Vorvertragliche Aufklärungspflicht des Börsenterminoptionsvermittlers; Aktivlegitimation von Inkassounternehmen zur gerichtlichen Geltendmachung käuflich erworbener Forderungen
Leitsatz
1. Terminoptionsvermittler haben optionsunerfahrene Kunden unmißverständlich, schriftlich und in auffälliger Form darauf hinzuweisen, daß Aufschläge auf die Börsenoptionsprämie das Chancen-Risiko-Verhältnis aus dem Gleichgewicht bringen und dazu führen, daß die verbliebene, bei höheren Aufschlägen geringe Chance, insgesamt einen Gewinn zu erzielen, mit jedem Optionsgeschäft abnimmt.
2. Inkassounternehmen sind befugt, Forderungen, die sie mit Erlaubnis der zuständigen Stelle zur Einziehung auf eigene Rechnung käuflich erworben haben, unter Einschaltung eines Rechtsanwalts gerichtlich geltend zu machen.
Orientierungssatz
Zitierung zu Leitsatz 1: Vergleiche BGH, 1993-11-16, XI ZR 214/92, WM IV 1994, 149.
















vorgehend LG Wuppertal, 12. Mai 1992, 1 O 446/91
Vergleiche LG Düsseldorf 5. Zivilkammer, 28. Januar 2008, 5 O 434/06
Vergleiche LG Düsseldorf 5. Zivilkammer, 28. Januar 2008, 5 O 482/06
Anschluß OLG Köln 2. Zivilsenat, 22. Dezember 2000, 2 W 165/00
Festhaltung BGH 11. Zivilsenat, 24. Oktober 2000, XI ZR 273/99
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Pfeiffer, LM BGB § 276 (Fb) Nr 72 (5/1994) (Anmerkung)


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Tatbestand
- 1
Die Klägerin, ein Inkassoinstitut, nimmt aus abgetretenem Recht den Beklagten auf Schadensersatz für Verluste aus Waren- und Devisenterminoptionsgeschäften an amerikanischen Börsen in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
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Die inzwischen in Konkurs gefallene C. GmbH (C.), deren Geschäftsführer der Beklagte ist, vermittelte gewerbsmäßig Börsenterminoptionsgeschäfte. Aufgrund einer Zeitungsanzeige der C. bat der Schlosser H. um Übersendung von Informationsmaterial. Nach mehreren unerbetenen Anrufen von Telefonverkäufern der C. erteilte H. in der Zeit von August bis Oktober 1989 drei Aufträge zum Kauf von Optionen und unterzeichnete eine "Auftragserteilung" mit "Risikobelehrung" und der Erklärung, Informationsmaterial über das Optionsgeschäft durchgelesen und verstanden zu haben. Für ihre Tätigkeit berechnete die C. eine Vergütung in Höhe von 39,9% des von H. gezahlten Gesamtbetrages über 60.800 DM.
- 3
Die drei Optionsgeschäfte endeten für H. mit einem Verlust von insgesamt 44.912,54 DM.
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Diesen Betrag zuzüglich Zinsen sowie Kosten in Höhe von 15.196,62 DM aus mehreren vorangegangenen gerichtlichen Verfahren verlangt die Klägerin ersetzt. Sie behauptet: H. habe die Klageforderung an sie verkauft und abgetreten. Die erforderliche Erlaubnis zum geschäftsmäßigen Erwerb von Forderungen zum Zwecke der Einziehung auf eigene Rechnung sei erteilt. H. sei über Optionsgeschäfte nicht gehörig aufgeklärt worden. Eine Informationsbroschüre der C. habe er nicht erhalten.
