Prozeßführungsbefugnis der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben über Ansprüche aus dem Altvermögen von DDR-Parteien; Nichtigkeit von Darlehensverträgen aus DDR-Parteivermögen vor dem 1.6.1990 bei Scheckeinlösung nach diesem Zeitpunkt
Leitsatz
1. Die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (früher: Treuhandanstalt) ist befugt, als Partei kraft Amtes Ansprüche, die zum Altvermögen einer DDR-Partei gehören, gegen den Schuldner gerichtlich geltend zu machen.
2. Ist es vor dem Inkrafttreten des PartG DDR § 20b (1.6.1990) zur Einigung über eine Darlehenshingabe aus dem Parteivermögen gekommen und hat der Empfänger zugleich einen Scheck über die Darlehenssumme erhalten, erfolgte dessen Einlösung aber erst nach dem 1.6.1990, so ist der Darlehensvertrag ohne die nach PartG DDR § 20b Abs 1 notwendige Zustimmung unwirksam.













vorgehend LG Magdeburg, 26. April 1994, 9 O 144/94
So auch Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt 8. Zivilsenat, 19. Juni 1996, 8 U 97/95
So auch Thüringer Landesarbeitsgericht 3. Kammer, 3. Mai 1996, 3/6 Sa 93/95
Vergleiche KG Berlin 14. Zivilsenat, 14. November 1995, 14 U 3116/93

Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. Oktober 1994 - 6 U 106/94 - wird nicht angenommen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 100.000,-- DM
Gründe
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg.
- 2
Mit Recht hat das Berufungsgericht die Prozeßführungsbefugnis der Klägerin aus § 20 b Abs. 2 PartG DDR bejaht. Das entspricht der ganz herrschenden Meinung (OLG Frankfurt a.M. DtZ 1994, 408; OLG Rostock DtZ 1994, 409; KG Berlin KG-Report 1993, 12; OVG Berlin ZIP 1993, 303, 307; Toussaint, ZIP 1993, 1136, 1138; Horn, Zivil- und Wirtschaftsrecht im neuen Bundesgebiet 2. Aufl. S. 438 Rdn. 88; a.A. Gerhardt, ZIP 1993, 1129), der sich der erkennende Senat anschließt. Auch die Revision erhebt dagegen keine Einwendungen.
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Die Nichtigkeit des Darlehensvertrags ergibt sich jedenfalls daraus, daß die in § 20 b Abs. 1 PartG DDR geforderte Zustimmung nicht erteilt worden ist. Sie war hier notwendig, obwohl sich der Parteivorstand der PDS mit dem Beklagten bereits am 16. Mai 1990, also vor Inkrafttreten des § 20 b PartG DDR am 1. Juni 1990, über die Darlehenshingabe geeinigt hatte. Nach § 244 Abs. 1 ZGB DDR kam der Darlehensvertrag nämlich erst mit der Überlassung des vereinbarten Geldbetrags zustande (Göhring/Posch, Zivilrecht II S. 117 zu 7.1.5.2.). Dazu genügte die Scheckhingabe am 16. Mai 1990 nicht; in entsprechender Anwendung des § 76 Abs. 2 ZGB DDR bedurfte es vielmehr der Einlösung; denn erst mit der Gutschrift auf seinem Konto erlangte der Beklagte die tatsächliche Verfügungsmacht über das Darlehenskapital (Göhring/Posch aaO). Die Gutschrift erfolgte am 12. Juni 1990, also nach Inkrafttreten des § 20 b PartG DDR.
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Danach kommt es darauf, ob der Darlehensvertrag außerdem auch noch gegen ein in Rechtsvorschriften enthaltenes Verbot (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 233 Abs. 2 ZGB DDR) oder die guten Sitten (vgl. § 68 Abs. 1 Nr. 2 ZGB DDR; BGHZ 118, 34, 142) verstieß, nicht an.
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Die Zinsentscheidung des Berufungsgerichts, gegen die mit der Revision keine besonderen Einwendungen erhoben werden, erscheint unter den gegebenen Umständen gerechtfertigt.
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