Umfang der Aufklärungspflicht über Risiken von Warentermindirektgeschäften vor Vertragsschluß
Leitsatz
1. Vermittler von Warentermindirektgeschäften haben ihre Kunden über die wesentlichen Grundlagen solcher Geschäfte, die wirtschaftlichen Zusammenhänge, die damit vorhandenen Risiken und die Verminderung der Gewinnchancen durch höhere als die üblichen Provisionen ungefragt aufzuklären.
2. Die Aufklärung, die grundsätzlich nur schriftlich erfolgen kann, muß zutreffend, vollständig, gedanklich geordnet und auch von der Gestaltung her geeignet sein, einem unbefangenen, mit Warentermindirektgeschäften nicht vertrauten Leser einen realistischen Eindruck von den Eigenarten und Risiken solcher Geschäfte zu vermitteln.














vorgehend LG Mönchengladbach, 28. Dezember 1990, 3 O 183/90
Vergleiche LG Krefeld 5. Zivilkammer, 28. Februar 2008, 5 O 127/07
Vergleiche OLG Düsseldorf 6. Zivilsenat, 8. Mai 2006, I-6 U 121/04
Anschluss OLG Düsseldorf 15. Zivilsenat, 28. Januar 2004, I-15 U 219/02, ...
So auch OLG Düsseldorf 6. Zivilsenat, 8. Juni 1995, 6 U 147/94
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Tatbestand
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Der Kläger verlangt von der beklagten Anlagenberatung GmbH Ersatz des Schadens, den er bei Warentermindirektgeschäften an US-amerikanischen Börsen erlitten hat.
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Im Februar 1989 riefen Telefonverkäufer der Beklagten den Kläger unaufgefordert an und empfahlen den Abschluß von Warentermindirektgeschäften unter Einschaltung eines Brokers in L. Die Beklagte übersandte dem nicht termingeschäftsfähigen Kläger, der keine Erfahrung mit solchen Geschäften hatte, die Kundenbroschüre des Brokers in deutscher Sprache und bestätigte ihm unter dem 1. März 1989 den Eingang eines Schecks über 10.000 DM zur Weiterleitung an den Broker. Gleichzeitig bat sie um Unterzeichnung und Rücksendung der formularmäßigen "Kundenvereinbarung" mit dem Broker. Der Kläger unterzeichnete diese sowie ein "Risk Disclosure Statement" (Risikoerklärung) in englischer Sprache und sandte beide sowie eine Vollmacht für die Beklagte an sie zurück.
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In der Folgezeit erhielt der Kläger Bestätigungen über mehrere Termindirektgeschäfte sowie monatliche Auszüge über ein auf US-Dollar-Basis geführtes Konto. Dieses wies unter Berücksichtigung eines Disagios von 10% des eingezahlten Kapitals, von Brokerprovisionen in Höhe von 200 US-Dollar pro Geschäft (round turn) sowie von Spekulationsverlusten im Juni 1989 nur noch ein Restguthaben von 185 US-Dollar auf, das der Kläger mit umgerechnet 310,38 DM zurückerhielt.
