Bauherrenmodell: Aufklärungspflicht durch Anlagevermittler über Lage des Hauses und Vorsteuererstattungsmöglichkeit
Leitsatz
1. Zur Aufklärungspflicht eines Anlagevermittlers beim Vertrieb eines Bauherrenmodells.
2. Zum Schadensersatzanspruch des Anlegers, der an der Kapitalanlage festhält, gegen den Anlagevermittler wegen Verletzung von Aufklärungspflichten.













vorgehend LG Köln, 22. Dezember 1986, 10 O 220/86


Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB
● Hönn, 8. Auflage 2017, § 675 BGB
Tatbestand
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Die Beklagte warb im Jahr 1980 mit einem Prospekt für die Beteiligung an einer Bauherrengemeinschaft, die in B. die Wohnanlage "A.", bestehend aus Einfamilienhäusern mit Garagen, errichten sollte. In dem Prospekt wurde die Beklagte als Vertriebsbeauftragte und verantwortlich für "Beratung und Vertrieb" bezeichnet, die "p. GmbH" als Herausgeber des Prospekts und zuständig für die "wirtschaftliche und technische Baubetreuung".Der Repräsentant der Beklagten für "H./S.", Herr Ba. erläuterte den Klägern unter Benutzung des Prospekts das Vorhaben und bot den Klägern dann mit Schreiben vom 31. Oktober 1980 verschiedene Kapitalanlagen an, darunter auch die Beteiligung an der Bauherrengemeinschaft "A.". Zum Zweck der Beteiligung an diesem Bauvorhaben unterzeichneten die Kläger am 11. November 1980 ein Formular, in dem sie der p. GmbH den Auftrag für die technische und wirtschaftliche Abwicklung des Bauvorhabens erteilten. Die an die Beklagte zu zahlende "Beratungsgebühr" wurde dabei in maschinenschriftlicher Abänderung des vorgedruckten Textes von 3% auf 1,5% des Gesamtaufwandes herabgesetzt und handschriftlich mit 7.364 DM angegeben.
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Treuhänderin für das Bauvorhaben wurde vereinbarungsgemäß die W. GmbH, die in der Folgezeit die erforderlichen Verträge mit den Funktionsträgern schloß. Am 1. Juni 1982 wurden die Häuser fertiggestellt. Die Kläger erhielten Eigentum an dem Haus A. 15.
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Schon vor der Fertigstellung der Wohnanlage war mit der V. Immobilienverwaltungsgesellschaft mbH als Generalmieter ein Mietvertrag abgeschlossen worden, nach dessen Inhalt die Kläger spätestens drei Monate nach Gebrauchsabnahme, d.h. ab 1. Oktober 1982, eine monatliche Miete von 1.150 DM einschließlich Mehrwertsteuer erhalten sollten. Da die V. Immobilienverwaltungsgesellschaft mbH später zahlungsunfähig wurde, kam es zum Abschluß eines neuen Generalmietvertrages mit der An. GmbH. Dieses Unternehmen verpflichtete sich nur zur Zahlung einer monatlichen Miete von 810 DM einschließlich Mehrwertsteuer.
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Die Kläger verlangen Schadensersatz, weil die Beklagte bei der Beratung der Kläger über die Beteiligung an der Bauherrengemeinschaft ihre Aufklärungspflichten verletzt habe. Sie habe nicht auf die außerordentlich ungünstige, aus dem Prospekt nicht ersichtliche Lage des Hauses unterhalb einer acht Meter hohen Böschung hingewiesen. Wegen seiner ungünstigen Lage sei das Haus 40.000 DM weniger wert und schwerer zu vermieten. Die Beklagte habe auch ihre Pflicht verletzt, auf die Bedenken hinzuweisen, die aus umsatzsteuerlicher Sicht gegen die Gestaltung des Bauherrenmodells bestanden hätten. Das Finanzamt habe zu Recht die Einschaltung des gewerblichen Zwischenmieters umsatzsteuerrechtlich allein deshalb nicht anerkannt, weil die Bauherren nach der Gestaltung des Vertrages mit dem gewerblichen Zwischenmieter die Risiken aus der Vermietung wirtschaftlich selbst getragen hätten.
