Published August 22, 2019 | Version 1.1
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Antworten auf zentrale Fragen zur Einführung von CO2-Preisen. Gestaltungsoptionen und ihre Auswirkungen für den schnellen Übergang in die klimafreundliche Gesellschaft.

  • 1. Institute for New Economic Thinking at the Oxford Martin School and Environmental Change Institute, School of Geography and the Environment, University of Oxford
  • 2. Sustainability Economics of Human Settlements, Technische Universität Berlin und Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change, Berlin
  • 3. RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Forschungsgruppe Nachhaltigkeit und Governance, Büro Berlin
  • 4. Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Ökonomie des Klimawandels, Technische Universität Berlin
  • 5. London School of Economics and Political Science, Department of Philosophy, Logic and Scientific Method
  • 6. Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change, Berlin
  • 7. McCourt School of Public Policy, Georgetown University
  • 8. Institute for New Economic Thinking at the Oxford Martin School and Smith School of Enterprise and the Environment, University of Oxford
  • 9. Universität Hamburg
  • 10. Deutsches Klima-Konsortium e. V.
  • 11. University of Applied Sciences and Arts Northwestern Switzerland
  • 12. Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik und Universität Rostock
  • 13. Scientists for Future
  • 14. Zentrum für Globalen Wandel & Nachhaltigkeit, Universität für Bodenkultur Wien
  • 15. London School of Economics and Political Science, Grantham Research Institute on Climate Change and the Environment
  • 16. Institute for Sustainability, Berlin
  • 17. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Berlin und Technische Universität Berlin
  • 18. Institut für Weltwirtschaft (IfW), Kiel
  • 19. Schweizerisches Institut für Aussenwirtschaft und Angewandte Wirtschaftsforschung, Universität St. Gallen
  • 20. HES-SO University of Applied Sciences and Arts Western Switzerland
  • 21. FernUniversität in Hagen
  • 22. Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung − UFZ, Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder)
  • 23. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen
  • 24. Laboratoire d'economie urbaine et de l'environment, Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne
  • 25. Hochschule für Philosophie München

Description

Publiziert als Diskussionsbeiträge der Scientists for Future 2: 1–43. Die Erstveröffentlichung als Version 1.0 erfolgte am 19. Aug. 2019, die geringfügige Revision 1.1 am 22. Aug. 2019.

Einleitung: Klimaschutz hat für die Bürgerinnen und Bürger eine sehr hohe Priorität. Dies zeigt sich nicht nur regelmäßig in Befragungen, sondern auch durch die politische Bewegung „Fridays for Future“ bzw.  „Klimastreik“. Dennoch bleiben die Anstrengungen, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, unzureichend. Ein wesentlicher Grund für das Missverhältnis von Überzeugung und kollektivem Handeln liegt darin, dass Treibhausgase, insbesondere in Deutschland und Österreich, keinen angemessenen Preis haben. Klimaschädigendes Verhalten ist häufig zu preiswert, klimaschonende Alternativen sind meist finanziell wenig attraktiv. Das gilt für alle: Unternehmen, Bürgerinnen, Bürger und die öffentliche Hand. Da im Pariser Klimaabkommen 2015 vereinbart wurde, den Temperaturanstieg deutlich unter 2°C zu halten und Anstrengungen zu unternehmen, den Temperaturanstieg auf 1.5°C zu begrenzen, ist der für weitere Treibhausgase verbleibende Platz in der Atmosphäre sehr knapp. Knappe Güter sollten in einer Marktwirtschaft teuer sein – ansonsten kommt es zu einem Marktversagen. Treibhausgase sind jedoch bisher nicht angemessen bepreist.

Derzeit wird in Deutschland daher kontrovers diskutiert, ob und wie CO2-Emissionen einen höheren Preis bekommen können. Dabei werden die Formen einer CO2-Steuer, einer Erweiterung des europäischen Emissionshandels oder Mischformen und Varianten dieser Instrumente erwogen.  Mit der nachfolgenden Zusammenstellung einiger in der Öffentlichkeit häufig diskutierter Fragen bereiten wir den Stand der Forschung für Interessierte auf.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („Wirtschaftsweise“) hat in seinem Sondergutachten vom 12. Juli 2019 höhere CO2-Preise in Deutschland empfohlen. Er stellt fest, dass „die aktuelle Debatte die historische Chance [bietet...], die deutsche Klimapolitik [...] auf ein System umzustellen, in dessen Zentrum die Bepreisung von Treibhausgasen steht.“ Weitere Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), des Forum-Ökologisch Soziale Marktwirtschaft (FÖS), des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC Berlin), des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und der Leopoldina vom Juli 2019 untersuchen Möglichkeiten, in Deutschland höhere CO2-Preise einzuführen.

Die folgenden Ausführungen sollen allen Interessierten eine wissenschaftlich fundierte Einordnung des gegenwärtigen Forschungsstandes und der daran anknüpfenden Handlungsoptionen rund um das Thema der CO2-Bepreisung bieten. Sie erklären, warum Ökonominnen und Ökonomen CO2-Preise als das kostengünstigste Mittel für mehr Klimaschutz erachten. Es wird dargestellt, dass sich CO2-Preise unter anderem in Großbritannien, Kalifornien, Schweden und der Schweiz bewährt haben, und diskutiert, welche Höhe für die CO2-Preise im Verlauf der kommenden Jahre und Jahrzehnte angemessen sind. Die beiden grundsätzlichen Möglichkeiten zur Einführung von CO2-Preisen über eine Steuer oder einen Emissionshandel sowie Mischformen werden vorgestellt. Zudem wird beantwortet, ob CO2-Preise gerecht sind, wie sie sozial ausgewogen gestaltet werden können und warum etwaige negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der deutschsprachigen Länder sehr überschaubar sein dürften. Darüber hinaus wird die öffentliche Wahrnehmung von CO2-Preisen behandelt. Es wird erläutert, warum der CO2-Preis eine zentrale Bedeutung für die Klimapolitik besitzt, ergänzende umweltpolitische Maßnahmen aber nicht überflüssig macht.

Notes

2020 wurde eine deutlich überarbeitete Version 2.0 unter doi:10.5281/zenodo.3644498 (https://doi.org/10.5281/zenodo.3644498) veröffentlicht.

Files

Mattauch et al. 2019 Diskussionsbeiträge der Scientists for Future 2, 2019, Version 1.1.pdf