Auskunftspflicht zwischen Banken über Kreditwürdigkeit eines Kunden
Leitsatz
1. Eine Bank ist grundsätzlich nicht verpflichtet, eine andere Bank, die bei ihr einen Kredit ablösen möchte, über die Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers aufzuklären und ihr von sich aus mitzuteilen, daß sie massiv auf die Rückzahlung des Kredits gedrängt hat.
2. Wer sich mit einer erkennbar unvollständigen Kreditauskunft begnügt und von dem Angebot weiterer Unterrichtung keinen Gebrauch macht, muß die Folgen einer darauf aufgebauten Fehlentscheidung selbst tragen.
Orientierungssatz
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes trifft eine Bank grundsätzlich keine Verpflichtung zur Warnung vor gefährlichen Kreditgeschäften oder zur Aufklärung über die Vermögensverhältnisse des potentiellen Geschäftspartners (vergleiche BGH, 1978-06-08, III ZR 136/76, BGHZ 72, 92 und BGH, 1987-04-09, III ZR 126/85, WM IV 1987, 1546 mwN). Sie ist nicht einmal verpflichtet, ihren Kunden auf die Tatsache hinzuweisen, daß sie selbst nicht bereit ist, dem in Aussicht genommenen Geschäftspartner weiterhin Kredit zu gewähren (vergleiche BGH, 1963-01-10, II ZR 128/61, WM IV 1963, 475 und BGH, 1969-01-16, II ZR 76/66, WM IV 1969, 560). Die in diesem Zusammenhang für das Verhältnis der Bank zu ihren Kunden entwickelten Grundsätze gelten auch zwischen Banken. Es ist kein Grund ersichtlich, einer Bank weitergehende Aufklärungs- und Warnpflichten aufzuerlegen, wenn einer ihrer Konkurrenten bereit ist, einen bei ihr bestehenden Kredit eines Kunden abzulösen. Beide Kreditinstitute stehen sich in derartigen Fällen als gleichwertige Partner mit erkennbar gegenläufigen Interessen gegenüber.


















vorgehend LG München I, 13. März 1986, 5 HKO 17961/84


Vergleiche BGH 3. Zivilsenat, 8. Juni 1978, III ZR 136/76
Vergleiche BGH 2. Zivilsenat, 16. Januar 1969, II ZR 76/66
Vergleiche BGH, 10. Januar 1963, II ZR 128/61
Tatbestand
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Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen des Bankhauses S. AG in M.. Er verlangt von der verklagten, ebenfalls in M. ansässigen Privatbank Schadensersatz, weil diese im Zuge einer Umschuldungsmaßnahme durch unrichtige Angaben bewirkt habe, daß die Gemeinschuldnerin dem Zahnarzt Dr. K. ein uneinbringliches Darlehen von 5 Mio. DM gewährte.
- 2
Dr. K. betrieb in N. eine Zahnarztpraxis. Nach Angaben seines Steuerberaters erzielte er 1982 ein Einkommen von 2.686.565,24 DM. Der Erwerb zahlreicher Immobilien führte allerdings zu einer Schuldenlast von rund 100 Mio. DM. Am 30. März 1984 wurde über das Vermögen von Dr. K. das Konkursverfahren eröffnet.
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Die Beklagte stand mit Dr. K. in Geschäftsverbindung und gewährte ihm seit 1979 einen Kredit, der am 7. April 1983 in Höhe von 9.798.876,32 DM in Anspruch genommen war. Als Sicherheiten standen der Beklagten ein Wertpapierdepot mit Bundesobligationen im Nennwert von 4.793.000 DM, Grundschulden über 4 Mio. DM und abgetretene Rechte aus Lebensversicherungen sowie ein kleinerer Posten Zahngold zur Verfügung.
