Unwirksamkeit der Entgeltklausel für die Änderung von Freistellungsaufträgen in Bank-AGB
Leitsatz
Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel einer Bank, daß für die Änderung von Freistellungsaufträgen ein Entgelt zu entrichten ist, benachteiligt die Kunden unangemessen und ist deshalb unwirksam (im Anschluß an BGH, 1997-07-15, XI ZR 269/96, BGHZ 136, 261).










vorgehend LG Frankenthal, 19. Dezember 1995, 6 O 947/95



Walther Schmidt-Lademann, LM AGBG § 8 Nr 29 (11/1997) (Anmerkung)

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Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 8. November 1996 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Der klagende Verbraucherschutzverein hat nach seiner Satzung die Aufgabe, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen. Die beklagte Bank verwendet gegenüber ihren Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die durch einen sogenannten "Preisaushang" ergänzt werden. Nr. 12 Abs. 1 der AGB (wortgleich mit Nr. 12 Abs. 1 AGB-Banken i.d.F. vom Januar 1993 - abgedruckt in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch Anhang 1 zu §§ 4-25) lautet:
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"Zinsen und Entgelte im Privatkundengeschäft
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Die Höhe der Zinsen und Entgelte für die im Privatkundengeschäft üblichen Kredite und Leistungen ergibt sich aus dem "Preisaushang - Regelsätze im standardisierten Privatkundengeschäft" und ergänzend aus dem "Preisverzeichnis". Wenn ein Kunde einen dort aufgeführten Kredit oder eine dort aufgeführte Leistung in Anspruch nimmt und dabei keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, gelten die zu diesem Zeitpunkt im Preisaushang oder Preisverzeichnis angegebenen Zinsen oder Entgelte. ..."
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In dem Preisaushang heißt es unter der Überschrift "Weitere Regelleistungen":
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"Verwaltung von Freistellungsaufträgen pro Jahr 10,-- DM
(ab DM 100,-- Ertrag pro Jahr) Änderung eines Freistellungsauftrages 10,- DM."
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Im Verfahren nach § 13 AGBG verlangt der Kläger von der Beklagten, die Verwendung dieser oder inhaltsgleicher Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu unterlassen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht, dessen Urteil in WM 1996, 2338 veröffentlicht ist, hat auf die Berufung des Klägers das landgerichtliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
- 7
Die Revision ist unbegründet.
I.
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Das Berufungsgericht hat die beanstandeten Klauseln wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG als unwirksam angesehen und dazu im wesentlichen ausgeführt:
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Die Klauseln unterlägen der Inhaltskontrolle, da es sich um Preisnebenabreden handele. Ein Freistellungsauftrag habe gegenüber dem zur Auszahlung von Kapitalerträgen verpflichtenden Hauptvertrag keine selbständige Bedeutung; er sei nur im Zusammenhang mit der Führung von Konten und dem Anfallen von Zinsen denkbar. Die Regelung des Einkommensteuergesetzes über Zinsabschlag und Freistellungsauftrag sei insgesamt eine zwingende gesetzliche Folge, die an die Gewährung von Zinsen auf Bankeinlagen anknüpfe. Die damit verbundene Tätigkeit der Bank stelle sich als Teil der Erbringung ihrer Hauptleistung "Verzinsung" dar.
- 10
Die Klauseln hielten einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand. Die Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der dispositiven gesetzlichen Regelung liege darin, daß eine gesonderte Vergütung für eine Tätigkeit gefordert werde, die bereits mit der vereinbarten Verzinsung abgegolten sei. Die unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten liege darin, daß auch für die Freistellungsaufträge, die nach einmaliger Erteilung unverändert fortbestehen oder nur in seltenen und begründeten Ausnahmefällen geändert werden, eine Vergütungspflicht statuiert werde.
II.
- 11
Diese Ausführungen sind im Ergebnis nicht zu beanstanden.
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1. Der Senat hat in dem heute verkündeten Urteil in der Parallelsache XI ZR 269/96 entschieden, daß eine Entgeltklausel für Freistellungsaufträge nach dem Zinsabschlaggesetz ungeachtet des § 8 AGBG der Inhaltskontrolle nach den §§ 9-11 AGBG unterliegt und diese Kontrolle einen Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG ergibt.
- 13
Nach den dort niedergelegten Grundsätzen, auf die Bezug genommen wird, macht es keinen Unterschied, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Gebühr für die Verwaltung oder für die nachträgliche Änderung eines Freistellungsauftrages festlegen. In beiden Fällen erfüllt das Kreditinstitut mit der Beachtung des Freistellungsauftrages in seiner jeweiligen Form die ihm obliegende Pflicht zur Berücksichtigung von Steuerbefreiungstatbeständen.
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2. Beide im vorliegenden Fall beanstandeten Entgeltklauseln benachteiligen den Kunden unangemessen.
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a) Die Tatsache, daß die Beklagte in Abweichung von dem dem Senatsurteil in der Sache XI ZR 269/96 zugrundeliegenden Fall für die Verwaltung von Freistellungsaufträgen nur 10 DM pro Jahr verlangt und die Verwaltung bei Zinserträgen unter 100 DM sogar unentgeltlich vornimmt, ändert nichts daran, daß dem Kunden hier für die Vermeidung des Einzugs nicht geschuldeter Steuern ein Entgelt abverlangt wird und die Beklagte dem Kunden damit Kosten gesondert aufbürdet, die Teil ihrer Allgemeinkosten sind. Das ist unabhängig von der Belastung des einzelnen Kunden im Verbandsklageverfahren für unzulässig zu erklären.
- 16
b) Dasselbe gilt für Entgelte aus Anlaß der nachträglichen Änderung von Freistellungsaufträgen. Der Senat verkennt nicht, daß damit für das Kreditinstitut ein zusätzlicher, vom Kunden verursachter Arbeits- und Kostenaufwand verbunden ist. Es mag auch sein, daß ein dafür geschuldetes Entgelt die Kunden veranlassen könnte, durch besondere Sorgfalt bei der Bemessung von Freistellungsaufträgen spätere Änderungen möglichst zu vermeiden, so daß die Kreditinstitute entlastet würden. Der durch Auftragsänderungen entstehende Aufwand ist jedoch ebenfalls eine Folge der Betrauung der Kreditinstitute mit Verwaltungsaufgaben, die der Fiskus unentgeltlich wahrzunehmen hätte. Die dem Steuerpflichtigen durch den Gesetzgeber eingeräumte Möglichkeit, Freistellungsaufträge im Interesse der sachgerechten Verteilung auf unterschiedliche Konten und Kreditinstitute jederzeit nach Belieben zu ändern (vgl. BT-Drucks. 12/2736 S. 2; Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag Rdn. 572, Lindberg, Das Zinsabschlaggesetz Rdn. 199), würde in unangemessener Weise beschnitten, wenn er davon allein deswegen nur gegen Entgelt Gebrauch machen könnte, weil der Staat den Steuereinzug für Zinserträge auf die Kreditinstitute verlagert hat und diese verständlicherweise bestrebt sind, die dadurch anfallenden, von ihnen zu tragenden Kosten auf den den Aufwand im Einzelfall verursachenden Steuerpflichtigen abzuwälzen.
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