Kreditgeschäft der Bank im Rahmen eines Bauherrenmodells: Aufklärungspflicht gegenüber den Erwerbern bei Kenntnis der Bank von hoher Verschuldung des Initiators
Orientierungssatz
1. Eine Bank, die bereit ist, ein Bauherrenmodell zu finanzieren und in diesem Rahmen Kreditverträge mit den Erwerbern abzuschließen, obwohl ihr bekannt ist, daß ua aus einem gescheiterten Vorprojekt des Initiators noch Verbindlichkeiten in Höhe von über 5 Millionen DM offenstehen, und sie weiß, daß mit dem Initiator weiter zur Verfügung gestellten Kredit in Höhe von 3,8 Millionen DM selbst der Kauf des Baugrundstücks und die Vorlaufkosten voll vorfinanziert werden müssen und daß die von dem Initiator den Erwerbern gegebenen Festpreis-, Miet- und Zinsgarantien wertlos sind, weil wegen Fehlen eigener Mittel des Betreibers alles davon abhängt, daß die zu errichtenden Wohnungen alsbald an Interessenten mit ausreichender Bonität abgesetzt und damit die notwendigen Mittel zur Durchführung aufgebracht werden können, verletzt die ihr gegenüber den Erwerbern, die bei ihr gleichfalls Kredit in Anspruch nehmen, obliegende Aufklärungspflicht, wenn sie es unterläßt, die Erwerber über das gerade mit diesem Projekt verbundene - über die allgemeinen wirtschaftlichen Risiken von Bauherrenmodellen hinausgehende - Wagnis und die sich aus ihrer eigenen ungewöhnlichen Einbindung ergebenden Interessenkonflikte aufzuklären.
vorgehend BGH 11. Zivilsenat, 24. April 1990, XI ZR 236/89
vorgehend LG Aachen, 2. Februar 1988, 1 O 438/87
Tatbestand
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Die beklagte Bank betreibt gegen den Kläger die Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren Urkunde wegen einer Forderung von 155.250 DM nebst Zinsen und Nebenleistungen. Mit der Klage wendet der Kläger sich gegen den der Urkunde zugrundeliegenden Anspruch. Mit der Eventualwiderklage macht die Beklagte ihrerseits einen Darlehensanspruch in Höhe von 138.975,96 DM nebst Zinsen geltend. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
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Der Kläger beteiligte sich im Jahre 1982 zusammen mit dem Kaufmann Sch. an dem Bauherrenmodell "Appartementhaus am L." in A. Initiator des Bauherrenmodells war der Diplom- Kaufmann T. als Inhaber des einzelkaufmännischen Unternehmens Dipl.-Kaufmann T., Bauträger, sowie als persönlich haftender Gesellschafter der Wirtschaftsbüro Dipl.-Kaufmann T. KG in W. Im Rahmen dieses seit 1981 angebotenen Bauherrenmodells übernahm die Firma Dipl.-Kaufmann T., Bauträger, die Rolle des "Generalübernehmers", die Wirtschaftsbüro Dipl.-Kaufmann T. KG die des Baubetreuers und der Steuerberater R. die des Treuhänders. Außerdem stellte T. eine Mietgarantie und eine Zinshöchstgarantie.
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T. hatte vor 1981 schon einige Bauherrenmodelle durchgeführt und dabei Kredite der Beklagten erhalten. Nach einem fehlgeschlagenen Projekt Mitte der siebziger Jahre in Hö. hatte er bei der Beklagten Verbindlichkeiten von mehr als 2 Millionen DM, die er in den folgenden Jahren nur teilweise zurückführen konnte. Außerdem verschuldete sich die Firma T. Bauträger bis zum vierten Quartal 1981 mit fast 5 Millionen DM bei der Beklagten.