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Seit 1981 verhandelte Dr. K. mit anderen Banken über die Ablösung seines Kredits, weil dies die Beklagte aus Gründen, über die die Parteien streiten, verlangt hatte. Ab März 1983 bemühte sich die Beklagte intensiv, die Rückzahlung des Darlehens zu erreichen. Unter Einschaltung von Rechtsanwälten drohte sie Dr. K. mit Strafanzeige wegen Vorlage einer unrichtigen Vermögensaufstellung zum 31. Dezember 1982 und wegen Ausstellung eines ungedeckten Schecks über 100.000 DM sowie mit der Verwertung seiner Sicherheiten. Nach fruchtlosem Ablauf mehrerer Rückzahlungstermine teilte die Beklagte Dr. K. mit Schreiben vom 29. April 1983 mit, falls eine letzte Frist bis 15. Mai 1983 nicht eingehalten werde, werde sie die angedrohten Maßnahmen ergreifen. Am 9. Juni 1983 ließ die Beklagte ihm einen Grundschuldbrief über 1 Mio. DM durch den Gerichtsvollzieher in der Praxis zustellen.
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Ende Juni 1983 wandte sich Dr. K. wegen der Ablösung des Kredits bei der Beklagten an die Gemeinschuldnerin. Er verschwieg, daß das Darlehen gekündigt war, und erklärte, die Kreditvereinbarung mit der Beklagten müsse spätestens zum Halbjahresende gekündigt werden, weil sie sich sonst um ein weiteres Jahr verlängere. Die Gemeinschuldnerin entschloß sich am 30. Juni 1983, Dr. K. einen Barkredit in Höhe von 5 Mio. DM zu geben und damit den Kredit bei der Beklagten in Höhe von 4,5 Mio. DM gegen Übertragung von Sicherheiten abzulösen. Dr. K. teilte der Beklagten am 1. Juli 1983 fernmündlich mit, daß er eine definitive Kreditzusage der Gemeinschuldnerin über 4,5 Mio. DM habe und deswegen um Einstellung der eingeleiteten Maßnahmen bitte. Dies wurde ihm zugesagt unter der Voraussetzung, daß der Beklagten noch am selben Tage schriftlich ein verbindlicher Treuhandauftrag der Gemeinschuldnerin zugehe. Mit Fernschreiben vom 1. Juli 1983 teilte die Gemeinschuldnerin der Beklagten ihre Bereitschaft zur Ablösung des Kredits in Höhe von 4,5 Mio. DM gegen Ablösung im einzelnen bezeichneter Sicherheiten mit. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 4. Juli 1983, sie sehe der Überweisung des Ablösungsbetrages Zug um Zug gegen Übertragung der Sicherheiten entgegen. Am 12. Juli 1983 überwies die Gemeinschuldnerin 4,5 Mio. DM auf das Konto der Beklagten bei der Landeszentralbank M.. Als Verwendungszweck war angegeben: "zu treuen Händen z.g. Dr. K. w./Kreditablösung gem. sep. Treuhandauftrag". In diesem "Treuhandauftrag" vom 12. Juli 1983 teilte die Gemeinschuldnerin der Beklagten mit, sie dürfe den überwiesenen Betrag zur Ablösung des Kredits von Dr. K. nur verwenden, nachdem die im einzelnen bezeichneten Sicherheiten ihr übertragen worden seien und außerdem sichergestellt sei, daß das gesamte Kreditengagement des Dr. K. bei der Beklagten seine Erledigung gefunden habe. Am 15. Juli 1983 übersandte die Beklagte der Gemeinschuldnerin u.a. die Abtretungserklärungen für die Grundschulden mit Ausnahme einer Grundschuld über 1 Mio. DM. Den Brief für diese Grundschuld hatte die Beklagte Dr. K. zustellen lassen. Der Gerichtsvollzieher hatte den Brief mit der Zustellungsurkunde verbunden. Aus diesem Grunde veranlaßte die Beklagte ohne Kenntnis der Gemeinschuldnerin die Umwandlung der Briefgrundschuld in eine Buchgrundschuld. Der nachträgliche Ausschluß der Brieferteilung wurde am 22. Juli 1983 in das Grundbuch eingetragen. Danach trat die Beklagte auch diese Grundschuld und die Rechte aus den Lebensversicherungen an die Gemeinschuldnerin ab.
