Published September 5, 2019 | Version v1
Working paper Open

Future Skills: Ein Framework für Data Literacy

  • 1. STAT-UP

Description

1.1   Management Summary 
Welches Wissen, welche Fähigkeiten, welche Haltung benötigt es in Gesellschaft, Arbeitswelt und Wissenschaft, in denen Daten als wertvolle, mitunter die wertvollste Ressource gelten und Entschei-dungen zunehmend auf der Grundlage von Daten getroffen werden? Zweifellos werden Digitalisierung und Datafizierung das Leben und Arbeiten im 21. Jahrhundert nachhaltig verändern. Künstliche Intelli-genz, vernetzte Produktion, kommunizierende Maschinen und selbstfahrende Autos werden von Daten gesteuert und produzieren selbst Daten am laufenden Band. Daten sind die Ausgangsbasis für Wissens- bzw. Wertschöpfung als Grundlage für bessere Entscheidungen.

Der Prozess der Wissensschöpfung umfasst mehrere Schritte: (A) Datenkultur etablieren – (B) Daten bereitstellen – (C) Daten auswerten – (D) Ergebnisse interpretieren – (E) Daten interpretieren – (F) Handeln ableiten. Um systematisch Wissen bzw. Wert aus Daten zu schöpfen, ist deshalb zukünftig in allen Sektoren und Disziplinen die Fähigkeit, planvoll mit Daten umzugehen und sie im jeweiligen Kontext bewusst einsetzen und hinterfragen zu können, von entscheidender Bedeutung. Dies wird als Data Literacy bezeichnet und umfasst die Fähigkeiten, Daten auf kritische Art und Weise zu sammeln, zu managen, zu bewerten und anzuwenden. Data Literacy ist weit mehr ein breites und tiefes Detailwissen über sich laufend verändernde Methoden und Technologien. Vielmehr spielt die Dimension der Datenethik, der Motivation und Werthaltung eine zentrale Rolle, um zukünftig mit Daten erfolgreich und souverän umgehen zu können.

Data Literacy ist eine Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts, die in der modernen Gesellschaft und Arbeitswelt unerlässlich sein wird. Data Literacy muss deshalb von Beginn an und fächerübergreifend an den Hochschulen vermittelt werden. Hierfür bedarf es eines Kompetenzrahmens, d.h. eines Modells zur strukturierten Beschreibung von effektivem Verhalten in einem gegebenen Aufgabenkontext. Er umfasst Kompetenzen, deren Definitionen und daraus abgeleitete Verhaltensindikatoren. Ein derartiger Kompetenzrahmen soll alle Stufen des Wissens- bzw. Wertschöpfungsprozesses aus Daten abbilden; er soll alle Kompetenzdimensionen erfassen: (a) Wissen, (b) Fertigkeiten, (c) Fähigkeiten, (d) Motivation und (Wert-)Haltung; er soll es erlauben, die erfassten Kompetenzen in konkrete und testbare Lern- oder Kompetenzziele zu überführen; und er soll der die Interdisziplinarität der Aufgabe reflektieren, also widerspiegeln, dass neben Datenexpert*innen auch Fachleute für Datenschutz und Datenethik benötigt werden.

Außerdem ist zu erforschen, wie Data Literacy gemessen und getestet werden kann. Geeignete Mess- und Testinstrumente erfassen kognitive und affektive Lernbereiche; sie umfassen möglichst viele Lernstufen: (a) Reaktion, (b) Lernerfolg, (c) Verhalten, (d) Ergebnis; sie sind transparent bezüglich der Möglichkeiten und Grenzen einer Schlussfolgerung von beobachtbarem Verhalten auf dahinter liegender Kompetenz; sie genügen den Testgütekriterien der Validität, Reliabilität und Objektivität; und schließlich sind sie mit vertretbarem Aufwand (Geld, Zeit, benötigte Fähigkeiten der Prüfer*innen) durchzuführen.

Die vorliegende Studie verfolgt somit zwei Ziele. Erstens soll ein Kompetenzrahmen für Digitalkompe-tenzen am Beispiel von Data Literacy entwickelt und umsetzbares Wissen für Hochschulen verfügbar gemacht werden. Zweitens soll die Messung von Wirkung und Qualität von Lehre und Studium im digitalen Zeitalter wie auch die Testentwicklung für Digitalkompetenzen am Beispiel von Data Literacy vorbereitet werden. Die Studie richtet sich an Verantwortliche für die Curriculumentwicklung in der Hochschulpolitik und den Hochschulen selbst, aber auch an Lehrende, die nach konkreten Ansätzen zur Vermittlung und Evaluation von Data Literacy suchen. Hierfür stellt das Arbeitspapier einen ausdifferenzierten Kompetenzrahmen zur Verfügung, der zur Ableitung von Lernzielen in zahlreichen Fachgebieten und Studiengängen dienen kann. Mögliche Mess- und Testverfahren für Data Literacy werden näher beleuchtet. Beispielhaft ist anhand von Fallstudien aufgezeigt, wie der Kompetenzrahmen in realen Problemsituationen dazu beitragen kann, Daten nutzbar zu machen.