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Die Kläger haben zuletzt Schadensersatz in Höhe von 60.000 DM nebst Zinsen verlangt, wobei zu zahlen sein sollten 40.000 DM als Ausgleich des lagebedingten Minderwerts des Hauses, 8.894,30 DM als Mietausfall in der Zeit vom 1. November 1984 bis 1. April 1987 und 11.105,70 DM als teilweiser Ersatz für entgangene Vorsteuererstattung.
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Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
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Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision erstreben die Kläger weiterhin die Verurteilung der Beklagten nach ihrem zuletzt gestellten Antrag.
Entscheidungsgründe
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1. a) Das Berufungsgericht stellt fest, daß die Parteien miteinander Verhandlungen geführt und einen Beratungsvertrag geschlossen hätten. Aufgrund eines solchen Vertrages sei der Anlagevermittler verpflichtet, den Interessenten alle Informationen, die für ihren Anlageentschluß wesentliche Bedeutung hätten oder haben könnten, wahrheitsgemäß und sorgfältig, insbesondere vollständig zu erteilen. Es sei grundsätzlich davon auszugehen, daß die Beklagte ungefragt die Kläger hätte unterrichten und aufklären müssen, wenn der Prospekt falsche Angaben enthalten hätte. Der Anlagevermittler müsse aber nicht ohne konkreten Anlaß von sich aus alle in dem Prospekt enthaltenen Angaben auf ihre Richtigkeit hin überprüfen. Vielmehr könne er sich grundsätzlich darauf verlassen, daß die mit der Erarbeitung des Projekts befaßten Fachleute ihre Aufgabe ordnungsgemäß erfüllt, also zum Beispiel die Frage der Bebaubarkeit des Grundstücks wie auch die steuerrechtlichen Fragen sorgfältig und mit zutreffendem Ergebnis geprüft hätten. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lasse sich nicht feststellen, daß die Beklagte die ihr den Klägern gegenüber obliegenden Pflichten verletzt habe.
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b) Wie die Revision zu Recht rügt, hat das Berufungsgericht bei der Bestimmung des Pflichtenumfangs der Beklagten wesentliche Besonderheiten des Falles nicht berücksichtigt. Die Beklagte hatte nach dem Vertrag allerdings nicht die Sorgfaltspflichten eines unabhängigen individuellen Beraters, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird und der deshalb besonders differenziert und fundiert beraten muß (vgl. dazu BGH Urteil vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80, NJW 1982, 1095, 1096 = ZIP 1982, 169, 170). Sie trat den Klägern gegenüber als das für "Beratung und Vertrieb" des Projekts "A." zuständige Unternehmen auf und stand damit, wie den Klägern bekannt war, auf der Anbieterseite. Mit dem Hinweis darauf, daß sie als die Vertriebsbeauftragte in besonderer Weise in die Durchführung des Projekts eingebunden sei, ein Hinweis, der insbesondere in dem als Gesprächsgrundlage verwendeten Prospekt in herausgehobener Form enthalten war, nahm die Beklagte jedoch in Anspruch, erheblich eingehendere Informationen über das Projekt zu besitzen als üblicherweise ein Anlagevermittler. Darüber hinaus konnten die Kläger von der Beklagten vertragsgemäß auch deshalb besondere Sorgfalt erwarten, weil für die Beratungs- und Vermittlungstätigkeit der Beklagten eine nicht unerhebliche "Beratungsgebühr" vereinbart war. Die - im einzelnen umstrittene - Beteiligung der Beklagten an der Erstellung des Prospekts kann, da sie den Klägern bei Vertragsschluß unbekannt war, für die Abgrenzung der Vertragspflichten der Beklagten nicht