Revisibilität der fehlerhaften Zulassung erstinstanzlich zu Recht zurückgewiesenen Vorbringens in der Berufungsinstanz
Leitsatz
1. Die Zulassung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden waren, kann nicht mit der Revision angegriffen werden.







vorgehend LG Baden-Baden, 15. Dezember 1989, 1 O 383/89
Gründe
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg.
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1. Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, daß das Berufungsgericht Tatsachenvortrag des Beklagten zugelassen hat, den das Landgericht zu Recht als verspätet zurückgewiesen habe (§ 528 Abs. 3 ZPO).
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Es ist in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt, daß eine fehlerhafte Berücksichtigung von neuem Tatsachenvortrag, der bei richtigem Vorgehen des Berufungsgerichts nach § 528 Abs. 1 und 2 ZPO hätte zurückgewiesen werden müssen, mit der Revision nicht mehr geltend gemacht werden kann, weil die Beschleunigungswirkungen, welche die genannten Verfahrensvorschriften sichern sollen, nicht mehr herzustellen sind, nachdem das Berufungsgericht dem Vorbringen nachgegangen ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1959 - II ZR 40/58, LM ZPO § 529 Nr. 17; Urteil vom 21. Januar 1981 - VIII ZR 10/80, NJW 1981, 928; Urteil vom 26. Oktober 1983 - IVb ZR 14/82, NJW 1984, 305; Urteil vom 28. Februar 1984 - VI ZR 70/82, VersR 1984, 538, 539; Urteil vom 29. März 1984 - I ZR 230/81, NJW 1985, 743; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 19. Aufl., § 528 Rdn. 13; Wieczorek/Rössler, ZPO 2. Aufl., § 528 Anm. E; Zöller/Schneider, ZPO 16. Aufl., § 528 Rdz. 46; Thomas/Putzo, ZPO 16. Aufl., § 528 Anm. 6). Dies gilt auch für die Zulassung des vom Erstrichter zu Recht ausgeschlossenen Vortrages (§ 528 Abs. 3 ZPO) durch das Berufungsgericht (vgl. Stein/Jonas/Grunsky aaO und Wieczorek/Rössler aaO).
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Die Vorschriften des § 528 ZPO dienen insgesamt der Beschleunigung. Ihrem Zweck würde es widersprechen, wenn die Zulassung verspäteten Vorbringens und die Berücksichtigung einer danach durchgeführten Beweisaufnahme nachträglich durch das Revisionsgericht beseitigt werden könnten. Hierdurch würde nicht nur die Feststellung des wahren Sachverhalts ohne zwingenden Grund eingeschränkt, sondern es würde auch u.U. das Verfahren, das sonst sein Ende gefunden hätte, weiter verzögert, z.B. dann, wenn rechtzeitiger Vortrag in der Berufungsinstanz deshalb unberücksichtigt geblieben ist, weil das Oberlandesgericht ihn wegen Berücksichtigung des vom Landgericht für verspätet gehaltenen Vortrags nicht für prüfungsbedürftig hielt.
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Die in der Literatur z.T. vertretene Gegenmeinung (Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO 48. Aufl., § 528 Anm. D; Schneider in Zöller aaO und in MDR 1985, 289) beruft sich zu Unrecht auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 13. Februar 1980 - VIII ZR 61/79, WM 1980, 555 = NJW 1980, 1102. Diese Entscheidung betraf den Fall, daß das Berufungsgericht, weil es das vom Landgericht zurückgewiesene Vorbringen zulassen wollte, das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen hatte. Durch die dort vom Bundesgerichtshof für zulässig erachtete Revision konnte - anders als im vorliegenden Fall - der drohenden Verfahrensverzögerung begegnet werden.
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2. Auch im übrigen begegnet das Berufungsurteil keinen revisionsrechtlichen Bedenken.
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