Anforderungen an die Prüfungspflicht der durch einen Orderscheck bezogenen Bank hinsichtlich der Echtheit der Unterschrift und der Vertretungsmacht
Leitsatz
Bei Orderschecks braucht die bezogene Bank vor der Einlösung weder die Echtheit der Unterschriften der Indossanten noch die Vertretungsmacht der Unterzeichner zu prüfen.










vorgehend LG Hamburg, 24. September 1993, 303 O 179/93



Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 1. Zivilsenat, vom 24. Januar 1995 wird nicht angenommen.
Die Kosten der Revision trägt die Beklagte.
Streitwert: 127.360,80 DM.
Gründe
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg. Der zuerkannte Schadensersatzanspruch folgt aus §§ 990, 989 Abs. 1 BGB i.V. mit Art. 21 ScheckG.
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1. Die beklagte Bank hat, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, bei der Hereinnahme des abhanden gekommenen Orderverrechnungsschecks zum Inkasso grob fahrlässig gehandelt. Sie hat übersehen, daß der von der Klägerin für die K. GmbH ausgestellte Scheck nicht auf den Einreicher S. indossiert war.
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2. Anders als die Revision meint, hat die Klägerin einen Schaden erlitten; die bezogene Bank hat deren Konto zu Recht belastet. Ein Aufwendungsersatzanspruch aus der Einlösung eines echten Orderschecks steht der bezogenen Bank zu (§ 670 BGB), wenn ihr bei der Prüfung der Berechtigung des Einreichers kein grobes Verschulden zur Last fällt (Nr. 4 Bedingungen für den Scheckverkehr vom 1. April 1977 mit Änderungen, abgedruckt in Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz 19. Aufl. S. 714 f.; s. auch BGH, Urteil vom 6. Oktober 1994 - III ZR 165/93, WM 1995, 20, 22). Ein solches liegt hier nicht vor.
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a) Allerdings kann sich die bezogene Bank nicht darauf berufen, daß Abschn. I Nr. 3 des Abkommens zur Vereinfachung des Einzugs von Orderschecks vom 1. November 1967 (Orderscheckabkommen, abgedruckt in Baumbach/Hefermehl aaO S. 740 ff.) die Pflicht zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Indossamentenreihe, die Art. 35 ScheckG der bezogenen Bank auferlegt, auf die Inkassobank verlagert. Das Orderscheckabkommen begründet Rechte und Pflichten nur zwischen den beteiligten Kreditinstituten (Abschn. I Nr. 6 Abs. 1). Im Verhältnis zur Scheckausstellerin ist es ohne Bedeutung.
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b) An einem Verschulden der bezogenen Bank fehlt es aber deshalb, weil die Indossantenreihe aus der Sicht eines sorgfältigen Kreditinstituts in ihrer Position ordnungsgemäß erscheint. Oben auf der Scheckrückseite befindet sich der Text des Indossaments der Scheckadressatin, einer GmbH, an die Beklagte. Unmittelbar darunter stehen untereinander gesetzt die Unterschriften "F. K." und "A. S". Alsdann folgt ein unterzeichneter Stempelaufdruck der Beklagten. Angesichts der räumlichen Anordnung konnte die bezogene Bank unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung in den genannten Unterschriften vernünftigerweise nur solche von Gesamtvertretern der Scheckadressatin sehen. Daß beide Unterschriften nicht mit einem Vertretungszusatz versehen sind, ändert nichts. Geschäftsführende Gesellschafter, die sich oftmals mit ihrer GmbH identifizieren, zeichnen erfahrungsgemäß häufig ohne Vertretungszusatz. Auf die fernliegende Idee, Scheckeinreicherin könnte nicht die Scheckadressatin, sondern der arbeitslose A. S. gewesen sein und bei seiner Unterschrift könnte es sich um ein die Indossamentenreihe unterbrechendes Blankoindossament handeln, das die Beklagte unter grobem Verstoß gegen Abschn. I Nr. 3 Orderscheckabkommen nicht beanstandet habe, mußte die bezogene Bank nicht kommen.
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Das gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß eine Unterzeichnung mit Vor- und Nachname im Geschäftsverkehr nicht üblich ist, die Unterschrift "A. S." etwas ungelenk wirkt und die Unterschrift "K." gegenüber "K. GmbH", der Scheckadressatin, ein überschüssiges "r" aufweist. Gemäß Art. 35 ScheckG mußte die bezogene Bank die Unterschriften nicht prüfen, d.h. weder die Echtheit noch die Vertretungsmacht der Unterzeichner. Da sie grundsätzlich jede nach der Verkehrsauffassung für die K. GmbH geleistete Unterschrift ausreichen lassen durfte, mußten ihr die genannten Besonderheiten nicht auffallen. Jedenfalls war es nicht grob fahrlässig, daß sie diese nicht zum Anlaß genommen hat, an der materiellen Scheckberechtigung des Scheckeinreichers zu zweifeln und insoweit Nachforschungen anzustellen.
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3. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Klägerin ein anspruchsminderndes mitwirkendes Verschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) an der Entstehung des Schadens nicht anzulasten. Dabei kann dahinstehen, ob in der Versendung eines Orderschecks über 127.360,80 DM mit einfachem Brief statt per Einschreiben eine Obliegenheitsverletzung zu erblicken ist. Da die insoweit beweisbelastete Beklagte nicht dargetan hat, daß ein Einschreibebrief nicht abhanden gekommen wäre, fehlt es jedenfalls an der Ursächlichkeit einer etwaigen Obliegenheitsverletzung (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 1993 - XI ZR 76/92, WM 1993, 541, 544; KG WM 1995, 241, 244).
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