herangezogen werden. Mit Recht verweisen die Kläger jedoch darauf, daß die Beklagte durch ihren Repräsentanten Ba., der für sie als Erfüllungsgehilfe handelte, wiederholt darauf hingewiesen habe, daß ihr Unternehmen bundesweit Vermögensanlageberatung betreibe, in erster Linie Vermögensanlagen für Ärzte vermittle und deswegen auf Seriosität den größten Wert lege. Die somit in verschiedener Form zum Ausdruck gebrachte Inanspruchnahme besonderen Vertrauens kann bei der Beurteilung, welche vertraglichen Sorgfaltspflichten die Beklagte zu erfüllen hatte, nicht unberücksichtigt bleiben. Nach den gegebenen Umständen war die Beklagte deshalb verpflichtet, die angebotene Kapitalanlage auf ihre Wirtschaftlichkeit zu überprüfen und gegebenenfalls dazu Nachforschungen anzustellen. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte habe sich grundsätzlich darauf verlassen dürfen, daß die mit der Erarbeitung des Projekts befaßten Fachleute ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt hätten, zieht deshalb den Pflichtenkreis der Beklagten zu eng. Die Beklagte war vielmehr auch zu einer eigenen Überprüfung ihres Angebots verpflichtet. Nicht geteilt werden kann allerdings die Ansicht der Revision, die Beklagte habe dadurch, daß sie den Inhalt des Prospekts zur Grundlage ihrer Beratung gemacht habe, zugleich die Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben übernommen. Welche Sorgfaltspflichten die Beklagte bei der Beratung der Kläger im einzelnen zu erfüllen hatte, kann nicht allgemein bestimmt werden, sondern nur im Hinblick auf die einzelnen für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände.
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2. a) Soweit die Kläger Schadensersatz verlangen, weil das erworbene Haus wegen ungünstiger Lage unterhalb einer Böschung weniger wert sei, entfällt nach Ansicht des Berufungsgerichts eine Schadensersatzpflicht der Beklagten schon deshalb, weil die Lage des Hauses auf einer Abweichung der Ausführung von der Planung beruhe. Die Planung habe vorgesehen, die Böschungslänge durch Spundwände oder ähnliche Bauanlagen zu verkürzen, also den Abstand zwischen Haus und Böschungsfuß zu vergrößern. Da die Beklagte für die Art der Bauausführung nicht verantwortlich gemacht werden könne, käme eine Haftung der Beklagten nur in Betracht, wenn sie im Zeitpunkt der Verhandlungen zwischen den Parteien gewußt hätte oder hätte erkennen können und müssen, daß später der Abstand zwischen den Häusern und der Böschung nicht so groß wie geplant sein würde. Dafür gebe es aber nach dem Vorbringen der Parteien keine Anhaltspunkte.
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Mit dieser Begründung kann der beanspruchte Schadensersatz nicht versagt werden. Die genaue Lage des Hauses zur Böschung ist umstritten. In der Revisionsinstanz ist daher von dem unter Beweis gestellten Vortrag der Kläger auszugehen, daß zwischen ihrem Haus und der acht Meter hohen Böschung statt der aus dem Prospekt ersichtlichen Gartenfläche nur eine wesentlich kleinere Fläche von weniger als 20qm liege. Der darauf gegründete Vorwurf der Kläger geht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht dahin, daß die Bauausführung von der Planung abgewichen sei, sondern daß der Prospekt, den der Repräsentant der Beklagten Ba. bei der Unterrichtung der Kläger über das Projekt benutzt habe, die tatsächliche Lage des Hauses unrichtig dargestellt und den Eindruck erweckt habe, als sei die Abstandsfläche des Hauses zur Böschung bereits durch die natürlichen Gegebenheiten des Grundstücks vorhanden.