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Im weiteren Verlauf der Ablösungsmaßnahme vereinbarten die Gemeinschuldnerin und die Beklagte, daß diese nach der Verwertung des Wertpapierdepots, die aus rechtlichen Gründen erst Ende August 1983 möglich war, Dr. K. noch mit einem im wesentlichen ungesicherten Kredit zur Verfügung stehen dürfe. Das wurde unter anderem in einem Ferngespräch zwischen dem persönlich haftenden Gesellschafter der Gemeinschuldnerin H. und dem Mitglied der Geschäftsleitung der Beklagten Dr. R. am 4. August 1983 erörtert.
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Mit Schreiben vom 12. August 1983 teilte die Gemeinschuldnerin der Beklagten mit, daß eine endgültige Klärung, ob der Kredit abgelöst werde, erst nach Rückkehr von Dr. K. aus den USA möglich sei. Deshalb halte sie den "Treuhandauftrag" in der Schwebe und bitte auch die Beklagte darum. Sie habe nämlich festgestellt, daß der Rückkaufswert der Lebensversicherungen geringer sei als von ihr vorausgesetzt. Sie neige daher zur Rückabwicklung des "Treuhandauftrags".
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Am 18. August 1983 teilte die Klägerin der Gemeinschuldnerin mit, sie habe nunmehr vereinbarungsgemäß das Wertpapierdepot verwertet, die Kreditschuld des Dr. K. habe sich dadurch um 4.828.148,67 DM ermäßigt. Mit Wertstellung vom 22. August 1983 schrieb die Beklagte diesen Betrag dem Konto des Dr. K. gut. Am 26. August 1983 erteilte sie diesem Konto eine weitere Gutschrift in Höhe des von der Gemeinschuldnerin zur Verfügung gestellten Ablösungsbetrags von 4.500.000 DM. Danach blieb ein Restsaldo von 1.320.018,64 DM zu Lasten von Dr. K. übrig.
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Die Gemeinschuldnerin, die die Bedingungen des "Treuhandauftrags" ebenfalls als erfüllt ansah, schloß mit Dr. K. unter dem Datum vom 31. August 1983 eine Kreditvereinbarung über einen Barkredit von 5 Mio. DM und überließ ihm - nach ihrer Behauptung - 500.000 DM zur freien Verfügung. Der Kredit ist uneinbringlich.
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Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte müsse den Schaden der Gemeinschuldnerin ersetzen. Er behauptet, Dr. R. habe dem Zeugen H. in dem Ferngespräch vom 4. August 1983 unrichtige Angaben über die Kreditwürdigkeit von Dr. K. gemacht. Wenn ihm nicht verschwiegen worden wäre, daß Dr. K. zahlungsunfähig sei, die Beklagte den Kredit gekündigt und vergeblich Maßnahmen zur Rückführung ergriffen habe, hätte sie die Ablösung nicht durchgeführt und auch nicht weitere 500.000 DM Darlehen an Dr. K. ausbezahlt. Durch die Umwandlung der Briefgrundschuld in eine Buchgrundschuld habe die Beklagte verhindert, daß die Gemeinschuldnerin diesen Stand der Dinge erfahren habe.
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Er ist ferner der Ansicht, die Beklagte habe den Überweisungsbetrag dem Konto des Dr. K. nicht gutschreiben dürfen. Eine Bedingung dafür sei gewesen, daß die Beklagte Dr. K. nur noch mit einem ungesicherten Kredit von unter 1 Mio. DM habe zur Verfügung stehen dürfen. Diese Bedingung sei nicht erfüllt gewesen, da die Restschuld ca. 1,3 Mio. DM betragen habe.
