Scheckeinlösungsgarantie
Leitsatz
1. Die auf Anfrage des Scheckinhabers erteilte Antwort der bezogenen Bank, sie werde den Scheck einlösen, begründet nur da eine selbständige Garantiehaftung (Scheckeinlösungszusage), wo eine solche - für die Bank erkennbar - vom Anfragenden auch gewollt war. Dies gilt auch dann, wenn ihr der Scheck bei Beantwortung der Anfrage vorlag.
Orientierungssatz
1. Zitierungen: Fortführung BGH, 1966-01-27, II ZR 210/63, WM IV 1966, 335, 336; BGH, 1978-03-20, II ZR 159/76, WM IV 1978, 873, 874 und BGH, 1980-03-24, II ZR 188/79, BGHZ 77, 50, 52.












vorgehend LG Frankfurt, 23. November 1987, 3/1 O 58/87
Vergleiche OLG Hamm 31. Zivilsenat, 28. April 1993, 31 U 278/92


Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB
● Hönn, 8. Auflage 2017, § 675 BGB
Fortführung BGH 2. Zivilsenat, 20. März 1978, II ZR 159/76
Fortführung BGH 2. Zivilsenat, 27. Januar 1966, II ZR 210/63
Tatbestand
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Die Klägerin, eine Textilhandelsgesellschaft, welche Inhaberin und erste Nehmerin eines am 8. September 1986 von der S. St. und B. GmbH in E. (im folgenden: S.) ausgestellten und auf die beklagte Bank gezogenen Verrechnungsschecks ist, nimmt diese auf Zahlung der Schecksumme von 79.576,08 DM zuzüglich Kosten und Zinsen in Anspruch. Der Scheck diente der Begleichung einer Rechnung der Klägerin über an die S. ausgelieferte Waren. Über das Vermögen der S. wurde am 10. September 1986 das Konkursverfahren eröffnet.
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Die Klägerin reichte den Scheck über die D. Bank AG H. (im folgenden: D. Bank) der Zweigstelle E. der Beklagten zur Einlösung ein. Am Freitag, dem 12. September 1986 erfolgten dort mehrere fernmündliche Anfragen wegen der Einlösung des Schecks. Zunächst erbat eine Angestellte der Klägerin sinngemäß die Auskunft, ob der Scheck eingelöst werde. Der Filialleiter der Zweigstelle E., K., wies darauf hin, daß Scheckanfragen lediglich anderen Banken gegenüber beantwortet würden. Daraufhin fragte die D. Bank im Auftrage der Klägerin bei der Beklagten an. Deren Filialleiter K. gab nach interner Abklärung eine Erklärung ab, deren Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Spätestens zu diesem Zeitpunkt lag der Scheck bei der Zweigstelle E. vor. Die Beklagte schilderte die fernmündliche Äußerung in einem Schreiben an die D. Bank vom 14. November 1986 wie folgt:
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Am 12.9.1986 hat der Leiter unserer Filiale E., Herr K., nach Erhalt der internen Genehmigung des für die S. zuständigen Firmenkundenbetreuers, Herrn Sp., gegenüber ihrem sehr geehrten Herrn H. die normale Scheckbestätigung abgegeben, daß der Scheck eingelöst werde. Herr K. hat weder erklärt, daß der Scheck "auf jeden Fall" eingelöst werde o.ä., noch daß der Scheck eingelöst sei...
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Die Beklagte löste den Scheck nicht ein, nachdem ihre Zweigstelle E. Kenntnis von dem Konkursantrag über das Vermögen der S. erhalten hatte.
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Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, in der fernmündlichen Erklärung des Filialleiters K. gegenüber der D. Bank sei eine Scheckeinlösungsgarantie zu sehen. Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet.
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I. Das Berufungsgericht bejaht eine Haftung der Beklagten aus Scheckeinlösungsgarantie mit folgender Begründung: Die haftungsbegründende Zusage der Beklagten liege in der Erklärung ihres Filialleiters K. vom 12. September 1986 gegenüber dem Mitarbeiter der D. Bank H., der Scheck werde eingelöst. Dabei handele es sich nicht nur um eine im Bankverkehr übliche Scheckbestätigung.
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II. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
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Der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt rechtfertigt nicht die rechtliche Würdigung, die Beklagte habe gegenüber der Klägerin eine selbständige Scheckeinlösungsgarantie übernommen. Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung dieser Frage einseitig auf die fernmündliche Äußerung der Beklagten abgestellt und dem Inhalt der im Auftrag der Klägerin erfolgten Anfrage der D. Bank nicht die Bedeutung beigemessen, die ihr zukommt.
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1. Die auf Anfrage des Scheckinhabers erteilte Antwort der bezogenen Bank, sie werde den Scheck einlösen, bedeutet nicht ohne weiteres die Verpflichtung, unter allen Umständen für die Zahlung des Schecks einstehen zu wollen. Sie begründet vielmehr nur da eine selbständige Garantiehaftung (Scheckeinlösungszusage), wo eine solche - für die Bank erkennbar - vom Anfragenden auch gewollt war. Es ist Sache des Anfragenden, der bezogenen Bank zu sagen, ob nur die übliche Scheckbestätigung oder aber eine echte Scheckeinlösungszusage verlangt wird. Dabei ist, nicht zuletzt wegen des mit einer Scheckeinlösungsgarantie für die Bank verbundenen Risikos, hinsichtlich der Anfrage eine eindeutige und unmißverständliche Erklärung zu fordern (vgl. BGH, Urteile vom 27. Januar 1966 - II ZR 210/63, WM 1966, 335, 336 und vom 20. März 1978 - II ZR 159/76, WM 1978, 873, 874; Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 730; Rieder, WM 1979, 686, 688). Etwas anderes ergibt sich auch - trotz des weitergefaßten Leitsatzes - nicht aus dem Urteil BGHZ 77, 50, auf das sich das Berufungsgericht bezieht; denn der II. Zivilsenat hat die Entscheidung vor allem auch auf die Erwägung gestützt, nach den Gesamtumständen sei "eindeutig" gewesen, daß in der Anfrage der Klägerin die Bitte um Übernahme einer Einlösungsgarantie gelegen habe (aaO S. 52).
