Auslegung der von US-amerikanischen Inkassobanken für die Ausführung von Inkassoaufträgen deutscher Banken geforderten Garantieerklärung
Leitsatz
Die von US-amerikanischen Banken beim Scheckinkasso geforderte Garantie hat den Zweck, ausländische Kreditinstitute den Haftungsmodalitäten zu unterwerfen, denen US-amerikanische Banken beim Scheckinkasso unterliegen. Die Garantieerklärung ist deshalb unter maßgeblicher Berücksichtigung des in den Vereinigten Staaten geltenden Scheckinkassorechts auszulegen.
Orientierungssatz
Nichtannahme der Revision gegen ein einer deutschen Inkassobank einen Aufwendungsersatzanspruch gegen ihren Auftraggeber zusprechendes Urteil, um die Haftungsfolgen aus einer einer US-amerikanischen Inkassobank gegebenen Garantie abzuwehren.











vorgehend LG Bremen, 10. März 1994, 12 O 302/93



Corinna Ralle, WiB 1995, 642 (Anmerkung)

Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 4. August 1994 wird nicht angenommen.
Die Kosten der Revision trägt die Beklagte.
Streitwert: 132.028,10 DM
Gründe
- 1
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat den von der klagenden Sparkasse geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruch, über den allein zu entscheiden war, zu Recht für gegeben erachtet (§§ 675, 670 BGB).
- 2
1. Die Erledigung des von der Beklagten erteilten Auftrags, einen in Atlanta, Georgia/USA, zahlbaren Orderscheck einzuziehen, erforderte die Übernahme einer Garantie durch die Klägerin gegenüber der von ihr beauftragten C.bank, New York. Ohne eine Garantie mit dem Inhalt "Prior endorsement is guaranteed" pflegen amerikanische Banken Scheckinkassoaufträge nicht zu übernehmen. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe dies nicht als unstreitig ansehen dürfen, scheitert schon daran, daß die Notwendigkeit der Garantieübernahme im Tatbestand des Berufungsurteils als unstreitig bezeichnet und ein Tatbestandsberichtigungsantrag gemäß § 320 Abs. 1 ZPO nicht gestellt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1993 - VI ZR 74/93, WM 1994, 462, 465 m.w.Nachw.).
- 3
Die Klägerin durfte es auch für erforderlich halten, die übernommene Garantie zu erfüllen und die Rückbelastung ihres Kontos durch die C.bank hinzunehmen. Die Revision rügt allerdings zu Recht, daß das Berufungsgericht den genauen Inhalt der Garantieerklärung nicht ermittelt hat. Dies nötigt indes nicht zur Annahme der Revision. Der Senat kann die Auslegung selbst vornehmen. Diese ergibt, daß die Klägerin jedenfalls für die Nichtverfälschung der Scheckanweisung und für die gehörige Bevollmächtigung früherer Indossanten haftet.
- 4
Die von amerikanischen Banken verlangte Garantie hat den Zweck, ausländische Kreditinstitute den Haftungsmodalitäten zu unterwerfen, denen amerikanische Banken beim Scheckinkasso unterliegen. Die Garantieerklärung der Klägerin ist deshalb unter maßgeblicher Berücksichtigung des in den Vereinigten Staaten geltenden Scheckinkassorechts auszulegen. Dieses ist im Uniform Commercial Code (UCC) kodifiziert, der sowohl im Staate New York als auch im Staate Georgia gilt (Schettler/ Büeler, Das Wechsel- und Scheckrecht aller Länder, Bd. 13 "Vereinigte Staaten von Amerika" S. 2). Nach Sec. 4 - 207 Abs. 2 UCC gewährleistet jede Inkassobank jeder nachfolgenden gutgläubigen Bank u.a., daß alle Unterschriften auf dem Orderscheck echt oder mit Vollmacht geleistet sind (Buchst. b) und daß der Scheck nicht wesentlich verändert worden ist (Buchst. c; Jähnchen-John, Das Wechsel- und Scheckrecht der Vereinigten Staaten von Amerika S. 143). Diese Gewährleistungshaftung führt dazu, daß den Schaden letztlich derjenige trägt, der mit dem Fälscher oder vollmachtslosen Vertreter unmittelbar verhandelt hat (Jähnchen-John aaO S. 144; Vorkauf, Auslands-Schecks S. 17). Unter Berücksichtigung dessen sowie ihres vorbezeichneten Zwecks führt die Garantieerklärung dazu, daß die C.bank die angesprochenen Risiken auf die Klägerin abwälzen kann.