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Für das Vorhaben "Appartementhaus am L." erhielt T. von der Beklagten einen Kredit von 3,8 Millionen DM zur Vorfinanzierung des Grundstückskaufpreises und von Vorlaufkosten sowie die Zusage der Finanzierung von 80% der Baukosten. Diese Zusage wurde in den Prospekt des Bauherrenmodells aufgenommen.
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Im Rahmen des Bauherrenmodells waren der Umbau und die Erweiterung des ehemaligen Klostergebäudes "J.-Haus" sowie die spätere Aufteilung in 101 Einzimmer- und Zweizimmer-Eigentumswohnungen vorgesehen. Das J.-Haus stand auf einem 104,70 Ar großen Grundstück "Am L." in A. Die C. AG in S. hatte dieses Grundstück im Mai 1981 zum Preise von 1,7 Millionen DM erworben. Sie war zur Weiterveräußerung zu einem Kaufpreis von 2,6 Millionen DM bereit. T. verabredete mit ihr eine Erhöhung des offiziellen Kaufpreises auf 3,1 Millionen DM und eine inoffizielle Rückerstattung des Differenzbetrags. Gegen Vorauszahlung der 3,1 Millionen DM durch die Beklagte aus dem T. gewährten Kredit von 3,8 Millionen DM unterbreitete die C. AG absprachegemäß im Oktober 1981 den noch zu benennenden Einzelerwerbern ein notarielles Kaufvertragsangebot zum Preise von 3,1 Millionen DM, überwies 565.000 DM (500.000 DM + Mehrwertsteuer) auf das Darlehenskonto T. bei der Beklagten zurück und bewilligte die Eintragung einer Grundschuld von 14 Millionen DM zugunsten der Beklagten für deren Ansprüche gegen T. Die Grundschuld wurde im Dezember 1981 im Grundbuch eingetragen. Der T. von der Beklagten für die Vorauszahlung des Kaufpreises gewährte Kredit sollte aus den Kaufpreiszahlungen der einzelnen Bauherren zurückgeführt werden.
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Mit notarieller Urkunde vom 29. Oktober 1981 bot der Steuerberater R. den künftigen Bauherren den Abschluß eines umfassenden Treuhandvertrages an, der den Abschluß der Kaufverträge mit der C. AG sowie aller weiteren zur Durchführung und Finanzierung des Bauvorhabens erforderlichen Verträge durch R. für die einzelnen Bauherren vorsah. Der Kläger nahm gemeinsam mit dem Kaufmann Sch. mit notarieller Urkunde vom 27. August 1982 das Treuhandvertragsangebot R.s für den Erwerb der vorgesehenen Einzimmerwohnung Nr. .. zu einem Gesamtaufwand von 155.250 DM an, trat der Bauherrengemeinschaft "Appartementhaus am L." in A. bei und erteilte dem Treuhänder eine umfassende Vollmacht.
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Mit notarieller Urkunde vom 14. Oktober 1982 nahm der Treuhänder R. für den Kläger und Sch. das Kaufvertragsangebot der C. AG in Höhe von 1,02 Hundertstel einer Teilfläche des Grundstücks von 36,14 Ar an und unterwarf sie wegen eines Teilbetrags der Grundschuld der Beklagten in Höhe von 155.250 DM nebst Zinsen und Nebenleistungen der persönlichen Haftung sowie der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde. Schon vorher hatte die Beklagte auf Anfrage des Notars Z. mit Schreiben vom 30. März 1982 unwiderruflich bestätigt, daß sie bei Verwertung ihrer Grundschuld die auf Miteigentumsanteile oder Teilflächen der einzelnen Käufer entfallenden Erlösanteile nicht als Sicherheit für andere Verbindlichkeiten in Anspruch nehmen werde als für solche des jeweiligen Käufers.
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Der Treuhänder R. schloß für die Grundstücksgemeinschaft Sch.-H. mit der Beklagten am 8. November 1982 einen Kreditvertrag über 155.250 DM für die Zwischenfinanzierung der Wohnung Nr. .. und am 28. November 1983 einen neuen Kreditvertrag über 181.999,99 DM für die Endfinanzierung der genannten Wohnung.
