Verlust des Termineinwands wegen unredlich veranlaßter Sicherheitsleistung: Beweislast für anfängliche Verbindlichkeit des Termingeschäfts
Leitsatz
1. Wer Schadensersatzansprüche darauf stützt, die Gegenseite habe ihm durch unredliche Handlungen die Möglichkeit genommen, Ansprüchen aus einem Börsentermingeschäft den Termineinwand entgegenzusetzen, braucht nicht zu beweisen, daß das Geschäft für ihn unverbindlich war.














vorgehend LG Berlin, 10. April 1989, 23 O 313/88
Karl J T Wach, WuB I G 5 Börsenrecht 4.92 (Anmerkung)

Tatbestand
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Der Kläger macht aus abgetretenem Recht seines Bruders Dr. H. Ansprüche geltend, die diesem nach seiner Ansicht gegen die erstbeklagte Bank und die bei ihr angestellten Beklagten aus dem Abschluß und der Abwicklung zweier Devisentermingeschäfte erwachsen sind. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
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Dr. H. kaufte bei der Beklagten zu 1) am 15. März 1985 einen Dollarbetrag - wobei streitig ist, ob es sich um eine Million Dollar oder um Dollar für eine Million DM handelte - auf Termin zum 19. September 1985 zu einem Terminkurs von 3,349 DM und am 20. März 1985 weitere eine Million Dollar ebenfalls zum 19. September 1985 zu einem Terminkurs von 3,197 DM. Am 25. März 1985 unterzeichnete Dr. H. zwei Erklärungen gegenüber der Beklagten zu 1), worin er dieser zur Deckung von etwaigen Verlusten aus Devisentermingeschäften bestimmte Wertpapiere verpfändete.
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Die beiden Devisentermingeschäfte endeten mit Verlusten von mehr als 800.000 DM. Um die Verwertung der verpfändeten Wertpapiere abzuwenden, zahlte Dr. H. im November 1985 an die Beklagte zu 1) unter Vorbehalt 819.000 DM.
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Dr. H. hat Ansprüche aus den genannten Vorgängen in Höhe eines Teilbetrags von 45.000 DM an den Kläger abgetreten, und zwar in einer schriftlichen Abtretungserklärung vom 13. Juni 1988 sowie erneut in einer während des vorliegenden Rechtsstreits abgegebenen Abtretungserklärung vom 3. Mai 1989. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Abtretung vom 13. Juni 1988 auch Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu 2) bis 5) umfaßt.
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Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagten seien ihm als Gesamtschuldner zur Zahlung von 45.000 DM verpflichtet. Er macht geltend, die Beklagten hätten Dr. H. gewerbsmäßig unter Ausnutzung von dessen Unerfahrenheit zu den Devisentermingeschäften verleitet, ihn vor Abschluß der Geschäfte über die damit verbundenen Risiken im unklaren gelassen und ihn durch unrichtige Behauptungen zur Verpfändung der Wertpapiere veranlaßt.
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Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben u.a. geltend gemacht, durch die Verpfändung der Wertpapiere könne Dr. H. kein Schaden entstanden sein, weil dieser zu der maßgeblichen Zeit Devisenausländer gewesen sei und die Devisentermingeschäfte für ihn daher auch ohne die Verpfändung verbindlich gewesen seien. Gegenüber möglichen Ansprüchen aus unerlaubter Handlung haben die Beklagten zu 2) bis 5) außerdem die Einrede der Verjährung erhoben.