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Das Berufungsgericht hat zu der Frage, welche Angaben dem Prospekt über die Lage des zu errichtenden Hauses zu entnehmen waren, keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Es fehlt bereits an der Feststellung, ob der Lageplan, der dem Prospekt beigegeben war, demjenigen entsprach, der dem Treuhandvertrag beigefügt war (in dem nur Höhenlinien ohne Höhenangaben zu erkennen sind), oder dem Lageplan mit Geländehöhen, der mit der Klageschrift vorgelegt wurde, aus dem jedoch eine Böschungshöhe hinter dem Haus Nr. 15 von 8m ebenfalls nicht entnommen werden kann. Das Berufungsgericht hat zudem nur festgestellt, es sei für die Kläger wegen der auf dem Lageplan eingezeichneten Höhenlinien erkennbar gewesen, daß es auf dem Baugelände erhebliche Höhenunterschiede gegeben habe und daß das zu erwerbende Haus verhältnismäßig nah an dem Geländestreifen liege, der durch mehrere dicht beieinander laufende Höhenlinien gekennzeichnet sei. Damit ist aber noch nichts darüber ausgesagt, welche Böschungshöhe aus dem Lageplan ersichtlich war und ob dieser nicht - wie die Kläger behaupten - dahin zu verstehen war, daß der eingezeichnete Abstand des zu errichtenden Hauses von der Böschung bereits durch die Gegebenheiten des Grundstücks gesichert sei, nicht lediglich geplant und nur durch ein Zurücksetzen der Böschung zu erreichen. Der Prospekttext übergeht die Lage des Hauses an der Böschung und spricht nur von "geschützter Wohnlage" und einer "durch verschiedene Haustypen und Höhenlagen architektonisch reizvollen Wohnanlage". War der Prospekt so zu verstehen, wie die Kläger vorbringen, dann war die Beklagte verpflichtet, die Kläger darauf hinzuweisen, daß der Prospekttext in diesem wesentlichen Punkt eine Lücke aufwies und der Lageplan nur die Planung, nicht die bereits gegebene Lage darstelle. Wenn die Beklagte hiervon selbst keine Kenntnis gehabt haben sollte, dann wäre dies als Verstoß gegen ihre Vertragspflichten gegenüber den Klägern anzusehen, da die Kläger erwarten konnten, daß sich die Beklagte - als die Vertriebsbeauftragte für das Projekt - zumindest über die wesentlichen örtlichen Voraussetzungen für dessen Durchführung unterrichtet hatte. Unzutreffend war im übrigen jedenfalls die Aussage des Prospekts "Ihr wesentlicher Vorteil als Bauherr ... liegt in dem gesicherten Baurecht", weil die für die geplante Böschungsgestaltung erforderliche Genehmigung unstreitig noch nicht erteilt war. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, auch insoweit die erforderlichen Nachforschungen anzustellen und die Kläger entsprechend aufzuklären.
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Das Berufungsgericht hat nicht ordnungsgemäß festgestellt, daß sich die Kläger - entgegen ihrem Vorbringen - auch bei vertragsgemäßer Aufklärung für die Beteiligung an der Bauherrengemeinschaft entschieden hätten. Es stellt lediglich fest, daß die Kläger der Nähe des Hauses zur Böschung, so wie sie geplant gewesen sei, keine Bedeutung zugemessen hätten. Hier geht es jedoch um die Frage, ob sich die Kläger an der Bauherrengemeinschaft auch beteiligt hätten bei Kenntnis davon, daß der aus dem Lageplan des Prospekts ersichtliche Abstand des Hauses zur Böschung nur geplant und baurechtlich noch nicht gesichert war. Das vom Berufungsgericht angeführte Verhalten der Kläger bei Besichtigung des Rohbaus läßt im übrigen nicht ohne weiteres Rückschlüsse darauf zu, ob sie sich auch vorher trotz entsprechender Aufklärung für die Beteiligung entschieden hätten.