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Im Jahre 1985 wurde über das Vermögen T.s, seiner Bauträger-KG, der C. AG sowie des Generalanmieters der Wohnungen, der Se. GmbH, das Konkursverfahren eröffnet.
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Das Bauvorhaben "Appartementhaus am L." ist bisher erst teilweise fertiggestellt. Der Verkehrswert der Wohnung Nr. .. wurde in einem Sachverständigen-Gutachten aus dem Jahre 1985 auf 36.000 DM geschätzt. Die im Prospekt garantierte Miete ist nicht zu erzielen.
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Der Kläger macht geltend, ihm stünden gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß und aus Prospekthaftung zu; die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 14. Oktober 1982 stelle daher eine unzulässige Rechtsausübung dar. Er hat beantragt, die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde für unzulässig zu erklären.
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Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat gegenüber möglichen Ansprüchen aus Prospekthaftung die Einrede der Verjährung erhoben.
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Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und in der Berufungsinstanz hilfsweise für den Fall der Aufrechterhaltung des landgerichtlichen Urteils Widerklage erhoben mit dem Antrag, den Kläger als Gesamtschuldner mit dem Kaufmann Sch. zur Zahlung von 138.975,96 DM nebst Zinsen zu verurteilen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Widerklage abgewiesen. Auf die Revision der Beklagten hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urteil vom 24. April 1990 - XI ZR 236/89 = WM 1990, 920). Dieses hat das landgerichtliche Urteil nunmehr aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
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Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur erneuten Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I.
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Der Senat hat in seinem ersten Revisionsurteil in dieser Sache eine Aufklärungspflichtverletzung angenommen und die Bejahung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach von der noch zu klärenden Frage abhängig gemacht, ob der Kläger, wenn er vor dem Abschluß des Kreditvertrages von der Beklagten die erforderlichen Hinweise erhalten hätte, mit Erfolg versucht hätte, sich aus den Bindungen an die von ihm bereits abgeschlossenen Verträge zu lösen.
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Das Berufungsgericht verneint nunmehr Schadensersatzansprüche des Klägers aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen wegen Verletzung von Aufklärungspflichten sowie aus Prospekthaftung und ist der Ansicht, es fehle bereits an einer Aufklärungspflicht der Beklagten. Zur Begründung führt es im wesentlichen aus:
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Aufgrund der Bindungswirkung des Revisionsurteils sei von dem Grundsatz auszugehen, daß eine kreditgebende Bank nicht verpflichtet sei, den Darlehensnehmer über die Risiken der von ihm beabsichtigten Verwendung des Darlehens aufzuklären; das gelte insbesondere bei steuersparenden Bauherren- oder Ersterwerbermodellen. Der Bundesgerichtshof habe weiter angenommen, aus den besonderen Umständen des Einzelfalles könnten sich gleichwohl Aufklärungs- und Hinweispflichten der Bank ergeben. Aufgrund des in der Berufungsinstanz ergänzten und durch Urkunden untermauerten Vorbringens der Beklagten habe das Berufungsgericht die vom Bundesgerichtshof angeführten Umstände, die für eine Hinweis- und Aufklärungspflicht der Beklagten sprechen sollten, jedoch nicht feststellen können; vielmehr ergäben andere tatsächliche Feststellungen, daß die vom Bundesgerichtshof angenommenen besonderen Umstände teilweise nicht vorlägen und daher im Rahmen einer Gesamtschau eine abweichende Würdigung angezeigt sei.
