Objektive und subjektive Voraussetzungen von Sittenwidrigkeit und Wucher beim Gelegenheitsdarlehen eines nicht gewerbsmäßig handelnden Darlehensgebers, hier: Geschäftsdarlehen für Großbäckerei
Leitsatz
1. Zur Frage der objektiven und subjektiven Voraussetzungen des BGB § 138 beim Gelegenheitsdarlehen eines nicht gewerbsmäßig handelnden Darlehensgebers.
Orientierungssatz
1. Da es an gesicherten Vergleichsmaßstäben fehlt, an denen der Wert eines Darlehens, das ein insoweit nicht gewerbsmäßig handelnder Geldgeber unter besonderen Umständen gewährt, gemessen werden kann, bedarf die Frage, ob der Darlehensgeber subjektiv von einem auffälligen Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ausgegangen ist und ob ihm der Vorwurf verwerflichen Handelns gemacht werden kann, besonderer Prüfung.
2. Ob sich für Gelegenheitsdarlehen überhaupt bestimmte Regeln und Richtwerte aufstellen lassen oder ob hier die Feststellung des auffälligen Mißverhältnisses stets allein nach den besonderen Umständen des Einzelfalls erfolgen muß, brauchte im vorliegenden Fall nicht abschließend entschieden zu werden. Ein Jahreszinssatz von 21,6% rechtfertigt jedenfalls, ausgehend von zur Zeit der Darlehensgewährung von den Banken geforderten Durchschnittszinssätzen für Kontokorrentkredite, Wechseldiskontkredite und Hypothekarkredite von jeweils 11,66%, 9,53% und 9,89%, und unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Kredits, nicht die Feststellung eines auffälligen Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung.












vorgehend LG Koblenz, 4. Mai 1988, 15 O 178/87
Vergleiche BGH 11. Zivilsenat, 1. Februar 1994, XI ZR 105/93



Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB
● Nassall, 8. Auflage 2017, § 138 BGB
Tatbestand
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Der Kläger und seine Mutter betrieben früher eine Großbäckerei. Als sie im Frühjahr 1980 in Schwierigkeiten gerieten, gewährte ihnen der Beklagte, ein Automatengroßhändler, ein Darlehen von 50.000 DM; davon wurden 20.000 DM am 5. März 1980 zur Verfügung gestellt, 30.000 DM später. Am 6. März 1980 unterzeichneten die Parteien einen schriftlichen Vertrag. Danach sollte das Darlehen am 5. August 1980 zurückgezahlt werden. An "Kosten, Zinsen und Bearbeitungsgebühr" wurden "4.500 DM + 13% MWSt = 585 DM" vereinbart. Über die Gesamtsumme von 55.085 DM akzeptierte der Kläger zwei am 5. August 1980 fällige Wechsel. Als Sicherheit hatten der Kläger und seine Mutter dem Beklagten bereits am 5. März 1980 in notarieller Urkunde eine nachrangige Briefgrundschuld über 50.000 DM nebst 15% Zinsen bestellt; zugleich hatte der Kläger die persönliche Haftung für die Zahlung des Grundschuldbetrags übernommen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde unterworfen. Außerdem hatte ein gemeinsamer Bekannter der Parteien (K.-E. L.) sich für den ersten Darlehensteilbetrag von 20.000 DM verbürgt. Schließlich unterschrieb der Kläger am 6. März 1980 noch einen Sicherungsübereignungsvertrag über insgesamt 12 Jagd- und Handfeuerwaffen und trat dem Beklagten am 7. März 1980 und im April 1980 verschiedene Ansprüche gegen Dritte ab.
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Mit Schreiben vom 27. Mai 1980 kündigte der Beklagte das Darlehen vorzeitig. Die am 5. August 1980 fälligen Wechsel mußte er jedoch selbst einlösen. Der Kläger akzeptierte einen neuen, drei Monate später fälligen Wechsel über einen um Kosten und Spesen erhöhten Betrag. Ebenso verfuhren die Parteien später noch mehrfach. Der letzte Wechsel ging am 5. August 1982 zu Protest. Nachdem der Beklagte durch Verwertung der Sicherheiten und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen teilweise Befriedigung erlangt hatte, berechnete er seine Restforderung schließlich noch mit 18.281,31 DM.
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Der Kläger hält die Darlehensvereinbarungen für wucherisch und nichtig. Er hat Klage mit dem Antrag erhoben, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 5. März 1980 für unzulässig zu erklären und den Beklagten zur Herausgabe dieser Urkunde zu verurteilen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision hat Erfolg.