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b) Nach Ansicht des Berufungsgerichts können die Kläger auch nicht mit der Begründung Schadensersatz fordern, daß die in den Gesamtkosten enthaltene Vorsteuer entgegen ihren Erwartungen (jedenfalls bisher) nicht erstattet worden sei. Es sei nicht vorgetragen, daß die Beklagte bereits bei den Verhandlungen der Parteien gewußt habe oder hätte wissen müssen, daß das von einem Fachmann für Steuerrecht entwickelte steuerrechtliche Konzept des Bauherrenmodells nicht dazu geeignet gewesen sei, eine Vorsteuererstattung zu erreichen. Es gebe auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Beklagte insoweit zumindest Bedenken hätte haben müssen und verpflichtet gewesen sei, die Kläger dementsprechend aufzuklären. Ob die Gründe für die (möglicherweise noch nicht rechtskräftige) Versagung des Vorsteuerabzugs schon in dem ursprünglichen Konzept des Bauherrenmodells angelegt gewesen seien oder sich erst aus einer späteren, bei Vertragsschluß noch nicht vorhersehbaren Entwicklung ergeben hätten, könne deshalb dahingestellt bleiben.
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Dieser Ansicht kann sich der Senat nicht anschließen. Sie geht von der unzutreffenden Rechtsmeinung aus, die Beklagte habe sich grundsätzlich darauf verlassen können, daß die mit der Erarbeitung des Projekts befaßten Fachleute ihre Aufgabe ordnungsgemäß erfüllt hätten, also auch die steuerrechtlichen Fragen sorgfältig und mit zutreffendem Ergebnis geprüft hätten, und daß die Beklagte deshalb nicht verpflichtet gewesen sei, ohne erkennbaren Anlaß die steuerrechtliche Konzeption auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Die Kläger konnten demgegenüber nach den Umständen ihres Vertragsschlusses mit der Beklagten erwarten, daß diese das steuerliche Konzept des Bauherrenmodells geprüft hatte. Die Kläger waren zu dieser Erwartung um so mehr berechtigt, als sich die Beklagte als Vermögensanlageberatungsunternehmen bezeichnet hatte und in dem von ihr bei den Vertragsverhandlungen verwendeten Prospekt damit geworben hatte, daß alle beteiligten Unternehmen über Erfahrungen bei der Planung und Realisierung von Bauvorhaben im Bauherrenmodell verfügten. Die Kläger haben ferner unwidersprochen vorgetragen, daß die Herabsetzung des Gesamtaufwandes durch Erreichen der Vorsteuererstattung ein Hauptargument der Beklagten bei den Vermittlungsgesprächen gewesen sei und für den Entschluß der Kläger, der Bauherrengemeinschaft beizutreten, entscheidende Bedeutung gehabt habe.
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Das Berufungsgericht wird danach zu prüfen haben, ob die Beklagte Anlaß hatte, an der steuerrechtlichen Konzeption des Bauherrenmodells zu zweifeln. Die Kläger haben dazu auf das Schreiben vom 24. September 1980 verwiesen, mit dem das Steuerberaterbüro D., das die Steuerkonzeption ausgearbeitet hatte, der Beklagten eine ins einzelne gehende Errechnung der Preise je qm Wohnfläche nach Steuerersparnis übersandt hat. Aus diesen Unterlagen geht hervor, daß die Vermietungsgarantiegebühr des gewerblichen Zwischenmieters für alle 25 Häuser der Anlage rund 500.000 DM betragen sollte - und dies bei einer im Prospekt angegebenen Mietgarantie für die beiden angebotenen Haustypen von monatlich 1.050 DM und 1.150 DM. Die Kläger haben weiter auf Abschnitt VI der ihnen schon vor Vertragsabschluß mit der Beklagten vorgelegten Anlage zum Treuhandvertrag verwiesen, in dem die Leistungen der Bauherren für die Vermietungsvermittlung und -garantie festgelegt sind. Auf dieser Grundlage mußte sich der Beklagten möglicherweise die Frage aufdrängen, ob der vorgesehene gewerbliche Zwischenmieter selbst noch ein nennenswertes wirtschaftliches Risiko tragen sollte und ob, falls dies zu verneinen war, seine Einschaltung nicht ein Mißbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten zur Erreichung der Vorsteuererstattung war und daher umsatzsteuerrechtlich nicht anerkannt werden konnte (§ 42 AO). War der Beklagten zur Zeit der Verhandlungen mit den Klägern erkennbar, daß die Erreichung des Vorsteuerabzuges steuerrechtlich fraglich sein könne, war sie zumindest verpflichtet, die Kläger auf diesen Umstand und die Möglichkeit, den Rat eines Steuerrechtsfachmanns einzuholen, hinzuweisen.
