Anspruch auf Aufwandsentschädigung der Bank bei Überweisungsauftrag ins Ausland; ausländische Bank als Erfüllungsgehilfe
Leitsatz
1. Bei der Überweisung an eine ausländische Empfängerbank entsteht der Aufwendungsersatzanspruch der beauftragten Bank in der Regel bereits dadurch, daß sie den Auftrag an eine von ihr eingeschaltete Bank weiterleitet und die erforderliche Deckung bereitstellt. Scheitert die Durchführung der Überweisung aus Gründen, die nicht in der Sphäre der beauftragten Bank liegen, so läßt das deren Anspruch unberührt. Die ausländischen Banken sind nicht ihre Erfüllungsgehilfen.










vorgehend LG Berlin, 8. März 1989, 11 O 399/88


Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB
● Bork, 8. Auflage 2017, § 780 BGB
● Toussaint, 8. Auflage 2017, § 241 BGB
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Berechtigung einer Belastungsbuchung auf dem Girokonto der Klägerin bei der beklagten Bank.
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Die Klägerin beauftragte am 24. Mai 1988 die Beklagte, telegraphisch den Kaufpreis in Höhe von 142.376 US-Dollar für bestellte Drucker an eine kalifornische Lieferantin "lt. beiliegender Rechnungskopie" zu überweisen. Nach dem Inhalt des schriftlichen Überweisungsauftrags sollte der Betrag "dem Begünstigten nur nach Vorlage des Air-Way-Bills freigegeben werden". Als letztes Datum für den Versand per Luftfracht war der 10. Juni 1988 angegeben.
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Die Beklagte bat daraufhin die in der Rechnung angegebene Bank A. fernschriftlich, den genannten Betrag telegraphisch an deren Zweigstelle in B. zugunsten des dort geführten Kontos der Lieferantin der Klägerin zu überweisen. Nach dem Inhalt dieses Fernschreibens sollte eine Gutschrift an die Lieferantin nur gegen Vorlage des Luftfrachtbriefs über die bestellte Ware erfolgen. Da die Beklagte keine Kontoverbindung mit der Bank A. unterhält, stellte sie die Deckung des Auftrages durch eine Überweisung ihrer Korrespondenzbank - der C. M. Bank - in Aussicht und erteilte dieser Bank zugleich einen entsprechenden Überweisungsauftrag. Mit dem Gegenwert belastete sie das Girokonto der Klägerin.
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Am 27. Mai 1988 lehnte die Bank A. mit einem Fernschreiben an die Beklagte die Ausführung des Auftrages mit der Begründung ab, sie bearbeite keine bedingten Zahlungsaufträge. Sie teilte mit, daß sie den Vorgang ohne Buchungen geschlossen und den bei ihr eingegangenen Deckungsbetrag an die C. M. Bank zurücküberwiesen habe. Die Beklagte gab die Nachricht an die Klägerin weiter und schrieb ihr am 2. Juni 1988 einen Betrag von 244.459,59 DM als "Rückvergütung Ihrer US-D w/Nichtausführung des o.g. Zahlungsauftrags vom 24.5." gut. Wegen Differenzen zwischen der Klägerin und ihrer Lieferantin wurden die gelieferten Drucker nicht abgenommen.
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In der Folgezeit versuchte die Beklagte vergeblich, den überwiesenen Dollarbetrag zurückzuerhalten. Nach ihrem Vorbringen ergaben ihre Nachforschungen, daß die C. M. Bank die Rücküberweisung zunächst auf einem Zwischenkonto gebucht und den Betrag auf erneute Anforderung der Bank A. am 3. Juni 1988 wieder zur Verfügung gestellt hatte, die ihn dann der Lieferantin der Klägerin gutschrieb. Daraufhin stornierte die Beklagte am 13. September 1988 die Erstattungs-Gutschrift auf dem Konto der Klägerin.
