Wirksamkeit von Schieds- und Rechtswahlklauseln in Geschäftsbedingungen für ausländische Börsentermingeschäfte gegenüber Börsenausländern
Orientierungssatz
1. Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kundenverträgen, mit denen Streitigkeiten der Parteien aus Börsentermingeschäften (Nebengeschäfte zu erlaubten, inoffiziellen ausländischen Börsentermingeschäften, die zugleich Differenzgeschäfte im Sinne der BGB §§ 764, 762 sind) dem New Yorker Recht und einem dortigen Schiedsgericht unterstellt werden mit der Folge, daß Termin- und Differenzeinwand nicht beachtet werden, sind zwar grundsätzlich nicht wirksam. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Kunde als sogenannter Börsenausländer (Wohnsitz in Italien zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses) börsentermingeschäftsfähig ist und daher den Termineinwand und auch den Differenzeinwand - der nicht mehr zum deutschen ordre public gehört - nicht geltend machen kann.



vorgehend LG München I, 16. August 1990, 30 O 56618/87

Gründe
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg. Es kann dahinstehen, ob für den Kläger ein inländischer Gerichtsstand gegeben ist. Die Unzulässigkeit der Klage folgt jedenfalls aus der von der Beklagten erhobenen Einrede des Schiedsvertrages (§ 1027 a ZPO), auf die das angefochtene Urteil sich hilfsweise stützt. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Wirksamkeit der im Kundenvertrag der Parteien vom 13. Dezember 1985 enthaltenen Schieds- und Rechtswahlklausel bejaht, hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
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1. Die von der Revision beanstandeten Klauseln, mit denen Streitigkeiten der Parteien aus Börsentermingeschäften dem New Yorker Recht und einem dortigen Schiedsgericht unterstellt werden, sind weder nach den Bestimmungen des bis zum 31. Juli 1989 geltenden, im vorliegenden Fall maßgeblichen Börsenrechts (§§ 61, 53 Börsengesetz a.F.) noch wegen Verstoßes gegen § 10 Nr. 8 AGBG a.F. oder den deutschen ordre public unwirksam. Revisionsrechtlich ist davon auszugehen, daß es sich bei den hier fraglichen Geschäften um Nebengeschäfte zu erlaubten, inoffiziellen ausländischen Börsentermingeschäften handelte, die zugleich Differenzgeschäfte im Sinne der §§ 764, 762 BGB waren. Zwar hat der Bundesgerichtshof Schiedsklauseln in Verträgen über derartige Geschäfte an Auslandsbörsen, die in Verbindung mit einer Rechtswahlklausel zur Folge gehabt hätten, daß - wie im Falle der Vereinbarung New Yorker Rechts - Termin- und Differenzeinwand nicht beachtet werden, nicht anerkannt (vgl. Urteil vom 15. Juni 1987 - II ZR 124/86 - WM 1987, 1153, 1154; Urteil vom 21. September 1987 - II ZR 41/87 - WM 1987, 1353, 1354). Dies verhilft der Revision jedoch nicht zum Erfolg, denn der Kläger war, da er zur Zeit des Geschäftsabschlusses seinen Wohnsitz nach eigenem Vorbringen in Italien hatte, als sogenannter Börsenausländer gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 Börsengesetz a.F. börsentermingeschäftsfähig und kann daher den Termineinwand nicht geltend machen (vgl. auch Senatsbeschluß vom 22. September 1992 - XI ZR 3/92 - WM 1992, 1974). Angesichts dessen ist dem Kläger auch die Berufung auf den Differenzeinwand verwehrt. Der erkennende Senat hat in seinem zur Anerkennung eines ausländischen Schiedsspruchs ergangenen Urteil vom 26. Februar 1991 (XI ZR 349/89 - WM 1991, 576, 577) entschieden, daß der Differenzeinwand gegenüber Börsentermingeschäften zwischen börsentermingeschäftsfähigen Partnern im Hinblick auf die entsprechende Regelung der Börsengesetznovelle 1989 (§ 58 Börsengesetz n.F.) nicht mehr zum deutschen ordre public gehört. Dieser Grundsatz muß auch in der Einredesituation gelten.
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Vor diesem Hintergrund kann der Rechtswahlklausel auch nicht gemäß § 10 Nr. 8 AGBG a.F. die Anerkennung versagt werden. Da eine Umgehung des Termin- und Differenzeinwandes nicht in Betracht kommt, ist ein anerkennenswertes Interesse der Beklagten an der Vereinbarung New Yorker Rechts schon deshalb zu bejahen, weil sie ihre geschäftliche Tätigkeit schwerpunktmäßig am Ort ihres New Yorker Sitzes ausübt und daher eine hinreichende Auslandsbeziehung besteht (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 5. Aufl. § 10 Nr. 8 Rdn. 8 und 7. Aufl. Anh. §§ 9 - 11 Rdn. 579).
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2. Infolge der wirksamen Vereinbarung des New Yorker Rechts ist die Schiedsklausel auch nicht wegen Verstoßes gegen die Formvorschriften des § 1027 Abs. 1 ZPO unwirksam. Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht entscheidend darauf an, ob die Formerfordernisse des Art. II Abs. 2 des New Yorker (UN) Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (UNÜ) gewahrt sind. Eine Art. II Abs. 2 UNÜ nicht genügende Schiedsklausel ist nicht schlechthin ungültig, sondern löst lediglich keine Anerkennungspflichtigkeit nach dem UNÜ aus. Ihre Wirksamkeit bestimmt sich in diesem Fall insgesamt nach dem anwendbaren Recht (vgl. Lindacher FS Habscheid S. 167, 169; Meyer, Handbuch der Schiedsgerichtsbarkeit Rdn. 530; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit 4. Aufl. S. 385 Rdn. 12). Dieses ist hier - als vertraglich vereinbartes Geschäftsstatut (Art. 11 Abs. 1 EGBGB a.F.) - das New Yorker Recht, dessen Formvorschriften (§ 7501 CPLR) das Berufungsgericht, für den Senat sachlich nicht nachprüfbar (§§ 549, 562 ZPO), als erfüllt angesehen hat. Einen Verstoß gegen § 293 ZPO rügt die Revision nicht.
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