Zur Pfändbarkeit eines mit dem Namen des Schuldners bezeichneten, diesem nicht zustehenden, Bankkontos
Orientierungssatz
1. Für die Frage, wer Gläubiger eines Bankguthabens ist, ist nicht allein entscheidend, wer in der Kontobezeichnung aufgeführt ist. Maßgebend ist vielmehr, wer bei der Kontoerrichtung als Forderungsberechtigter auftritt oder bezeichnet wird. Unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles ist zu prüfen, wer nach dem erkennbaren Willen des die Einzahlung bewirkenden Gläubiger der Bank werden soll (vergleiche BGH, 1956-06-25, II ZR 270/54, BGHZ 21, 148 und BGH, 1987-10-12, II ZR 98/87, WM IV 1987, 1418).
2. Ist demnach ein Konto auf den Namen des Schuldners eingerichtet worden, mit der Maßgabe, daß der Schuldner über eingezahlte Guthaben nur nach Weisung der einzahlenden Gläubiger verfügen darf, so kann nicht ein dritter Gläubiger das Konto pfänden.







vorgehend LG Düsseldorf, 4. November 1987, 2 O 539/86
Vergleiche Hessisches Finanzgericht 4. Senat, 16. April 1996, 4 K 1982/93


Vergleiche BGH 2. Zivilsenat, 25. Juni 1956, II ZR 270/54
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. Juni 1988 aufgehoben und das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 4. November 1987 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird festgestellt, daß dem Kläger auch über den geltend gemachten Betrag von 51.000 DM hinaus keine Ansprüche aus den Pfändungs- und Einziehungsverfügungen gegen die Beklagte zustehen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten darüber, ob dem klagenden Land aufgrund einer Pfändung Ansprüche auf das Guthaben aus einem bei der beklagten Bank bestehenden Konto zustehen.
- 2
Die Beklagte gewährte der B KG (im folgenden: KG) Kredite, zu deren Sicherung der persönlich haftende Gesellschafter G G an seinem in L gelegenen Anwesen Grundschulden bestellte.
- 3
Als sich die KG in finanziellen Schwierigkeiten befand, schlossen sich die Lieferanten zu einem Pool zusammen, um unter Mitwirkung der Banken die stille Liquidation der Schuldnerin zu erreichen. Durch notariellen Vertrag vom 30. April 1985 verkaufte G G sein Grundstück in L an K und R E. In dem Kaufvertrag heißt es u.a.:
- 4
"Der Kaufpreis beträgt 2.200.000 DM zuzüglich 14 v.H. Mehrwertsteuer von 101 v.H. des Kaufpreises, also 311.080 DM, insgesamt also 2.511.080 - zwei Millionen fünfhundertelftausendundachtzig - Deutsche Mark.
- 5
Ein Teilbetrag in Höhe von 2.200.000 DM ist bis zum 30. Mai 1985 auf das Sperrkonto beim Bankhaus H Kommanditgesellschaft in B, Filiale D, zu zahlen.
- 6
Der Restbetrag in Höhe von 311.080 DM ist bis zum 30. Mai 1985 an das genannte Bankhaus auf das Sperrkonto zu zahlen. ...
- 7
Das genannte Bankhaus wird übereinstimmend unwiderruflich angewiesen, aus dem hinterlegten Kaufpreis die Grundpfandrechte Abteilung III Nummern 1 bis 7 abzulösen und über einen etwaigen Restbetrag nach Weisung des Veräußerers zu verfügen, sobald der Notar ihm bestätigt hat, daß ..." (es folgen drei näher bezeichnete Voraussetzungen).
- 8
Am 1. August 1985 überwies die Kreditabteilung der Sparkasse S im Auftrag der Grundstückskäufer durch Blitzgiro 311.080 DM. Das Überweisungsformular bezeichnet als Empfänger die Beklagte und als "Konto-Nr. des Empfängers" das Konto. Als Verwendungszweck ist angegeben: "MWSt f. Objekt L, O Str. 3/L Str. gem. Kaufvertrag UR-Nr. § 2 Abs. 3 vom 30.4.85/G G /Frau K E u. R E." Die Beklagte schrieb diesen Betrag dem von ihr zuvor ohne Auftrag der KG errichteten Konto gut, das die Bezeichnung "B KG i.L. W/Mehrwertsteuer Kreda II" trägt.
- 9
Das Finanzamt D hatte zuvor wegen Steuerschulden der KG durch Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 12. Juni 1985 (Geschäftszeichen:) alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen der KG gegen die Beklagte unter Hinweis u.a. auf die Kontonummer gepfändet. Am 2. Juni 1986 pfändete das Finanzamt D (Geschäftszeichen:) ferner wegen Umsatzsteuerschulden alle gegenwärtigen und künftigen Ansprüche des Günter G. gegen die Beklagte.
