wieder mit der Landnutzung aber auch mit Wetterphänomenen zusammenhängen. Die Trachtquelle Mais zeigt wiederrum in drei aufeinanderfolgenden Jahren eine erhöhte Winterverlustrate und kann als Risikotrachtquelle bezeichnet werden. Es können aber keine kausalen Gründe für die erhöhten Verluste beim Vorhandensein bestimmter Trachten genannt werden. Die Trachten können aber als Indikator von für Bienenvölker nicht idealen Standorten gesehen werden. In diesem Zusammenhang könnte eine einseitige Ernährung durch mangelndes Trachtangebot, welches durch Monokulturen zustande kommt, stehen. Melezitose, der sogenannte Zementhonig, zeigt in keinem Jahr einen Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit für Verluste über den Winter. Die mit Abstand häufigsten Meldungen eines Melezitose-Eintrags wurden 2019 von unseren TeilnehmerInnen gemeldet.

Bei der Varroabekämpfung zeigt sich ein leichter Abwärtstrend bei der Verwendung von Ameisensäure, besonders bei der Variante der Kurzzeitbehandlung. Eine Zunahme gibt es bei Oxalsäure mittels Verdampfung, biotechnischen Maßnahmen und synthetischen chemischen Mitteln. Die Behandlungsmethoden und deren Kombinationen unterscheiden sich nur kaum in Bezug auf die Winterverlustraten, aber eine Thymolbehandlung im Sommer und Oxalsäurebehandlung mittels fertiger Mischung im Sommer und Winter zeigte in zwei Umfragejahren eine signifikante Wahrscheinlichkeit für höhere Verlustraten. Oxalsäure mittels Verdampfen und die synthetisch chemischen Methoden zeigen in zwei von vier Jahren eine signifikant geringere Winterverlustrate. Die Drohnenbrutentnahme nur im Sommer erscheint unzureichend und führt zu signifikant höheren Winterverlusten, als wenn diese Methode im Frühling und Sommer durchgeführt wird.

Die Vitalität und Wichtigkeit der Königin für ein Bienenvolk auf den Überwinterungserfolg zeigt sich durch den positiven Effekt auf die Überlebenswahrscheinlichkeit bei aktivem Austausch der alten Königinnen, sowie eine signifikant geringere Wahrscheinlichkeit Winterverluste zu erleiden, wenn Königinnenprobleme nur selten beziehungsweise gar nicht während der Saison auftreten. Die Winterverluste durch „unlösbare Königinnenprobleme“ betragen im laufenden Mittel über die vier Umfragejahre 3,6%. Kein Bundesland hat hier signifikant höhere Verlustraten verzeichnet als der österreichische Durchschnitt.

Als Verbindung zu den beiden anderen Modulen, sei auf das Ergebnis signifikant höherer Winterverluste bei Imkereien hingewiesen die während der Saison Bienen mit verkrüppelten Flügeln beobachtet haben oder keine Angaben darüber machen konnten. Dieses Symptom kann von einer Virenerkrankung stammen.

Im Modul A wurde ein österreichweites Monitoring von Bienenviren durchgeführt. Trotz der Bedeutung der Bienenviren für die Bienengesundheit ist über das Vorkommen von Viren in Österreichs Honigbienenvöl- kern bisher nur begrenztes Wissen vorhanden, das keine gesicherten Aussagen zur generellen Prävalenz der Bienenviren in Österreich erlaubt. Daher wurde die Prävalenz von acht Bienenviren auf Bienenstandniveau über drei Jahre erhoben. Diese Viren umfassten das Akute Bienenparalyse-Virus (ABPV), das Schwarze Königinnenzellen-Virus (BQCV), das Chronische Bienenparalyse-Virus (CBPV), das Flügeldeformationsvirus (getrennt in Typ A [DWV-A] und Typ B [DWV-B]), das Israelische Akute Paralyse-Virus (IAPV), das Kashmir-Bienenvirus (KBV) und das Sackbrutvirus (SBV).

Mit dem Endbericht liegen die Ergebnisse für drei Probenahmen im Herbst 2018, 2019 und 2020 vor. In den drei Jahren nahmen insgesamt 211 ImkerInnen aus ganz Österreich teil, 176 davon die gesamte Projektzeit (Stichprobenzahl 2018: n=198; 2019: n=193; 2020: n=190). In 99% der untersuchten Proben wurde zumindest ein Virus gefunden (576 von 581 Proben). Die maximale Anzahl an detektierten Viren pro Probe waren fünf (3% der Proben). In den meisten Proben wurden entweder drei Viren (43% der Proben) oder vier Viren (32%) nachgewiesen. In 17% der Proben wurden zwei Viren nachgewiesen, sehr selten nur ein einziges Virus (4% der Proben).