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Mit der Klage verlangt die Klägerin eine Gutschrift in Höhe der Belastungsbuchung vom 13. September 1988 mit Wertstellung zum 2. Juni 1988. Das Landgericht hat der Klage - Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin gegen die Lieferantin und die beiden amerikanischen Banken - stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Anschlußberufung der Klägerin hin hat es die Beklagte weiter zur Zahlung von 5% Zinsen auf den Gutschriftsbetrag seit dem 28. September 1988 verurteilt. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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I. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.
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I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Gutschrift der am 13. September 1988 vom Girokonto der Klägerin abgebuchten 244.459,59 DM aus Girovertrag bejaht. Es hat dazu u.a. ausgeführt: Die Beklagte habe nicht dargelegt, daß sie zu der Belastungsbuchung berechtigt gewesen sei. Ein Aufwendungsersatzanspruch (§ 670 BGB) wegen der von ihr veranlaßten Auslandsüberweisung habe ihr nicht zugestanden. Die von der Beklagten beabsichtigte Abwicklung des Auftrages der Klägerin sei gescheitert, nachdem die Bank A. den bedingten Überweisungsauftrag abgelehnt habe. Die Beklagte habe daraufhin die Rückbuchung des zur Auftragsdurchführung abgebuchten Überweisungsbetrages zugesagt. Daraus folge, daß die Beklagte den Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Klägerin gekündigt habe, jedenfalls aber sei der Überweisungsauftrag damit beendet worden. Der spätere Abruf des Betrages durch die Bank A. bei der C. M. Bank am 3. Juni 1988 und die Gutschrift auf dem Konto der Begünstigten hätten nicht mehr auf dem Auftrag der Klägerin beruht.
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Auch aus dem Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und der C. M. Bank ließen sich Erstattungsansprüche gegen die Klägerin nicht herleiten, da die C. M. Bank nur als Botin der Beklagten eingeschaltet gewesen sei. Selbst wenn man das anders beurteile, habe der Beklagten nach Beendigung des Auftragsverhältnisses der Parteien am 30. Mai 1988 kein Anspruch gegen die Klägerin zugestanden, weil der von der Beklagten aufgewendete Betrag zuvor von der Bank A. an die C. M. Bank zurücküberwiesen worden sei. Jedenfalls aber habe die Beklagte sich der Klägerin gegenüber so verhalten, als könne diese darüber wieder endgültig verfügen.
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II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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1. Der Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB war endgültig dadurch entstanden, daß die Beklagte die ihr von der Klägerin erteilte Weisung ausführte, indem sie den Überweisungsauftrag einschließlich der Bedingungen für eine Gutschrift an die Empfängerbank übermittelte und ihr die dafür erforderliche Deckung über die C. M. Bank zur Verfügung stellte. Damit hatte die Beklagte alles zur Erfüllung der Weisung Erforderliche getan. Anders als bei der Haus- und Filialüberweisung schuldete die Beklagte hier nicht die ordnungsmäßige Gutschrift auf dem Konto des Empfängers. Für den Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB war es daher unerheblich, ob dieser Erfolg eintrat (vgl. Steffen in BGB-RGRK 12. Aufl. § 670 Rdn. 7; Wittmann in Staudinger BGB 12. Aufl. § 670 Rdn. 2; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 28. Aufl. BankGesch. Anm. III 2C; Kindermann in BuB 6/133).
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Fehler bei der Auswahl der eingeschalteten amerikanischen Banken wirft die Klägerin der Beklagten nicht vor.
