Wirksamkeit von Börsentermingeschäften: Börsentermingeschäftsfähigkeit einer in Belgien wohnenden Person nach altem Recht und Vereinbarkeit der Rechtsanwendung mit Gemeinschaftsrecht
Orientierungssatz
1. Nach früherem, hier maßgeblichem Recht handelte es sich bei Devisentermingeschäften um inoffizielle Börsentermingeschäfte, die hinsichtlich des Differenzeinwandes den offiziellen gleichgestellt waren. Daher waren sie nur dann voll wirksam und vom Differenzeinwand freigestellt, wenn beide Vertragspartner börsentermingeschäftsfähig waren.
2. Für Personen, die im Inland zur Zeit des Geschäftsabschlusses weder einen Wohnsitz noch eine gewerbliche Niederlassung hatten, folgte die Börsentermingeschäftsfähigkeit aus BörsG § 53 Abs 2 Nr 2 F: 1975-04-28. Dementsprechend ist eine Person, die im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nach eigenem Vortrag ihren Wohnsitz in Belgien hatte, nach (hier) anzuwendendem alten Recht als börsentermingeschäftsfähig anzusehen und ihr ist damit der Differenzeinwand verwehrt (vergleiche BGH, 1988-10-11, XI ZR 67/88, WM IV 1988, 1717).
3. Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, Belgien müsse aus europarechtlichen Gründen als (EG-)Inland iSd BörsG § 53 Abs 2 Nr 2 F: 1975-04-28 gelten, da anderenfalls die betroffene Person als EG-Inländer diskriminiert werden, denn nach BörsG § 53 Abs 2 Nr 2 F: 1975-04-28 waren auch im Ausland ansässige Deutsche termingeschäftsfähig, so daß es an einer wesentlichen Voraussetzung für die Annahme einer Diskriminierung iS der EWGV Art 52 (juris: EWGVtr), EWGV Art 59, nämlich an einer Ungleichbehandlung eigener und fremder Staatsangehöriger fehlt (vergleiche EuGH, 1991-07-10, C-294/89, NJW 1991, 3084).



vorgehend LG Frankfurt, 15. Februar 1989, 2/12 O 426/87
Vergleiche BGH 11. Zivilsenat, 11. Oktober 1988, XI ZR 67/88
Gründe
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg.
- 2
Das Berufungsgericht hat zwar rechtsfehlerhaft angenommen, Devisengeschäfte unterlägen generell nicht dem Differenzeinwand. Nach früherem, hier maßgeblichen Recht handelte es sich bei Devisentermingeschäften um inoffizielle Börsentermingeschäfte, die hinsichtlich des Differenzeinwandes den offiziellen gleichgestellt waren. Sie waren gemäß §§ 96 Abs. 3, 58 BörsG a.F. i.V. mit § 1 Satz 1 der inzwischen durch Art. 2 der Börsengesetznovelle 1989 aufgehobenen Verordnung über Börsentermingeschäfte in Wechseln und ausländischen Zahlungsmitteln vom 7. März 1925 (RGBl. I, 20) nur dann voll wirksam und vom Differenzeinwand freigestellt, wenn beide Vertragspartner börsentermingeschäftsfähig waren (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 1988 - XI ZR 67/88 = WM 1988, 1717, 1718; BGH, Urteil vom 15. Oktober 1979 - II ZR 144/78 = WM 1979, 1381, 1382; Bundschuh WM 1986, 725, 726). Das ist hier der Fall. Die Börsentermingeschäftsfähigkeit des Klägers, der nach eigenem Vortrag seinen Wohnsitz zur Zeit des Geschäftsabschlusses in Belgien hatte, folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 BörsG a.F.
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Ohne Erfolg macht die Revision geltend, Belgien müsse aus europarechtlichen Gründen als (EG-)Inland im Sinne dieser Vorschrift gelten, weil andernfalls der Kläger als EG- Inländer diskriminiert werde (Art. 7, 52, 59 EWGV). Eine Verpflichtung des Senats, die Sache gemäß Art. 177 Abs. 3 EWGV dem EuGH zur Klärung der Frage vorzulegen, ob bei richtiger Auslegung der Art. 7, 52, 59 EWGV der Kläger nach deutschem Recht nicht als sog. "Börsenausländer" behandelt werden darf, besteht nicht. Das Vorlageverfahren scheidet aus, wenn bereits eine gesicherte Rechtsprechung des EuGH zu der betreffenden Rechtsfrage vorhanden ist, selbst wenn die strittigen Fragen mit den bereits geklärten nicht völlig identisch sind (vgl. EuGH Slg. 1982 S. 3415, 3428 f.). So liegt es hier. Nach im Kern gefestigter Rechtsprechung des EuGH ist wesentliche Voraussetzung einer Diskriminierung im Sinne der Art. 52, 59 EWGV die Ungleichbehandlung eigener und fremder Staatsangehöriger (vgl. etwa EuGH RIW/AWD 1978, 801, 802; NJW 1985, 2891; NJW 1991, 3084, 3085 Nr. 25). Daran fehlt es; nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 BörsG a.F. waren auch im Ausland ansässige Deutsche termingeschäftsfähig.
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Streitwert: 313.402,66 DM
Permalink
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