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So treffe es nicht zu, daß der Bauträger T. zur Zeit des Abschlusses der hier in Rede stehenden Verträge an der Beklagten, einer Genossenschaftsbank, in ungewöhnlich hohem Maße beteiligt gewesen sei. T. habe zu dieser Zeit nur einen Anteil von 300 DM gehalten und erst später weitere 1.000 Anteile hinzuerworben. Der Umstand, daß T. bei der Beklagten bereits hohe Schulden gehabt habe, deren Absicherung zu einem erheblichen Teil nicht mit eigenen Vermögenswerten, sondern nur mit von dritter Seite gestellten Sicherheiten möglich gewesen sei, und daß die Beklagte ihm gleichwohl einen weiteren Kredit von 3,8 Millionen DM zum Ankauf des Grundstücks sowie zur Finanzierung von Vorlaufkosten gewährt habe, besage für sich genommen nichts, zumal sich nicht ausschließen lasse, daß der Kaufpreis dem Verkehrswert des Grundstücks entsprochen habe. Es bestehe auch kein Anhaltspunkt für die Annahme, daß die Beklagte dem Konzept des Bauvorhabens zugestimmt habe. Der Tatsache, daß für das Bauherrenmodell nur etwa ein Drittel des erworbenen Grundstücks verwandt worden sei, komme keine Bedeutung zu, weil nur dieser Grundstücksteil wertvoll gewesen sei. Der Baubeginn vor Schließung der Bauherrengemeinschaft für den ersten Bauabschnitt und vor Sicherstellung der Finanzierung des restlichen Vorhabens begründe keine Aufklärungspflicht, weil die Beklagte als finanzierende Bank damit nichts zu tun gehabt habe, weil dem Kläger der Baubeginn bekannt gewesen sei und weil schließlich in dem Beschluß der Bauherrenversammlung vom 28. Dezember 1981 eine nach § 2 Ziff. III des Treuhandvertrages verbindliche Weisung zum früheren Baubeginn gelegen habe. Ein aufklärungsbedürftiger Interessenkonflikt zwischen der Beklagten und den einzelnen Bauherren ergebe sich auch nicht aus der Globalgrundschuld der Beklagten an dem Grundstück, da die Beklagte mit ihrer Erklärung vom 30. März 1982 den Interessen der Bauherren im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten Rechnung getragen habe und im übrigen davon auszugehen sei, daß der beurkundende Notar den Kläger über den Umfang der Haftung des Grundstücks aufgeklärt habe.
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Ansprüche des Klägers aus Prospekthaftung seien ebenfalls nicht gegeben. Die Beklagte könne nicht zu den Initiatoren des Projekts gezählt werden. Die Erwähnung ihrer Finanzierungszusage in dem Prospekt des Vorhabens sei nicht geeignet, einen besonderen Vertrauenstatbestand zugunsten der Anleger zu schaffen.
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Nach alledem komme es nicht darauf an, ob die Beklagte schon vor dem Abschluß des Kreditvertrages mit dem Kläger in Kontakt getreten sei. Das sei allerdings zu verneinen, weil die hierfür vom Kläger aufgezeigten Umstände nicht ausreichten.
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Auf die Frage, ob der Kläger sich überhaupt von seinen vertraglichen Pflichten hätte lösen können, komme es ebenfalls nicht an. Sie sei im übrigen zu verneinen, weil der Kläger zur Anfechtung der von ihm geschlossenen Verträge nicht berechtigt gewesen sei. Die Beklagte habe nämlich den Kläger nicht arglistig getäuscht und auch der Treuhänder R. habe nicht arglistig gehandelt.
II.
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Diese Ausführungen halten in entscheidenden Punkten rechtlicher Prüfung nicht stand.
