Peter Grimm / 07.11.2023 / 09:30 / Foto: Imago / 23 / Seite ausdrucken

Nach dem Asyl-Abend im Kanzleramt

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) erwartete vom gestrigen Treffen seiner Kollegen mit dem Kanzler offenbar viel: „Letztendlich entscheidet der Montag nicht unwesentlich über die politische Zukunft Deutschlands“, ließ er verlauten. Wenn er recht haben sollte, steht es wirklich nicht gut ums Land. Die Regierenden-Runde enttäuschte erwartungsgemäß.

Die Migrationskrise eskaliert, und allen aufbegehrenden Bürgern und Bürgermeistern wurde bis gestern gern in Aussicht gestellt, die Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Bundeskanzler werde jetzt endlich entschlossen politisch handeln. Die Erwartungen der Regierten an diesen innerdeutschen Regierungsgipfel waren höchst unterschiedlich. Viele erwarteten von der Runde nichts Entscheidendes, schon allein, weil sie dem aktuellen politischen Führungspersonal grundsätzlich nichts Gutes mehr zutrauen. Deren Wenden und Transformationen haben das Leben schließlich vor allem teurer und unsicherer gemacht. Und bei dem heiklen Thema der Steuerung und Begrenzung der irregulären Migration war bei den derzeitigen Regierungsparteien auch nicht unbedingt ein großer Handlungswille zur Begrenzung derselben erkennbar.

Andere glaubten, dass die Regierung jetzt, da es kaum noch irgendwo einen Platz zur Unterbringung der Asyl-Zuwanderer gibt, einfach zum Handeln gezwungen sei und deshalb über ihren Schatten springen muss. Irgendwann muss die Regierung doch begreifen, dass so ein ernstes Problem allein mit Geld und guten Worten nicht lösbar ist. 

In der jüngsten Vergangenheit waren ja Ministerpräsidentenkonferenzen auch mal Runden, die im Zeichen des Corona-Virus ganz schnell grundrechtseinschränkende Maßnahmen beschlossen. Wie schnell und langanhaltend die deutsche Obrigkeit die Bürger etlicher Grundrechte beraubte und vormundschaftlichen Regelwerken unterwarf, ist auch im Rückblick immer noch atemberaubend. Sogar das Grenzen schließen ging zeitweise ganz schnell – zumindest soweit es die Einheimischen und ihre europäischen Nachbarn betraf.

Das Schleuser-Geschäft wird davon nicht zusammenbrechen

Und nun begann gestern wieder eine „bedeutende“ Ministerpräsidentenkonferenz, an die der Premier von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), im Vorfeld folgende Erwartung formulierte: „Letztendlich entscheidet der Montag nicht unwesentlich über die politische Zukunft Deutschlands.“ Da hatte er die Latte schon ziemlich hoch gehängt.

Passend dazu wurde eine Inszenierung aus der Corona-Zeit schon einmal übernommen: Stundenlange Sitzungen bis in die Nacht hinein. Erst heute Morgen um halb drei hatten sich der Kanzler und die Ministerpräsidenten auf Eckpunkte der neuen deutschen Migrationspolitik verständigt. Nur leider ist die neue Migrationspolitik ganz die alte, allerdings mit neuen Preisschildern. Die Ergebnisse der Asyl-Nacht im Kanzleramt sind kurz zusammengefasst: Der Bund zahlt den Ländern mehr Geld für die Migrationskosten, die Asylbewerber kommen erst später in den Genuss der vollen Sozialleistungen und bekommen auch nicht so schnell so viel Bargeld ausgezahlt wie bisher.

Das klingt nicht danach, als würde jetzt das Schleuser-Geschäft zusammenbrechen.

Aber vielleicht blicken wir ein wenig genauer auf die nächtlichen Beschlüsse:

Zur Deckung der Aufwendungen für die Unterbringung von Migranten zahlt der Bund den Ländern zusätzlich eine jährliche Kopfpauschale von 7.500 Euro je Asylbewerber. Die sollen wiederum Sozialleistungen, die dem Bürgergeld entsprechen, künftig nicht mehr schon nach 18, sondern erst nach 36 Monaten erhalten. Außerdem sollen die Barauszahlungen an Leistungsempfänger eingeschränkt und dafür eine Bezahlkarte eingeführt werden. Damit solle vermieden werden, dass Migranten Geld in ihre Heimatländer schicken. 

Bezahlkarten statt Bargeld – Donnerwetter!

