Published December 20, 2024 | Version v2
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Digitale Aktivierung der historischen Filmsammlung Encyclopaedia Cinematographica

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Description

Die Encyclopaedia Cinematographica (EC) war ein international von Dauer und Umfang außergewöhnliches Großvorhaben filmischer Forschung, das offiziell von 1952 bis 1990 bestand. Sie gehörte zum Institut für den Wissenschaftlichen Film Göttingen (IWF), das Filme für Wissenschaftler:innen, Hochschulen und Forschungsinstitute produzierte, distribuierte und archivierte. Die EC war als Enzyklopädie filmisch erfasster Bewegungen aus der Biologie, Ethnologie und den technischen Wissenschaften gedacht. Zum Schluss bestand sie aus über 3000 Filmen von hunderten Wissenschaftler:innen. Im Jahr 2010 wurde das IWF aufgelöst und die Sammlung an die Technische Informationsbibliothek Hannover (TIB) übergeben, die den Bestand digitalisiert und zu großen Teilen in ihrem AV-Medienportal online zugänglich macht. Die Online-Bereitstellung der Filme erweist sich als rechtlich und ethisch komplex, und birgt sowohl Potenziale als auch Gefahren.

Das transdisziplinäre SNF-Forschungsprojekt Visualpedia. ‘Atlas Encyclopaedia Cinematographica’ and the Visual Science and Technology Studies (09.2022–09.2026, Universität Luzern, Wissenschaftsforschung) hat erstens die historisch-kritische Aufarbeitung der Sammlungsgeschichte zum Inhalt, und widmet sich zweitens der Frage, wie mit einer teilweise ‚sensiblen‘ Filmsammlung, deren Wurzeln in den Nationalsozialismus zurückreichen und deren Filme mitunter in kolonialen Kontexten entstanden sind, umgegangen werden kann. Im Sinne einer Visual STS (Galison 2014), die das Visuelle als zentralen Teil wissenschaftlicher Arbeit versteht und es in seinen Medienspezifika zu analysieren und aktivieren sucht, werden in dem Projekt – über die ‚klassische‘ historische Arbeit hinaus – verschiedene Interfaces entwickelt, die die Sammlung in ihrer Struktur, Ästhetik und Medialität, sowie ihren enzyklopädischen Ambitionen für die Forschung und Öffentlichkeit zugänglich machen sollen.

Die im Rahmen der HERMES-Forschungsförderung erstellte Datenanalyse-Studie fokussiert auf die Rolle der Daten innerhalb der Sammlungsgeschichte, informiert durch Ansätze der historischen Wissen(schaft)sforschung, der Digital Humanities, Archival und Critical Data Studies, sowie des kritischen Interface-Designs. Methodisch-theoretischer Ausgangspunkt der vorliegenden Studie ist, dass die Analyse von Daten nicht auf Daten alleine beschränkt bleiben kann, sondern ebenso einen qualitativ orientierten Zugang erfordert, der sowohl die Medienspezifika des Visuellen und Filmischen, als auch die Geschichte der Sammlung miteinbezieht (Institutionsgeschichte, Historizität der Metadaten, der einzelnen Filme, etc.). Die Studie diskutiert den historischen Bestand der Filmsammlung, den digitalen Bestand im AV-Portal der TIB Hannover, sowie die im Forschungsprojekt entwickelten Interfaces. Dabei wird die Gestaltung kontextspezifischer Forschungs-Interfaces selbst als eine Methode der qualitativen Datenanalyse stark gemacht.

Files

Greiner-Petter_Waltenspül_Digitale Aktivierung der historischen Filmsammlung Encyclopaedia Cinematographica.pdf

Additional details

Funding

Leibniz Institute of European History
Forschungsstudienprogramm
Swiss National Science Foundation
Ambizione 201759