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Der Kläger hat zuletzt unter Darlegung der einzelnen Schadensposten beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 5.357.395,67 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung im einzelnen bezeichneter Sicherheiten an ihn zu bezahlen.
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Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie behauptet, bei dem Ferngespräch am 4. August 1983 sei für Dr. R. nicht erkennbar gewesen, daß die Gemeinschuldnerin eine Kreditauskunft wünsche; eine solche sei auch nicht erteilt worden. Mit der Umwandlung der Grundschuld habe sie das Bankgeheimnis zugunsten von Dr. K. wahren wollen. Sie habe sich nicht für berechtigt gehalten, der Gemeinschuldnerin davon Kenntnis zu geben, daß sie Dr. K. den Grundschuldbrief habe zustellen lassen, um psychologischen Druck auf ihn auszuüben. Eine Zwangsvollstreckung sei von ihr nicht beabsichtigt gewesen. Unrichtig sei, daß Bedingung für die Ablösung eine verbleibende Restschuld von unter 1 Mio. DM gewesen sei. Der Gemeinschuldnerin sei es lediglich darauf angekommen, daß der Beklagten keine Sicherheiten dafür verblieben. Im übrigen sei ihr Verhalten für die Kreditvergabe nicht ursächlich gewesen, da der endgültige Entschluß dazu bereits Ende Juni 1983 getroffen worden sei.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet.
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I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts haftet die Beklagte wegen schuldhafter Verletzung der Vereinbarung mit der Gemeinschuldnerin über die teilweise Ablösung des Kredits in Höhe von 4,5 Mio. DM, weil Dr. R. dem Vertreter der Gemeinschuldnerin H. eine falsche Auskunft über die Kreditwürdigkeit von Dr. K. gegeben habe. Dem kann nicht gefolgt werden.
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1. Entgegen der Ansicht der Revision kann ein Schadensersatzanspruch der Gemeinschuldnerin allerdings nicht schon wegen fehlender Ursächlichkeit einer eventuellen Falschauskunft für den Schaden verneint werden. Die Gemeinschuldnerin war zu dem Zeitpunkt, als Dr. R. die unrichtige Auskunft gegeben haben soll, vertraglich nicht so gebunden, daß sie die Kreditablösung nicht mehr rückgängig machen konnte. Die Beklagte hatte noch keinen unentziehbaren Anspruch auf die Ablösungssumme erlangt:
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Bei dem vom Berufungsgericht rechtlich nicht qualifizierten "Treuhandauftrag" hat es sich im wesentlichen um einen Auftrag der Gemeinschuldnerin an die Beklagte gehandelt, dem Konto von Dr. K. den Betrag von 4,5 Mio. DM gutzuschreiben, falls bestimmte Bedingungen erfüllt waren. Dies ergibt sich aus der Zweckbestimmung im Überweisungsträger vom 12. Juli 1983 und dem dazugehörigen Schreiben vom selben Tage, in dem die Bedingungen aufgeführt sind, nach deren Erfüllung die Beklagte den überwiesenen Betrag dem Konto des Dr. K. gutschreiben durfte. Von der Interessenlage der Gemeinschuldnerin her besteht kein Anlaß zu der Annahme, diese habe sich der Beklagten gegenüber zur Zahlung von 4,5 Mio. DM verpflichten wollen. Sie hatte den Kredit Dr. K. noch nicht endgültig zugesagt, deshalb hatte sie keinen Grund, für diesen gegenüber der Beklagten in Vorlage zu treten. So hat es die Beklagte selbst auch gesehen. In der Berufungserwiderung hat sie vorgetragen: Von einem Treuhandverhältnis könne nicht ausgegangen werden. Der Überweisungsbetrag sei ausdrücklich dazu bestimmt gewesen, bei der Beklagten bestehende Verbindlichkeiten des Dr. K. zu tilgen. Die Gemeinschuldnerin habe den Auftrag, den Überweisungsbetrag dem Konto des Dr. K. gutzuschreiben, lediglich mit einigen zusätzlichen Weisungen an die Beklagte verbunden, die die bei der Kreditablösung gegen Übertragung von Sicherheiten übliche Leistungsabwicklung Zug um Zug sicherstellen sollten. Diese Weisungen könnten allenfalls auftragsrechtlich und keinesfalls unter dem rechtlichen Blickwinkel treuhänderischer Bindungen gewertet werden. Diese Auslegung der Willenserklärungen, die im Zusammenhang mit der Überweisung abgegeben wurden, ist zutreffend. Der Senat kann sie selbst vornehmen, weil sich das Berufungsgericht damit nicht befaßt hat und weiterer Tatsachenvortrag nicht in Betracht kommt.