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Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Senat hat die Revision der Klägerin nur insoweit angenommen, als sie sich gegen die Abweisung der Klage in Höhe von 44.912,54 DM zuzüglich Zinsen richtet. In diesem Umfang verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist, soweit sie angenommen worden ist, begründet; sie führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
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Das Berufungsgericht hat die Frage der Rechtswirksamkeit des behaupteten Forderungskaufs offengelassen und das klageabweisende Urteil des Landgerichts mit der Begründung bestätigt, dem Verkäufer H. habe ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten nicht zugestanden. Dazu hat es im wesentlichen ausgeführt:
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Den Haftungstatbestand des § 826 BGB verwirkliche der Geschäftsführer einer GmbH, die Terminoptionen vermittele und dafür hohe Provisionen verlange, nur, wenn er veranlasse oder bewußt nicht verhindere, daß die Gesellschaft aufklärungsbedürftige Optionserwerber über die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Risiken von Optionsgeschäften nicht informiere. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor, weil die Broschüre der C. die erforderlichen Informationen über Optionsgeschäfte enthalte und die Klägerin nicht vorgetragen habe, daß der Beklagte den Zugang der Broschüre bewußt vereitelt habe. Die durch den Aufschlag auf die Börsenoptionsprämie hervorgerufene besondere Risikolage werde einem unbefangenen, mit den Zusammenhängen von Optionsgeschäften nicht vertrauten Leser sehr deutlich vor Augen geführt. Die warnenden Hinweise würden weder durch die Gestaltung und Aufmachung noch durch die werbenden Ausführungen auf Seite 1 der Informationsbroschüre entwertet. Eine etwaige Unerfahrenheit des Optionserwerbers H. sei durch die Broschüre sowie die gesonderte "Risikobelehrung" beseitigt worden mit der Folge, daß auch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 89 BörsG nicht gegeben sei.
II.
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Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand; die Informationsbroschüre klärt ebenso wie die "Risikobelehrung" nicht hinreichend über die spezifischen Gefahren der von der C. vermittelten Optionsgeschäfte auf.
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1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Geschäftsführer einer Optionsvermittlungs-GmbH, die hohe Provisionen verlangt, für deren Geschäftsgebaren verantwortlich und hat dafür Sorge zu tragen, daß die GmbH die in die Einzelheiten der Geschäftsabwicklung nicht eingeweihten Kunden über die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Risiken der vermittelten Optionsgeschäfte schriftlich aufklärt. Ein Geschäftsführer, der Optionsgeschäfte ohne gehörige Aufklärung der Kunden abschließt, den Abschluß veranlaßt oder bewußt nicht verhindert, mißbraucht seine geschäftliche Überlegenheit in sittenwidriger Weise und haftet den Optionserwerbern deshalb gemäß § 826 BGB auf Schadensersatz (BGHZ 105, 108, 109 f.; BGH, Urteil vom 11. Januar 1988 - II ZR 134/87, WM 1988, 291, 292; Senatsurteile vom 13. Oktober 1992 - XI ZR 30/92, WM 1992, 1935 f. und vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, WM 1994, 149, 152, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
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2. Nicht gefolgt werden kann dagegen der Ansicht des Berufungsgerichts, die gesonderte "Risikobelehrung" und die Broschüre der C. enthielten alle zur Aufklärung der Optionserwerber erforderlichen Informationen.
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der das Berufungsgericht ausgegangen ist, sind gewerbliche Vermittler von Terminoptionen verpflichtet, vor Vertragsschluß ungefragt über die wesentlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Risiken von Optionsgeschäften schriftlich aufzuklären. Den Kaufinteressenten müssen die Kenntnisse vermittelt werden, die sie in die Lage versetzen, den Umfang des ihnen aufgebürdeten Verlustrisikos und die durch die Höhe der Vermittlungsprämie eingetretene Verringerung ihrer Gewinnchancen zutreffend einzuschätzen. Dazu bedarf es insbesondere eines Hinweises darauf, daß jeder Aufschlag auf die Börsenoptionsprämie die Gewinnerwartung verschlechtert, weil ein höherer Kursausschlag als der vom Börsenfachhandel als realistisch angesehene notwendig ist, um in die Gewinnzone zu kommen, ein Aufschlag also nicht nur zu einem höheren Preis für dasselbe Objekt führt, sondern das Verhältnis von Chancen und Risiken aus dem Gleichgewicht bringt (vgl. BGHZ 105, 108, 110; BGH, Urteil vom 11. Januar 1988 - II ZR 134/87, WM 1988, 291, 293; BGH, Urteil vom 6. Juni 1991 - III ZR 116/90, WM 1991, 1410, 1411; Senatsurteil vom 13. Oktober 1992 - XI ZR 30/92, WM 1992, 1935, 1936). Ferner ist unmißverständlich und in auch für flüchtige Leser auffälliger Form darzulegen, daß höhere Vermittlungsprovisionen zu einer weitgehenden Ausgrenzung der Gewinnchance des Kunden führen und die geringe Wahrscheinlichkeit, insgesamt einen Gewinn zu erzielen, mit jedem Optionsgeschäft abnimmt. Die Aussagekraft dieses Hinweises darf weder durch Beschönigungen noch durch Werbeaussagen noch auf andere Weise beeinträchtigt werden (Senatsurteil vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, WM 1994, 149, 150, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
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b) Diesen strengen Anforderungen an die Aufklärung des Optionskäufers H. genügen die Informationsbroschüre der C. und die in der "Auftragserteilung" enthaltene "Risikobelehrung", wie die Revision gestützt auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6. Juni 1991 - III ZR 116/90 (ZIP 1991, 1207 ff. = WM 1991, 1410 ff.) mit Recht rügt, bei weitem nicht.