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Die Differenz von 9.689,62 DM zwischen diesem und dem eingesetzten Betrag zuzüglich Zinsen verlangt der Kläger u.a. mit der Begründung ersetzt, die Beklagte habe ihn über die Risiken von Warentermindirektgeschäften nicht hinreichend aufgeklärt.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
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Das Berufungsgericht hat dem Kläger einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß zuerkannt und dazu im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte sei als Vermittlerin der "Kundenvereinbarung" schon bei der Vertragsanbahnung verpflichtet gewesen, den mit Warentermindirektgeschäften nicht vertrauten Kläger über die wesentlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge und vor allem die Risiken solcher Geschäfte sowie das Verhältnis zu den tatsächlichen Gewinnaussichten umfassend aufzuklären. Eine solche Pflicht des Vermittlers sei von der Rechtsprechung bei Londoner Warenterminoptionsgeschäften entwickelt worden. Eine entsprechende, den besonderen Geschäftsgegebenheiten angepaßte Verpflichtung zu schriftlicher Aufklärung bestehe auch bei der Vermittlung von Warentermindirektgeschäften. Diese Pflicht habe die Beklagte verletzt. Zwar würden in der Kundenbroschüre die wesentlichen Grundlagen und die wirtschaftlichen Zusammenhänge solcher Geschäfte verständlich dargestellt. Das hohe Risiko des Kunden werde aber durch relativierende Hinweise und Rechenbeispiele verharmlost. Durch Herausstellung von technischen Hilfsmitteln und Verbindungen des Brokers werde sogar der falsche Eindruck erweckt, bei Inanspruchnahme seiner sowie der Dienste der Beklagten sei die Gewinnchance größer als die Verlustgefahr. Die unzureichende Aufklärung sei für die Leistung der Einlage und damit den Schaden des Klägers ursächlich geworden. Die insoweit bestehende Kausalitätsvermutung habe die Beklagte nicht widerlegt.
II.
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Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im wesentlichen stand.
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1. Anders als die Revision meint, ist die Anspruchsgrundlage, auf die das Berufungsurteil gestützt ist, nicht zweifelhaft. Das Oberlandesgericht hat dem Kläger einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß, d.h. schuldhafter Verletzung eines vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses zuerkannt. Ein solches Verhältnis ist im Vorfeld des Geschäftsbesorgungsvertrages, den die Parteien nach Feststellung des Berufungsgerichts geschlossen haben, zustande gekommen. Daß Partner der "Kundenvereinbarung" von vornherein nicht die Beklagte, sondern der Broker werden sollte, und daß der Kläger sich in den Vorinstanzen nicht auf einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß, sondern auf einen deliktischen Schadensersatzanspruch berufen hat, macht die Klage entgegen der Ansicht der Revision nicht unschlüssig. Auch von einer Verletzung des Beibringungsgrundsatzes durch das Berufungsgericht kann keine Rede sein. Die Revision läßt bei ihrer Verfahrensrüge außer acht, daß die Gerichte bei der rechtlichen Würdigung des vorgetragenen Sachverhalts an dessen Beurteilung durch eine oder beide Parteien nicht gebunden sind (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1977 - II ZR 153/76, WM 1978, 136).
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2. Aufgrund des vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses war die Beklagte verpflichtet, den Kläger über Warentermindirektgeschäfte ungefragt so umfassend schriftlich zu informieren, daß dieser eine sachgerechte Entscheidung über seine Beteiligung treffen konnte.
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a) Eine solche - weitreichende - Aufklärungspflicht ist für gewerbliche Vermittler von Warenterminoptionen anerkannt (vgl. BGHZ 80, 80, 81 f.; 105, 108, 110 f.; BGH, Urteil vom 11. Januar 1988 - II ZR 134/87, WM 1988, 291, 292 f.; BGH, Urteil vom 6. Juni 1991 - III ZR 116/90, WM 1991, 1410 f.; für Aktien- und Aktienindexoptionen: Senatsurteil vom 27. November 1990 - XI ZR 115/89, WM 1991, 127, 128).