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Es kann offen bleiben, in welchem Umfang der erstbeauftragten Bank aus dem Girovertrag die Pflicht erwächst, sich im Interesse ihres Kunden um die Rückforderung eines von einer der eingeschalteten Banken fehlgeleiteten Betrages zu bemühen. Derartige Pflichten führen keinesfalls dazu, daß sie den von ihrem Auftraggeber zunächst zu Recht erlangten Aufwendungsersatz wieder gutschreiben müßte, wenn die weitere Durchführung der Überweisung aus irgendwelchen - nicht in ihrer Sphäre liegenden - Gründen scheitert (a.A. Hadding/Häuser ZHR 145 (1981), 138, 152 sowie Häuser ZIP 1982, 14, 16 unter Berufung auf BGHZ 4, 244, 248ff.). Das würde im Ergebnis zu einer Garantiehaftung der erstbeauftragten Bank für die Herbeiführung des Überweisungserfolges führen; damit würden ihr - insbesondere im Auslandsverkehr - Risiken aufgebürdet, die für sie weder beherrschbar noch überschaubar sind (im Ergebnis ebenso mit eingehender Begründung: Kindermann aaO 6/135). Hier geht es nicht einmal um den in diesem Zusammenhang ausschließlich erörterten Fall, daß die Überweisung scheitert, weil es nicht zur Gutschrift auf dem Konto des Empfängers kommt. Die Klägerin sieht die Abweichung von ihren Weisungen gerade darin, daß die Gutschrift erfolgt ist, nachdem die Empfängerbank den Auftrag zunächst abgelehnt und sie auf diese Ablehnung vertraut hatte.
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Für ein etwaiges - nach amerikanischem Recht zu beurteilendes - Fehlverhalten der beiden eingeschalteten Banken, das zu dieser Gutschrift geführt hat, hat die Beklagte nicht einzustehen, da diese nicht ihre Erfüllungsgehilfen waren. Deren Abweichungen von den erteilten Weisungen beeinträchtigen deshalb den Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten nicht. Für die von der Klägerin als Empfängerbank selbst bestimmte Bank A. versteht sich das von selbst; ihr allein oblag nach dem Inhalt des Auftrages die Prüfung der Voraussetzungen für eine Gutschrift. Gleiches gilt aber auch für die von der Beklagten ausgewählte C. M. Bank, mit deren Einschaltung bei einer Auslandsüberweisung die Klägerin als kaufmännisches Unternehmen rechnen mußte. Die Klägerin konnte nicht erwarten, daß die Beklagte die Weiterleitung des Dollarbetrages an die ausländische Empfängerbank als eigene Leistung übernahm und für weisungswidriges Verhalten bei der Übermittlung durch Zwischenbanken einstehen würde (vgl. Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 390 m.w.Nachw.).
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2. Soweit das Berufungsgericht darauf abhebt, daß beide Parteien nach der Ablehnung des Auftrages durch die Bank A. den Überweisungsauftrag übereinstimmend als erledigt betrachtet haben, und daraus die Folgerung zieht, die Beklagte habe den Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 671 Abs. 1 BGB gekündigt, übersieht es, daß der Überweisungsauftrag lediglich eine Weisung im Rahmen des Giroverhältnisses darstellt und eine Zurückweisung oder ein Widerruf nach vollständiger Ausführung nicht in Betracht kommt (vgl. BGHZ 103, 143, 145). Nichts anderes gilt für die Ausübung der Rechte aus § 781 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 18. April 1969 - V ZR 179/65, NJW 1969, 1245, 1246). Bei der außerbetrieblichen Überweisung ist - wie oben dargelegt - die Weisung mit der Übermittlung des Überweisungsauftrags und der Deckung an die Zwischenbank erfüllt. Weder Widerruf noch Kündigung noch eine Beendigung durch das vom Berufungsgericht hilfsweise angenommene konkludente Verhalten der Beklagten konnten bereits entstandene Aufwendungsersatzansprüche rückwirkend beseitigen (vgl. MünchKomm/Seiler § 671 Rdn. 9 m.w.Nachw.).
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3. Die Gutschrift vom 2. Juni 1988 stellt sich bei verständiger Würdigung als Vorauserfüllung des der Klägerin für den Fall der Rücküberweisung zustehenden Anspruchs aus § 667 BGB dar. Dies ergibt sich bereits aus der Höhe des vergüteten Betrages, der um fast 1.500 DM über der Belastungsbuchung vom 24. Mai 1988 lag, und aus dem Wertstellungsdatum. Die Differenzen lassen erkennen, daß die Beklagte nicht etwa die Belastungsbuchung in Höhe ihres Aufwendungsersatzanspruchs rückgängig machen wollte, sondern der Klägerin das für den vermutlichen Tag des Wiedereingangs der Deckung "Erlangte", also auch den Kursgewinn, herausgeben wollte.
