Datierung des Nichteinlösungsvermerks zwingende Voraussetzung für Rückgriffsanspruch des Scheckinhabers
Leitsatz
1. Die Datierung des Nichteinlösungsvermerks gem ScheckG Art 40 Nr 2 dient der Feststellung, ob er innerhalb der Protestfrist nach ScheckG Art 41 angebracht ist. Sie ist deshalb selbständige und unverzichtbare Voraussetzung des Rückgriffsanspruchs gegen den Aussteller.











vorgehend LG Köln, 30. März 1987, 85 O 141/86


Tatbestand
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Die Klägerin fordert von der Beklagten 50.000 DM Provision für die Vermittlung eines Darlehens in Höhe von 1.000.000 DM sowie 80 DM für Bankspesen. In zweiter Instanz hat sie die Klageforderung auch auf scheckrechtliche Ansprüche gestützt.
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Die Beklagte benötigte für die Durchführung eines Filmprojekts Geldmittel in Höhe von 2,2 bis 2,4 Mio. DM. Der als freier Mitarbeiter für die Klägerin tätige Zeuge R., dessen Hilfe die Beklagte bei ihren Bemühungen um entsprechenden Bankkredit in Anspruch nahm, vermittelte der Beklagten im Herbst 1985 einen Kredit in Höhe von 1.000.000 DM. Am 15. November 1985 stellte der Geschäftsführer der Beklagten auf den Namen des Zeugen R. unter Angabe der vollständigen Firmenanschrift der Klägerin einen Verrechnungsscheck über 50.000 DM aus und übergab ihn dem Zeugen. Die bezogene Bank löste diesen Scheck bei Vorlage mangels Deckung auf dem Konto der Beklagten nicht ein. Im Einverständnis mit den Beteiligten gab sie den Scheck jedoch nicht mit dem für diesen Fall nach dem Abkommen über die Rückgabe nicht eingelöster Schecks vorgesehenen Vermerk zurück, sondern versah ihn mit dem maschinenschriftlichen Aufdruck "Vom Aussteller gesperrt" sowie mit folgendem - handschriftlich durch Einsetzen der beiden Daten ergänzten und unterschriebenen - Stempelaufdruck:
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"Belastet am 21.11.85 zurück am 22.11.85 wegen Widerspruch".
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Die Klägerin ist der Auffassung, die Provisionsforderung stehe ihr zu, da der Zeuge R. erkennbar in ihrem Namen gehandelt habe; die Hingabe des Schecks habe demgemäß der Begleichung einer von ihr der Beklagten unter dem 13. November 1985 erstellten Rechnung über 50.000 DM gedient. Hilfsweise stützt sie sich auf eine Abtretungserklärung des Zeugen R.. Sie hat dazu in erster Instanz eine schriftliche Erklärung vom 15. September 1986 zu den Akten gereicht, nach der der Zeuge seine Provisionsforderung für die Kreditvermittlung an sie abgetreten und sie diese Abtretung angenommen hat.
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Die Beklagte bestreitet, daß der Zeuge R. für die Klägerin aufgetreten sei, und behauptet, die Rechnung der Klägerin sei ihr erst nach der Hingabe des Schecks übersandt worden. Sie hat im übrigen eingewandt, eine Provisionsforderung sei schon deshalb nicht entstanden, weil der Kredit von nur 1.000.000 DM ihren Finanzbedarf nicht gedeckt habe, sie sich Darlehen in dieser Höhe wegen der ihr zur Verfügung stehenden Sicherheiten jederzeit selbst hätte besorgen können und es dem Zeugen R. nicht gelungen sei, weiteren Kredit zu vermitteln. Der Scheck über 50.000 DM ist nach ihrem Vortrag dem Zeugen nur als Abschlagszahlung gegeben worden, weil dieser einerseits einen akuten Geldbedarf und andererseits das bereits vorliegende Einverständnis der bezogenen Bank mit der Aufstockung des Kredits um weitere 250.000 DM behauptet sowie die kurzfristige Deckung des restlichen Kreditbedarfs als sicher hingestellt habe. Sie behauptet weiter, der Zeuge R. habe auf die Rechte aus dem Scheck verzichtet, als sich herausgestellt habe, daß er seine Zusagen nicht habe einhalten können, und infolgedessen keine Deckung für den Scheck vorhanden gewesen sei. Hilfsweise rechnet sie mit Schadensersatzansprüchen auf, die sie daraus herleitet, daß sie für weitere - von ihr selbst beschaffte - Kredite erheblich höhere als die banküblichen Zinsen aufwenden müsse.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr - unter Abweisung eines Teils der Zinsforderung - stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet.