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An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.
- 12
Die Klägerin hat nichts dafür vorgetragen, daß sie eine selbständige Einstandspflicht der Beklagten wollte und daß dies der Beklagten gegenüber deutlich gemacht wurde. Sie hat trotz wiederholter Aufforderungen durch die Beklagte keinen nachvollziehbaren Anlaß für die mehrfachen Anfragen nach der Einlösung des Schecks dargelegt. Es sind insbesondere keinerlei Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß sie von der Antwort der Beklagten irgendwelche finanziellen Dispositionen abhängig machen wollte. Unter diesen Umständen kommt der Aussage des Zeugen H., er könne sich "nicht daran erinnern, warum der Scheck ohne banküblichen Vorbehalt bestätigt" werden sollte, keine selbständige Bedeutung zu. Der Umstand, daß er nach seiner Darstellung "generell" frage, "ob der Scheck auch eingelöst werde", besagt nichts, da nicht angenommen werden kann, daß er regelmäßig ohne besonderen Auftrag Garantiezusagen verlangt. An einen konkreten Auftrag der Klägerin, der Anlaß zu einer Frage nach einer Einlösungsgarantie geboten hätte, konnte der Zeuge sich nicht erinnern. Er wußte nicht einmal, was Anlaß für den Wunsch der Klägerin nach "Bestätigung" des Schecks war. Seine Erinnerung, "daß Ware ausgeliefert werden sollte", ist falsch, denn nach dem Vorbringen der Klägerin diente der Scheck der Bezahlung bereits gelieferter Ware.
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Unter diesen Umständen kommt der Erklärung der Beklagten, sie werde den Scheck einlösen, keine über die übliche Scheckbestätigung hinausgehende Bedeutung zu.
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2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, daß der Scheck im Zeitpunkt der Anfrage durch die D. Bank bei der Zweigstelle der Beklagten vorlag.
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Der Umstand, daß die Beklagte in der Lage war, die Echtheit der Unterschrift zu prüfen und für eine schnelle Einlösung vor etwaigen Veränderungen der für ihre Antwort maßgebenden Sachlage zu sorgen, verringerte zwar das Risiko, das sie mit einer verbindlichen Einlösungszusage eingegangen wäre. Daraus läßt sich jedoch nicht der Schluß ziehen, daß sie eine solche Zusage geben wollte, ohne darum gebeten worden zu sein. Scheckanfragen sind im Interbankenverkehr kein ungewöhnlicher Vorgang. In aller Regel genügt der anfragenden Bank mit Rücksicht auf den Schadensersatzanspruch bei schuldhaft falscher Auskunft die einfache Scheckbestätigung. Die befragte Bank wird deshalb ohne besondere Anhaltspunkte nicht damit rechnen, daß die Anfrage dem Kunden einen Erfüllungsanspruch verschaffen soll, der unabhängig von einem etwaigen Verschulden bei der Beantwortung der Anfrage und von einem Schadensnachweis ist. Es besteht somit für sie auch bei Vorliegen des Schecks kein vernünftiger Anlaß, von sich aus das Risiko des Konkurses oder der Pfändung schon vor der Einlösung zu übernehmen. Sie wird vielmehr ohne einen entsprechenden Hinweis bei ihrer Antwort davon ausgehen, daß - wie üblich - eine endgültige Bindung für sie frühestens mit der nach außen erkennbaren Belastung des Ausstellerkontos eintritt (vgl. dazu BGHZ 53, 199, 203; BGH, Urteile vom 13. Juni 1988 - II ZR 324/87, WM 1988, 1325, 1327 und vom 29. September 1986 - II ZR 283/85, WM 1986, 1409, 1411; Canaris aaO Rdn. 745; Häuser, WM 1988, 1505, 1509) und braucht infolgedessen auch keine Vorkehrungen für eine beschleunigte Einlösung des Schecks zu treffen.
- 16
III. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Da die Klägerin in den Tatsacheninstanzen trotz wiederholter Hinweise der Beklagten auf das Fehlen eines entsprechenden Vortrages nicht behauptet hat, durch ihr Vertrauen auf die Auskunft der Beklagten einen Schaden erlitten zu haben, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden und die Klage abweisen (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Für die anwaltlich vertretene Klägerin konnte nach dem Sach- und Streitstand kein Zweifel daran bestehen, daß der Erfolg ihrer Klage bei einem Verzicht auf die Darlegung eines Vertrauensschadens allein davon abhing, ob sie mit ihrer Rechtsauffassung durchdringen würde. Eines Hinweises nach § 139 ZPO auf das Fehlen von Ausführungen zu dem entstandenen Schaden bedurfte es daher entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung nicht.
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