Glauben die Regierenden wirklich, dass diese Art von Maßnahmen Wirkung zeigen wird? Der Lockruf einer guten Grundversorgung fürs weitere Leben wird nicht angekratzt. Viele Migranten werden die Schleuser-Tour weiterhin buchen, solange fast niemand, der eigentlich nicht bleiben darf, riskiert, das Land wirklich verlassen zu müssen und jeder, der er es eigentlich verlassen müsste, auch weiterhin mit Sozialleistungen versorgt wird, wenn er lieber bleibt. Die längere Wartezeit aufs Bürgergeld wird kaum einen Migrationswilligen abschrecken. Und man muss die Migranten schon für sehr dumm halten, wenn man glaubt, dass sie keinen Weg fänden, aus den Bezahlkarten-Leistungen wieder Bargeld zu generieren. 

Letztlich hat die entscheidende Migrations-Ministerpräsidentenkonferenz, als die sie angekündigt war, wieder einmal gezeigt, dass die Regierenden in Deutschland ihr politisches Handeln weiterhin auf Geld und gute Worte konzentrieren. Aber wenn man sich die Hilferufe von Bürgermeistern und Landräten anhört, wenn man sieht, dass in immer mehr Orten immer mehr Bürger inzwischen gegen die Errichtung immer neuer Asylbewerberunterkünfte protestieren, wäre dann nicht ein anderes Kaliber an Maßnahmen angemessen gewesen?

Der Vollständigkeit halber muss man natürlich erwähnen, dass es noch ein paar weitere Beschlüsse gab, beispielsweise die Vereinbarung, dass die Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz, die eigentlich Mitte November auslaufen sollten, nun beibehalten werden. Das ist natürlich nicht falsch, aber eigentlich auch nur dann wirklich sinnvoll, wenn die Kontrollen auch tatsächlich zu Rückweisungen führen.

Restriktionen für die eigenen Bürger? Kein Problem!

Alles Weitere in den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz zur Migration fällt dann in die Kategorie „Gute Worte“. Manche Beobachter hatten noch gemutmaßt, dass der Familiennachzug eingeschränkt würde, wie es die Länder gefordert hatten. Doch davon sei, nach Presseberichten, nur noch übrig geblieben, dass der Familiennachzug nicht ausgeweitet wird, wie es die Ampel noch im Koalitionsvertrag geplant hätte.

Die weiteren Punkte, von denen berichtet wird, scheinen nicht viel mehr als Absichtserklärungen zu sein. Die CDU-geführten Länder brachten Asylverfahren außerhalb der EU ins Gespräch. Das soll  nun geprüft werden. Auch den schnelleren Abschluss von Asylverfahren kann man sich auf den Regierungswunschzettel schreiben, vielleicht auch Vorgaben formulieren, aber spätestens den Gerichten kann die Politik das Tempo nicht einfach diktieren.

Aber die Runde der Regierenden aus Bund und Ländern hatte sich in ein paar anderen Fragen geeinigt. Wenn es darum geht, den eigenen Bürgern Restriktionen aufzuerlegen, tun sich deutsche Politiker leichter. Begleitet von den schönen Worten von einer Entbürokratisierung und dem Vereinfachen von Genehmigungsverfahren, meldet u.a. die Süddeutsche Zeitung auch folgenden Beschluss: „Beim Ausbau der Energieinfrastruktur will der Bund die Rechte von Grundstückseigentümern einschränken. Diese sollen gegen Entschädigung dulden müssen, dass ihr Grundstück genutzt wird, um Leitungen zu verlegen, mit denen Anlagen für erneuerbare Energie an das allgemeine Stromnetz angeschlossen werden.“ Soll ja keiner sagen, Deutschlands Regierende würden nicht regieren können. Nur um die drängenden Probleme kümmern sie sich halt nicht angemessen und wundern sich dann aber in den nächsten Wochen bestimmt wieder lautstark darüber, dass die Umfragewerte der AfD steigen.

 

Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com.

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Jürgen Fischer / 07.11.2023

Wahrscheinlich kommt als nächstes ein weiterer Lockdown: Die schon länger hier lebenden müssen sich vor den islamischen Horden verbarrikadieren. Man erinnere sich an die Belagerung Wiens durch die Osmanen.

Dr. Konrad Voge / 07.11.2023

Auch für diese Elefantenrunde gilt: ” Von einem Rindvieh kann man nur Rindfleisch erwarten “. War doch alles so zu erwarten.

Robert Schleif / 07.11.2023

Welche „Erwartungen“ hat jemand, der nach 2015 die Union, die SPD, die GRÜNEN, die FDP oder die LINKE gewählt hat?