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Die Gemeinschuldnerin hätte also am 4. August 1983, zum Zeitpunkt des Telefongesprächs, den Überweisungsauftrag gemäß § 671 Abs. 1 BGB ohne weiteres widerrufen können, da er noch nicht ausgeführt war. Ein Vertrag mit Dr. K. über die Darlehensgewährung bestand noch nicht. Der Schaden hätte also zu diesem Zeitpunkt noch vermieden werden können.
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2. Ein Schadensersatzanspruch der Gemeinschuldnerin wegen falscher Auskunft über die Kreditwürdigkeit des Dr. K. besteht indes nicht.
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a) Die Beklagte wurde durch die Überweisung des Kreditablösungsbetrages nicht verpflichtet, die Gemeinschuldnerin über die Kreditwürdigkeit von Dr. K. aufzuklären. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes trifft eine Bank grundsätzlich keine Verpflichtung zur Warnung vor gefährlichen Kreditgeschäften oder zur Aufklärung über die Vermögensverhältnisse des potentiellen Geschäftspartners (BGHZ 72, 92, 104; BGH, Urteil vom 9. April 1987 - III ZR 126/85, WM 1987, 1546 m.w.Nachw.). Sie ist nicht einmal verpflichtet, ihren Kunden auf die Tatsache hinzuweisen, daß sie selbst nicht bereit ist, dem in Aussicht genommenen Geschäftspartner weiterhin Kredit zu gewähren (BGH, Urteile vom 10. Januar 1963 - II ZR 128/61, WM 1963, 475 sowie vom 16. Januar 1969 - II ZR 76/66, WM 1969, 560, 561). Die in diesem Zusammenhang für das Verhältnis der Bank zu ihren Kunden entwickelten Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall. Es ist kein Grund ersichtlich, einer Bank weitergehende Aufklärungs- und Warnpflichten aufzuerlegen, wenn einer ihrer Konkurrenten bereit ist, einen bei ihr bestehenden Kredit eines Kunden abzulösen. Beide Kreditinstitute stehen sich in derartigen Fällen als gleichwertige Partner mit erkennbar gegenläufigen Interessen gegenüber. Wenn es - wie im vorliegenden Fall - um die Ablösung eines Großkredits geht, darf der bisherige Kreditgeber im übrigen davon ausgehen, daß das zur Ablösung bereite Konkurrenzunternehmen seiner gesetzlichen Pflicht (§ 18 KWG), sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers offenlegen zu lassen, nachkommt und deshalb nicht aufklärungsbedürftig ist. Die Beklagte war deswegen nicht gehalten, der Gemeinschuldnerin von sich aus mitzuteilen, daß sie massiv auf die Rückführung des Dr. K. gewährten Kredits gedrängt und in diesem Zusammenhang den Grundschuldbrief durch den Gerichtsvollzieher hatte zustellen lassen. Ihr kann deshalb auch nicht vorgeworfen werden, daß sie das Bekanntwerden dieser - im übrigen rechtlich sinnlosen - Zustellung, die sich aus der mit dem Grundschuldbrief verbundenen Urkunde ergab, treuwidrig verhindert habe, indem sie die Notwendigkeit einer Übergabe des Briefes durch Umwandlung der Sicherheit in eine Buchgrundschuld beseitigte. Die Tatsache, daß sie dazu der Zustimmung des Schuldners nach §§ 1192, 1116 BGB bedurfte, läßt ihr Vorgehen nicht als kollusives Zusammenwirken mit diesem erscheinen. Nach dem Sach- und Streitstand bestehen keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Kenntnis der Beklagten über die Angaben, die Dr. K. der Gemeinschuldnerin über seine Vermögensverhältnisse und die Notwendigkeit der Kreditablösung gemacht hatte.
