Aufwendungsersatzanspruch aus fehlgeschlagenem Auszahlungsauftrag zweier betrogener Banken untereinander
Leitsatz
Zum Erstattungsanspruch des Auftraggebers bei fehlgegangenem Auszahlungsauftrag, wenn sowohl der Auftraggeber als auch die auszahlende Bank auf einen Betrüger hereingefallen sind.
Orientierungssatz
Zitierungen: Abgrenzung BGH, 1967-10-18, Ib ZR 169/65, WM IV 1967, 1142; BGH, 1985-01-25, III ZR 138/84, WM IV 1985, 511 und BGH, 1992-06-30, XI ZR 145/91, WM IV 1992, 1392.















vorgehend LG Köln, 19. November 1993, 88 O 135/92



Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB
● Hönn, 8. Auflage 2017, § 665 BGB
Abgrenzung BGH 3. Zivilsenat, 25. Januar 1985, III ZR 138/84
Abgrenzung BGH 1b. Zivilsenat, 18. Oktober 1967, Ib ZR 169/65
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Teilurteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 23. Juni 1994 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Die klagende Bank macht Rückerstattungsansprüche in Höhe von insgesamt 2.413.000 DM nebst Zinsen wegen überwiesener Geldbeträge geltend, die die beklagte Bank weisungswidrig an nicht empfangsberechtigte Personen ausgezahlt haben soll. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
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Die Klägerin, eine griechische Bank mit Sitz in Athen, die in Deutschland lediglich eine Repräsentanz unterhält, arbeitete bereits seit vielen Jahren zur Durchführung von Überweisungen und von Auszahlungen an ihre in Deutschland und im benachbarten Ausland lebenden Kunden mit der Beklagten zusammen. Dabei erteilten die Kunden der Klägerin deren Repräsentanz in K. fernmündlich Auszahlungsaufträge zur Weiterleitung an die Klägerin in Athen, indem sie ihren Namen, ihre Kontonummer, die gewünschte Summe sowie Ort und Art der Auszahlung nannten. Die Repräsentanz leitete diese Angaben sowohl an die Klägerin als auch an die K. Niederlassung der Beklagten weiter. Die Klägerin prüfte, ob die Auftraggeber bei ihr ein Konto mit ausreichender Deckung hatten, und leitete über ihre Repräsentanz in K. der Beklagten Listen mit Zahlungsaufträgen zu, die neben dem Namen des jeweiligen Zahlungsempfängers auch den Ort und die Art der gewünschten Auszahlung enthielten. Die Auszahlungsaufträge enthielten häufig - so auch in den hier streitigen Fällen - den Vermerk "Der Kunde spricht vor". Die Zahlungsempfänger fanden sich sodann in der jeweiligen Filiale der Beklagten ein, legitimierten sich durch Ausweispapiere und erhielten die für sie bestimmten Beträge ausgezahlt. Die Beklagte belastete ein auf Guthabenbasis geführtes Konto der Klägerin mit den entsprechenden Summen.
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Am 11. Januar, 8. Februar und 20. März des Jahres 1991 erhielt die Beklagte von der Klägerin drei Aufträge, jeweils in A. an einen A. T. Beträge von 435.000 DM, 415.000 DM und 423.000 DM auszuzahlen. Am 14. Januar, 13. Februar und 25. März 1991 erschien in der Filiale A. der Beklagten jeweils eine Person, die nach der von der Klägerin in erster Instanz zugestandenen und erst in der Berufungsinstanz bestrittenen Behauptung der Beklagten einen belgischen Ausweis auf den Namen "A. T." vorlegte. Die Mitarbeiter der Beklagten zahlten die oben genannten Beträge gegen Quittung aus und notierten auf den Auszahlungsbelegen jeweils einige Angaben aus dem vorgelegten Ausweis. Im September 1991 beanstandete der Kunde A. T. der Klägerin die Belastung seines Kontos mit den genannten Beträgen.