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1. Dem Berufungsgericht ist allerdings darin zuzustimmen, daß dem Kläger keine Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung zustehen. Dabei kann offenbleiben, ob die Rechtsgrundsätze, die die Rechtsprechung in bezug auf unrichtige oder unvollständige Werbeprospekte für sogenannte Publikumsgesellschaften entwickelt hat, auf Bauherrenmodelle übertragbar sind (verneint im Urteil des erkennenden Senats vom 3. Oktober 1989 - XI ZR 157/88 = WM 1989, 1715, 1717; bejaht in den Urteilen des VII. Zivilsenats vom 31. Mai 1990 - VII ZR 340/88 = BGHZ 111, 314, vom 25. Oktober 1990 - VII ZR 284/88 = WM 1991, 13 und vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89 = WM 1991, 2092, zur Veröffentlichung in BGHZ 115, 213 bestimmt) und welche Verjährungsfrist hier gegebenenfalls gelten würde (vgl. dazu einerseits die genannten Urteile des VII. Zivilsenats und andererseits Kort DB 1991, 1057, 1058 f.; Wagner ZfBR 1991, 133, 138 f.). Das Berufungsgericht hat jedenfalls die Voraussetzungen derartiger Ansprüche rechtsfehlerfrei als nicht erfüllt angesehen.
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2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten verneint. Obwohl der Sachverhalt sich aufgrund zusätzlichen Parteivortrags in einzelnen Punkten anders darstellt als bisher, liegen auch jetzt - ebenso wie in einem vom Senat kürzlich entschiedenen Parallelfall (Urteil vom 17. Dezember 1991 - XI ZR 8/91 = WM 1992, 216) - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts Umstände vor, die eine Aufklärungspflicht der Beklagten begründen. Das Berufungsgericht hat das der Beklagten bekannte und von ihr mitverursachte erhöhte Risiko der Bauherren unberücksichtigt gelassen und sich zu Unrecht darauf beschränkt, die Besonderheiten des Sachverhalts im Rahmen einer isolierten Einzelwürdigung zu prüfen.
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a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Initiator T. bei der Beklagten bereits hohe Schulden, deren Absicherung zu einem erheblichen Teil nicht mit eigenen Vermögenswerten, sondern nur mit von dritter Seite gestellten Sicherheiten möglich war, als er mit ihr wegen der Finanzierung des hier in Rede stehenden Vorhabens Kontakt aufnahm. Gleichwohl stellte die Beklagte ihm einen weiteren Kredit von 3,8 Millionen DM zur Finanzierung des Grundstückskaufs und von Vorlaufkosten zur Verfügung und begnügte sich zur Absicherung mit einer Grundschuld auf dem Grundstück. Da der Grundstückskaufpreis - nach Abzug der Hin- und Herzahlung von 500.000 DM - in Wahrheit nur 2,6 Millionen DM betrug, war die dingliche Absicherung des Kredits von 3,8 Millionen DM durch eine Grundschuld auf dem Kaufgrundstück selbst dann völlig unzureichend, wenn man es mit dem Berufungsgericht nicht für ausgeschlossen hält, daß der von der C. AG geforderte Kaufpreis dem Verkehrswert des Grundstücks entsprach. Die Beklagte wußte, daß T. nach dem Scheitern des früheren Projekts ein neues in Angriff nahm, ohne über eigene Mittel zu verfügen, daß selbst der Kauf des Baugrundstücks und die Vorlaufkosten voll vorfinanziert werden mußten und als Sicherheit ausschließlich das zu erwerbende Grundstück diente. Ihr war deshalb bekannt, daß nicht nur die von T. gegebenen Festpreis-, Miet- und Zinsgarantien wertlos waren, sondern wegen des Fehlens eigener Mittel der Betreiber alles davon abhing, daß die 101 Wohnungen alsbald an Interessenten mit ausreichender Bonität abgesetzt und damit die notwendigen Mittel zur Durchführung aufgebracht werden konnten. Das mußte schon wegen des auf die nicht veräußerten Einheiten entfallenden Kreditanteils und der durch ihn verursachten hohen Zinsbelastung, im übrigen aber auch im Interesse der alsbaldigen Vermietbarkeit der verkauften Anteile möglichst zügig geschehen. Jede Verzögerung gefährdete damit die Durchführbarkeit des Gesamtobjekts.
