Bankmäßige Geschäftsverbindung als Anspruchsgrundlage für aus dem Rechtsstreit mit dem unterlegenen Kunden beanspruchte Prozeßkosten der Bank
Leitsatz
Ansprüche einer Bank auf Erstattung von Prozeßkosten gegen ihren in Rechtsstreitigkeiten unterlegenen Kunden haben ihren Grund nicht in der bankmäßigen Geschäftsverbindung.











vorgehend LG München II, 21. Februar 1996, 11 O 4805/95


Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB
● Kerwer, 8. Auflage 2017, § 273 BGB
Tenor
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. November 1996 im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts München II vom 21. Februar 1996 wegen eines Teilbetrages von 60.000 DM nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist, und das Urteil des Landgerichts wie folgt geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 60.000 DM nebst 4% Zinsen seit dem 8. August 1996 zu zahlen.
Von den Kosten der ersten und zweiten Instanz haben der Kläger 58% und die Beklagte 42% zu tragen.
Von den Gerichtskosten der Revisionsinstanz fallen dem Kläger 33% und der Beklagten 67% zur Last; die außergerichtlichen Kosten haben der Kläger zu 35% und die Beklagte zu 65% zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Der Kläger verlangt Auszahlung eines Betrages, der an die Beklagte als Grundschuldgläubigerin gezahlt worden ist und den diese als Sicherheit für Prozeßkostenausgleichsansprüche einbehalten hat. Die weitergehende Klage ist in den Vorinstanzen abgewiesen, die Revision insoweit nicht angenommen worden.
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Der Kläger kaufte im Jahre 1983 ein Grundstück unter Übernahme einer Grundschuld in Höhe von 150.000 DM, die zugunsten der Beklagten eingetragen war; diese Grundschuld hatte die Voreigentümerin bestellt und sich mit Wirkung für den jeweiligen Eigentümer der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Nach der im Zusammenhang mit der Finanzierung des Kaufvertrages gegenüber der Beklagten abgegebenen Zweckerklärung vom 5. April 1983 sollte die Grundschuld als Sicherheit für alle Ansprüche dienen, die dem "Gesamtinstitut" aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung, insbesondere aus der Gewährung von Krediten gegen den Kläger, gegenwärtig oder künftig zustehen. Diese Zweckerklärung wurde von der seinerzeit noch als Eigentümerin eingetragenen Verkäuferin, ihrem Ehemann, der auch am Kaufvertrag mitgewirkt hatte, und dem Kläger als künftigem Eigentümer unterschrieben.
- 3
Der Kläger nahm bei der Beklagten verschiedene Kredite in Anspruch, die im Jahre 1995 noch mit über 200.000 DM valutierten. Bei einer dieser Kreditaufnahmen im Jahre 1985 diente die Grundschuld erneut als Sicherheit: In dem vom Beklagten am 11. Oktober 1985 angenommenen Kreditangebot wurde mit den Worten "nach Maßgabe der zu den einzelnen Sicherheiten abgegebenen Erklärungen" auf die Zweckerklärung vom 5. April 1983 verwiesen. Die Beklagte kündigte diesen Kredit am 20. Juli 1993 aufgrund von Vollstreckungsmaßnahmen, die gegen den Kläger von dritter Seite ausgebracht worden waren, zum 31. Juli 1993. Als der Kläger das belastete Grundstück während eines eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahrens, dem die Beklagte beigetreten war, verkaufen wollte, machte die Beklagte die Löschungsbewilligung von der Zahlung von 173.732,76 DM abhängig. Dieser Betrag wurde der Beklagten "unter Vorbehalt" der geltend gemachten Gegenansprüche bei Abwicklung der Veräußerung am 8. August 1996 zur Verfügung gestellt. Unter Erteilung der Löschungsbewilligung und Rücknahme des Beitritts zum Zwangsversteigerungsverfahren überwies die Beklagte an den Kläger unter Abzug des Restdarlehens nebst Tageszinsen, verauslagter Kosten und einer Pfändung sowie unter Einbehalt einer Sicherheit in Höhe von 60.000 DM "wegen der diversen im Falle des Obsiegens in einer Reihe von Prozessen bestehenden Kostenerstattungsansprüche" noch 68.317,45 DM.