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b) Die Beklagte haftet auch nicht aus einem stillschweigend abgeschlossenen Auskunftsvertrag.
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Nach der Feststellung des Berufungsgerichts hat Dr. R. bei dem Telefongespräch am 4. August 1983, als H. die Frage nach der Kreditwürdigkeit Dr. K.'s anschnitt, geantwortet, dieser befinde sich in einem Liquiditätsengpaß, den er im Hinblick auf das Praxiseinkommen und auf die Vermögenssituation als vorübergehend einschätze; die Beklagte glaube, einen Restkredit von unter 1 Mio. DM ungesichert vertreten zu können.
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Das Berufungsgericht legt an diese Äußerungen, die es für falsch hält, die Maßstäbe an, die die Rechtsprechung für Bankauskünfte entwickelt hat. Eine Haftung für ihre Richtigkeit würde danach voraussetzen, daß entweder besondere Treuepflichten aus Vertrag oder Geschäftsbeziehung bereits bestanden oder aber ein Auskunftsvertrag zustande kam. Nach den vorstehenden Ausführungen bestand zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin kein Vertragsverhältnis, das über den begrenzten Vertragszweck der Kreditablösung hinaus besondere Treuepflichten begründete. Als Anspruchsgrundlage käme daher nur ein stillschweigend zustande gekommener Auskunftsvertrag in Betracht. Ein solcher kommt nach gefestigter Rechtsprechung zustande, wenn die Auskunft der sachverständigen Bank für den Anfragenden erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und er sie zur Grundlage wesentlicher Vermögensverfügungen machen will (BGH, Urteil vom 30. März 1976 - VI ZR 21/74, WM 1976, 498; Urteil vom 12. Februar 1979 - II ZR 177/77, WM 1979, 548). Erste Voraussetzung für das Zustandekommen eines Auskunftsvertrages ist danach, daß Dr. R. erkennen konnte, H. erwarte von ihm in diesem Augenblick eine verbindliche Auskunft über die Kreditwürdigkeit von Dr. K., von deren Inhalt die Gemeinschuldnerin ihr weiteres Verhalten abhängig machen werde. Davon kann nach dem vorgetragenen und festgestellten Sachverhalt nicht ausgegangen werden:
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aa) Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung vorgetragen, es sei absolut unüblich, daß sich die beteiligten Banken über den abzulösenden Kunden eine erschöpfende Beurteilung geben und hiervon ihre Entscheidung abhängig machen. Der Kläger hat dem nicht widersprochen. Zu diesem Punkt hat der Zeuge H. bei seiner Vernehmung im ersten Rechtszuge ausgesagt, bei einer Kreditablösung pflege man normalerweise schon in irgendeiner Weise eine Auskunft des bisherigen Kreditgebers einzuholen, wenn auch vielleicht über eine dritte Bank.
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bb) Nach der Feststellung des Berufungsgerichts hat der Zeuge H. Dr. R. nicht direkt um eine Auskunft ersucht, sondern zunächst geäußert, Dr. K. werde in Bankkreisen unterschiedlich beurteilt, und dann gefragt, ob die Beklagte weiterhin Dr. K. einen ungesicherten Restkredit geben wolle. Damit wollte er Dr. R. zu einer Stellungnahme veranlassen.