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In ähnlicher Weise gelangten über die Filiale A. der Beklagten Beträge von insgesamt 1.140.000 DM zur Auszahlung an zwei Personen, die Ausweispapiere auf die Namen "C. G." und "J. K." vorlegten. Auch die Kunden G. und K. der Klägerin beanstandeten die Belastung ihrer Konten mit den entsprechenden Beträgen.
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In allen genannten Fällen waren die Auszahlungsaufträge der K. Repräsentanz der Klägerin von jeweils unbekannt gebliebenen Personen fernmündlich erteilt worden. Die Klägerin hat ihren drei Kunden inzwischen die ausgezahlten Beträge erstattet und gegenüber der Beklagten die Auszahlungsaufträge widerrufen.
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Die Klägerin behauptet, die Personen, an die die Beklagte die oben genannten Beträge ausgezahlt habe, seien nicht mit den in den Auszahlungsaufträgen genannten Berechtigten identisch gewesen. Sie ist der Ansicht, die Mitarbeiter der Beklagten hätten bei der Auszahlung der Beträge ihre Sorgfaltspflichten verletzt.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat mit dem vorliegenden Teilurteil die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, soweit das Landgericht die Klage in Höhe des auf den Fall "T." entfallenden Teilbetrages von insgesamt 1.273.000 DM nebst Zinsen abgewiesen hat. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin in diesem Umfang ihre Klageansprüche weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
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Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der ihr von der Beklagten im Fall "T." belasteten Auszahlungsbeträge. Zur Begründung führt es im wesentlichen aus:
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1. Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien sei wegen der Rechtswahlklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten und auch wegen der spätestens durch das Verhalten beider Parteien im vorliegenden Rechtsstreit zustande gekommenen Rechtswahlvereinbarung deutsches Recht anzuwenden. Nach deutschem Recht stünden der Klägerin weder Herausgabeansprüche nach den §§ 667, 675 BGB noch Schadensersatzansprüche wegen positiver Forderungsverletzung der Auszahlungsaufträge zu.
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2. Ansprüche aus den §§ 667, 675 BGB seien auch bei unterstellter Richtigkeit der Behauptung der Klägerin, daß das Geld nicht an den Berechtigten ausgezahlt worden sei, nicht gegeben. Es stehe nämlich fest, daß der Empfänger der Gelder einen auf "A. T." lautenden - wohl gefälschten - belgischen Fremdenpaß vorgelegt habe. Die Klägerin, die diese Tatsache in erster Instanz zugestanden habe, könne sie jetzt nicht mehr wirksam bestreiten. Die Beklagte habe mithin durch die Auszahlung der Gelder an jemanden, der sich als der in der Anweisung bezeichnete Empfänger legitimiert habe, die ihr erteilten Aufträge erfüllt.
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Bei Überweisungs- und Auszahlungsaufträgen werde zwar allgemein allein der wirkliche Namensträger und nicht eine Person, die sich nur als Berechtigter ausgibt, als Begünstigter angesehen. Eine Bank, die stattdessen auf einen Betrüger hereinfalle und an ihn auszahle, habe daher, auch wenn ihr kein Sorgfaltsverstoß zur Last falle, den ihr erteilten Auftrag nicht ausgeführt und sei einem Rückerstattungsanspruch aus § 667 BGB ausgesetzt.
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Diese Grundsätze seien indes im mehrgliedrigen Überweisungsverkehr nicht anwendbar, wenn nicht der wahre Kontoinhaber, sondern ein Betrüger den Auszahlungsauftrag erteilt und die überweisende Bank die Fehlleitung des Geldes dadurch ermöglicht habe, daß sie bei Entgegennahme des Auftrags eine Identitätsprüfung unterlassen und zudem der Auszahlungsbank nur so wenige Identifizierungsmerkmale zur Person des Empfängers mitgeteilt habe, daß eine namensgleiche Person, die sich durch ein Ausweispapier legitimiere, das Geld erhalten könne. So sei es hier gewesen. Die Klägerin habe leichtfertig ein Betrugsrisiko geschaffen, indem sie telefonische Auszahlungsaufträge, bei denen der Anrufer nur einen Namen und eine zugehörige Kontonummer angegeben habe, ohne irgendwelche Kontrollmaßnahmen entgegengenommen und ohne zusätzliche Identifizierungsmerkmale an die Beklagte weitergeleitet habe. Das Betrugsrisiko sei somit der Sphäre der Klägerin zuzuordnen mit der Folge, daß die Auszahlung der Gelder seitens der Beklagten an einen Betrüger als ordnungsgemäße Auftragserfüllung zu gelten habe. Der Klägerin stehe daher von vorneherein kein Rückerstattungsanspruch nach den §§ 667, 675 BGB zu, ohne daß es noch auf etwaige aus einer entsprechenden Anwendung des § 254 BGB herzuleitende Mitverschuldenserwägungen ankomme.