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I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Darlehensvertrag vom März 1980 und - als Erfüllungsgeschäft - auch die Grundschuld und das persönliche Schuldanerkenntnis seien nach § 138 Abs. 2 BGB nichtig. Der Kläger habe sich in einer Zwangslage befunden, weil er mit seinem Betrieb in Schwierigkeiten geraten sei und von Banken keinen Kredit mehr erhalten habe. Der Beklagte habe sich für sein Darlehen Vermögensvorteile versprechen lassen, die in einem auffälligen Mißverhältnis zu seiner Leistung stünden. Der Aufschlag von 5.085 DM entspreche bei einer Laufzeit von 5 Monaten einem effektiven Jahreszins von 24,408%. Damit habe die Gesamtbelastung des Klägers mehr als das Doppelte der Belastung bei vergleichbaren Bankkrediten ausgemacht; nach der Statistik der Deutschen Bundesbank hätten nämlich die Durchschnittszinssätze für Kontokorrentkredite im März 1980 11,66%, im August 1980 12,53% betragen, für Wechseldiskontkredite 9,53% bzw. 9,72%. Die Darlehensbewilligungskosten des Beklagten hätten den von ihm behaupteten Betrag von 2.500 DM ersichtlich nicht erreicht. Der Beklagte könne seine höheren Zinsen auch nicht mit dem hohen Rückzahlungsrisiko begründen. Durch Bürgschaft, Grundschuld, Sicherungsübereignung und Forderungsabtretungen sei sein Darlehen besser abgesichert gewesen als ein durchschnittlicher Bankkredit. Das auffällige Mißverhältnis mache das Darlehen als wucherisch ausbeutend nichtig.
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II. Diese Begründung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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1. Mit Recht rügt die Revision, daß das Berufungsurteil keine hinreichenden Feststellungen zu den subjektiven Voraussetzungen des Wuchers enthält. Selbst wenn man mit dem Berufungsgericht eine Zwangslage des Klägers und ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bejahen wollte, reicht das allein nicht aus, um den Tatbestand des § 138 Abs. 2 BGB zu erfüllen. Zu den subjektiven Voraussetzungen gehört zwar keine besondere Ausbeutungsabsicht des Wucherers, wohl aber ist es notwendig, daß er sich in Kenntnis des auffälligen Mißverhältnisses die Zwangslage des Bewucherten bewußt und in verwerflicher Weise zunutze gemacht hat (BGH, Urteile vom 8. Juli 1982 - III ZR 1/81 = NJW 1982, 2767, 2768 zu I 2 c und vom 24. Mai 1985 - V ZR 47/84 = NJW 1985, 3006, 3007).
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Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen spricht hier auch nicht etwa eine tatsächliche Vermutung, die konkrete Feststellungen im Einzelfall entbehrlich machte. Der Bundesgerichtshof bejaht zwar eine solche Vermutung bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit von Konsumentenratenkrediten nach § 138 Abs. 1 BGB (BGHZ 98, 174, 178). Auf einen Geschäftskredit, wie er hier vom Kläger für seine Großbäckerei aufgenommen wurde, ist diese Rechtsprechung aber nicht anwendbar (BGH, Beschluß vom 13. Juli 1989 - III ZR 201/88 = WM 1989, 1461).
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Allgemein kann allerdings auch im Rahmen des § 138 Abs. 2 BGB, wenn nicht nur ein auffälliges, sondern ein besonders grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt, eine tatsächliche Vermutung für die Annahme sprechen, der Darlehensgeber habe die ihm bekannte Notlage des Darlehensnehmers ausgebeutet (BGH, Urteil vom 8. Juli 1982 aaO). Ein besonders grobes Mißverhältnis ist hier jedoch, auch wenn man den vom Berufungsgericht berechneten Zinssatz von 24,408% zugrundelegt, auf keinen Fall zu bejahen. In dem zitierten BGH-Urteil vom 8. Juli 1982 lag die absolute Zinsbelastung über 90%; im Schrifttum wird für ein besonders grobes Mißverhältnis eine relative Marktzinsüberschreitung von etwa 200% gefordert (Palandt/Heinrichs, 49. Aufl. § 138 BGB Anm. 2 b ff; vgl. auch BGH, Urteil vom 24. Januar 1979 - VIII ZR 16/78 = NJW 1979, 758).