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a) Tatsächlich hat die Beklagte entgegen ihrer Erwartung nichts erlangt. Mit der Gutschrift vom 2. Juni 1988 hat sie also einen in Wahrheit nicht bestehenden Anspruch der Klägerin aus § 667 BGB erfüllt. Sie kann die in der Gutschrift liegende Leistung folglich nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB kondizieren. Die Regelung der §§ 780, 781 BGB schließt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Einrede der Bereicherung grundsätzlich nicht aus (vgl. Steffen in BGB-RGRK 12. Aufl. § 780 Rdn. 43 m.w.Nachw.). Auch § 814 BGB steht der Rückbuchung nicht entgegen; beide Parteien gingen zur Zeit der Gutschrift davon aus, daß die Bank A. den Rechnungsbetrag an die C. M. Bank zurücküberwiesen hatte und die Gutschrift auf dem dortigen Konto der Beklagten unmittelbar bevorstand.
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b) Die Klägerin hat allerdings unter Beweisantritt vorgetragen, der Prokurist der Beklagten habe im Anschluß an die Gutschrift versichert, die Sache sei damit für die Klägerin endgültig erledigt, es sei allein Angelegenheit der Beklagten, ihr Geld zurückzuerhalten. Darin könnte ein vertraglicher Einwendungsausschluß liegen, der die Bereicherungseinrede ausschließt (vgl. Palandt/Thomas BGB 50. Aufl. § 781 Rdn. 13 m.w.Nachw.). Das Berufungsgericht ist dieser Behauptung bisher nicht nachgegangen. Ohne die in einer Beweisaufnahme zu klärenden Einzelheiten dieser angeblichen Äußerung läßt sich nicht beurteilen, ob sie Anlaß zu einer so weitgehenden Auslegung gibt.
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III. Das angefochtene Urteil läßt sich auch nicht mit anderer Begründung halten. Die Klägerin kann einem etwaigen Bereicherungsanspruch der Beklagten keine Schadensersatzansprüche aus einer Verletzung girovertraglicher Pflichten entgegensetzen.
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1. Daß die Beklagte für ein Fehlverhalten der amerikanischen Banken nicht einzustehen hat, ist bereits unter II 1 dargelegt worden.
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2. Der Beklagten kann entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht vorgeworfen werden, daß sie die Mitteilung der Bank A. über die Nichtannahme des bedingten Überweisungsauftrages nicht zum Anlaß genommen hat, den Auftrag zu widerrufen und davon auch die C. M. Bank zu unterrichten. Für derartige Maßnahmen bestand aus ihrer Sicht kein Anlaß. Nachdem die Bank A. ausdrücklich die Rücküberweisung an die C. M. Bank angezeigt hatte, durfte sie auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt davon ausgehen, daß die Sache damit erledigt war. Sie brauchte nicht mit der außergewöhnlichen Entwicklung zu rechnen, daß die Bank A. den zurücküberwiesenen Betrag wieder anfordern, ihn auch tatsächlich erhalten und ohne Rückfrage dem Konto der Begünstigten gutschreiben würde.
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3. Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, daß sie im Vertrauen auf die Mitteilungen der Beklagten Dispositionen getroffen habe, die eine Gutschrift auf dem Konto ihrer Lieferantin unerwünscht werden ließen. Der Kenntnisstand der Beklagten über die Einzelheiten der Rückabwicklung war nicht größer als derjenige der Klägerin. Ein etwaiger Schaden ist allein dadurch entstanden, daß die Klägerin die bestellten Drucker nicht abnahm. Das sich daraus ergebende Risiko, insbesondere von Schadensersatzansprüchen der Lieferantin, kann sie nicht mit der Begründung auf die beklagte Bank abwälzen, sie habe sich wegen der ihr mitgeteilten Nichtausführung des Überweisungsauftrages sicher gefühlt.
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IV. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Wegen der noch zu klärenden Frage einer bewußten Risikoübernahme durch die Beklagte ist die Sache noch nicht entscheidungsreif. Deshalb muß sie an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
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