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Das Landgericht hat die Beklagte zu 1) antragsgemäß verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Gegen das landgerichtliche Urteil haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte zu 1) Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat durch Teilurteil die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Senat hat die Revision des Klägers nur insoweit angenommen, als sie sich gegen die Beklagten zu 2), 4) und 5) richtet. In diesem Umfang verfolgt der Kläger seine in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision führt, soweit sie angenommen worden ist, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
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Das Berufungsgericht hält Ansprüche des Klägers gegen die Beklagten zu 2), 4) und 5) nicht für gegeben. Zur Begründung führt es im wesentlichen aus:
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Etwaige Ansprüche des Dr. H. gegen die Beklagten zu 2), 4) und 5) seien in Höhe eines Teilbetrags von 45.000 DM wirksam an den Kläger abgetreten worden, und zwar bereits durch die erste Abtretungserklärung vom 13. Juni 1988. Gegenüber den genannten Beklagten bestünden jedoch keine vertraglichen oder vertragsähnlichen Ansprüche, weil vertragliche Beziehungen des Dr. H. nur zur erstbeklagten Bank bestanden hätten und die besonderen Voraussetzungen, unter denen die Pflichten aus der Anbahnung von Vertragsverhandlungen ausnahmsweise auch den Vertreter des Vertragspartners treffen könnten, hier nicht vorlägen. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung kämen gegenüber den Beklagten zu 2), 4) und 5) nicht in Betracht, weil diese durch die Erfüllung der Devisentermingeschäfte nichts erlangt hätten. Auch Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung wegen Verleitens zur Börsenspekulation nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 89 BörsG a.F. seien nicht gegeben, weil die Beklagten zu 2), 4) und 5) nicht gewohnheitsmäßig und nicht unter Ausbeutung der Unerfahrenheit oder des Leichtsinns des Dr. H. gehandelt hätten.
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Schließlich seien die Beklagten zu 2), 4) und 5) nicht nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB wegen betrügerischen Verleitens zum Abschluß von Devisentermingeschäften oder Vereitelung des Differenzeinwandes sowie auch nicht nach § 826 BGB wegen sittenwidriger Schädigung zum Schadensersatz verpflichtet. Eine zum Schadensersatz verpflichtende unerlaubte Handlung liege weder in den vom Kläger behaupteten empfehlenden Hinweisen auf die Möglichkeit der Devisentermingeschäfte noch in der von ihm behaupteten fehlenden Aufklärung über deren Risiken. Die Beklagten zu 2), 4) und 5) hätten Dr. H. auch nicht dadurch betrügerisch oder sittenwidrig geschädigt, daß sie ihn nicht auf das Bestehen des Differenzeinwandes hingewiesen und stattdessen das Geltendmachen dieses Einwandes vereitelt hätten, indem sie ihn zur Bestellung von Sicherheiten veranlaßten. Es sei nämlich davon auszugehen, daß die Devisentermingeschäfte für Dr. H. ohnehin gemäß §§ 53, 96 BörsG a.F. von Anfang an verbindlich gewesen seien, weil er 1985 eine gewerbliche Niederlassung unstreitig nur im damaligen Ost-Berlin gehabt habe und weil bei der vom Berufungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme offengeblieben sei, ob Dr. H. damals einen inländischen Wohnsitz gehabt habe. Darüber hinaus sei eine Aufklärungspflicht über den Differenzeinwand sowie die rechtliche Bedeutung einer Sicherheitenbestellung bereits aus grundsätzlichen Erwägungen abzulehnen und eine Täuschung Dr. H.s durch die Beklagten zu 2), 4) und 5) nicht dargetan.
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Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
II.
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1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht vertragliche und vertragsähnliche Ansprüche sowie Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen die Beklagten zu 2), 4) und 5) verneint. Seine zutreffenden Ausführungen zu diesen Punkten werden von der Revision auch nicht angegriffen.
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2. Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 89 BörsG in der 1985 geltenden Fassung hat das Berufungsgericht ebenfalls ohne Rechtsfehler verneint.
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In der damals geltenden Fassung setzte § 89 BörsG gewohnheitsmäßiges Handeln voraus. Für die Gewohnheitsmäßigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist ein durch wiederholte Begehung erzeugter, eingewurzelter und selbständig fortwirkender Hang kennzeichnend; das setzt voraus, daß mindestens zwei Einzeltaten begangen worden sind (Schwark, Börsengesetz § 89 Rdn. 4; ebenso zur Gewohnheitsmäßigkeit allgemein BGHSt 15, 377, 379, 380; Stree in Schönke/Schröder, 24. Aufl. StGB Vorbem. §§ 52 ff. Rdn. 98 m.w.Nachw.). Andererseits kann jedoch, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht allein aus der Begehung zweier Einzeltaten bereits auf Gewohnheitsmäßigkeit geschlossen werden.