In den Bienenproben wurden sechs der acht untersuchten Viren gefunden, die Viren IAPV und KBV wurden in keiner Probe nachgewiesen. BQCV (Prävalenz: <96%) und DWV-B (Prävalenz: 88-92%) wurden am häufigsten nachgewiesenen, sie waren fast in jeder Probe vorhanden. SBV wurde am dritthäufigsten gefunden, die Prävalenz variierte dabei signifikant zwischen den Jahren (Prävalenz: 62-81%). Auch beim vierthäufigsten Virus ABPV wurden signifikante Prävalenzschwankungen zwischen den Jahren gemessen (Prävalenz: 33-54%). CBPV wurde selten nachgewiesen, die Prävalenz variierte hier zwischen 6% und 9%. DWV-A trat im gesamten Untersuchungszeitpunkt extrem selten auf, nur vier der 581 Proben waren positiv auf dieses Virus.

Der Virustiter der positiven Proben variierte bei allen detektierten Viren um mehrere Zehnerpotenzen. Der minimal gemessene Titer lag bei allen Viren zwischen 104 und 108 RNA-Kopien/mL Homogenat. Der maximal gemessene Wert lag zwischen 107 und 1012 RNA-Kopien/mL Homogenat. Anders ausge- drückt wurden in den Proben zwischen Zehntausenden und einer Milliarde RNA-Kopien/mL Homogenat festgestellt. Die drei Viren ABPV, BQCV und SBV hatten die geringsten Titer (Median in allen Jahren unter 106 RNA-Kopien/mL). Bei diesen drei Virusarten wurden jedoch auch Werte von über 109 RNA- Kopien/mL Homogenat gemessen. Bei CBPV und DWV-B lag der Median in allen drei Jahren zwischen 106 und 109 RNA-Kopien/mL Homogenat und war damit deutlich höher als bei den drei anderen Viren. Entsprechend hatten auch über 25% der positiven Proben von CBPV und DWV-B einen Virustiter über 108 RNA-Kopien/mL Homogenat. Der Virustiter der vier positiven DWV-A Proben bewegte sich zwischen 104 und 109 RNA-Kopien/mL Homogenat.

Die Prävalenz von ABPV, CBPV, DWV-B und SBV unterschied sich zwischen den verschiedenen Bundes- ländern. Die Viren traten in Wien und dem Burgenland besonders häufig auf, in Tirol sehr selten. Dies mag an der unterschiedlichen Seehöhe der Bienenstände in den verschiedenen Bundesländern liegen. Denn ABPV, DWV-B und SBV kamen signifikant häufiger in niederen als in höheren Lagen vor. Auch der Titer von DWV-B und BQCV stand in negativen Zusammenhang mit der Seehöhe. Es ist zu vermuten, dass eine verkürzte Brutzeit durch die kühleren klimatischen Bedingungen in größeren Höhen eine Hauptursache für eine verringerte Virusverbreitung und -reproduktion auf diesen Ständen ist.

Es gab keinen klaren Zusammenhang zwischen dem Virusauftreten und drei untersuchten imkerlichen Praktiken (Wabenerneuerung, Verwendung von Futterwaben aus abgestorbenen Völkern, Völkervermehrung). Dies mag teilweise daran liegen, dass sich die teilnehmenden Imkerbetriebe großteils an die Empfehlung der guten imkerlichen Praxis hielten. Daher war die Stichprobenanzahl an Betrieben mit suboptimalen Praktiken zu gering, um gesicherte Aussagen über Unterschiede zwischen verschiedenen Praktiken treffen zu können.

