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Published January 1, 2012 | Version v1
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Klarinettenklang

  • 1. Hochschule Luzern

Description

Projektziel: Im Projekt «Klarinettenklang – Versuch einer physiologischen Analyse» wurde folgende Arbeitshypothese geprüft: In einer Spielweise mit bewusster Aktivierung der Wadenmuskulatur (Musculus gastrocnemius), der hinteren Oberschenkelmuskulatur (Musculus ischiocruralis) und des breiten Rückenmuskels (Musculus latissimus dorsi) kann die klangliche Komponente des Klarinettenspiels gegenüber einer Spielweise mit (meist unbewusster) Relaxation dieser Muskeln verbessert werden.

Vorgehen: Während den akustischen Aufzeichnungen des Klarinettenspiels von 21 Probanden und Probandinnen wurden durch Elektromyographie (EMG) zeitgleich Messwerte der interessierenden Muskelspannungen gewonnen. Die Teilnehmenden spielten die gleichen Klangfolgen einmal mit, ein anderes Mal ohne Aktivierung der interessierenden Muskeln. Durch eine Analyse der EMG-Daten wurden diejenigen 13 Beispielpaare ermittelt, bei denen die Probanden die Muskelaktivierungen am besten umgesetzt bzw. mit deutlicher Relaxation dieser Muskeln gespielt hatten. Die mit diesen Beispielpaaren gekoppelten Klangproben wurden in einen klingenden Online-Fragebogen eingelesen. Der anschliessend mit Fachpersonen durchgeführte Hörtest sollte aufzeigen, ob sich die Klangproben klanglich unterscheiden und ob die Fachpersonen einheitliche klangästhetische Beurteilungen abgeben werden. Die statistische Auswertung des Fragebogens erfolgte als exakter Binomial-Test.

Das «Klangfarbenstimmgerät» PRISMA (www.prisma-music.ch) wurde durch zahlreiche Features erweitert und diente der akustischen Analyse der aufgezeichneten Klarinettenklänge. So konnten die akustischen Eigenschaften der für die Spielhaltungen charakteristischen Beispielpaare (die Auswahl erfolgte aufgrund der EMG-Daten) den Ergebnissen des Fragebogens gegenübergestellt werden: mit Methode der binomialen Regressions-Analyse wurde geprüft, ob mit Hilfe der PRISMAVariablendifferenzen vorausgesagt werden kann, wie gross der Anteil Hörerinnen und Hörer ist, welcher die mit einer bestimmten Spielhaltung verbundenen Klänge bevorzugen würde.

In einem Feldversuch testeten 14 Klarinettenlehrpersonen in ihrer pädagogischen und in ihrer persönlichen instrumentalen Praxis ein Übungsrepertoire. Das Übungsrepertoire kombinierte herkömmliche Übungen der Tonbildung mit der bewussten Aktivierungen der Muskeln, denen gemäss der Arbeitshypothese klangoptimierende Eigenschaften zugeschrieben werden.

Analysen und Ergebnisse: 203 Fachpersonen hörten den klingenden Fragebogen und gaben ihr Urteil zu den Klangproben ab. Eine überwältigende Mehrheit stellte bei allen Beispielpaaren, die aus den beiden Spielhaltungen resultierten, einen deutlichen klanglichen Unterschied fest. Der exakte Binomial-Test über alle Fragebogenergebnisse konnte die Arbeitshypothese mit hoher Signifikanz bestätigen: Die Aktivierungen der favorisierten Muskeln, im Vergleich zu den entsprechenden Relaxationen, führten zu einer Klangänderung, die von einer klaren Mehrheit der Hörer als Verbesserung beurteilt wurde. Ergänzend dazu ist es mit der Methode der binomialen Regressions-Analyse gelungen, anhand weniger PRISMA-Variablen der Anteil der Hörerinnen und Hörer vorauszusagen, welche dem Klangresultat der favorisierten Spielhaltung ästhetisch den Vorzug geben. Dazu erwiesen sich PRISMA-Variablen als geeignet, welche die Klänge hinsichtlich ihrer Obertonstruktur, ihrer dynamischen Spannweite und ihrer Intonation quantifizierten. Schliesslich bestätigte die Auswertung des Feldversuches mit Lehrpersonen der Praxispartner, dass sich das Übungsrepertoire im Instrumentalunterricht mit Laien (Grundtechnik der Tonbildung) sowie für Studium und Performance auf professioneller Ebene bewährt.

Schlussfolgerung: Durch Synthese klangästhetischer und wissenschaftlicher Untersuchungen wurde die Hypothese bestätigt, dass der bewusste Einsatz der oben genannten Muskulatur mit einer Optimierung des klanglichen Resultates gekoppelt ist. Die praktische Umsetzung dieser Grundlagen der Tonbildung in Studium, Lehre und Performance erweitert die methodische und künstlerische Kompetenz und kann von der Anfänger- bis zur professionellen Stufe gewinnbringend angewendet werden.

Notes

+ zhb_1064659 + Reihe: Forschungsbericht der Hochschule Luzern - Musik, 4

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