Scheck mit der Kontonummer einer GmbH; Ermittlung des Inhalts der Scheckerklärung aufgrund außerhalb der Urkunde liegender Umstände
Orientierungssatz
1. Allein der Umstand, daß ein Scheck mit der Kontonummer der GmbH verwendet worden ist, besagt nichts darüber, wer aus dem Scheck verpflichtet ist. Im Rechtsverkehr wird nicht auf die Kontonummer, sondern auf die Person des Unterzeichners abgestellt (vergleiche BGH, 1975-10-13, II ZR 115/74, NJW 1976, 329).*$ 2. Auch außerhalb der Scheckurkunde liegende Umstände können zur Ermittlung des Inhalts der Scheckerklärung herangezogen werden. Die sonst für die Auslegung einer Scheckurkunde geltenden Einschränkungen kommen im Verhältnis zwischen dem Aussteller und dem ersten Schecknehmer, also den Parteien des Begebungsvertrages nicht in Betracht.

vorgehend LG Köln, 5. Februar 1988, 17 O 435/85
Tatbestand
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Die Kläger nehmen den Beklagten aus einem von ihnen komplettierten Blankoscheck in Anspruch.
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Der Beklagte betrieb unter seinem Namen ein Bauplanungsbüro und war gleichzeitig Geschäftsführer der L. Vermögensverwaltungs-GmbH (GmbH). Die Kläger berieten ihn und die GmbH in rechtlicher und steuerlicher Hinsicht.
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Als der Beklagte in Zahlungsschwierigkeiten kam und die Kläger auf Ausgleich ihrer Ansprüche drängten, übergab er dem Kläger zu 2) einen auf ein Konto der GmbH gezogenen Blankoscheck, den er nur mit seinem Namen unterzeichnet hatte. Die Kläger haben den Scheck mit einem Betrag von 121.164,32 DM vervollständigt, der ihrer Meinung nach der Summe der ihnen noch zustehenden - der Höhe nach streitigen - Forderungsbeträge gegen den Beklagten und die GmbH entspricht.
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Der Beklagte hat sich gegenüber dem geltend gemachten Scheckanspruch u.a. darauf berufen, er habe den Scheck im Namen der GmbH als deren Geschäftsführer ausgestellt. Dem ist das Berufungsgericht nach Beweisaufnahme gefolgt und hat die Klage, soweit über sie durch Teilurteil des Landgerichts entschieden worden war, wegen mangelnder Passivlegitimation für unbegründet gehalten.
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Mit der Revision verfolgen die Kläger ihren in der Berufungsinstanz gestellten Zahlungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.
I.
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Das Berufungsgericht hat die Versagung des geltend gemachten Zahlungsanspruchs damit begründet, daß der Beklagte den Scheck als Geschäftsführer der GmbH unterschrieben habe und dem Kläger zu 2) dieser Umstand bekannt gewesen sei.
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Das ergebe sich zwar nicht daraus, daß der Scheck auf ein Konto der GmbH gezogen sei; jedoch habe die Zeugin Le. bekundet, der Beklagte habe sie in Anwesenheit des Klägers zu 2) ausdrücklich telefonisch aufgefordert, ihm einen "Scheck L." zu bringen. Dieses Ergebnis entspreche auch der objektiven Interessenlage des Klägers zu 2), der ein aktuelles Sicherungsbedürfnis im Verhältnis zur GmbH gehabt habe: Der Kläger zu 2) habe im Hinblick auf ein noch offenes Bauträgerdarlehen der GmbH über 35.000 DM einen Wechsel in derselben Höhe - allerdings zugunsten des Beklagten - akzeptiert und eine Sicherheit gegenüber der GmbH gegen die Inanspruchnahme aus dem Bauträgerdarlehen benötigt, falls der Beklagte abredewidrig den Wechselanspruch gegen ihn geltend machte; denn daraus hätte er keine Rechte gegen die GmbH herleiten können. Eine solche Sicherheit habe er durch den auf die GmbH gezogenen Blankoscheck erhalten.
II.
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Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß allein der Umstand, daß ein Scheck mit der Kontonummer der GmbH verwendet worden ist, nichts darüber besagt, wer aus dem Scheck verpflichtet ist. Im Rechtsverkehr wird nicht auf die Kontonummer, sondern auf die Person des Unterzeichners abgestellt (BGHZ 65, 218, 220).