- 5
Die Verfälschung der Scheckanweisung oder die mangelnde Bevollmächtigung der Beklagten zur Indossierung des Orderschecks hat das Berufungsgericht zwar nicht festgestellt. Es hat sich vielmehr auf die Annahme beschränkt, die Klägerin habe die Erfüllung der Garantie für erforderlich halten dürfen (§ 670 BGB), weil eine Klage gegen die C.bank auf Stornierung der Rückbelastung nicht erfolgversprechend gewesen sei. Dies ist jedoch nicht zu beanstanden.
- 6
Für die Verfälschung des Schecks sprechen mehrere gewichtige Umstände. Die Angabe der Orderschecknehmerin "S. I. A." ist ersichtlich mit einer anderen Maschine geschrieben worden als der Zusatz "c/o A. S. ...". Die Scheckausstellerin hat eine bei ihr verbliebene Kopie des Schecks ohne den Zusatz vorgelegt und die Verfälschung des Schecks an Eides Statt versichert. Überdies weist der Zusatz die Beklagte nicht als Schecknehmerin aus. "C/o" ist die Abkürzung von "care of" und bedeutet "per Adresse". Schecknehmerin ist danach die "S. I. A." per Adresse der Beklagten. Daß letztere mit der Schecknehmerin identisch ist oder diese vertreten kann, hat die Beklagte nicht behauptet. Sie hat sich vielmehr auf die Angabe beschränkt, den Scheck von jemandem erhalten zu haben, der sich glaubhaft als Bevollmächtigter der Scheckausstellerin ausgegeben habe. Daß sich die Klägerin angesichts dessen ohne eine Kostenübernahmezusage der Beklagten auf einen Rechtsstreit mit der C.bank nicht einlassen mußte, liegt auf der Hand.
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2. In der unrichtigen Erklärung der Klägerin, die Gutschrift der Schecksumme auf dem Konto der Beklagten sei sicher, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei keinen Verzicht auf den Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 670, 675 BGB gesehen. Die Rechtsprechung des Senats zur Scheckeinlösungsgarantie der bezogenen Bank (BGHZ 110, 263, 265 f.; Senatsurteil vom 29. März 1994 - XI ZR 131/93, WM 1994, 884, 885), auf die sich die Revision zu stützen versucht, ist nicht einschlägig. Die Klägerin ist nicht die bezogene Bank, sondern die Inkassobank. Letztere kann die Voraussetzungen für die Einlösung eines Schecks in aller Regel nicht überblicken. Die rechtskundig vertretene Beklagte konnte die Erklärung der Klägerin deshalb vernünftigerweise nicht dahin verstehen, sie wolle für die Einlösung des Schecks gleichwohl einstehen oder für den Fall der Unrichtigkeit der erteilten Auskunft auf ihren Aufwendungsersatzanspruch ohne Rücksicht auf einen Schaden der Beklagten verzichten. Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO).
- 8
3. Über einen Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen Erteilung einer falschen Auskunft über die Sicherheit der Scheckgutschrift war nicht zu befinden, nachdem die Beklagte ihre Hilfsaufrechnung in der Berufungsverhandlung zurückgenommen hat. Ob es sinnvoll war, die Hilfsaufrechnung fallen zu lassen oder dies anzuregen, anstatt der Beklagten gemäß § 273 Abs. 1 ZPO die Vorlage des unstreitig vorhandenen schriftlichen Kaufvertrages sowie der Quittung über die angeblich von ihr gelieferten Kfz-Ersatzteile aufzugeben, bedarf keiner Entscheidung.
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