Published January 1, 2018 | Version v1
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Einsatz von Nichtprofessionellen in professionellen Kontexten im Frühbereich: Ein Grundlagenbericht mit besonderem Fokus auf Programme zur Unterstützung von sozial benachteiligten Familien

  • 1. Hochschule Luzern

Description

Die frühe Kindheit ist für die gesundheitliche und psychosoziale Entwicklung eines Menschen von entscheidender Bedeutung. Durch die Veränderungen der Familienstrukturen sind die Familien zunehmend auf Unterstützung durch Angebote im Bereich der Frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) angewiesen. Das gilt insbesondere für sozial benachteiligte Familien. Da der Bereich FBBE in der Schweiz bei Weitem nicht so umfassend und strukturiert aufgebaut ist wie die formale Bildung in Kindergarten und Schule, gibt es eine Vielfalt von Angeboten, in denen Fachpersonen mit einer formalen Ausbildung, aber auch Semiprofessionelle mit einer eidgenössisch nicht anerkannten Ausbildung und «Nichtprofessionelle» ohne fachspezifische Ausbildung (Praktikantinnen, Lernende, Ehrenamtliche und bezahlte Laienhelfer/innen) eingesetzt werden. Dieser Bericht ist auf den Einsatz dieser Personen im Kontext von professional-isierten Angeboten im Bereich FBBE ausgerichtet, wobei der Fokus auf Angebote zugunsten von sozial benachteiligten Familien gelegt wird. Es handelt sich dabei nicht um eine empirische Studie, sondern um einen Grundlagenbericht mit dem Ziel, die wichtigsten grundsätzlichen Aspekte bezüglich des Einsatzes von Nichtprofessionellen im Frühbereich und in andern Handlungsfeldern herauszuarbeiten. Zuerst wird die Frage geklärt, wie eine formal begründete Unterscheidung von Professionellen, Semiprofessionellen und Nichtprofessionellen aussehen könnte und welche unterschiedlichen Kategorien von Nichtprofessionellen es gibt. In einem zweiten Schritt werden die wichtigsten inhaltlichen Aspekte professioneller Handlungs-kompetenz herausgearbeitet. Dies geschieht vor dem Hinter-grund der Annahme, dass ein systematischer Einsatz von Nichtprofessionellen im Frühbereich und in andern Handlungs-feldern von der Qualität her nur verantwortbar ist, wenn es zu einer gewissen inhaltlichen Professionalisierung der Nicht-professionellen kommt. Das bedeutet, dass im Kontext der betreffenden Organisationen Rahmenbedingungen vorhanden sein müssen, die diese Professionalisierung garantieren und weitere Aspekte der Qualitätssicherung berücksichtigen. In einem weiteren Kapitel wird auf internationale Forschungs-ergebnisse zum Einsatz von Ehrenamtlichen im Frühbereich und in andern Handlungsfeldern Bezug genommen. Im Fokus stehen die Motive und das organisationsgebundene Management dieser Gruppe von Nichtprofessionellen. Anschliessend werden mit schritt:weise, dem Projekt Migram der Berner Gesundheit und den Frühen Hilfen der Caritas aus Deutschland drei evaluierte Programme aus dem Frühbereich vorgestellt, die systematisch Nichtprofessionelle (Ehrenamtliche, bezahlte Laiinnen) einsetzen und auf sozial benachteiligte Familien ausgerichtet sind. Die Evaluationen zeigen, dass solche Programme durchaus in der Lage sind, die Entwicklung von Kindern und ihren Familien wirkungsvoll zu unterstützen und so einen Beitrag zur Armutsprävention zu leisten, wenn die Nichtprofessionellen umsichtig ausgewählt, vorbereitet, begleitet und weitergebildet werden. Der Umstand, dass die eingesetzten Personen in der Regel einen vergleichbaren lebensweltlichen Hintergrund (Migration, soziale Benachteiligung, eigene Kinder) haben wie die durch sie unterstützten Familien, ermöglicht ihnen einen Zugang zu schwer erreichbaren Familien, der Professionellen oft nicht im gleichen Ausmass möglich ist. Dazu kommt, dass die Beziehungen der Nichtprofessionellen zu den Familien weniger durch Machtdifferenzen geprägt sind und ein Mass an Reziprozität ermöglichen, das in der professionellen Arbeit nicht erreichbar ist. Trotz dieser Punkte, die für einen systematischen Einsatz von Nichtprofessionellen unter qualitätssichernden Bedingungen sprechen, ist klar, dass der Einsatz von Nichtprofessionellen im Frühbereich (wie in andern Handlungsfeldern) immer nur eine Ergänzung der professionellen Arbeit mit Menschen sein kann. Gerade im Frühbereich ist es unabdingbar, dass die dringend notwendige Professionalisierung sowohl auf formaler als auch auf inhaltlicher Ebene weiter fortgeführt wird und die Arbeitsbedingungen für die (meist weiblichen) Personen in diesem Bereich verbessert werden. Abschliessend ist zu bemerken, dass der Einsatz und die Rahmenbedingungen von nichtprofessioneller Arbeit im Frühbereich in der Schweiz nur unzureichend erforscht sind. Dieser Bericht kann als Grundlage für entsprechende Forschungsprojekte dienen.

Notes

+ ID der Publikation: hslu_55400 + Art des Beitrages: Bericht + Sprache: Deutsch + Letzte Aktualisierung: 2018-08-22 15:06:12

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