- 14
3. Schadensersatzansprüche wegen positiver Forderungsverletzung stünden der Klägerin nicht zu, weil nichts dafür erkennbar sei, daß die Beklagte bzw. deren Mitarbeiter ihre Sorgfaltspflichten verletzt hätten und sie insbesondere hätten erkennen können, daß das vorgelegte Ausweisdokument gefälscht gewesen sei. Der Umstand, daß in der Auszahlungsquittung nur wenige Daten notiert worden seien und daß keine Fotokopie des Passes gefertigt worden sei, sei jedenfalls für den Schaden der Klägerin nicht kausal geworden. Die Annahme der Klägerin, daß aus einer Fotokopie ersichtlich gewesen wäre, daß der Fremdenpaß für jeden erkennbar gefälscht gewesen sei und die Angestellten der Beklagten dies schuldhaft übersehen hätten, sei reine Spekulation.
II.
- 15
Diese Beurteilung hält, soweit sie Ansprüche nach den §§ 667, 675 BGB betrifft, rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 16
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß auf die Rechtsbeziehungen der Parteien deutsches Recht anzuwenden ist. Dieser Standpunkt wird auch von der Revision geteilt.
- 17
2. Dem Berufungsgericht ist des weiteren darin zuzustimmen, daß die Vorlage eines auf "A. T." lautenden Ausweispapiers durch den Empfänger der ausgezahlten Beträge als feststehend zu behandeln ist, weil die Klägerin dies in erster Instanz zugestanden hat und ihr Bestreiten in der Berufungsinstanz unwirksam ist (§§ 288, 532 ZPO). Auch die Revision wendet sich dagegen nicht.
- 18
3. Mit Recht greift die Revision dagegen die Ansicht des Berufungsgerichts an, aus der Vorlage eines auf den Namen des Berechtigten lautenden Ausweispapiers durch den Empfänger der Geldbeträge ergebe sich auch dann, wenn es sich bei dem Empfänger nicht um den Berechtigten gehandelt haben sollte, daß die Auszahlung auftragsgemäß gewesen sei.
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a) Die gesetzlichen Vorschriften über das Recht des Auftrags und der entgeltlichen Geschäftsbesorgung sind, wie auch das Berufungsgericht im Ausgangspunkt nicht verkennt, dahin auszulegen, daß eine Bank, die Aufträge für Auszahlungen übernommen hat, nur dann auftragsgemäß handelt, wenn sie das Geld dem durch den Auftrag individualisierten Empfänger auszahlt. Wird das Geld einer anderen Person ausgehändigt, so liegt grundsätzlich keine Ausführung des Auftrags vor. In diesem Fall hat die Bank gegen ihren Auftraggeber keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz und muß einen etwa bereits erhaltenen Vorschuß nach den §§ 667, 675 BGB herausgeben; auf die Frage, ob die Bank schuldhaft gehandelt hat, kommt es dabei grundsätzlich nicht an (BGH, Urteil vom 18. Oktober 1967 - Ib ZR 169/65 = WM 1967, 1142).