A. Ostrovsky / 07.11.2023

Was diese Leute und ihre Beifallsklatscher mit “Streit ums Geld” bezeichnen, ist massiver und fortgesetzter Raub. Es ist Raub unter Gewalt und Androhung von Gewalt. “Umstrittene” “Clowns” gehören nicht in Positionen, wo sie ihre illegitime Macht über die steuerzahlenden Bürger schamlos ausüben dürfen. Wenn sich Räuber, Diebe, Trickbetrüger und Korrupte in Verwaltungen oder dem “Staatsapparat” festgesetzt haben, ist das Ende des “Vertrauens” erreicht. Ab diesem Zeitpunkt, dem Ende des Vertrauens, ist der Staat illegitim.

M. Neland / 07.11.2023

Bei einem Treffen von Kanzler Scholz mit deutschen Bürgern sagte ein Rentner zu ihm: „Nicht nur Komiker sagen, dass Deutschland die dümmste Regierung der Welt hat. Sie haben so viele Minister in Ihrem Kabinett, die überhaupt nichts können. Nehmen Sie Habeck, der nicht weiß, was eine Insolvenz ist, oder Frau Baerbock, die von Panzern zu Napoleons Zeiten redet oder dass Putin seine Position um 360 Grad ändern muss. Können Sie da nichts machen? Sie sollten sie aus der Regierung werfen oder ihnen ein paar Nachhilfestunden geben. Ich würde gerne von Ihnen hören, was in dieser Richtung unternommen wird. Rücktritte, Entlassungen.“ „Die Minister, die Sie genannt haben, machen einen guten Job und arbeiten hart daran, dass die Welt einig bleibt“, antwortete Bundeskanzler Olaf Scholz. Noch weitere Fragen?

Dr. med. Jesko Matthes / 07.11.2023

Grüße an Herrn Haseloff und die CDU: Ihr könnt ja mal bei Eurer Verzichts-Ehrenvorsitzenden und Trägerin des höchsten deutschen Verdienstordens nachfragen, wie nun zu verfahren ist in Sachen Zukunft Deutschlands (zwinker, zwinker).

Robert Schleif / 07.11.2023

„Letztendlich entscheidet der Montag nicht unwesentlich über die politische Zukunft Deutschlands.“__Leider entscheiden weder Montage, noch Dienstage oder gar diese Politiker wesentlich über die politische Zukunft Deutschlands, sondern einzig die deutschen Bürger. Und diese wählen nach wie vor ihre Lieblinge, die ihnen all das eingebrockt haben (s. besonders Schleswig-Holstein, Bremen, Berlin, NRW), sie bekommen nach wie vor ihre Ä… nicht aus den Sesseln, um zu einer Demonstration zu gehen, und sie halten feige die Münder gegenüber den linksgrünen Hexen und Teufeln, die sie täglich kujonieren und bevormunden. Es reicht meist noch nicht einmal zum stillen privaten Boykott der staatsnahen Clowns in Kunst und Kultur.

Thomin Weller / 07.11.2023

Diese verdammte unendliche Verlogenheit der politischen Schwerstverbrecher. Ganz plötzlich wird medial von—->Asylbewerbern<—- gesprochen. Bitte dringend Aufwachen, “Asylbewerber”....  Merkt denn hier keine was für eine gigantische Verarschung, vor allem sprachlich stattfindet? Asylbewerber 3, Migranten 300 Millionen. Wird Zeit die Mistforke zur Anwendung zu bringen. Und der Bartsch von den Linken hat seinen Verstand nun restlos verloren wenn er für diese Migrantenindustrie eine “Reichensteuer” fordert. Der hat sie nicht mehr alle. Warum die Staatskirchen mit einem geschätzten Vermögen locker über 500 Mrd. Euro nur in Deutschland, größter Großgrundbesitzer der absolut keine Steuern zahlt, nicht zur Kasse gebeten wird, darüber sollte sich deie linksrot SED Faschisten mal Gedanken machen. Aber ein Glück, die Linken Faschisten werden mit ihren Solid-Antifa restlos unter gehen.

Justus Liebig / 07.11.2023

Im Radio (FFH) hörte man heute Morgen nur, dass jetzt die Länder 7500 Euro pro Kopf pro Jahr bekämen und dies in einem Ton, als hätte man den Stein der Weisen gefunden und das Problem sei gelöst. Die meisten, die beim Denken mehr Pech haben als andere, werden denken, die Sache habe sich positiv erledigt.

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