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Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß der Prospekt die Wendung enthält, daß eine "Haftung für den Eintritt der projizierten Steuervorteile" nicht übernommen werde. Auf diese Erklärung kommt es, auch wenn sie Vertragsinhalt geworden sein sollte, schon deshalb nicht an, weil sie die Haftung für den angestrebten steuerlichen Erfolg betrifft, nicht die Haftung für die Verletzung von Pflichten zur Aufklärung über die Chancen und Risiken einer Beteiligung an dem geplanten Vorhaben (vgl. BGH Urteil vom 30. Oktober 1987 - V ZR 144/86, WM 1988, 48, 50 = ZIP 1988, 316, 319).
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c) Die Revision macht weiter geltend, die Beklagte habe es grob fahrlässig unterlassen, Erkundigungen über die Qualifikation und Bonität der p. GmbH einzuholen. Damit kann die Revision jedoch schon deshalb keinen Erfolg haben, weil sie nicht auf ein Tatsachenvorbringen in der Vorinstanz verweisen kann, wonach die Beklagte bei zumutbaren Nachforschungen ausreichende Kenntnis von den Zahlungsschwierigkeiten der p. GmbH erhalten hätte.
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3. a) Falls das Berufungsgericht aufgrund des weiteren Verfahrens die Schadensersatzpflicht der Beklagten bejahen sollte, ist den Klägern der Schaden zu ersetzen, den sie dadurch erlitten haben, daß sie auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben der Beklagten vertraut haben. Dabei kommen als ersatzfähige Schäden auch diejenigen Beträge in Betracht, welche die Kläger für ihre Beteiligung an der Bauherrengemeinschaft im enttäuschten Vertrauen auf die Angaben der Beklagten zuviel aufgewendet haben. Für die Vertragshaftung der als Anlagevermittlerin tätigen Beklagten kann insoweit nichts anderes gelten als für die Haftung, die den Vertragspartner eines Anlegers selbst oder dessen Vertreter trifft, wenn sie den Vertrag durch Verschulden bei Vertragsschluß oder unerlaubte Handlung zustande gebracht haben (vgl. dazu BGHZ 69, 53, 58; BGH Urteile vom 2. Juni 1980, - VIII ZR 64/79, NJW 1980, 2408, 2409 = ZIP 1980, 549, 550, vom 1. April 1981 - VIII ZR 51/80, NJW 1981, 2050, 2051 = ZIP 1981, 622, 624, vom 20. März 1987 - V ZR 27/86, NJW 1987, 2511, 2512 = ZIP 1987, 995, 997 = BGHR BGB vor § 1 Verschulden bei Vertragsschluß, Schaden 2 und vom 16. Oktober 1987 - V ZR 153/86, WM 1987, 1466). Darauf, ob sich der Vertragspartner auch auf einen Vertrag mit geringeren Gegenleistungen des Anlegers eingelassen hätte, kommt es nicht an (vgl. dazu BGHZ 69, 53, 58; BGH Urteil vom 2. Juni 1980 - VIII ZR 64/79, NJW 1980, 2408, 2409). Der Schadensersatz zum Ausgleich der überhöhten Aufwendungen entspricht dem Minderwert, den die Gegenleistung des Vertragspartners des Anlegers insofern hat, als sie von der Gegenleistung abweicht, die der Anleger nach den Angaben des Anlagevermittlers zu Recht erwarten konnte (vgl. dazu auch BGH Urteile vom 20. März 1987 - V ZR 27/86, NJW 1987, 2511, 2512 und vom 16. Oktober 1987 - V ZR 153/86, WM 1987, 1466, 1467). Der Gedanke der Minderung gemäß § 472 Abs. 1 BGB kann hier zur Bestimmung, inwieweit die Aufwendungen des Anlegers für die Gegenleistung des Vertragspartners als überhöht anzusehen sind, schon deshalb nicht herangezogen werden, weil der Anlagevermittler nicht Vertragspartner des Kaufvertrages, sondern Dritthaftender ist.Da es hier um Schadensausgleich geht, kann der Anlagevermittler seinerseits gegebenenfalls geltend machen, daß der Vertragsschluß für den Anleger insgesamt vorteilhaft gewesen sei, weil der Wert der Gegenleistung seine eigene Leistung immer noch überstiegen habe, und dementsprechend Schadensersatz nicht gefordert werden könne.