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Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es unerheblich, ob die Beklagte diesem mit erheblichen Risiken behafteten Konzept "zugestimmt" hatte. Sie war bereit, es zu finanzieren und in diesem Rahmen Kreditverträge mit Erwerbern abzuschließen, obwohl ihr das Scheitern eines vorausgegangenen Projektes und die u.a. daraus resultierende fehlende Bonität T.s bekannt war. Die Tatsache, daß sie im Interesse einer Rückführung der erheblichen Außenstände T.s bereit war, bankenunübliche Risiken zu übernehmen, entband sie nicht von der Pflicht, die Bewerber über das gerade mit diesem Projekt verbundene - über die allgemeinen wirtschaftlichen Risiken von Bauherrenmodellen hinausgehende - Wagnis und die sich aus ihrer eigenen ungewöhnlichen Einbindung ergebenden Interessenkonflikte aufzuklären.
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b) Der hohen Verschuldung T.s kommt in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung zu. Die auf den zu veräußernden Grundstücksanteilen lastende Globalgrundschuld von 14 Millionen DM haftete auch für die erheblichen Altschulden T.s mit der drückenden Zinslast. Für den nicht unwahrscheinlichen Fall von Schwierigkeiten beim Absatz der großen Zahl von Eigentumswohnungen drohte das Scheitern des Projektes und die Zahlungsunfähigkeit T.s und seiner Unternehmen. Die Erwerber mußten befürchten, daß die Beklagte in dieser Situation das Grundstück verwerten würde. Die von der Beklagten übernommene Beschränkung, nach der bei einer Zwangsversteigerung der Kläger mit dem auf seinen Anteil an dem Grundstück entfallenden Versteigerungserlös nur für seine eigenen Verbindlichkeiten haftete, schützte ihn nicht davor, seinen Anteil an dem Grundstück trotz voller Begleichung des Kaufpreises zu verlieren und nur in Höhe des unzureichenden Versteigerungserlöses für ein unfertiges Objekt von seinen Darlehensverpflichtungen gegenüber der Beklagten frei zu werden. Dieses angesichts der unsoliden Finanzierung im vorliegenden Fall besonders hohe Risiko hat das Berufungsgericht übersehen. Da es dem Notar nicht mitgeteilt wurde, konnte er darüber nicht belehren.
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c) Die Beklagte war auch verpflichtet, die Erwerber auf ihr aus den Finanzierungsverhandlungen bekannte Umstände hinzuweisen, die durch die Vertragsunterlagen bewußt verschleiert wurden, obwohl sie für den Anlageentschluß ersichtlich von erheblicher Bedeutung waren:
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Von dem in den Unterlagen ausgewiesenen Kaufpreis für das Gesamtgrundstück von 3,1 Millionen DM wurden von der C. AG vereinbarungsgemäß 500.000 DM auf das Kreditkonto T.s zurücküberwiesen. Das wurde den Erwerbern nicht offengelegt und war daher eine Manipulation hinter ihrem Rücken, die den wahren Kaufpreis verschleierte und damit die Werteinschätzung der Käufer beeinflußte, zugleich aber das Kreditengagement der Beklagten verringerte. Als Teil des Kaufpreises waren diese 500.000 DM entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch steuerlich für den Erwerber nicht absetzbar. Für den Gesamtkaufpreis von 3,1 Millionen DM wurde darüber hinaus nur ein gutes Drittel des in dem Kaufvertragsangebot der C. AG bezeichneten Grundstücks übertragen, ohne daß dies für den Leser der Unterlagen ausreichend erkennbar gewesen wäre. Soweit das Berufungsgericht das bebaute Drittel als den allein wertvollen Teil ansieht, schöpft es den Sachverhalt nicht aus. Das Projekt war auch wegen seines nicht bebaubaren Freigeländes besonders reizvoll. Bei dem Erwerb des Gesamtareals durch die C. AG fünf Monate vor dem Angebot an die Bewerber war man noch davon ausgegangen, daß diese Freiflächen möglicherweise bebaubar werden würden, und hatte entsprechende Vorkehrungen für eine eventuelle Anpassung des Kaufpreises getroffen. Nur der Erwerb des gesamten Geländes sicherte die Erhaltung sowie die Nutzung der Freiflächen und den auch darauf beruhenden Wert des bebauten Teils für die Zukunft. Ihre verschleierte Abtrennung und Übertragung auf Angehörige T.s kann deshalb unabhängig von der Höhe des darauf entfallenden Verkehrswertes nicht als für die Anlageentscheidung offensichtlich unerheblich angesehen werden.