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Die Broschüre informiert über die Auswirkungen der von der C. verlangten Vermittlungsprovision in Höhe von mehr als 66% der Börsenoptionsprämie nur unzureichend. Zwar wird unter der irreführenden Überschrift "Um unsere Kunden optimal betreuen zu können, erheben wir folgende Kosten" auf den Seiten 6 und 7 der Broschüre darauf hingewiesen, daß jeder Aufschlag auf die Optionsprämie die Gewinnerwartung verschlechtere, "weil ein höherer Kursaufschlag erforderlich ist, als er vom Börsenfachhandel eingeschätzt wird, um in die Gewinnzone zu gelangen". Auch wird gesagt, daß es sich bei dem Aufschlag "nicht um einen höheren Preis für dasselbe Objekt" handelt, sondern "das Verhältnis von Chance und Risiko entscheidend zu Ungunsten des Anlegers" verändert wird. Ferner wird unter der bereits erwähnten Überschrift mitgeteilt: "Der Preis der erworbenen Option muß um ca. 66% mehr steigen, bis der Kunde seine gesamten Kosten für den Erwerb der Option gedeckt hat. ... Die Chancen, dieses Ziel zu erreichen, sind gering, die Risiken dagegen erdrückend. Wer Geld ins Termingeschäft einsetzt, tätigt keine Kapitalanlage im herkömmlichen Sinne, sondern macht ein Wettgeschäft, spielt lediglich Roulette oder Lotto und sollte es abschreiben. Die Wahrscheinlichkeit, daß er verliert, ist sehr groß, da die meisten Spekulanten verlieren". Es fehlt aber der erforderliche unmißverständliche Hinweis, daß die Wahrscheinlichkeit, trotz der Abschöpfung von ca. 40% aller Einsätze durch die C. insgesamt einen Gewinn zu erzielen, mit jedem Optionsgeschäft abnimmt und insbesondere Kunden, die mehrere verschiedene Optionsgeschäfte abschließen, im Ergebnis praktisch chancenlos sind (vgl. Senatsurteil vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, WM 1994, 149, 151, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Vielmehr wird sogar der gegenteilige falsche Eindruck erweckt, eine auf längere Zeit angelegte Spekulation mit Optionen werde schließlich erfolgreich sein. Anders kann der unbefangene Leser die Sätze
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"Jeder Spekulant muß das Risiko des Verlustes - seines Einsatzes - im Interesse einer Vervielfachung seines Einsatzes einkalkulieren. Wer jedoch die Fähigkeit besitzt, schnell zu handeln und Durchhaltevermögen hat, der wird auch im Rohstoff-Termingeschäft schließlich Erfolge haben, auch dann, wenn es keine todsicheren Rezepte gibt."
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nicht verstehen. Das wird vom Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen und vom Oberlandesgericht Hamm (WM 1992, 1145, 1147) verkannt.
