Published June 8, 2011 | Version v1
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Spezifische Fragen zum Auslandsbezug des geplanten Zweitveröffentlichungsrechts nach § 38 Abs. 1 S. 3 und 4 UrhG neu

Description

Der Bundesrat hat in seiner Entschließung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum „Zweiten Korb“ [1] das Bundesjustizministerium gebeten zu prüfen, ob ein Zweitveröffentlichungsrecht für wissenschaftliche Urheber in Bezug auf Werke einzuführen sei, die diese im Rahmen einer überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanzierten Lehr- und Forschungstätigkeit geschaffen haben. Der Vorschlag für einen neuen Satz 3 und 4 des §38 (1) lautet in seiner aktuell diskutierten Version (im Folgenden §38 (1) S. 3 und 4 UrhG-E genannt):
„(3) An wissenschaftlichen Beiträgen, die im Rahmen einer überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanzierten Lehr- und Forschungstätigkeit entstanden sind und in Sammlungen erscheinen, hat der Urheber auch bei Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts das Recht, den Inhalt [wird voraussichtlich durch ‚das Werk‘ ersetzt] längstens nach Ablauf von sechs Monaten seit Erstveröffentlichung anderweitig öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist. (4) Dieses Recht kann nicht abbedungen werden.“
Gegen diesen Vorschlag sind die für dieses Gutachten maßgeblichen Bedenken vorgebracht worden, dass ein solches Recht des Urhebers in Fällen mit Auslandsbezug – etwa bei Teams von Forschern unterschiedlicher Nationalitäten oder bei Veröffentlichungen in einem ausländischen Verlag – eventuell nicht geltend gemacht werden könnte.
Dieses Gutachten nimmt allein zu diesen spezifischen, vorgegebenen und unten aufgeführten Fragen Stellung, nicht jedoch zu dem Vorschlag als solchem oder zu anderen Aspekten des Vorschlags, wie z.B. seiner Vereinbarkeit mit europäischem und internationalem Recht [2].
Im Übrigen ist hervorzuheben, dass dieses Gutachten objektiv-neutral die sich ergebenden Rechtsfragen darlegt und die dazu bestehende Rechtsprechung und Literatur transparent wiedergibt, und, soweit möglich, die Wahrscheinlichkeit der von der Rechtsprechung vermutlich in einem gegebenen Fall gewählten Lösungen abschätzt. Die Autoren des Gutachtens enthalten sich dabei weitergehender, subjektiver Meinungen, damit eine objektive Grundlage für politische Entscheidungen geboten werden kann. Dabei ist zu betonen, dass es oft schwierig sein dürfte, abzusehen, wie ein Gericht in einer gegebenen Fallkonstellation entscheiden würde. Das Gutachten kann hier nur die zahlreichenWeggabelungen aufzeigen, die sich bei einer Anwendung des relevanten Kollisionsrechts und anderer einschlägiger Regelungen auf die vorgeschlagenen Bestimmungen zeigen, und allenfalls eine Vermutung dafür aussprechen, wie ein Gericht entscheiden würde, zumindest dort, wo es noch keine gefestigte Rechtsprechung gibt. Das Gutachten wird zeigen, dass es in vielen Aspekten keine einfachen und eindeutigen Antworten zu den unten aufgeführten Fragen gibt, zumal diese von den Einzelheiten der Fallkonstellationen abhängen.
Auch sei hier klargestellt, dass das Gutachten nur die Situation einer Geltung des Vorschlags für neue Verträge behandelt; die Antworten könnten anders ausfallen, wenn §38 (1) S. 3 und 4 UrhG-E auch auf Altverträge erstreckt werden würde.

[1] BR-Drs. 257/06.
[2] S. hierzu die Bedenken der Bundesregierung, die den Vorschlag als eine „versteckte“Schranke und daher als nicht mit Art. 5 der EG-Informationsrichtlinie vereinbar ansieht: Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft (BR-Drs. 257/06 – Beschluss), Zu Nummer 6

Notes

Gutachten im Auftrag des Projekts IUWIS (Infrastruktur für Wissenschaft und Bildung in Sachen Urheberrecht). Das Vorhaben IUWIS, die Entstehung dieser Broschüre und des ihr zugrunde liegenden Rechtsgutachtens wurden mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt.

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