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Abgesehen von der Täuschung über wertbildende Faktoren mußten die Manipulation des Kaufpreises und die versteckte Abtrennung eines wesentlichen Teils der zu erwerbenden Flächen auch Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des wesentlichen Partners der abzuschließenden Verträge wecken. Unter beiden Gesichtspunkten hatte die Beklagte einen ihr bekannten Wissensvorsprung, den sie offenbaren mußte.
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d) Ein weiterer Wissensvorsprung der Beklagten bestand entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hinsichtlich des vorzeitigen Baubeginns. Auch wenn man mit dem Berufungsgericht davon ausgeht, daß dem Kläger der Beginn der Bauarbeiten bekannt war, so fehlte ihm doch im Gegensatz zur Beklagten die Kenntnis des entscheidenden Umstands, daß entgegen dem Inhalt der Musterverträge die Bauherrengemeinschaft für den ersten Bauabschnitt noch nicht geschlossen und die Finanzierung des restlichen Vorhabens nicht gesichert war. Er hatte an der Bauherrenversammlung vom 28. Dezember 1981, die einen vorzeitigen Baubeginn beschlossen hatte, nicht teilgenommen. Die Teilnahme der Eheleute K., die vor ihm bzw. der Bauherrengesellschaft Sch.-H. die Wohnung Nr. .. gezeichnet hatten, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Die Frage, ob der Beschluß der Bauherrenversammlung eine auch für daran nicht beteiligte Bauherren verbindliche Abänderung der Bestimmungen des Vertragswerks über die Voraussetzungen des Baubeginns herbeiführen konnte, kann an dieser Stelle offenbleiben. Auf jeden Fall mußte eine so weitgehende und für die Einschätzung des Risikos wichtige Abweichung von den schriftlichen Vertragsunterlagen einem später beitretenden Bauherren wie dem Kläger mitgeteilt werden.
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e) Der Umstand, daß der Treuhänder R. weitergehende Kenntnisse hatte als der Kläger, entlastet die Beklagte nicht. Diese Kenntnisse gingen zum einen nicht so weit wie diejenigen der Beklagten. So ist nichts dafür ersichtlich, daß dem Treuhänder das ganze Ausmaß der Verschuldung T.s bei der Beklagten bekannt gewesen wäre. Zum anderen braucht der Kläger sich auch die bei dem Treuhänder etwa vorhandenen Kenntnisse nicht wie eigenes Wissen zurechnen zu lassen. Der von T. ausgewählte und in die Projektabwicklung eingebundene Treuhänder mißbrauchte nämlich seine Vertretungsmacht, wenn er für die einzelnen Bauherren die oben dargestellten außergewöhnlichen Risiken einging, ohne sie zuvor zu unterrichten und ihre Entscheidung einzuholen. Damit mußte die Beklagte, die die außerordentlichen Risiken des Vorhabens kannte und der auch die für derartige Bauherrenmodelle typische enge Zusammenarbeit zwischen dem Betreiber und dem von ihm ausgewählten Treuhänder nicht unbekannt geblieben sein konnte, rechnen. Einem Vertragspartner ist es nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Kenntnis des Bevollmächtigten zu berufen, wenn er weiß oder sich sagen muß, daß der Vollmachtgeber bei Kenntnis der Tatsachen den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, und zugleich damit rechnet, daß dieser die Kenntnis von seinem Bevollmächtigten nicht erlangen werde (BGH, Urteil vom 24. April 1972 - II ZR 153/69 = WM 1972, 1380, 1381).