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Hinzu kommt wesentlich, daß die warnende Wirkung der wiedergegebenen Hinweise durch vorangegangene Aussagen und durch die Gestaltung der Broschüre erheblich abgeschwächt wird. Auf der ersten Broschürenseite, die erfahrungsgemäß das gesteigerte Interesse der Leser findet und den besonders wichtigen ersten Eindruck vermittelt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1991 - III ZR 116/90, WM 1991, 1410, 1411), präsentiert sich die C. als ein seriöses "Handelshaus" mit einem "Mitarbeiterstab, der sich sowohl in konservativen, als auch in progressiv spekulativen Finanztransaktionen ... auskennt und darüberhinaus genügend Fingerspitzengefühl für machbare Geschäfte entwickelt hat". Unter Hinweis auf ihre "perfekte Organisation", "modernste Kommunikationsmittel" und vorteilhafte Kontakte empfiehlt sie sich als "ein Partner, der informiert, qualifiziert und engagiert für die Interessen seiner Kunden eintritt" und "durch vernünftige Kalkulation das Preis-Leistungsverhältnis bestimmt". Diese Selbstdarstellung bewirkt, daß der Kunde, auch wenn er sich ihres werbenden Charakters bewußt ist, den nachfolgenden Broschüreninhalt mit den Augen desjenigen liest, der annimmt, es mit einem vertrauenswürdigen Partner zu tun zu haben, dessen Dienste auch unter Berücksichtigung der verlangten Vergütung so wertvoll sind, daß sie die Erzielung von Spekulationsgewinnen begünstigen. In dieser Sicht bestärken den Kunden die Ausführungen auf Seite 6 der Broschüre: "Guter Service ist teuer. Billiger Service kann gerade in diesem Geschäft jedoch viel teurer werden. ... Der Aufschlag unseres Hauses beträgt ca. 40% der Gesamtprämie, ... Wer die Börse kennt, der weiß, wie wertvoll der richtige Service ist, weiß auch, daß Prozentzahlen in diesem Zusammenhang nicht allein ausschlaggebend sind". Diese Aussage verschleiert die Wirkung des Aufschlags und beugt der Erkenntnis des Kunden vor, daß wegen des Aufschlags ein Gewinn kaum zu erwarten ist. Auf diese Weise wird erreicht, daß die warnende Wirkung der oben wiedergegebenen Hinweise in erheblichem Umfang nicht zur Geltung kommt. Der Zweck der Aufklärungspflicht der C., den Optionserwerber H. in die Lage zu versetzen, die sehr hohen Risiken und die geringen Gewinnchancen gerade der angebotenen Optionsgeschäfte zu erkennen und richtig einzuschätzen, wird durch die Broschüre deshalb verfehlt.
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Entsprechendes gilt für die in der "Auftragserteilung" enthaltene gesonderte "Risikobelehrung". Die darin aufgenommenen warnenden Hinweise bleiben durchweg hinter denen der Broschüre zurück. Es wird zwar darauf hingewiesen, daß "der Aufschlag auf die Börsenoptionsprämie oder Börsenkosten einen wesentlichen Risikofaktor darstellt" und die "Grundlagen des Optionsgeschäfts und damit die Gewinnchance" entscheidend verändert. Es fehlt aber der unentbehrliche Hinweis, daß der verlangte Aufschlag von mehr als 66% auf die Börsenoptionsprämie zu einer weitgehenden Ausgrenzung der Gewinnchance des Kunden bei den angebotenen Geschäften führt und die geringe Wahrscheinlichkeit, insgesamt einen Gewinn zu erzielen, mit jedem Optionsgeschäft abnimmt.
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3. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe nicht vorgetragen, daß der Beklagte den bestrittenen Zugang der Informationsbroschüre bewußt vereitelt habe, trägt die Abweisung der Schadensersatzklage allein nicht. Wie bereits dargelegt, hatte der Beklagte als Geschäftsführer der C. für die gehörige Aufklärung der Kunden vor Abschluß der vermittelten Optionsgeschäfte Sorge zu tragen. Dieser Pflicht ist er nicht nachgekommen. Die Broschüre, auf deren Inhalt und Gestaltung der Beklagte entscheidenden Einfluß hatte, genügt den zu stellenden Anforderungen nicht. Daß H. die Optionen bei gehöriger Aufklärung nicht erworben hätte, wird vermutet (BGH, Urteil vom 28. November 1983 - II ZR 72/83, WM 1984, 221, 222; BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 - II ZR 199/83, WM 1984, 960, 961; Senatsurteil vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, WM 1994, 149, 153, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Auf die Frage, ob er die Broschüre erhalten oder der Beklagte den Zugang vereitelt hat, kommt es nicht an (vgl. Senatsurteil vom 13. Oktober 1992 - XI ZR 30/92, WM 1992, 1935, 1937).
III.