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Danach kommt bei den Beklagten zu 2) und 5), die nur am Zustandekommen eines der beiden Devisentermingeschäfte des Dr. H. beteiligt waren und hinsichtlich deren der Kläger auch keine sonstigen einschlägigen Handlungen behauptet hat, ein gewohnheitsmäßiges Handeln von vornherein nicht in Betracht. Entgegen der Ansicht der Revision ist es auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht aus der Mitwirkung des Beklagten zu 4) bei beiden Devisentermingeschäften Dr. H.s mangels zusätzlicher Anhaltspunkte ebenfalls nicht auf gewohnheitsmäßiges Handeln geschlossen hat.
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3. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und nach § 826 BGB im Zusammenhang mit der Anbahnung und dem Abschluß der Devisentermingeschäfte verneint.
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a) Darin, daß die Beklagten Dr. H. überhaupt auf die Möglichkeit der Devisentermingeschäfte hingewiesen und ihm nach der Behauptung des Klägers den Abschluß solcher Geschäfte empfohlen haben, hat das Berufungsgericht mit Recht keine zum Schadensersatz verpflichtende unerlaubte Handlung gesehen. Da solche Devisentermingeschäfte im Jahre 1985 nicht verboten waren, durften Banken und ihre Angestellten die Kundschaft - unabhängig davon, ob der jeweilige Kunde börsentermingeschäftsfähig war - auf derartige Geschäftsmöglichkeiten ebenso wie auf die Möglichkeit des Abschlusses von Aktienoptionsgeschäften (vgl. dazu Senatsurteil in BGHZ 107, 192, 193 ff.) hinweisen. Das wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen.
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b) Die Revision wendet sich jedoch unter Bezugnahme auf einen Senatsbeschluß vom 17. Oktober 1989 (XI ZR 182/88 = WM 1990, 61) dagegen, daß das Berufungsgericht die vom Kläger behauptete unterlassene Aufklärung Dr. H.s über die Risiken der Devisentermingeschäfte nicht als zum Schadensersatz verpflichtende unerlaubte Handlung angesehen hat. Damit kann sie indessen keinen Erfolg haben.
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Entgegen der Ansicht der Revision fehlt es bereits an der Aufklärungsbedürftigkeit Dr. H.s. Der Senat hat zwar in dem genannten Beschluß, der die Nichtannahme der Revision gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. November 1988 (WM 1989, 175) zum Gegenstand hatte, für Warentermindirektgeschäfte ungeachtet der Unterschiede zum Warenterminoptionsgeschäft eine Aufklärungspflicht des Vermittlers solcher Geschäfte bejaht. In dem damaligen Fall ging es jedoch schwerpunktmäßig darum, daß das Verhältnis von Chancen und Risiken der Geschäfte durch die von einem Vermittler berechneten hohen Provisionen nachhaltig zum Nachteil des Kunden verschlechtert worden war. Hier ist es anders; der Kläger hat nicht behauptet, daß die erstbeklagte Bank unverhältnismäßig hohe Provisionen berechnet hätte. Im vorliegenden Fall wäre daher nur eine Aufklärung über das jedem Devisentermindirektgeschäft immanente Spekulationsrisiko in Betracht gekommen. Die Dollarterminkäufe waren aber in ihrer Struktur nicht so kompliziert, daß das mit ihnen verbundene Risiko ohne besondere fachliche Beratung nicht erkennbar gewesen wäre. Es ging letztlich nur darum, daß die auf Termin gekauften Dollarbeträge bei weiterhin steigendem Dollarkurs einen Gewinn erbringen, bei sinkendem Kurs dagegen zu Verlusten führen würden. Jedenfalls ein vielgereister und im Umgang mit unterschiedlichen Währungen erfahrener Mann in gehobener beruflicher Stellung wie Dr. H. bedurfte darüber und auch über das Ausmaß der unter Umständen drohenden Verluste keiner besonderen Aufklärung.