- 4
Das Landgericht hat die Klage, mit der sich der Kläger anfänglich gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld gewandt hatte, abgewiesen. Nach der Veräußerung des Grundstücks während des Berufungsverfahrens und der Abrechnung der Beklagten hat der Kläger Zahlung in Höhe von 105.415,31 DM nebst 4% Zinsen seit dem 8. August 1996 und die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten im Hinblick auf einen "weiteren" Schaden und eine "weitere" Bereicherung begehrt. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der Revision hat der Kläger zunächst neben einem Feststellungsantrag bezüglich eventueller Schäden seinen Zahlungsantrag in Höhe von 93.875,21 DM (Darlehensrest und Sicherheitseinbehalt) weiterverfolgt. Der Senat hat die Revision nur insoweit angenommen, als die Zahlungsklage in Höhe von 60.000 DM abgewiesen worden ist.
Entscheidungsgründe
- 5
Die Revision ist im Umfang der Annahme begründet.
I.
- 6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt: Der an die Beklagte zur Herbeiführung der Löschungsbewilligung gezahlte Betrag sei im Hinblick auf den Sicherungsvertrag geleistet worden und als Sicherungsmittel an die Stelle der Grundschuld getreten mit der Folge, daß die Beklagte diesen Betrag nur zurückzahlen müsse, soweit er nicht "als Sicherheit oder zur Befriedigung" benötigt werde. Die Beklagte habe deshalb zunächst zu Recht 33.875,21 DM mit noch offenen Darlehensansprüchen verrechnet. Aber auch die Einbehaltung eines Teilbetrages von 60.000 DM für bestehende oder zukünftige Kostenerstattungsansprüche der Beklagten gegen den Kläger (aus diversen noch nicht abgeschlossenen Rechtsstreitigkeiten) sei von der Sicherungsvereinbarung gedeckt, da auch diese Ansprüche solche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung seien.
II.
- 7
Das hält der rechtlichen Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
- 8
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, daß der an die Beklagte zur Herbeiführung der Löschungsbewilligung gezahlte Betrag im Wege eines Sicherheitenaustauschs an die Stelle der Grundschuld getreten ist und die Beklagte deshalb darauf entsprechend der für die Grundschuld geltenden Sicherheitsabrede zugreifen konnte. Der Betrag sicherte also wie die Grundschuld alle Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung.
- 9
2. Ansprüche auf Erstattung von Prozeßkosten, die in Rechtsstreitigkeiten zwischen einer Bank und ihrem Kunden entstanden sind, haben ihren Grund nicht in der bankmäßigen Geschäftsverbindung.
- 10
Der Begriff "bankmäßige Geschäftsverbindung" findet sich nicht nur in den üblichen formularmäßigen Zweckerklärungen, sondern auch in Nr. 12 Abs. 1 und Nr. 13 Abs. 1 AGB-Banken. Mit ihm werden Ansprüche beschrieben, die mit dem allgemeinen Geschäfts- und Rechtsverkehr zwischen der Bank und dem Kunden im Zusammenhang stehen und die eine in diesem Verhältnis erbrachte vertragstypische Bankleistung zur Grundlage haben (vgl. Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts- Handbuch § 18 Rdn. 5 und § 19 Rdn. 35; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 2.90 und 2.93).
- 11
Ansprüche des in einem Rechtsstreit Obsiegenden auf Erstattung von Prozeßkosten haben dagegen ihre Grundlage in dem jeweiligen Prozeßrechtsverhältnis, in dem sie nach §§ 91 ff. ZPO dem Obsiegen und Unterliegen entsprechend den Prozeßparteien zur Last fallen, und entstammen nicht der bankmäßigen Geschäftsverbindung. Ebensowenig wie eine Bank verlangen kann, daß Sicherheiten verstärkt werden, wenn sie gegen ihren Kunden aus einem Rechtsstreit einen potentiellen Kostenerstattungsanspruch hat, und ebensowenig wie sie wegen eines solchen Kostenerstattungsanspruchs an vorhandenen Guthaben ein AGB- Pfandrecht geltend machen kann, können bestehende oder zukünftige Kostenerstattungsansprüche einer Zweckerklärung unterfallen, die nur Ansprüche der Bank aus der "bankmäßigen Geschäftsverbindung" einbezieht.
- 12
Der Sicherheitseinbehalt läßt sich auch nicht mit dem Bestehen eines allgemeinen Zurückbehaltungsrechts rechtfertigen, weil der Beklagten ein solches Recht schon mangels Darlegung der Fälligkeit von Kostenerstattungsansprüchen nicht zusteht.
- 13
Die Beklagte hat somit keine Möglichkeit, im Hinblick auf solche Erstattungsansprüche eine Sicherheit einzubehalten, wie sie auch bei Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens ihre Grundschuld nicht zum Ausgleich derartiger Ansprüche hätte benutzen können.
III.
- 14
Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, hat der Senat in der Sache selbst entschieden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
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