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I. Das Berufungsgericht hat eigene Ansprüche der Klägerin mit der Begründung verneint, sie sei nicht Verhandlungspartnerin der Beklagten gewesen; nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei nicht bewiesen, daß der Zeuge R. in ihrem Namen aufgetreten sei. Mit dem Landgericht ist es weiter davon ausgegangen, daß die Beweisaufnahme keine Klärung über die zwischen den Parteien streitige Provisionsvereinbarung mit dem Zeugen R. erbracht hat. Nach seiner Auffassung geht das zu Lasten der Beklagten, weil der Klägerin der ihr durch den Zeugen R. abgetretene Anspruch aus Art. 12, 40, 45 ScheckG zustehe und die Beklagte deshalb beweisen müsse, daß sie den Scheck ohne Rechtsgrund hingegeben habe. Einen Verzicht des Zeugen R. auf die Rechte aus dem Scheck hat es als nicht erwiesen angesehen. Schadensersatzansprüche der Beklagten hat es aus Rechtsgründen verneint.
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II. 1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es eigene Ansprüche der Klägerin auf Zahlung einer Provision und eine auf sie übergegangene Provisionsforderung des Zeugen R. als nicht bewiesen abgelehnt hat, sind frei von Rechtsfehlern.
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2. Die Klageforderung ließe sich daher allein auf die erstmals im Berufungsrechtszug geltend gemachten scheckrechtlichen Ansprüche stützen. Derartige Ansprüche stehen der Klägerin jedoch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht zu.
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a) Weder dem schriftsätzlichen Vorbringen der Parteien noch dem angefochtenen Urteil läßt sich entnehmen, ob die Klägerin selbst berechtigte Inhaberin des Schecks ist oder ob ihr im Laufe des Rechtsstreits sonst die Rechte aus dem Scheck durch den Zeugen R. abgetreten worden sind. Die Abtretung während des Verfahrens vor dem Landgericht bezieht sich nur auf "Provisionsansprüche"; scheckrechtliche Forderungen hat die Klägerin damals noch nicht geltend gemacht. Letztlich kommt es auf diese Frage jedoch nicht an, weil die Voraussetzungen für einen Rückgriff nach Art. 40 ScheckG nicht erfüllt sind.
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b) Der Rückgriffsanspruch des Scheckinhabers gegen den Aussteller ist nur gegeben, wenn der rechtzeitig vorgelegte Scheck nicht eingelöst und die Verweigerung der Zahlung durch einen Scheckprotest oder eine der beiden in Art. 40 ScheckG vorgesehenen Ersatzerklärungen festgestellt worden ist. Die danach notwendige förmliche Feststellung der Zahlungsverweigerung hat nicht lediglich die Funktion eines Beweismittels, sie ist vielmehr sachliche Voraussetzung für den Rückgriffsanspruch, deren Fehlen von Amts wegen festzustellen ist und zur Sachabweisung führt (BGHZ 96, 9, 15 m.w.Nachw.). Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob die von der bezogenen Bank auf dem Scheck angebrachten Erklärungen den Anforderungen des Art. 40 ScheckG genügen. Einer Zurückverweisung bedarf es jedoch nicht; der Senat kann selbst feststellen, daß dies nicht der Fall ist.
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In Betracht kommt hier nach dem Inhalt der auf dem Scheck aus Anlaß der Nichteinlösung schriftlich niedergelegten Angaben allein eine Erklärung des Bezogenen nach Art. 40 Nr. 2 ScheckG.
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aa) Es ist bereits zweifelhaft, ob die nach dem insoweit übereinstimmenden Parteivorbringen im Einverständnis mit den Beteiligten - also offenbar dem damaligen Scheckinhaber und der Beklagten - abgegebenen schriftlichen Erklärungen der Bank inhaltlich als Protestersatz angesehen werden können. Das Abkommen der Kreditinstitute über die Rückgabe nicht eingelöster Schecks (abgedruckt bei Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 760) sieht für die Rückgabe den Vermerk "Vorgelegt am ... und nicht bezahlt" vor. Eine Rückgabe mit diesem Vermerk wollten die Beteiligten unstreitig im Interesse einer Erhaltung der Kreditwürdigkeit der Beklagten vermeiden. Die bezogene Bank war an diesen Wunsch des Scheckeinreichers gebunden (BGH, Urteil vom 19. Juni 1975 - II ZR 181/74, NJW 1975, 1741 = WM 1975, 755). Wenn sie stattdessen mit dessen Einverständnis den für die Rückgabe von Lastschriften wegen Widerspruchs des Zahlungspflichtigen vorgesehenen Text (vgl. Abschnitt I Nr. 7 Abs. 3 des Abkommens über den Lastschriftverkehr, abgedruckt bei Canaris aaO Rdn. 536) verwendete, so könnte daraus sogar geschlossen werden, daß eine Erklärung im Sinne des Art. 40 Nr. 2 ScheckG gerade nicht abgegeben werden sollte. Jedenfalls bescheinigt die durch die Verwendung des genannten Stempels abgegebene Erklärung nicht mit der im Scheckrecht zu fordernden Eindeutigkeit die in der Nichteinlösung liegende Zahlungsverweigerung. Der Inhalt der Erklärung schließt wegen ihrer anderen Zweckbestimmung nicht einmal aus, daß der Scheck erst nach Einlösung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Juni 1988 - II ZR 324/87, BGHR ScheckG Art. 28 Scheckeinlösung 1) und damit zu einem Zeitpunkt zurückgegeben worden ist, in dem die Scheckforderung bereits erfüllt war. Ob das hingenommen werden kann, wenn sich aus den eingesetzten Daten zweifelsfrei ergibt, daß die Rückgabe innerhalb der Stornierungsfrist nach Nr. 41 Abs. 2 AGB-Banken (Nr. 1 Abs. 5 AGB-Sparkassen) erfolgt ist (verneinend OLG Düsseldorf ZIP 1983, 1058, 1059f.), kann unentschieden bleiben, denn jedenfalls erfüllt der Stempelaufdruck nicht die formellen Anforderungen an eine Erklärung nach Art. 40 Nr. 2 ScheckG.