- 21
1. Das Berufungsgericht hat die Frage der Rechtswirksamkeit des bestrittenen Forderungskaufs offengelassen. Für die Revisionsinstanz ist deshalb von dem unter Beweis gestellten Vorbringen der Klägerin auszugehen: H. habe im Juli 1991 die Klageforderung an sie verkauft und abgetreten. Die nach § 1 Abs. 1 der 5. Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) erforderliche Erlaubnis zum geschäftsmäßigen Erwerb von Forderungen zum Zwecke der Einziehung auf eigene Rechnung sei ihr vom Präsidenten des Amtsgerichts Frankfurt am Main erteilt worden.
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2. Auf der Grundlage dieses Vorbringens bestehen weder gegen die Prozeßführungsbefugnis noch gegen die Aktivlegitimation der Klägerin durchgreifende Bedenken. Insbesondere verstößt die Abtretung der Klageforderung nicht gegen § 134 BGB i.V. mit Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG (vgl. BGHZ 47, 364, 369; BAG NJW 1993, 2701, 2703; Rennen/Caliebe, RBerG 2. Aufl. § 1 5. AVO RBerG Rdn. 17).
- 23
Als Vollrechtsinhaberin ohne treuhänderische Innenbindung ist die Klägerin auch zur gerichtlichen Geltendmachung der erworbenen Forderung befugt. Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit Satz 2 Nr. 5 RBerG, wonach Inkassounternehmern nur die Erlaubnis für die außergerichtliche Einziehung von Forderungen erteilt wird, steht nicht entgegen. Ob diese Vorschrift Inkassounternehmen überhaupt verbietet, zur Einziehung für fremde Rechnung abgetretene Forderungen mit Hilfe eines beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen (verneinend: KG MDR 1990, 830; OLG Hamm MDR 1992, 1187; Rennen/Caliebe, RBerG 2. Aufl. Art. 1 § 1 Rdn. 84 f.; Lehmann ZIP 1989, 351, 355 f.; Behr BB 1990, 795, 799 f.; Caliebe NJW 1991, 1721, 1723; Klinger NJW 1993, 3165, 3166 ff.; a.A. OLG Nürnberg NJW-RR 1990, 1261; OLG Köln NJW-RR 1991, 1396, 1397; Altenhoff/Busch/Chemnitz, RBerG 10. Aufl. Art. 1 § 1 Rdn. 258; s. auch BVerwG NJW 1991, 58 f.), bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls an der gerichtlichen Verfolgung einer mit Erlaubnis der zuständigen Stelle zur Einziehung auf eigene Rechnung käuflich erworbenen Forderung unter Einschaltung eines Rechtsanwalts ist ein Inkassoinstitut nicht gehindert. Die gegenteilige Auslegung des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 RBerG würde die Erlaubnis zum geschäftsmäßigen Forderungserwerb weitgehend bedeutungslos machen und zu einer verdeckten Schuldbefreiung führen, weil die Forderung mit der Abtretung für das Inkassounternehmen unklagbar würde (vgl. Behr aaO S. 800). Eine so weitreichende - schon aus verfassungsrechtlichen Gründen bedenkliche - Einschränkung der Rechtsposition von Inkassounternehmen ist durch die Regelungszwecke des Rechtsberatungsgesetzes (vgl. dazu Rennen/Caliebe, RBerG 2. Aufl. Art. 1 § 1 Rdn. 85) nicht gedeckt. Schutzwürdige Belange der Allgemeinheit, der Rechtspflege und der Rechtsanwaltschaft werden nicht beeinträchtigt, wenn ein Inkassoinstitut eine mit Erlaubnis käuflich erworbene Forderung mit Hilfe eines Rechtsanwalts gerichtlich geltend macht.
IV.
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Das Berufungsurteil war daher, soweit es noch angefochten ist, aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mangels Feststellungen zur Aktivlegitimation der Klägerin und zum Schädigungsvorsatz des Beklagten gemäß § 826 BGB konnte der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden. Bei der Prüfung des Vorsatzes des Beklagten wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß die Aufklärungsbroschüre darauf angelegt ist, die darin enthaltenen warnenden Hinweise in erheblichem Umfang zu relativieren, und ein Irrtum des Beklagten über die Reichweite der Aufklärungspflicht, wie er in der Klageerwiderung geltend gemacht worden ist, vorsätzliches Handeln nicht ohne weiteres ausschließt (BGH, Beschluß vom 19. September 1983 - II ZR 248/82, WM 1983, 1235; Senatsurteil vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, WM 1994, 149, 153, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
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