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b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts rechtfertigen die Besonderheiten des vorliegenden Falles keine abweichende Auslegung der gesetzlichen Vorschriften. Der Umstand, daß die Klägerin ihre Aufträge wahrscheinlich nicht von ihrem Kunden A. T., sondern von einem Betrüger erhalten hatte, der dadurch eine Auszahlung an einen Nichtberechtigten (sich selber oder einen Komplizen) bewirken wollte, ändert nichts daran, daß die für die Beklagte allein maßgeblichen Aufträge der Klägerin auf Auszahlung an A. T. lauteten und so auch gemeint waren. Der Leichtsinn, den die Klägerin bei der ungeprüften Entgegennahme und Weiterleitung der fernmündlich empfangenen Aufträge an den Tag legte, läßt den Inhalt der Auszahlungsaufträge, die sie der Beklagten erteilt hat, unberührt.
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In diesem Zusammenhang kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht darauf an, wessen Sphäre die Risiken zuzuordnen sind, die zur Fehlleitung der Gelder geführt haben. Die Nichtausführung eines Auftrags wird nicht dadurch zur Auftragsausführung, daß der Auftraggeber in vorwerfbarer Weise zum Mißlingen beigetragen hat. Ein solches Verhalten des Auftraggebers kann nicht unmittelbar im Rahmen der §§ 667, 675 BGB, sondern nur im Zusammenhang mit dem auf auftragsrechtliche Rückerstattungsansprüche entsprechend anwendbaren § 254 BGB, unter Umständen auch für die Begründung von Schadensersatzansprüchen des Beauftragten, Berücksichtigung finden.
- 22
Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht für seinen Standpunkt die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 18. Oktober 1967 (Ib ZR 169/65 = WM 1967, 1142), vom 25. Januar 1985 (III ZR 138/84 = WM 1985, 511) und vom 30. Juni 1992 (XI ZR 145/91 = WM 1992, 1392) in Anspruch. In keiner dieser Entscheidungen ist eine Fehlleitung von Geldern durch eine auszahlende Bank wegen mitwirkenden Verschuldens des Auftraggebers als Auftragsausführung gewertet worden. Insbesondere in dem Senatsurteil vom 30. Juni 1992 (aaO) ging es nicht um Fragen der Auftragsausführung, sondern um die ganz andere Frage, wann ein Bankkunde sich gefälschte Überweisungsaufträge unter Rechtsscheinsgesichtspunkten zurechnen lassen muß.
III.
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Auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands und der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen läßt sich das Berufungsurteil auch nicht auf andere als die vom Berufungsgericht genannten Gründe stützen. Auf dieser Grundlage können Ansprüche der Klägerin weder mit Hilfe der vom Berufungsgericht übersehenen Ziffer 5 Abs. 2 und 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten noch unter dem Gesichtspunkt des entsprechend anwendbaren § 254 BGB noch wegen treuwidrigen Verhaltens der Klägerin ausgeschlossen werden.
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1. a) Den Geschäftsbeziehungen der Parteien lagen, wie das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Prüfung der Frage des anwendbaren Rechts festgestellt hat, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zugrunde. Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der bis Ende 1992 anwendbaren Fassung, die gleichlautend war mit der damals geltenden Fassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken vom Januar 1988, enthielten in Ziffer 5 Abs. 2 folgende Bestimmung:
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"Hat die Bank aufgrund eines Akkreditivs, Kreditbriefs oder sonstigen Ersuchens Zahlungen zu leisten, so darf sie an denjenigen zahlen, den sie nach sorgfältiger Prüfung seines Ausweises als empfangsberechtigt ansieht."
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Diese Bestimmung ist in der Alternative "oder sonstigen Ersuchens" auf den vorliegenden Fall anwendbar. Sie bewirkte bei der Abwicklung von Auszahlungsaufträgen eine Änderung der Rechtslage dahin, daß nicht nur eine Auszahlung an den Empfangsberechtigten, sondern auch eine solche an einen Nichtberechtigten, den die Bank nach sorgfältiger Prüfung seines Ausweises als den Berechtigten ansah, als Durchführung des Auftrags galt und der Bank einen Aufwendungsersatzanspruch nach den §§ 670, 675 BGB gegen den Auftraggeber verschaffte (Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Bearb. 1981, Rdn. 2571).