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b) Bei einer etwaigen Entscheidung über die Höhe des zu leistenden Schadensersatzes wird weiter folgendes zu berücksichtigen sein:
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Die Kläger können nicht ohne weiteres unter Berufung auf die behauptete ungünstige Lage des erworbenen Hauses zur Böschung Ausgleich wegen eines Minderwerts des Grundstücks verlangen und zugleich den durch die ungünstige Lage bedingten Mietausfall, weil eine etwaige Minderung der zu erzielenden Mieterträge bereits unter dem Gesichtspunkt des Ertragswerts in die Bewertung des Grundstücks eingeht.
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Sollte die Beklagte schuldhaft ihre Aufklärungspflicht hinsichtlich der Möglichkeit, die angestrebte Vorsteuererstattung zu erhalten, verletzt haben, werden die Kläger auch berechtigt sein, Schadensersatz wegen entgangener Vorsteuererstattung zu verlangen. Insoweit sind möglicherweise die Gesamtaufwendungen für den Erwerb des Objekts höher als dies auf der Grundlage der Prospektangaben zu erwarten war. Es handelt sich hierbei nicht um Schadensersatz für entgangenen Gewinn, sondern um einen Ausgleich dafür, daß die Kläger nach ihrer Behauptung das Hausgrundstück wegen der entgangenen Vorsteuererstattung "zu teuer" erworben haben (vgl. dazu BGH Urteil vom 19. Dezember 1980 - V ZR 185/79, NJW 1981, 864, 865; zur Schadenshöhe vgl. Reithmann/Brych/Manhart, Kauf vom Bauträger und Bauherrenmodelle 5. Aufl. Rdn. 123e).
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Darauf, ob die angestrebte Vorsteuererstattung auch an steuerrechtlichen Fehlern bei der Durchführung des Vorhabens gescheitert wäre, kommt es nicht an. Ohne die Erwartung der Vorsteuererstattung hätten sich die Kläger an dem Bauvorhaben unstreitig nicht beteiligt. Ihrem Schadensersatzanspruch kann daher nicht entgegengehalten werden, Fehler Dritter bei der Durchführung des Vorhabens hätten in jedem Fall zu einer Versagung der Vorsteuererstattung geführt (vgl. BGH Urteil vom 7. Juni 1988 - IX ZR 144/87, WM 1988, 1244 = ZIP 1988, 1060, zum Abdruck in der amtlichen Sammlung vorgesehen; Staudinger/Medicus BGB 12. Aufl. § 249 Rdn. 100; MünchKomm/Grunsky, BGB 2. Aufl. vor § 249 Rdn. 84; Larenz, Schuldrecht I 14. Aufl. § 30 I, jeweils mit weiteren Nachweisen).
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Die Entscheidung über den Schadensersatzanspruch ist im übrigen nicht abhängig davon, daß zuvor über die Frage, ob die Vorsteuererstattung zu Recht versagt wurde, endgültig entschieden wurde (vgl. BGH Urteil vom 30. Oktober 1987 - V ZR 144/86, WM 1988, 48, 51 = ZIP 1988, 316, 320).
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