III.
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Die Begründung, mit der das Berufungsgericht deliktische Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Verpfändung der Wertpapiere verneint hat, hält dagegen rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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1. Die Ansicht des Berufungsgerichts, derartige Ansprüche scheiterten bereits daran, daß nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme offengeblieben sei, ob Dr. H. im Zeitpunkt der Geschäftsabschlüsse einen inländischen Wohnsitz gehabt habe, beruht, wie die Revision mit Recht rügt, auf einer Verkennung der Beweislast.
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Nach § 52 BörsG (alter wie neuer Fassung) sind nicht verbotene Börsentermingeschäfte "nur nach Maßgabe der §§ 53 bis 56 wirksam". Das Gesetz geht damit davon aus, daß Börsentermingeschäfte grundsätzlich unwirksam sind, wenn und soweit nicht eine der Vorschriften der §§ 53 bis 56 BörsG eingreift. Daher trägt derjenige, der sich darauf beruft, daß ein Börsentermingeschäft aus einem der in den §§ 53 bis 56 BörsG genannten Gründe wirksam sei, im Streitfall die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des von ihm in Anspruch genommenen Wirksamkeitsgrundes (Schwark, BörsG § 56 Rdn. 7, Pecher in Münchener Kommentar, 2. Aufl. BGB § 764 Rdn. 10; Häuser/Welter in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 16 Rdn. 259). Das gilt auch für die nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 BörsG a.F. maßgebliche Frage des inländischen Wohnsitzes; der Umstand, daß demjenigen, der sich auf die Wirksamkeit eines Börsentermingeschäfts beruft, damit ein Negativbeweis auferlegt wird, steht dem nicht entgegen.
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Im vorliegenden Fall geht es allerdings nicht unmittelbar um Erfüllungsansprüche aus einem Börsentermingeschäft; die Frage, ob von Anfang an wirksame Börsentermingeschäfte vorlagen, ist vielmehr im Rahmen der hier geltend gemachten deliktischen Schadensersatzansprüche von Bedeutung dafür, ob Dr. H. durch die Verpfändung der Wertpapiere überhaupt ein Rechtsnachteil und damit ein Schaden entstanden ist. Das ändert jedoch im Ergebnis nichts.
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Nach den allgemeinen Regeln der Beweislast hat zwar der im Prozeß als Kläger auftretende Gläubiger die rechts- oder klagebegründenden Tatsachen zu beweisen. Für das Vorliegen "rechtshindernder" Tatsachen trägt dagegen der Schuldner die Beweislast; dabei ist ausschlaggebend, wer sich auf einen gesetzlichen oder von der Rechtsprechung entwickelten Regeltatbestand und wer sich auf eine Ausnahme davon beruft (BGHZ 87, 393, 399 f. m.w.Nachw.). Wer Schadensersatzansprüche darauf stützt, die Gegenseite habe ihm - oder seinem Rechtsvorgänger - durch unredliche Handlungen die Möglichkeit genommen, Ansprüchen aus einem Börsentermingeschäft den Termineinwand entgegenzusetzen, braucht daher angesichts des Regel-Ausnahme-Verhältnisses der §§ 52 ff. BörsG nicht zu beweisen, daß das Börsentermingeschäft für ihn unverbindlich war. Vielmehr trägt die Gegenseite, wenn sie sich darauf beruft, ein Schaden liege nicht vor, weil eine der Ausnahmevorschriften der §§ 53 ff. BörsG eingreife und das Geschäft daher von Anfang an verbindlich gewesen sei, die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der von ihr in Anspruch genommenen Ausnahmevorschrift.
