Zum Ausschluß der weiteren Beschwerde in Prozeßkostenhilfesachen
Orientierungssatz
1. Der - verfassungsrecht unbedenkliche (vergleiche BVerfG, 1980-05-23, 2 BvR 854/79, BVerfGE 54, 143) - gesetzliche Ausschluß der weiteren Beschwerde in Prozeßkostenhilfesachen gilt ausnahmslos.
2. Zwar wird die Beschwerde gegen eine an sich unanfechtbare Entscheidung zugelassen, wenn diese Entscheidung der gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist, doch kann so nicht entgegen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung (hier: in ZPO § 127 Abs 2 S 3) die uneingeschränkte sachliche Überprüfung unanfechtbarer Entscheidungen auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz ermöglicht werden. Der begriff der "greifbaren Gesetzwidrigkeit" darf nicht dahin mißverstanden werden, daß jeder eindeutige Verstoß des Gerichts gegen die bei der Entscheidung des Rechtsstreits anzuwendenden Vorschriften eine weitere Instanz eröffne. Die Zulassung der Beschwerde gegen eine an sich unanfechtbare Entscheidung hat auf Ausnahmefälle beschränkt zu bleiben, in denen es darum geht, eine Entscheidung zu beseitigen, die mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist.
vorgehend LG Bonn, 6. November 1989, 10 O 567/88
vorgehend LG Bonn, 22. September 1989, 10 O 567/88
Gründe
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Das Rechtsmittel ist unzulässig.
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§ 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO schließt die weitere Beschwerde gegen Beschlüsse aus, durch die Prozeßkostenhilfe verweigert worden ist. Die unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß der Antragsteller nach einem Hinweis auf die Rechtslage seine "weitere Beschwerde" zurückgenommen und gleichzeitig "erneut Beschwerde in der nunmehr vorliegenden Form" erhoben hat. Er wendet sich auch jetzt gegen die Beschwerdeentscheidung im Prozeßkostenhilfeverfahren und hält damit der Sache nach an der weiteren Beschwerde fest.
- 3
Der - verfassungsrechtlich unbedenkliche (BVerfGE 28, 21, 36; 54, 143) - gesetzliche Ausschluß der weiteren Beschwerde in Prozeßkostenhilfesachen gilt ausnahmslos. Es kommt also entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht darauf an, ob gegen ein in diesem Rechtsstreit ergehendes Urteil die Revision zulässig wäre oder ob eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes über die weitere Beschwerde der Wahrung der Rechtseinheit dienen würde.
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Der Beschwerdeführer beruft sich vergeblich darauf, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Beschwerde gegen eine an sich unanfechtbare Entscheidung zugelassen wird, wenn diese Entscheidung der gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist. Er übersieht dabei, daß diese Rechtsprechung nicht dazu dient, entgegen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung die uneingeschränkte sachliche Überprüfung unanfechtbarer Entscheidungen auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz zu ermöglichen. Der in diesem Zusammenhang verwendete Begriff der "greifbaren Gesetzwidrigkeit" darf nicht dahin mißverstanden werden, daß jeder eindeutige Verstoß des Gerichts gegen die bei der Entscheidung des Rechtsstreits anzuwendenden Vorschriften eine weitere Instanz eröffne. Die genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bezieht sich vielmehr auf Ausnahmefälle, in denen es darum geht, eine Entscheidung zu beseitigen, die mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist (BGH, Beschluß vom 26. Mai 1988 - III ZB 2/88, BGHR ZPO vor § 1/Rechtsmittel, Gesetzwidrigkeit, greifbare 2 - mit umfangreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung der übrigen Senate; Beschluß vom 29. Juni 1989 - III ZB 21/89, BGHR ZPO aaO 5).
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Diese Voraussetzungen liegen hier ersichtlich nicht vor. Die Beschwerde gegen einen die Gewährung von Prozeßkostenhilfe verweigernden Beschluß und damit die Entscheidung über diesen Rechtsbehelf ist im Gesetz ausdrücklich vorgesehen (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Die Erfolgsaussicht der vom Antragsteller beabsichtigten Rechtsverfolgung ist mit Erwägungen abgelehnt worden, die auch nach seiner Ansicht anzustellen und schon deshalb mit der geltenden Rechtsordnung nicht unvereinbar sind. Der Beschwerdeführer ist lediglich der Auffassung, daß die Vorinstanzen die dabei auftauchenden Rechtsfragen unzutreffend beantwortet haben. Die von ihm angestrebte Richtigkeitskontrolle läuft auf die Eröffnung einer dritten Instanz hinaus, die nach der klaren Entscheidung des Gesetzgebers im Prozeßkostenhilfeverfahren ausgeschlossen sein soll.
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Da der erkennende Senat wegen der Unzulässigkeit der Beschwerde die angefochtene Entscheidung nicht auf ihre sachliche Richtigkeit überprüft, scheidet auch die Möglichkeit einer Abweichung von der Rechtsprechung anderer Senate des Bundesgerichtshofes von vornherein aus. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Vorlagepflicht nach § 136 Abs. 1 GVG geht deshalb fehl.
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