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Als das Gespräch stattfand, war die Abwicklung des Überweisungsauftrags fast beendet. Die Beklagte war von Dr. K. bereits einen Monat zuvor davon unterrichtet worden, daß er eine "definitive" Kreditzusage der Gemeinschuldnerin habe. Sie konnte nicht wissen, seit wann die Gemeinschuldnerin mit Dr. K. verhandelte und was sie bisher geprüft hatte. Insbesondere hatte sie keine Anhaltspunkte für die Annahme, ein Kreditvertrag mit Dr. K. sei trotz der seit der Überweisung des Ablösungsbetrags vergangenen rund drei Wochen immer noch nicht geschlossen. Die Einzelheiten der Kreditablösung lagen fest; alle verlangten Sicherheiten waren inzwischen auf die Gemeinschuldnerin übergegangen. Offen war lediglich der Verkauf der Wertpapiere zur Rückführung der bei der Beklagten verbleibenden Restschuld sowie die Frage, unter welchen Bedingungen die Beklagte für Dr. K. eine Kreditlinie weiter offenhalten durfte. Damit, daß in diesem späten Stadium die Gemeinschuldnerin die Entscheidung über die Kreditbewilligung von der Beurteilung der Kreditwürdigkeit Dr. K.'s durch ihre Konkurrentin abhängig machen wollte, brauchte Dr. R. deshalb ohne ausdrücklichen Hinweis nicht zu rechnen.
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cc) Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Beklagte aus der Sicht beider Vertragsparteien angesichts der 28 Bankverbindungen des Dr. K. nicht die einzige und als an der Schuldablösung interessierte auch nicht die zuverlässigste Erkenntnisquelle sein konnte. Auch aus dieser Sicht lag es für Dr. R. keineswegs nahe, daß die eher beiläufige Bemerkung des Zeugen H. die Aufforderung zu einer entscheidungserheblichen Auskunft über die Kreditwürdigkeit des Dr. K. darstellen sollte.
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Alle diese Umstände sprechen gegen die mangels umfassender Würdigung des Sachverhalts verfahrensfehlerhaft getroffene Feststellung des Berufungsgerichts, es sei für Dr. R. erkennbar gewesen, daß Frage und Antwort von geschäftspolitischer Bedeutung waren. Da von den Parteien in diesem Punkt weiterer Sachvortrag nicht zu erwarten ist, ist eine tragfähige Tatsachengrundlage für die Annahme eines stillschweigenden Auskunftsvertrags nicht gegeben.
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c) Schließlich steht auch eine andere Erwägung einem Schadensersatzanspruch der Gemeinschuldnerin wegen Verletzung eines Auskunftsvertrages entgegen:
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Nach der Feststellung des Berufungsgerichts hat Dr. R. über die erwähnten Äußerungen hinaus bei dem Telefongespräch noch erklärt, Dr. K. habe öfters hart angefaßt werden müssen. Außerdem hat Dr. R. dem Zeugen H. ein Gespräch über Dr. K. angeboten, weil es über diesen viel zu sagen gäbe. H., der nach seinen Bekundungen vor dem Berufungsgericht damals bereits wußte, daß ein anderes Kreditinstitut aus "erzieherischen Gründen" einen von Dr. K. ausgestellten Scheck über 100.000 DM nicht eingelöst hatte, hat sich weder erklären lassen, was Dr. R. unter "hart anfassen" verstand, noch hat er von dem Gesprächsangebot Gebrauch gemacht. Unter diesen Umständen war es sein Risiko, wenn er seine Entscheidung von der Beurteilung des Dr. K. durch Dr. R. abhängig gemacht haben sollte. Die Antwort von Dr. R. war erkennbar unvollständig, sonst hätte es des Angebots einer persönlichen Unterredung nicht bedurft. Wer sich mit einer in dieser Weise erkennbar unvollständigen Auskunft begnügt, muß die Folgen einer darauf aufgebauten Fehlentscheidung selbst tragen. Daß bei dem angebotenen Gespräch nicht weitere Erkenntnisse zutage getreten wären, die zu einer anderen Entscheidung der Gemeinschuldnerin geführt hätten, muß der Kläger darlegen und beweisen. Die Ansicht des Berufungsgerichts, dies sei wegen der günstigen Beurteilung des Dr. K. durch Dr. R. nicht zu erwarten gewesen, entbehrt der tatsächlichen Grundlage. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Gemeinschuldnerin aufgrund von bei diesem Gespräch mitgeteilten Tatsachen die Kreditwürdigkeit von Dr. K. anders - und zwar negativer - beurteilt hätte als Dr. R..