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Dieses Ergebnis entspricht dem umfassenden Schutzzweck der §§ 52 ff. BörsG. Die genannten Vorschriften schützen das Publikum wegen der Gefährlichkeit der Börsentermingeschäfte vor den damit verbundenen Risiken in doppelter Weise. Sie machen zum einen die Wirksamkeit solcher Geschäfte von bestimmten, in den §§ 53 ff. BörsG im einzelnen geregelten Voraussetzungen abhängig. Zum anderen bewirken sie durch das in ihnen enthaltene Regel-Ausnahme-Verhältnis, daß niemand aus einem Börsentermingeschäft nur deshalb in Anspruch genommen werden kann, weil im Rechtsstreit eine nicht aufklärbare Ungewißheit hinsichtlich der Voraussetzungen eines der Wirksamkeitsgründe der §§ 53 ff. BörsG verbleibt. Wer durch unredliche Machenschaften zur Sicherheitsleistung nach § 54 BörsG a.F. veranlaßt und dadurch um den Schutz gebracht wurde, den ihm die §§ 52 ff. BörsG bieten, darf daher im Schadensersatzprozeß hinsichtlich der Beweislast für die Voraussetzungen der §§ 53 ff. BörsG nicht schlechter gestellt werden, als er ohne die Sicherheitsleistung im Falle der Inanspruchnahme aus dem Börsentermingeschäft stünde.
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Im vorliegenden Fall waren daher die in der Frage des inländischen Wohnsitzes verbliebenen Zweifel entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zu Lasten der Beklagten und nicht des Klägers zu berücksichtigen.
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2. Das Berufungsgericht stützt die Verneinung deliktischer Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Verpfändung der Wertpapiere hilfsweise auch darauf, daß eine Aufklärungspflicht über den Differenzeinwand sowie die rechtliche Bedeutung einer Sicherheitenbestellung bereits aus grundsätzlichen Erwägungen abzulehnen und eine Täuschung Dr. H.s durch die Beklagten nicht dargetan sei. Auch dagegen wendet sich die Revision im Ergebnis mit Recht.
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a) Im rechtlichen Ausgangspunkt ist dem Berufungsgericht allerdings entgegen der Ansicht der Revision zuzustimmen. Über die Warnfunktion hinaus, die die Sicherheitenbestellung und die im vorliegenden Fall auch gegebene schriftliche Erklärung nach § 54 Abs. 2 BörsG a.F. über den Sicherungszweck als solche entfalteten, war grundsätzlich kein Hinweis darauf erforderlich, daß und in welchem Umfang dadurch der Termineinwand vereitelt wurde. Das gilt auch für Sicherheitenbestellungen nach Abschluß der Termingeschäfte; insoweit kann eine besondere Aufklärung des die Sicherheit Bestellenden ebensowenig verlangt werden wie eine Aufklärung des Erfüllung Leistenden über den dadurch bewirkten Verlust des Termineinwands.
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b) Das bedeutet jedoch nicht, daß auch treuwidrige und täuschende Machenschaften im Zusammenhang mit einer Sicherheitsleistung sanktionslos zu bleiben hätten. Das Berufungsgericht hat in diesem Punkt, wie die Revision mit Recht rügt, unter Verletzung des § 286 ZPO wesentliche Teile des Vortrags des Klägers übergangen.
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So hat der Kläger behauptet, in zwei Ferngesprächen vom 19. und 20. März 1985 mit dem Beklagten zu 4) habe Dr. H. den Wunsch geäußert, den Geschäftsabschluß vom 15. März 1985 rückgängig zu machen, worauf der Beklagte zu 4) erklärt habe, das Geschäft sei verbindlich und zu befürchtende Verluste könnten nur durch ein weiteres Dollartermingeschäft auf niedrigerer Kursbasis ausgeglichen werden, das allerdings nur zustandekommen könne, wenn Dr. H. Sicherheit leiste. Der Kläger hat ferner vorgetragen, der Beklagte zu 2) habe mit Dr. H. auf den 25. März 1985 einen Termin für die Sicherheitenbestellung vereinbart und an diesem Tag habe dann der Beklagte zu 5) im Beisein des dem nicht widersprechenden Beklagten zu 2) nicht nur erklärt, die beabsichtigte Verpfändung sei eine "bloße Formalität", sondern dies auch u.a. dahin erläutert, Dr. H. gehe mit der Verpfändung schon deshalb kein Risiko ein, weil die deutschen Gerichte in vergleichbaren Fällen solchen Sicherheitenbestellungen keine Rechtswirksamkeit beigemessen hätten. Durch diese Auskünfte ist Dr. H. nach dem Vorbringen des Klägers zur Verpfändung der Wertpapiere veranlaßt worden.