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Nicht zu beanstanden ist auch, daß das Berufungsgericht außerhalb der Scheckurkunde liegende Umstände zur Ermittlung des Inhalts der Scheckerklärung herangezogen hat; die sonst für die Auslegung einer Scheckurkunde geltenden Einschränkungen (vgl. BGH aaO; für eine Wechselurkunde BGHZ 64, 11, 14 und Urteil vom 29. Januar 1981 - II ZR 73/80 - WM 1981, 375) kommen im Verhältnis zwischen Aussteller und erstem Schecknehmer, also den Parteien des Begebungsvertrages, nicht in Betracht.
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2. Die Revision rügt indessen mit Recht, daß die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung fehlerhaft ist; im übrigen ist unstreitiger Parteivortrag zum Nachteil der Kläger übergangen worden.
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a) Bei seiner Annahme, der Beklagte habe mit Kenntnis des Klägers zu 2) als Geschäftsführer der GmbH gehandelt, ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, der Beklagte habe die Zeugin Le. nach deren Bekundung "ausdrücklich telefonisch aufgefordert", ihm einen "Scheck L." zu bringen.
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Ausweislich des im Berufungsurteil in Bezug genommenen Beweisergebnisses hat die Zeugin Le. eine solche Aussage nicht gemacht. Sie konnte sich nicht an eine Anweisung des Beklagten erinnern und hat gesagt: "Als ich den Scheck zu Herrn K. brachte, hatte ich sicher eine entsprechende Anweisung. Wenn er mir gesagt hat, ich solle einen Scheck des Kontos L. bringen, hätte ich einen solchen gebracht, hätte er mir gesagt, ich solle einen Scheck auf das Konto K. bringen, hätte ich diesen ihm gebracht. Wenn er nichts gesagt hätte, hätte ich rückgefragt."
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Soweit die Zeugin in ihrer Aussage das Wort "sicher" benutzt, meint sie erkennbar, daß sie es gerade nicht mehr genau weiß; das ergibt sich aus den von ihr hinzugefügten Erläuterungen. Danach ist, worauf die Revision hinweist, offen, ob der Beklagte in Gegenwart des Klägers zu 2) am Telefon gesagt hat, ihm solle ein "Scheck L." gebracht werden, oder ob der Beklagte nur einen Scheck angefordert hat und die telefonische Rückfrage der Zeugin, ob sie einen "Scheck L." bringen solle, schlicht mit "ja" beantwortet hat.
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Das Berufungsgericht hat damit die denkgesetzlich gegebene Doppeldeutigkeit der Aussage ohne aus ihrem sonstigen Inhalt abzuleitenden Anlaß verengt und die Bekundung des Klägers zu 2) bei seiner Parteivernehmung in erster Instanz, in seiner Gegenwart sei nicht von einem "Scheck L." gesprochen worden, ohne hinreichenden Grund als unglaubhaft angesehen.
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b) Das Berufungsgericht hat bei der Würdigung der Umstände des Begebungsvertrags wesentliche unstreitige Tatsachen nicht berücksichtigt.
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Die Kläger haben vorgetragen, daß der Beklagte über die Konten der GmbH und der Einzelfirma K. Bauplanung zur Begleichung auch persönlicher Verpflichtungen verfügt, also die Konten beliebig benutzt hat; der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 9. Juni 1988 der Sache nach eingeräumt, daß er bei seinen Verfügungen über das Konto der GmbH nicht nach Anlaß und Verpflichtung differenziert hat (GA 339, 348 ff.).
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Vor diesem Hintergrund hätte selbst die vom Berufungsgericht angenommene ausdrückliche telefonische Anforderung eines "Schecks L." für den Kläger zu 2), der das undifferenzierte Geschäftsgebaren des Beklagten kannte, keineswegs darauf hingedeutet, daß dieser als Geschäftsführer der GmbH handeln wollte.
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c) Soweit sich das Berufungsgericht darüber hinaus zur Stützung seiner Ansicht auf eine objektive Interessenlage und ein Sicherungsbedürfnis des Klägers zu 2) beruft, ist nicht erkennbar, aus welchen von den Parteien vorgetragenen Tatsachen sich ein Anlaß für derartige Erwägungen ergeben soll. Keine der Parteien hat vorgetragen, daß jemals Überlegungen zu den vom Berufungsgericht angesprochenen Gesichtspunkten angestellt worden sind.
III.
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Auf den aufgezeigten Verfahrensfehlern beruht das angefochtene Urteil. Das Berufungsgericht ist damit zu Unrecht von der nicht bewiesenen Feststellung ausgegangen, der Beklagte habe bei der Scheckbegebung im Namen der GmbH gehandelt.
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Der Senat ist an einer abschließenden Entscheidung gehindert, weil tatrichterliche Feststellungen zur umstrittenen Höhe des geltend gemachten Anspruchs noch fehlen. Das angefochtene Urteil mußte deshalb aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden (§ 565 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
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