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b) Im vorliegenden Fall müßte die Klägerin daher eine Auszahlung der für A. T. bestimmten Gelder an einen Nichtberechtigten als Ausführung ihrer Auszahlungsaufträge gegen sich gelten lassen, wenn die Beklagte den Zahlungsempfänger nach sorgfältiger Prüfung seines Ausweises als empfangsberechtigt angesehen haben sollte. In diesem Zusammenhang kann die Beklagte sich allerdings nicht auf eine Absenkung des für sie geltenden Sorgfaltsmaßstabs nach Ziffer 5 Abs. 3 ihrer damaligen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (= Ziffer 5 Abs. 3 AGB-Banken von 1988) berufen. Diese Bestimmung lautet:
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"Werden der Bank als Ausweis der Person oder zum Nachweis einer Berechtigung ausländische Urkunden vorgelegt, so wird sie sorgfältig prüfen, ob diese zur Legitimation geeignet sind. Bei der Prüfung und einer etwaigen Übersetzung haftet sie nur für grobes Verschulden."
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Ihr Satz 2 regelt Fragen der Haftung und kann daher seinem Wortlaut nach nur da zur Anwendung kommen, wo es um Schadensersatzansprüche gegen die Bank geht. Im vorliegenden Zusammenhang geht es aber nicht um Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte, sondern darum, ob die Beklagte Aufträge der Klägerin ausgeführt und daher ihrerseits Aufwendungsersatzansprüche hatte. Daran ändert sich nichts dadurch, daß die Klägerin die Mittel zur Ausführung der Aufträge bereits zur Verfügung gestellt hatte und daher anstelle eines Aufwendungsersatzanspruchs der Beklagten (§§ 670, 675 BGB) ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin (§§ 667, 675 BGB) im Streit steht. Eine erweiternde Auslegung und Anwendung der Ziffer 5 Abs. 3 Satz 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen über den Bereich der Haftungsfragen hinaus auf alle Fälle, in denen der Bank Fahrlässigkeit bei der Prüfung ausländischer Urkunden zum Nachteil gereichen kann, kommt wegen der Unklarheitenregel des § 5 AGBG nicht in Betracht.
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c) Die Beklagte kann sich somit nur dann auf Ziffer 5 Abs. 2 ihrer damaligen Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, wenn ihren Mitarbeitern in A. bei der Prüfung des Ausweises des Zahlungsempfängers keine - auch keine leichte - Fahrlässigkeit unterlaufen ist. Für ihre von der Gegenseite bestrittene Behauptung, daß ihre Mitarbeiter die erforderliche Sorgfalt angewandt hätten, trägt sie die Beweislast. Das folgt daraus, daß dem Beauftragten die Beweislast für die Auftragsausführung nicht nur dann obliegt, wenn er Aufwendungsersatzansprüche nach § 670 BGB geltend macht, sondern auch dann, wenn er Rückerstattungsansprüche des Auftraggebers nach § 667 BGB bestreitet (Senatsurteil vom 19. September 1989 - XI ZR 103/88 = WM 1989, 813, 814; BGH, Urteil vom 13. Dezember 1990 - III ZR 336/89 = WM 1991, 514, 515; jeweils m.w.Nachw.). Ziffer 5 Abs. 2 AGB-Banken ändert daran nichts, weil er lediglich den Bereich dessen, was als Ausführung des Auftrags gelten soll, erweitert, nicht dagegen die Beweislast verschiebt.
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Der Begründung des Berufungsurteils kann nicht entnommen werden, daß der Beklagten der ihr obliegende Beweis bereits gelungen wäre. Das Berufungsgericht ist zwar im Zusammenhang mit der Prüfung von Schadensersatzansprüchen wegen positiver Forderungsverletzung auf die Frage eingegangen, ob den Mitarbeitern der Beklagten im Zusammenhang mit der Auszahlung der Gelder Sorgfaltspflichtverletzungen zur Last fallen. Dabei hat es jedoch lediglich ausgeführt, daß es keine für den Schaden der Klägerin ursächlich gewordene Sorgfaltspflichtverletzungen feststellen könne. Es hat hingegen nicht positiv festgestellt, daß die Mitarbeiter der Beklagten mit aller erforderlichen Sorgfalt vorgegangen wären. Auf die Frage, ob die genannten Ausführungen des Berufungsgerichts den Angriffen der Revision standhalten, kommt es daher im vorliegenden Zusammenhang nicht an.