- 10
Das klagende Land ist der Auffassung, daß ihm das gesamte Guthaben auf dem Konto einschließlich der Zinsen zustehe; es hat einen Teilbetrag von 51.000 DM eingeklagt. Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und im Wege der Widerklage die Feststellung verlangt, daß dem klagenden Land auch über den Betrag von 51.000 DM hinaus keine Ansprüche zustehen.
- 11
Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage im wesentlichen stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
- 12
Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage und ihren Feststellungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
- 13
Die Revision der Beklagten ist begründet.
I.
- 14
1. Der nicht näher begründete Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, das klagende Land habe das Kontoguthaben, das der KG zugestanden habe, wirksam gepfändet, hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
- 15
Eine dem Vollstreckungszugriff des klagenden Landes unterliegende Forderung auf Auszahlung des Guthabens stand der KG nicht zu.
- 16
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die KG nicht Inhaberin und Verfügungsberechtigte des von der Beklagten eingerichteten Kontos, auch wenn es ihre Namensbezeichnung trägt. Das Berufungsgericht hat den in diesem Zusammenhang entscheidenden unstreitigen Sachverhalt unzureichend gewürdigt und rechtlich nicht geprüft.
- 17
Für die Frage, wer Gläubiger eines Bankguthabens ist, ist nicht allein entscheidend, wer in der Kontobezeichnung aufgeführt ist. Maßgebend ist vielmehr, wer bei der Kontoerrichtung als Forderungsberechtigter auftritt oder bezeichnet wird. Unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles ist zu prüfen, wer nach dem erkennbaren Willen des die Einzahlung Bewirkenden Gläubiger der Bank werden sollte (vgl. BGHZ 21, 148, 150; BGH, Urteil vom 12. Oktober 1987 - II ZR 98/87, WM 1987, 1418).
- 18
Der streitige Betrag war vom Einzahler weder für die KG bestimmt noch hat die Beklagte ihn auf einem Konto gebucht, das dem Zugriff der KG unterliegt.
- 19
Anlaß für die Kontoerrichtung und die spätere Überweisung war die Vereinbarung der am Grundstückskaufvertrag Beteiligten, wonach die Grundstückskäufer den Kaufpreis an die Beklagte zu zahlen hatten und diese unwiderruflich angewiesen wurde, ihn zur Ablösung der auf dem verkauften Grundstück lastenden Grundpfandrechte zu verwenden und über einen etwaigen Restbetrag unter bestimmten, die Eigentumsumschreibung betreffenden Voraussetzungen nur nach Weisung des Veräußerers (G G) zu verfügen. Eine Zahlung an die KG war nicht vereinbart. Diese war nur insofern berührt, als durch die Zahlung an die Grundschuldgläubiger zugleich ihre gegenüber diesen Gläubigern bestehenden Verbindlichkeiten getilgt wurden.
- 20
Dementsprechend wurde der Kaufpreis an die Beklagte als Zahlungsempfängerin überwiesen. Diese hat in Ausführung der Weisungen im Grundstückskaufvertrag, an dessen Zustandekommen sie beteiligt war und dessen Inhalt sie kannte, ohne Einschaltung der KG durch ihre Rechtsabteilung die Eröffnung des Kontos veranlaßt mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß "Verfügungen nur über Rechtsabteilung/Kreda II" erfolgen dürfen. Sie hat deshalb dem Konto neben dem Namen der Vollstreckungsschuldnerin den Zusatz "Kreda II" angefügt.
- 21
Die Beklagte hat damit ein bankinternes Konto eingerichtet, das ihr ermöglichte, den erteilten Weisungen zu entsprechen. Die Einrichtung von Fremdkonten kam nach den von den Beteiligten im Grundstückskaufvertrag getroffenen Vereinbarungen nicht in Betracht, weil nicht feststand, welche Beträge auf die einzelnen Grundschuldgläubiger entfallen würden und ob nach Ablösung der Grundpfandrechte ein Restbetrag für den Verkäufer verbleiben würde.
- 22
Mithin bestand kein Anspruch der KG gegen die Beklagte auf Auszahlung des Kontoguthabens.
- 23
2. Auch die Pfändung des Klägers vom 2. Juni 1986 wegen der persönlichen Steuerschulden G G ging ins Leere, denn auch er war - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - nicht Inhaber und Verfügungsberechtigter des von der Beklagten eingerichteten Kontos. Da nach Befriedigung der Grundschuldgläubiger kein Restguthaben verbleibt, besteht auch kein Anspruch auf Auszahlung, der der Pfändung hätte unterliegen können.
II.
- 24
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Da die Voraussetzungen des § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO gegeben sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden und auf die Berufung der Beklagten die Klage abweisen und dem Feststellungsantrag stattgeben.
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