Published May 10, 2019 | Version v1
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Semantische Wortflüssigkeit in der Erstpsychose: Ergebnisse hängen von der gegebenen semantischen Kategorie ab

  • 1. 1. Department of Linguistics, University of Zagreb, 2. Department of German Language and Literature, University of Zagreb

Description

Lexikalisch-semantische Defizite in der Schizophrenie und den Psychosen allgemein werden oft im Rahmen einer Hyperaktivation des semantischen Netzwerkes erklärt. Dieses Modell fand Unterstützung in sowohl verhaltensbezogonenen als auch neurophysiologischen Studien, und neulich wurden ähnliche Thesen durch Studien der Wortflüssigkeit proponiert. Bei der semantischen Wortflüssigkeit hat der Proband möglichst so viele Mitglieder der gegebenen semantischen Kategorie in begrenzter Zeit zu nennen. Die semantische Wortflüssigkeit bietet eine Vielzahl analytischer Ansätze an. Jedoch bleibt die Interpretation oftmals schwierig, vor allem aus mangelndem Verständnis der heterogänen kognitiven Prozesse, denen die semantische Wortflüssigkeit unterliegt. In diesem Vortrag liegt der Schwerpunkt auf den Strategien von Clustering und Switching. Studien zeigen, dass an Erstpsychose und Schizophrenie erkrankte Patienten deutlich weniger Wörter an allen semantischen Kategorien produzieren, wobei Menschen mit erhöhtem Psychose-Risiko mindestens in der Kategorie Tiere von gesunden Probanden übertroffen werden. Bezüglich des Clustering und Switching sind die Studienergebnisse unbeständig, was am Gebrauch verschiedener semantischer Kategorien und an unterschiedlichen statistischen Ansätzen liegen mag. Aufgrund der Studien von Bozikas et al. (2005) und Berberian et al. (2016) kann man vermuten, dass chronische Schizophrenie- Patienten Clustering-Defizite in der Kategorie Tiere aufweisen, aber nicht (unbedingt) in den Kategorien Gegenstände und Obst. Dies deutet mögliche unverhältnismäßige Defizite in verschiedenen semantischen Kategorien bei Schizophrenie-Patienten an. In unserer Studie nahmen 22 Patienten mit akuten vorübergehenden psychotischen Störungen (F23.1 und F23.2 nach ICD-10) und 22 gesunde Probanden (GP) teil. Den Probanden wurden fünf semantische Kategorien als Teil der Wortflüssigkeitsaufgabe gegeben: Tiere, Bäume, Gemüse, Obst und Musikinstrumente. Die Patienten produzierten in allen Kategorien deutlich weniger Wörter im Vergleich zu den GP. Folglich deutet dies an, dass die Wortflüssigkeitsdefizite in den frühesten Erkrankungsphasen präsent sind. Weiterhin wurde die These der semantischen Hyperaktivation teilweise bestätigt. Die These sagt voraus, dass die Patienten deutlich kleinere Cluster und deutlich höheres Switching wegen starker lexikalischer Konkurrenz aufzeigen werden. Die Patienten produzierten deutlich kleinere Claster in den Kategorien Tiere, Gemüse und Musikinstrumente, und auch im Gesamtergebnis. Bei den Bäumen und beim Obst gab es keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Die Anzahl klasterierter Wörter und das Switchingergebnis unterschieden sich nur bei den Tieren. Keine anderen deutlichen Unterschiede wurden beobachtet. Eine deutliche semantische Hyperaktivation ist also in manchen Kategorien existent, in manchen aber vermutlich nicht. Zusätzlich scheint es, dass die ausgeprägsten Defizite in der Kategorie Tiere zu finden sind. Wir erklären diese unverhältnismäßigen Ergebnisse im Rahmen einer dichteren interlexikalischen Verbundenheit und einer größeren Anzahl automatisierter interlexikalischer Verbindungen in der Kategorie Tiere im Vergleich zu anderen Kategorien in dieser Studie. Diese Forschung wurde durch die Projekte “Klinička lingvistika: psiholingvistički parametri u leksičko- semantičkoj obradi i izvršnim funkcijama kod osoba oboljelih od shizofrenije” (Universität Zagreb ; Projektleiterin: Dr. Vlasta Erdeljac) und „Leksičko-semantička obrada kod pacijenata s prvom epizodom shizofrenije“ (Philosophische Fakultät Zagreb ; Projektleiter: Petar Gabrić, 11-831-1006) unterstützt.

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