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3. Da der Beklagten entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts eine Aufklärungspflichtverletzung zur Last fällt, kommt es darauf an, ob diese Pflichtverletzung für die Beteiligung des Klägers an dem Bauherrenmodell oder zumindest dafür, daß er sich nicht beizeiten aus der Bindung an die bereits abgeschlossenen Verträge gelöst hat, ursächlich geworden ist. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht hilfsweise auch auf diese beiden Fragen eingegangen ist und sie verneint hat, halten rechtlicher Prüfung nicht in allen Punkten stand.
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a) Die Darlegungen des Berufungsgerichts, nach denen die vom Kläger neuerdings vorgetragenen Umstände nicht ausreichen, um frühzeitige Kontakte zwischen ihm und der Beklagten von einer Intensität zu belegen, daß eine Aufklärungspflicht schon vor dem Abschluß der für den Beitritt des Klägers zu dem Bauherrenmodell entscheidenden Verträge bestanden hätte, lassen allerdings keinen Rechtsfehler erkennen. In diesem Punkt greift die Revision das Berufungsurteil auch nicht an.
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b) Die Ausführungen des Berufungsgerichts darüber, daß der Kläger sich bei nachträglicher Aufklärung durch die Beklagte von den bereits geschlossenen Verträgen nicht mehr hätte lösen können, werden dagegen von der Revision im Ergebnis mit Recht angegriffen.
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In diesem Zusammenhang kommt es auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage, ob die Beklagte den Kläger arglistig getäuscht hat, nicht an. Hier geht es vielmehr darum, welche Lage sich ergeben hätte, wenn die Beklagte den Kläger pflichtgemäß unterrichtet hätte. Der Kläger hat behauptet, in diesem Fall hätte er den Treuhandvertrag und die umfassende Vollmacht des Treuhänders R. wegen arglistiger Täuschung angefochten und damit sämtlichen von diesem für ihn abgeschlossenen Verträgen die Grundlage entzogen.
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Das Berufungsgericht hat angenommen, eine solche Anfechtung hätte keinen Erfolg haben können, weil der Treuhänder R. nicht arglistig gehandelt habe. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Bauherrengemeinschaft sei nach dem Inhalt des Treuhandvertrags berechtigt gewesen, dem Treuhänder Anweisungen für einen früheren Baubeginn zu geben und damit auch mit Wirkung gegenüber späteren Erwerbern von dem Inhalt des Treuhandvertrages abzuweichen; angesichts dessen und auch im Hinblick auf die für jedermann bestehende Möglichkeit, sich an Ort und Stelle vom Baubeginn zu überzeugen, könne das Schweigen des Treuhänders nicht als vorsätzlich und arglistig, sondern allenfalls als fahrlässig gewertet werden.
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Diese Beurteilung geht fehl. Die Möglichkeit, sich an Ort und Stelle vom Baubeginn zu überzeugen, spricht schon deshalb nicht gegen ein arglistiges Verhalten des Treuhänders, weil es hier nicht um eine Aufklärung über den Baubeginn als solchen ging, sondern darüber, daß mit dem Bau begonnen worden war, obwohl die Bauherrengemeinschaft für den ersten Bauabschnitt noch nicht geschlossen und die Finanzierung der weiteren Bauabschnitte nicht sichergestellt war. Es kann offenbleiben, ob der Treuhänder zu dieser Abweichung von den Festlegungen im Treuhandvertrag berechtigt war. Jedenfalls durfte er eine so schwerwiegende Veränderung der Konzeption des Vorhabens den später beitretenden Interessenten nicht verschweigen.
III.
- 39
Das angefochtene Urteil mußte daher aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Der Senat hat dabei von der Befugnis des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
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