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2. Auf Erstattungsansprüche nach den §§ 667, 675 BGB wegen fehlgegangener Überweisungs- oder Auszahlungsaufträge ist § 254 BGB entsprechend anzuwenden, wenn den Auftraggeber ein Mitverschulden trifft (Senatsurteil BGHZ 108, 386, 391 m.w.Nachw.; Senatsurteil vom 8. Oktober 1991 - XI ZR 207/90 = WM 1991, 1912, 1914). Das kann zur Verminderung, bei stark überwiegendem Mitverschulden des Auftraggebers auch zum völligen Wegfall solcher Erstattungsansprüche führen.
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Im vorliegenden Fall hat die Klägerin mit der weitgehend ungeprüften Entgegennahme und Weiterleitung fernmündlicher Barauszahlungsaufträge über ungewöhnlich hohe Summen in erheblichem Ausmaß dazu beigetragen, daß es zu der - hier unterstellten - Auszahlung an einen Nichtberechtigten kommen konnte, und dabei ein erstaunliches Ausmaß an Sorglosigkeit gezeigt. Es liegt daher nahe, ihren Erstattungsanspruch nach den §§ 667, 675 BGB in entsprechender Anwendung des § 254 Abs. 1 BGB zu vermindern oder sogar völlig auszuschließen. Das Berufungsgericht hat jedoch - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - die beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile nicht im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB gegeneinander abgewogen. Diese Abwägung ist Sache des Tatrichters und kann vom Revisionsgericht nur dann vorgenommen werden, wenn alle insoweit erheblichen tatsächlichen Umstände aufgeklärt sind (Senatsurteil vom 8. Oktober 1991 aaO S. 1915). Das ist hier nicht der Fall; insbesondere fehlt es an näheren Feststellungen darüber, was die Mitarbeiter der Beklagten in A. im einzelnen geprüft und welche Überlegungen sie angestellt haben, als sie die ungewöhnlich hohen Barbeträge auszahlten.
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3. In seinem Urteilstatbestand gibt das Berufungsgericht den Verdacht eines Ermittlungsrichters in Athen wieder, die Kunden der Klägerin könnten an den Manipulationen beteiligt gewesen sein. Diesem Verdacht hat das Berufungsgericht für die Fälle "G." und "K.", die nicht Gegenstand des vorliegenden Teilurteils sind, in seinem Beschluß vom 23. Juni 1994 Bedeutung beigemessen. Ihm kommt jedoch auch für den hier zu beurteilenden Fall "T." Bedeutung zu. Sollte sich nämlich herausstellen, daß der Kunde T. der Klägerin an den Manipulationen beteiligt war und die Barauszahlungen in A. damit letztlich seinem Willen entsprachen, so wäre die Klägerin berechtigt, ihn mit den entsprechenden Beträgen zu belasten. Die Geltendmachung eines Rückerstattungsanspruchs gegenüber der Beklagten verstieße dann gegen Treu und Glauben. In diesem Fall würde im Ergebnis nichts anderes gelten als in den Fällen, in denen der mit einer Überweisung verfolgte Zweck trotz einer auftragswidrigen Fehlbuchung erreicht wurde oder die von der Empfängerbank vorgenommene Gutschrift nur gemessen am Auftrag der Überweisungsbank, nicht aber gemessen an dem des Überweisenden, eine Fehlbuchung ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11. November 1968 - II ZR 228/66 = WM 1968, 1368; Urteil vom 31. Januar 1974 - II ZR 3/72 = WM 1974, 274, 275; Senatsurteil vom 8. Oktober 1991 aaO S. 1913).
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Das Berufungsgericht hat auch zu diesem Punkt bisher keine weiteren tatsächlichen Feststellungen getroffen.
IV.
- 36
Das angefochtene Urteil mußte daher aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
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