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Sollten diese von den Beklagten bestrittenen Behauptungen zutreffen, so hätten der Beklagte zu 4) über die Verbindlichkeit der abgeschlossenen Geschäfte und der Beklagte zu 5) unter Mitwirkung des Beklagten zu 2) über die Auswirkungen der Wertpapierverpfändung Dr. H. die Unwahrheit gesagt und ihn dadurch zur Verpfändung der Wertpapiere veranlaßt. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist, wie oben ausgeführt, davon auszugehen, daß Dr. H. einen inländischen Wohnsitz hatte; daraus folgt, daß die Devisentermingeschäfte für ihn zunächst unverbindlich waren und ihm durch die Verpfändung der Wertpapiere, die nach § 54 BörsG a.F. eine Befriedigungsmöglichkeit der Erstbeklagten zu seinen Lasten eröffnete, ein Schaden entstanden ist. Dieser Schaden ist nach dem Vorbringen des Klägers auf die unwahren Angaben der Beklagten zu 2), 4) und 5) zurückzuführen. Sollten die genannten Beklagten dabei vorsätzlich gehandelt haben, wozu das Berufungsgericht bisher - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine Feststellungen getroffen hat, so könnten deliktische Schadensersatzansprüche gegeben sein.
IV.
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Die Verneinung deliktischer Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu 2), 4) und 5) läßt sich auch nicht auf andere als die vom Berufungsgericht genannten Gründe stützen. So steht insbesondere die von den genannten Beklagten erhobene Verjährungseinrede der Geltendmachung derartiger Ansprüche nicht entgegen. Nach dem gegenwärtigen Stand des Rechtsstreits ist zwar davon auszugehen, daß Dr. H. spätestens im November 1985, als er zur Abwendung der Verwertung der gepfändeten Wertpapiere unter Vorbehalt 819.000 DM an die Erstbeklagte zahlte, Kenntnis von dem ihm entstandenen Schaden und der Person der Ersatzpflichtigen hatte. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB wurde jedoch nach § 209 Abs. 1 BGB i.V.m. § 253 Abs. 1, § 270 Abs. 3 ZPO am 18. Juli 1988 mit dem Eingang der sodann den Beklagten zu 2), 4) und 5) am 8., 9. und 16. August zugestellten Klage beim Landgericht unterbrochen. Die Klage war geeignet, die Verjährung zu unterbrechen, weil der Kläger bereits zur Zeit der Klageerhebung Inhaber der mit ihr geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagten zu 2), 4) und 5) war. Die Abtretungsvereinbarung zwischen Dr. H. und dem Kläger vom 13. Juni 1988 umfaßt in der Auslegung, die ihr das Berufungsgericht gegeben hat, auch Ansprüche gegen die Beklagten zu 2), 4) und 5). Diese Auslegung wird von der Revisionserwiderung erfolglos angegriffen. Die Auslegung einzelvertraglicher Regelungen durch den Tatrichter unterliegt revisionsrechtlicher Überprüfung nur insoweit, als sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1990 - IX ZR 33/90 = WM 1991, 495, 496 m.w. Nachw.). Solche Rechtsfehler sind hier nicht feststellbar.
V.
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Das Berufungsurteil konnte somit, soweit es noch angefochten ist, keinen Bestand haben und mußte in diesem Umfang aufgehoben werden. Da zu der umstrittenen Frage, ob die Beklagten zu 2), 4) und 5) Dr. H. durch unrichtige Angaben zur Verpfändung der Wertpapiere veranlaßt haben, sowie auch zur subjektiven Tatseite tatsächliche Feststellungen fehlen, ist die Sache noch nicht entscheidungsreif. Sie mußte daher an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
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