Erschleichung eines inländischen Gerichtsstandes durch Forderungsabtretung
Orientierungssatz
1. Hat ein inländischer (deutscher) Kläger von einem türkischen Unternehmen eine Forderung zwecks gerichtlicher Geltendmachung abgetreten erhalten, kann dahinstehen, ob der Wohnsitz des Klägers in der Bundesrepublik einen ausreichenden Inlandsbezug darstellt, um die internationale Zuständigkeit des angerufenen deutschen Gerichts zu begründen, wenn feststeht, daß der inländische Gerichtsstand erschlichen ist, weil die Abtretung nur erfolgte, um Schwierigkeiten in Bezug auf die internationale Zuständigkeit zu vermeiden.
2. Auch ein Notzuständigkeit deutscher Gerichte ist zu verneinen. Die Notzuständigkeit kann nicht durch Abtretung manipuliert werden.

vorgehend LG Düsseldorf, 22. Juli 1993, 35 O 9/87
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 11. August 1994 wird nicht angenommen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 1.469.716,20 DM.
Gründe
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
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1. Das Berufungsgericht hat zutreffend eine Selbstbindung durch sein Urteil vom 5. Oktober 1989, in dem es die internationale Zuständigkeit trotz fehlenden Inlandsbezugs der Sache angenommen hatte, verneint. Die vom Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe zur Selbstbindung aufgestellten Grundsätze (vgl. BGHZ 60, 392 ff. - Anhang) gelten für die Selbstbindung eines Berufungsgerichts im Falle der Aufhebung eines erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung der Sache sinngemäß (Senatsurteil vom 23. Juni 1992 - XI ZR 227/91 - ZIP 1993, 295, 296 f.). Die Selbstbindung des Berufungsgerichts ist vorliegend nicht gegeben, weil nach dem Urteil vom 5. Oktober 1989 durch den Bundesgerichtshof aus Anlaß eines anderen Rechtsstreits für die Bejahung der internationalen Zuständigkeit ein Inlandsbezug als Voraussetzung angesehen worden ist (vgl. BGHZ 115, 90, 94).
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2. Es kann dahinstehen, ob der Wohnsitz des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland einen hinreichenden Inlandsbezug darstellt oder ob auf die bei der Zedentin - dem Kläger war die geltend gemachte Forderung von einem türkischen Unternehmen abgetreten worden - vorliegenden Umstände abzustellen ist. Das Berufungsgericht hat nämlich rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der inländische Gerichtsstand erschlichen wäre, und die Klage schon deshalb als unzulässig abzuweisen ist (vgl. Stein/Jonas/Schumann, 21. Aufl., § 23 ZPO Rdn. 29, § 1 ZPO Rdn. 12, 14; Zöller/Vollkommer, 19. Aufl., § 12 ZPO Rdn. 19; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 53. Aufl., Einl III Rdn. 56, § 2 Rdn. 7, Übers § 12 Rdn. 22, § 23 Rdn. 7; MünchKomm-ZPO/Patzina, 2. Aufl., § 12 Rdn. 99, § 23 Rdn. 15; Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht, 1987, 1373). Durch ein bei den Akten befindliches Gutachten eines deutschen Hochschullehrers, der die Abtretung an den Kläger zur Vermeidung von Schwierigkeiten in bezug auf die internationale Zuständigkeit ausdrücklich empfohlen hatte, wird die Ansicht des Berufungsgerichts bestätigt.
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3. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch eine Notzuständigkeit deutscher Gerichte verneint. Der Kläger hätte eine solche Notzuständigkeit in dem Land nachsuchen müssen, in dem die Zedentin ihren Sitz hat. Die Notzuständigkeit kann nicht durch Abtretungen manipuliert werden.
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