Behandlung des verspäteten unzulässigen Einspruchs gegen einen Vollstreckungsbescheid bei erneuter Säumnis des Beklagten
Leitsatz
Der verspätete und damit unzulässige Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid muß auch bei Säumnis des Beklagten durch normales (kontradiktorisches) Endurteil verworfen werden. Ein (zweites) Versäumnisurteil nach ZPO § 345 kann nicht ergehen, weil hierfür ein zulässiger Einspruch Voraussetzung wäre.






vorgehend LG Gera, 31. März 1994, 4 O 647/93
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluß des 3. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 2. November 1994 - 3 U 413/94 - aufgehoben.
Die Sache wird - auch zur Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 33.000 DM
Gründe
I.
- 1
Der Kläger fordert von dem Beklagten die Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 33.000 DM. Ein von ihm erwirkter Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts S. wurde dem Beklagten am 12. Oktober 1993 durch Niederlegung bei der Post zugestellt. Mit Schreiben vom 24. Oktober 1993, das am 29. November 1993 bei dem Amtsgericht S. eingegangen ist, legte der Beklagte gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch ein.
- 2
Durch Urteil vom 31. März 1994 hat das Landgericht G. den Einspruch des im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertretenen Beklagten wegen Versäumung der Einspruchsfrist verworfen.
- 3
Durch Beschluß vom 2. November 1994 hat das Thüringer Oberlandesgericht die Berufung des Beklagten gegen das Urteil vom 31. März 1994 als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt: Bei dem angefochtenen Urteil handele es sich um ein sogenanntes zweites Versäumnisurteil, auch wenn es nicht als solches kenntlich gemacht worden sei. In diesem Fall sei die Berufung nur zulässig, soweit sie darauf gestützt werde, ein Fall der Versäumung habe nicht vorgelegen. Die Berufungsbegründung habe dazu jedoch nichts ausgeführt.
- 4
Gegen diesen ihm am 17. November 1994 zugestellten Beschluß hat der Beklagte durch Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 25. November 1994, eingegangen bei Gericht am 28. November 1994, sofortige Beschwerde eingelegt. Er ist der Ansicht, daß es sich bei dem mit der Berufung angefochtenen Urteil des Landgerichts G. nicht um ein zweites Versäumnisurteil gehandelt habe.
II.
- 5
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 519 b Abs. 2, 547, 567 Abs. 4, 577 Abs. 2 ZPO). Sie ist auch begründet.
- 6
Das Berufungsgericht hat die Berufung zu Unrecht als unzulässig verworfen.
- 7
1. Die als normales Endurteil ergangene Entscheidung des Landgerichts G. vom 31. März 1994, durch die der Einspruch des Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid verworfen wurde, war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht als sogenanntes zweites Versäumnisurteil im Sinne des § 345 ZPO anzusehen. Zwar steht der Vollstreckungsbescheid einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich (§ 700 Abs. 1 ZPO). War der Einspruch jedoch - wie hier - verspätet und damit unzulässig, mußte er - wie geschehen - ohne jede Sachprüfung durch normales (kontradiktorisches) Endurteil verworfen werden. Auch bei Säumnis des Beklagten kann nicht gemäß § 345 ZPO durch (zweites) Versäumnisurteil entschieden werden, weil hierfür ein zulässiger Einspruch Voraussetzung wäre (vgl. LAG Hamburg NJW 1975, 951, 952; MünchKomm/Prütting, ZPO, § 341 Rdn. 11 ff.; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Aufl., § 341 Rdn. 11 und 2; Zöller/Herget, ZPO, 18. Aufl., § 341 Rdn. 9; § 345 Rdn. 3; Thomas/Putzo, ZPO, 19. Aufl., § 341 Rdn. 1 und 6; a.A. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 53. Aufl., Übersicht § 330 Rdn. 11 und § 341 Rdn. 7). Der Umdeutung in ein zweites Versäumnisurteil steht im übrigen entgegen, daß das Landgericht die nach § 700 Abs. 6 ZPO erforderliche Schlüssigkeitsprüfung - zu Recht - nicht vorgenommen hat. Das Urteil des Landgerichts G. ist daher als kontradiktorisches Urteil ergangen. Denn es beruhte auf der bei Zulässigkeitsvoraussetzungen gebotenen Prüfung von Amts wegen und nicht auf Säumnisfolgen.
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