Um den Zusammenhang zwischen Winterverlustrate und Bienenviren zu beschreiben, wurden zwei ver- schiedene Modellierungsansätze gerechnet. Zusätzlich zu den Daten der Virustiter wurden acht weitere potentielle Einflussfaktoren zu den Eigenschaften des Betriebes und der Völker in die Modellierungen aufgenommen. Beide Modelle bestätigen den Zusammenhang zwischen einem hohen DWV-B Titer und einer hohen Wahrscheinlichkeit von Winterverlusten. Ein hoher ABPV Titer war auch mit höheren Winterverlusten verbunden, wenn auch der Effekt deutlich schwächer als bei DWV-B war. Die Beobachtungen von ImkerInnen von Virussymptome im Volk wurden mit den Virusdaten korreliert. Dabei wurden die Symptome „Varroamilben auf Bienen“ und „Bienen mit verkrüppelten Flügeln“ als wichtige Anzeichen für das ABPV Auftreten bzw. einen erhöhten Virustiter von ABPV und DWV-B bestätigt. Unsere Empfehlung ist daher, dass Imkerinnen und Imker bei Völkerdurchsichten im Sommer und Herbst ihre Aufmerksamkeit verstärkt auf diese Symptome lenken sollten. So können Virusprobleme schnell erkannt und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.

Im Modul V wurden Reagenzien zum Nachweis viraler Antigene erzeugt und „Enzyme linked immuno sorbent assays (ELISA)“ zum schnellen und kostengünstigen diagnostischen Nachweis von Virusinfektionen bei Honigbienen im Labor und im Feld erzeugt. Bei den Reagenzien handelt es sich um monoklonale Antikörper (mAK), die hochspezifisch drei Bienenviren (DWV, ABPV und SBV) detektieren. Der Virus- nachweis soll ähnlich wie der Schnelltest der aktuellen COVID-19 Diagnostik erfolgen und dem Imker ohne apparativen Aufwand binnen Minuten ein Ergebnis liefern. Zusätzlich wurde ein ELISA-Test im Labor etabliert, der weitaus kostengünstiger als die derzeit üblichen RT-qPCR Virusnachweise ist. Als Projektdauer wurden drei Jahre veranschlagt, wobei ein planmäßiger Projektbeginn nach Eingang der Finanzierung eingehalten werden konnte.

Es wurden geeignete Antigen-Präparationen für die Immunisierungen und Tests produziert. Dafür wurden Antigene des Deformed wing virus (DWV-A), Varroa destructor Virus (VDV/DWV-B), Sackbrutvirus (SBV) sowie des Virus der akuten Bienenparalyse (ABPV) durch gentechnische Methoden in Bakterien produziert. Die Strukturproteine VP1, VP2 und VP3 von ABPV, das Strukturprotein VP1 des SBV und die Strukturproteine VP1, VP2 und VP3 von VDV/DWV-B wurden erfolgreich exprimiert und chromatographisch aufgereinigt. Diese Antigene wurden zur Immunisierung von Mäusen verwendet. Als Ergänzung zu den gentechnisch erzeugten Antigenen wurden große Mengen von SBV, ABPV und DWV durch Infektion von Bienenpuppen erzeugt und mittels Dichtegradientenzentrifugation gereinigt. Die hochreinen Viruspräparationen von ABPV, SBV und DWV wurden wiederum zur Immunisierung von Versuchsmäusen herangezogen. Bei allen Versuchstieren konnte die Serokonversion bestätigt werden. Nach Fusion der B-Lymphozyten mit Myelomzellen konnten für ABPV und SBV nach aufwendiger Selektion jeweils drei hochaffine Antikörper bestimmt werden, die natives Virus direkt aus der mechanisch homogenisierten Bienenprobe erkennen können. Gegen VP1 des DWV-A waren bereits vor Projektstart Antikörper aus vorangegangenen Arbeiten vorhanden, die im Rahmen des Projekts näher charakterisiert wurden. Diese Antikörper erkennen denaturiertes Virus aus der Bienenprobe. Im Gegensatz zur Probenaufarbeitung für den Nachweis von ABPV und SBV müssen die Bienen deshalb unter anderen Bedingungen homogenisiert werden. Um die Probenbearbeitung für die drei Viren zu vereinheitlichen und praktikabler zu gestalten, werden derzeit neue Antikörper gegen DWV getestet.

Wir haben das Projektziel erreicht, einen schnellen, kostengünstigen Test gegen drei wichtige virale Bienenpathogene zu entwickeln. Der Sandwich-ELISA für den Virusnachweis im Labor konnte erfolgreich etabliert werden. Für die Marktreife eines Dreifach - Schnelltests, der durch den Imker am Bienenstand durchgeführt werden kann, sind weitere Anpassungen in Absprache mit Entwicklungspartnern notwendig.

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