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Ob der Beklagte sich des auffälligen Mißverhältnisses bewußt war, bedurfte hier auch deswegen besonderer Prüfung, weil es - zur Zeit der Darlehenshingabe, aber auch heute noch - an gesicherten Vergleichsmaßstäben fehlt, an denen der Wert eines Darlehens, das ein insoweit nicht gewerbsmäßig handelnder Geldgeber unter besonderen Umständen gewährt, gemessen werden kann. Abweichend vom Landgericht hat sich das Berufungsgericht an den Durchschnittszinssätzen orientiert, die von Banken für Kontokorrent- und Wechseldiskontkredite gefordert werden; es hat aber eine höchstrichterliche Überprüfung gerade in diesem Punkt für erforderlich gehalten und deswegen die Revision zugelassen. Zur Rechtfertigung der von ihm verlangten Darlehenskosten hat sich der Beklagte im übrigen auch darauf berufen, er selbst habe zur Refinanzierung des Darlehens einen Bankkredit in Anspruch nehmen und mit über 15% verzinsen müssen; andererseits habe der Kläger das Darlehen aufgenommen, um damit beim Kauf eines neuen Backofens einen Preisnachlaß von 22.000 DM zu erzielen. Mit Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht diesen Vortrag für unerheblich erachtet hat. Zumindest für die Frage, ob der Beklagte subjektiv von einem auffälligen Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ausgegangen ist und ob ihm der Vorwurf verwerflichen Handelns gemacht werden kann, hätte das Berufungsgericht den vom Beklagten behaupteten besonderen Umständen wesentliche Bedeutung beimessen müssen. Einer weiteren Aufklärung bedarf es insoweit jedoch nicht; denn das Berufungsurteil erscheint schon in seinem Ausgangspunkt, in der objektiven Bejahung eines auffälligen Mißverhältnisses, rechtsfehlerhaft, und zwar ohne Rücksicht auf die Refinanzierungskosten des Beklagten und den Verwendungszweck des Darlehens.
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2. Bereits aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung als objektive Voraussetzung sowohl des Wuchers nach § 138 Abs. 2 als auch der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB zu verneinen.
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a) Bei der Berechnung der vertraglichen Belastung des Klägers ist das Berufungsgericht von dem als "Kosten, Zinsen und Bearbeitungsgebühr" ausgewiesenen Gesamtbetrag von 5.085 DM ausgegangen. Hiervon entfallen nach dem Vertragstext jedoch 585 DM auf die Mehrwertsteuer. Dieser Betrag muß beim Leistungsvergleich unberücksichtigt bleiben. Nach § 4 Nr. 8 a UStG 1980 sind Entgelte für die Kreditgewährung grundsätzlich umsatzsteuerfrei; das gilt nicht nur für Zinsen, sondern auch für sonstige Gebühren und Kosten (Hartmann/Metzenmacher UStG 6. Aufl. E § 4 Nr. 8 Rdn. 18). Der Grund, warum hier trotzdem das im Darlehensvertrag vom 6. März 1980 vereinbarte Entgelt von 4.500 DM um 13% Mehrwertsteuer erhöht worden ist, ergibt sich aus dem Parteivortrag nicht; darauf kommt es auch nicht entscheidend an:
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aa) Wenn die Mehrwertsteuer von den Parteien nur irrtümlich angesetzt wurde, ist ihre Vereinbarung dahin auszulegen, daß die in Wahrheit nicht anfallende Mehrwertsteuer auch vom Kläger nicht zu zahlen ist; eine entsprechende Berichtigung zwischen den Parteien befreit auch den Beklagten von seiner Steuerpflicht nach §§ 14 Abs. 2, 17 Abs. 1 UStG (Peusquens BB 1978, 1304, 1305; Palandt/Heinrichs 49. Aufl. § 157 BGB Anm. 3 Stichwort: Mehrwertsteuer a.E.).
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bb) Denkbar ist allerdings, daß der Beklagte gemäß § 9 UStG auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 a UStG verzichten will. Auch in diesem Fall belastet der Mehrwertsteuerbetrag den Kläger im Ergebnis aber nicht, weil er dann nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorsteuerabzugsberechtigt ist.
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Geht man demgemäß nur von 4.500 DM als Entgelt für 5 Monate Darlehenslaufzeit aus, so ergibt sich daraus ein Jahreszinssatz von 21,6%.
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b) Als Maßstab für den Wert der Gegenleistung hat das Berufungsgericht mangels anderer Erhebungen die aus den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank ersichtlichen Durchschnittszinssätze für in ähnlicher Weise gesicherte Bankkredite herangezogen. Das ist im Ansatz rechtlich nicht zu beanstanden. Beim Wertvergleich und bei der Feststellung des auffälligen Mißverhältnisses müssen jedoch die Besonderheiten des Einzelfalls stärker berücksichtigt werden, als das Berufungsgericht es getan hat.