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bb) Art. 40 Nr. 2 ScheckG verlangt eine "schriftliche, datierte" Erklärung des Bezogenen auf dem Scheck, die den Tag der Vorlegung angibt. Daran fehlt es hier. Selbst wenn man auf die Angabe des genauen Vorlegungsdatums für die Fälle verzichten wollte, in denen sich - wie im vorliegenden Fall - aus den sonstigen Angaben in der Erklärung mit Sicherheit erschließen läßt, daß der Scheck innerhalb der Fristen nach Art. 29 ScheckG vorgelegt worden sein muß, genügt der hier zu beurteilende Stempelaufdruck den Anforderungen nicht, weil er nicht datiert ist. Die Datierung des Nichteinlösungsvermerks wird durch die Angabe des Rückgabedatums nicht ersetzt.
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Die Datierung des Nichteinlösungsvermerks dient der Feststellung, ob er innerhalb der Protestfrist nach Art. 41 ScheckG angebracht ist. Nachdem das Reichsgericht (RGZ 100, 138, 139f.) früher die Auffassung vertreten hatte, die Vorlegungsbescheinigung könne auch noch nach Ablauf der Vorlegungsfrist ausgestellt werden, hat der Gesetzgeber im Jahre 1933 mit den neuen Art. 40 und 41 ScheckG klargestellt, daß nicht nur der Protest, sondern auch die ihm gleichstehenden Erklärungen innerhalb der Vorlegungsfrist vorzunehmen sind, daß es also nicht ausreicht, wenn der Scheck innerhalb dieser Frist vorgelegt worden ist (Baumbach/Hefermehl, Wechsel- und ScheckG 16. Aufl. Art. 41 ScheckG Rdn. 1). Grund für die Neuregelung war das Ziel, "Verdunkelungen und Beweisschwierigkeiten vorzubeugen, die sich ergeben könnten, wenn diese Feststellungen zeitlich unbeschränkt nachträglich vorgenommen werden könnten" (Verhandlungen des Reichstages, VII. Wahlperiode 1932, Band 456 Anlage 263 S. 116 zu Art. 40, 41). Diese Zielsetzung, die in dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ihren Niederschlag gefunden hat, verbietet es, die Datierungspflicht als reine Formvorschrift anzusehen, auf deren Einhaltung verzichtet werden könnte, wenn sich die Beachtung der Regelung des Art. 41 ScheckG auf andere Weise feststellen läßt. Die Datierung der Erklärung wird deshalb allgemein als selbständige Voraussetzung für den Rückgriffsanspruch angesehen (OLG Neustadt NJW 1949, 226, 227 mit zust. Anm. von Katz; OLG Düsseldorf WM 1977, 1334 sowie ZIP 1983, 1058; OLG Stuttgart NJW 1983, 1068; Kassationsgericht Zürich Schweiz JZ 1974, 114; Baumbach/Hefermehl aaO Art. 40 ScheckG Rdn. 4; Quassowski/Albrecht, ScheckG Art. 40 Rdn. 10).
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c) Sonstige scheckrechtliche Ansprüche sind nicht gegeben. Ein Bereicherungsanspruch aus Art. 58 ScheckG scheidet aus, da sich wegen der Nichtaufklärbarkeit der Gründe für die Scheckhingabe nicht feststellen läßt, ob die Beklagte durch den Ausschluß des Rückgriffs bereichert ist.
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3. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann der Scheck auch nicht als Schuldversprechen, Schuldanerkenntnis oder Garantieversprechen angesehen werden. Eine derartige Umdeutung präjudizierter Schecks würde die Regelung des Art. 40 ScheckG aushöhlen (BGHZ 3, 238, 239 m.w.Nachw.).
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III. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Da die Voraussetzungen des § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO gegeben sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden und die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil zurückweisen.
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