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II. Das Berufungsgericht hat eine weitere Vertragsverletzung in der nach seiner Auffassung unrichtigen Mitteilung der Beklagten an die Gemeinschuldnerin im Schreiben vom 18. August 1983 gesehen, der "Treuhandauftrag" sei erfüllt. Die Vertragsparteien hätten zuletzt vereinbart, daß die Beklagte Dr. K. nur noch für einen ungesicherten Restkredit von unter 1 Mio. DM zur Verfügung stehen dürfe, während tatsächlich eine Schuld des Dr. K. von 1.320.018,64 DM verblieben sei. Auch insoweit kann dem Berufungsgericht nicht gefolgt werden.
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Die Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten in diesem Punkt ist rechtsfehlerhaft. Die Gemeinschuldnerin hat im Schreiben vom 12. Juli 1983 zur Bedingung ihrer Kreditablösung gemacht, daß der gesamte Kredit von Dr. K. bei der Beklagten getilgt werde. Diese Bedingung hat die Gemeinschuldnerin in ihren Schreiben vom 18. Juli und 1. August 1983 ausdrücklich fallengelassen und sich mit der Aufrechterhaltung der praxisbezogenen Kontoverbindung unter Belassung einer unbesicherten Kreditlinie - ohne betragsmäßige Begrenzung - einverstanden erklärt. Allerdings hat Dr. R. in dem Telefongespräch vom 4. August 1983 den Restkredit mit 500.000 bis 600.000 DM beziffert und in dem Schreiben vom 4. August 1983 unter Bezugnahme auf das Ferngespräch mitgeteilt, die Beklagte stehe nach der Verwertung des Effektendepots Dr. K. nur noch mit einem Kredit von unter 1 Mio. DM für seine Praxis zur Verfügung. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts liegt darin keine rechtsgeschäftlich verbindliche Festlegung dieses Betrages. Das Berufungsgericht hat bei seiner Auslegung nicht berücksichtigt, daß es hierbei um den durch das Wertpapierdepot nicht gedeckten Restkredit der Beklagten an Dr. K. geht. Zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin wurde nie erörtert, und letztere hat dies auch nie verlangt, daß die Beklagte Dr. K. einen Teil des Restkredits erlassen solle. Daraus erhellt, daß die in diesem Zusammenhang angegebenen Summen ungefähre Angaben über die Höhe des verbleibenden Schuldsaldos waren, dessen endgültiger Stand noch offen war, weil die Wertpapiere noch nicht verwertet worden waren.
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Der Senat kann auch in diesem Punkt die vertraglichen Vereinbarungen selbst auslegen, weil er an die fehlerhafte Auslegung des Berufungsgerichts nicht gebunden ist und weiterer Sachvortrag hierzu nicht zu erwarten ist. Demnach war auch die letzte Bedingung für die Ausführung des Überweisungsauftrages erfüllt, weil die Beklagte Dr. K. nur noch mit dem ungesicherten Restkredit zur Verfügung stand.
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Nach allem ist die Klage unbegründet. Daher war das angefochtene Urteil aufzuheben und das landgerichtliche Urteil wieder herzustellen.
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