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aa) Das Verhältnis zweier Leistungen hängt wesentlich auch davon ab, welche Risiken von den Vertragspartnern übernommen werden (BGH, Urteil vom 8. Juli 1982 aaO zu I 2 a m.w.Nachw.). Die der Statistik zu entnehmenden Zinssätze beziehen sich auf Darlehen an Schuldner, die von den Banken als kreditwürdig eingeschätzt worden sind. Der Kläger erhielt hier aber zur Zeit des Vertragsschlusses von Banken keinen Kredit mehr; das ist im Berufungsverfahren unstreitig gewesen; davon ist gemäß § 314 ZPO auszugehen, auch wenn sich die entsprechende Feststellung nicht im Tatbestand des Berufungsurteils, sondern in den Entscheidungsgründen befindet (Baumbach/Lauterbach/Hartmann 48. Aufl. § 314 ZPO Anm. 2, letzter Absatz; BGH, Urteil vom 28. Mai 1974 - VI ZR 65/73 = VersR 1974, 1021). Für das Revisionsgericht ist eine solche Feststellung bindend; sie liefert auch dafür Beweis, daß etwas in der mündlichen Verhandlung anders als in einem früheren Schriftsatz vorgetragen wurde (Baumbach/Lauterbach/Hartmann aaO § 314 ZPO Anm. 1 A, a.E. m.w.Nachw.). Eine Berichtigung wäre nur im Verfahren nach § 320 ZPO möglich gewesen (BGH, Urteil vom 15. Juni 1989 - VII ZR 14/88 = BGHR ZPO § 314 - Unrichtigkeit 1 -).
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Danach ging der Beklagte mit der Darlehensgewährung ein Risiko ein, das die gewerblichen Kreditinstitute nicht nur nicht zu den marktüblichen Zinssätzen, sondern überhaupt nicht mehr übernehmen wollten. Angesichts dieser damaligen Einschätzung der Kreditwürdigkeit des Klägers durch die Banken kommt den jetzigen Überlegungen des Berufungsgerichts zur Werthaltigkeit der gestellten Sicherheiten nur beschränktes Gewicht zu; gegen sie spricht auch die Tatsache, daß es dem Beklagten bisher nicht gelungen ist, sich aus diesen Sicherheiten vollständig zu befriedigen. Freilich bedarf auch und gerade ein Darlehensnehmer, der von den Banken nicht mehr als kreditwürdig angesehen wird, des Schutzes des § 138 BGB. Die allgemeine Einschätzung des bei einem solchen Schuldner bestehenden besonderen Rückzahlungsrisikos darf aber bei der Feststellung eines auffälligen Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung nicht unberücksichtigt bleiben.
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bb) Wenn bei einem sehr kurzfristigen Darlehen der sich aus dem vereinbarten Gesamtentgelt für die Laufzeit ergebende Kostenprozentsatz auf einen Jahreszins hochgerechnet wird, fallen die laufzeitunabhängigen Kosten der Darlehensbewilligung stärker ins Gewicht als bei langfristigen Darlehen, wie sie der Bankenstatistik für Kontokorrent- und Hypothekarkredite zugrundeliegen. Das darf hier bei dem für nur 5 Monate vereinbarten Darlehen nicht unberücksichtigt bleiben, auch wenn die dem Beklagten bei der Darlehensbewilligung entstandenen einmaligen Kosten (Auskunft, Grundstücksbesichtigung, Notartermin) der Höhe nach nicht den von ihm behaupteten Betrag von 2.500 DM erreichen.
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cc) Schließlich kann auch der für Bankkredite entwickelte Grundsatz, daß eine relative Überschreitung des Vergleichszinses um rund 100% im Regelfall die Feststellung eines auffälligen Mißverhältnisses nahelegt (BGHZ 104, 102, 105; BGH, Beschluß vom 13. Juli 1989 - III ZR 201/88 = WM 1989, 1461) nicht unverändert auf ein Gelegenheitsdarlehen übertragen werden, das ein dabei nicht gewerbsmäßig handelnder Darlehensgeber gewährt. Es muß vielmehr berücksichtigt werden, daß das Rückzahlungsrisiko einen solchen Darlehensgeber viel stärker trifft als ein Kreditinstitut, bei dem sich aus der Vielzahl von Krediten eine Risikostreuung ergibt und einkalkuliert werden kann.
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Ob sich danach für Gelegenheitsdarlehen überhaupt bestimmte Regeln und Richtwerte aufstellen lassen oder ob hier die Feststellung des auffälligen Mißverhältnisses stets allein nach den besonderen Umständen des Einzelfalls erfolgen muß, braucht im vorliegenden Fall nicht abschließend entschieden zu werden. Ein Jahreszinssatz von 21,6% rechtfertigt jedenfalls, wenn man von den zur Zeit der Darlehensgewährung im März 1980 von den Banken geforderten Durchschnittszinssätzen für Kontokorrentkredite (11,66%), Wechseldiskontkredite (9,53%) und Hypothekarkredite (9,89%) ausgeht, aber auch die aufgezeigten Besonderheiten des vorliegenden Kredits berücksichtigt, nicht die Feststellung eines auffälligen Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung. Deshalb ist weder der objektive Tatbestand des Wuchers nach § 138 Abs. 2 noch der des wucherähnlichen Darlehensgeschäfts nach § 138 Abs. 1 BGB erfüllt. Die allein auf die Nichtigkeit der Parteivereinbarungen gestützte Klage mußte abgewiesen werden.
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