Nun gilt es, die erarbeiteten Ergebnisse in Vorschläge für Curricula umzusetzen. Dafür müssen Pilothochschulen und Pilotstudiengänge ausgewählt werden, in denen spezifische Lernziele für die jeweiligen Disziplinen aus dem Kompetenzrahmen abgeleitet werden. Zu diskutieren ist weiter der Aspekt des lebenslangen Lernens von Schlüsselkompetenzen: Wie kann bzw. sollte Data Literacy bereits in der Schule sowie später in der Arbeitswelt und der Erwachsenenbildung vermittelt werden?  In jedem Fall braucht es didaktische Ansätze, die der Interdisziplinarität der Aufgabe gerecht werden, denn komplexe Datenprojekte werden bereits heute im Team bearbeitet, sie erfordern ein multiprofessionelles Arbeiten, das die Fähigkeit zum Projektmanagement und die Kenntnis organisatorischer, rechtlicher und ethischer Rahmenbedingungen miteinschließt. Nicht zuletzt bedarf die Frage, wie die Lehrenden für diese Herausforderung qualifiziert werden können, einer Antwort.

1.2   Aufbau des Arbeitspapiers
Das vorliegende Arbeitspapier fasst das Ergebnis der Studie in einem Bericht zusammen. Ein Überblick über Ausgangslage und Zielsetzung beleuchtet im Kapitel Hintergrund und Zielsetzungen zunächst die Herausforderungen durch Digitalisierung und Datafizierung und beschreibt dann die Ziele der Studie. Im Anschluss wird der Begriff „Data Literacy“ präzisiert, wobei zunächst abgeleitet wird, welche Implikationen die Betrachtungsweise von Data Literacy als 21st Century Skill mit sich bringt. Es folgen eine Diskussion möglicher Zwecke von Data Literacy und eine Abgrenzung des Begriffs. Daraus leiten sich Anforderungen an einen Kompetenzrahmen und an mögliche Mess- und Testinstrumente ab.

Es folgt im nächsten Kapitel die Herleitung des Kompetenzrahmens. Nach einer Darstellung der historischen Entwicklung der Begriffsdefinition wird die kompetenzdefinierende Aufgabe der Wert-schöpfung aus Daten näher erläutert. Vor diesem Hintergrund werden Data Literacy und andere Kom-petenzen eingeordnet und voneinander abgegrenzt. Haltung als Kompetenzdimension wird im folgenden Unterkapitel betrachtet; es folgen im Ausblick Impulse zur Ableitung überprüfbarer Lernziele und zur didaktischen Umsetzung in anderen Disziplinen. Schließlich wird der Kompetenzrahmen in der Literatur verortet.

Das nächste Kapitel beinhaltet die detaillierte Darstellung des Kompetenzrahmens für Data Literacy als Kernergebnis der Studie. Intention und Einsatzmöglichkeiten sowie die Gliederungsebenen werden vorgestellt; danach wird aufgezeigt, wie die Kompetenzdefinition in einen Kompetenzrahmen mündet. Insbesondere werden Kompetenzfelder und Kompetenzen sowie die (Wert-)Haltung als Kompetenzdimension vorgestellt. Zwei korrespondierende Kompetenzen werden im Detail vorgestellt.
Anschließend beleuchtet der Forschungsbericht im Kapitel zur Messung und Testung von Data Literacy mögliche Instrumentarien, die zur praktischen Entwicklung von Mess- und Testinstrumenten für Data Literacy genutzt werden können, und schlägt einen Rahmen zu deren Einordnung vor. Aus der Literaturanalyse heraus ergeben sich verschiedene Varianten von objektiven und interpretativen Testverfahren als Ankerpunkte. Schließlich werden Beispiele multipler Methoden diskutiert.

Das Abschlusskapitel Reflexion und Ausblick reflektiert die Arbeit und gibt einen kurzen Ausblick auf weitere Forschungsaufgaben. Zunächst wird die Diskussion mit Fachexpert*innen, Hochschulprofes-sor*innen und Führungskräften zusammengefasst. Sie thematisiert die veränderte Bedeutung von Data Literacy, die Wahrnehmung von Haltung als Kompetenzdimension und die Frage, inwiefern Data Literacy heute schon (standardisiert) gemessen wird. Der Ausblick auf Lernziele und Qualifikationsniveaus sowie die Testentwicklung beschließt den Forschungsbericht.

1.3   Abgrenzung und Bezug zum zweiten Arbeitspapier der Studie 
Die Studie „Entwicklung eines Kompetenzrahmens und vorbereitende Studie zur Kompetenzmessung von 21st Century Skills am Beispiel von Data Literacy“ umfasst insgesamt zwei Arbeitspapiere. Neben dem vorliegenden Forschungsbericht ist dies ein Systematic Review (Schüller & Busch, 2019a).

Das vorliegende Dokument fasst die Ergebnisse der Studie insgesamt zusammen und sammelt In-strumente, welche die Grundlage für Testentwicklung in einem Folgeprojekt bilden können. Es liefert zudem eine ausführliche Dokumentation des entwickelten Kompetenzrahmens einschließlich der Über-legungen zu seiner Herleitung.

Das Systematic Review liefert einen ausführlichen Vorgehens- und Ergebnisbericht über die Re-cherche und Einordnung der Vorarbeiten. Er dient der weiteren Forschung sowie der Auswahl poten-ziell geeigneter, existierender Test- und Messinstrumente für Data Literacy für praktische Projekte.
 

Files

HFD_AP_Nr_47_DALI_Kompetenzrahmen_WEB.pdf

Files (3.7 MB)

Name Size Download all
md5:a5bc62f2236307fb1e56a3c0082044e4
3.7 MB Preview Download