Berufungsrücknahme durch nicht postulationsfähigen Rechtsanwalt
Leitsatz
Die von einem beim Berufungsgericht nicht zugelassenen Rechtsanwalt eingelegte Berufung kann von ihm wirksam zurückgenommen werden.









vorgehend LG Regensburg, 25. Mai 1993, 3 O 1550/91
Gründe
I.
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Der Kläger nimmt den Beklagten aus Darlehen auf Zahlung von 13.000 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen das Urteil hat der Beklagte am 7. Juli 1993 durch einen beim Berufungsgericht nicht zugelassenen Rechtsanwalt "Berufung" eingelegt und mit Schriftsatz desselben Anwalts vom 2. August 1993 deren Rücknahme erklärt.
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Das Berufungsgericht hat die Berufung durch Beschluß vom 3. Januar 1994 als unzulässig verworfen, da sie nicht durch einen beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden sei.
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Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten. Mit dieser begehrt er die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie die Feststellung, daß eine Berufung mangels Postulationsfähigkeit seines Anwalts nicht vorgelegen habe.
II.
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Die nach §§ 519 b Abs. 2, 547 ZPO statthafte und nach §§ 569, 577 Abs. 2 ZPO form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
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1. Das Berufungsgericht hat übersehen, daß der Beklagte die Berufung unter dem 2. August 1993 zurückgenommen hat und darüber deshalb nicht mehr zu entscheiden war.
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Die Rücknahme der Berufung ist wirksam, obwohl sie durch einen nicht postulationsfähigen Rechtsanwalt erklärt worden ist. Für die Rücknahme die Einschaltung eines beim Berufungsgericht zugelassenen Anwalts zu verlangen, wäre eine den Berufungskläger unbillig belastende und dem Gesetzeszweck nicht entsprechende leere Förmelei. Der Zweck des Vertretungszwangs, zu einer möglichst sachgerechten Durchführung des Berufungsverfahrens beizutragen, spielt bei der Rücknahme einer unzulässigen Berufung, die durch einen nicht postulationsfähigen Anwalt eingelegt worden ist, keine Rolle. In Rechtsprechung und Literatur herrscht deshalb Einigkeit darüber, daß ein beim Berufungsgericht nicht zugelassener Anwalt eine von ihm eingelegte Berufung wirksam zurücknehmen kann (vgl. BVerGE 14, 19, 20 f.; BFH BB 1978, 487, 488; BFH BB 1978, 1104 f.; LG Bremen NJW 1979, 987; Wieczorek/Rössler, ZPO 2. Aufl. § 515 Anm. C I; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 20. Aufl. § 515 Rdn. 8 FN 29; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, § 515 Rdn. 11; Zöller/Schneider, ZPO 18. Aufl. § 515 Rdn. 21; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 52. Aufl. § 515 Rdn. 10; AK-ZPO/Ankermann § 515 Rdn. 2).
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Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben.
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2. Der mit der sofortigen Beschwerde außerdem verfolgte Antrag des Beklagten, festzustellen, daß mangels Postulationsfähigkeit seines Anwalts eine Berufung nicht vorgelegen habe, ist unbegründet. Eine durch einen nicht postulationsfähigen Rechtsanwalt eingelegte Berufung ist entgegen der Ansicht des Beklagten keine Nichtberufung, sondern eine unwirksame Berufung, die, wenn sie nicht zurückgenommen worden wäre, als unzulässig zu verwerfen gewesen wäre (vgl. BGHZ 111, 339, 342; BGH, Beschluß vom 4. Februar 1992 - X ZB 18/91, NJW 1992, 1700, 1701; BAGE 42, 303, 307).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 ZPO, 8 Abs. 1 Satz 1 GKG.
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