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b) Nach herrschender, auch vom Berufungsgericht vertretener Meinung trifft gewerbliche Vermittler von Warentermindirektgeschäften eine den Gegebenheiten solcher Geschäfte angepaßte entsprechende Pflicht (vgl. OLG Düsseldorf WM 1988, 566, 570; dass. WM 1989, 175, 177; dass. WM 1990, 176, 177 = WM 1990, 846; dass. DB 1990, 475; Werner/Machunsky, Rechte und Ansprüche geschädigter Kapitalanleger 3. Aufl. S. 98; Horn ZIP 1990, 2, 17; Wach EWiR 1990, 893, 894; Tilp DB 1992, 204; a.A. Kümpel WM 1989, 1485, 1492 Fn. 62; Graf EWiR 1989, 877, 878; s. auch LG Frankfurt DB 1992, 203). Dem ist zuzustimmen (vgl. bereits Senatsbeschluß vom 17. Oktober 1989 - XI ZR 182/88, WM 1990, 61). Termindirektgeschäfte sind dem im Warenterminhandel typischerweise unerfahrenen Personenkreis, den Vermittler unaufgefordert anzurufen pflegen, ebenso fremd wie Optionsgeschäfte. Beide Geschäfte erfordern weitreichende Fachkenntnisse und einen Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge. Über die insoweit notwendige Sachkunde zu verfügen und sie einzusetzen, versprechen Vermittler von Warenterminkontrakten oder -optionen schon bei der Vertragsanbahnung, wenn sie mit solchen Geschäften nicht vertrauten Kunden Warentermingeschäfte empfehlen. Eine solche Inanspruchnahme von Vertrauen begründet bereits im Vorfeld vertraglicher Beziehungen die Verpflichtung, dem potentiellen Kunden ein zutreffendes Bild von Termingeschäften zu verschaffen, so daß er sachgerechte Entschlüsse fassen kann (vgl. BGHZ 80, 80, 82 für Warenterminoptionen; Senatsurteil vom 22. Januar 1991 - XI ZR 151/89, WM 1991, 315, 316 für penny stocks).
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c) An die Aufklärung sind ähnlich wie bei Warenterminoptionen hohe Anforderungen zu stellen. Sie kann grundsätzlich nur schriftlich und nicht ausschließlich fernmündlich erfolgen. Da der von Warenterminvermittlungsfirmen angesprochene Personenkreis typischerweise im Warenterminhandel unerfahren ist, kann nur durch eine schriftliche Belehrung erreicht werden, daß Kaufinteressenten in die Lage versetzt werden, ein zutreffendes Bild von solchen Geschäften zu gewinnen (BGHZ 105, 108, 110 f. für Warenterminoptionen). Die schriftliche Information hat sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, über die wesentlichen Grundlagen von Termindirektgeschäften, die wirtschaftlichen Zusammenhänge, die damit verbundenen Risiken und die Verminderung der Gewinnchancen durch höhere als die üblichen Provisionen zu verhalten (Senatsbeschluß vom 17. Oktober 1989 - XI ZR 182/88, WM 1990, 61; OLG Düsseldorf WM 1989, 175, 177; dass. WM 1990, 176, 177; für Warenterminoptionen: vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 1988 - II ZR 134/87, WM 1988, 291, 292; BGH, Urteil vom 6. Juni 1991 - III ZR 116/90, WM 1991, 1410 f. jeweils m.w.Nachw.).
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Die Darstellung muß zutreffend, vollständig, gedanklich geordnet (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 1988 aaO S. 293, 294) und auch von der Gestaltung her geeignet sein, einem unbefangenen, mit Warentermindirektgeschäften nicht vertrauten Leser einen realistischen Eindruck von den Eigenarten und Risiken solcher Geschäfte zu vermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1991 aaO S. 1411). Wichtige Informationen, wie etwa Hinweise auf die geschäftsspezifischen Risiken oder auf die Verschlechterung der Gewinnaussichten durch höhere als die üblichen Gebühren, dürfen drucktechnisch oder durch ihre Plazierung nicht in den Hintergrund treten (BGHZ 105, 108, 114).
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3. Diesen Anforderungen genügen die von der Beklagten gegebenen Hinweise entgegen der Ansicht der Revision nicht.
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a) Ihre Rüge, das Berufungsgericht habe Vorbringen über dem Kläger fernmündlich erteilte Informationen unberücksichtigt gelassen (§ 286 ZPO), ist schon deshalb unbegründet, weil die in Rede stehende Aufklärungspflicht, wie dargelegt, grundsätzlich nur schriftlich erfüllt werden kann. Von Bedeutung sind daher insoweit nur die Kundenbroschüre, die "Kundenvereinbarung", das "Risk Disclosure Statement" und der Schriftwechsel vor Vertragsschluß.
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b) In diesen Schriftstücken fehlt es, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, bereits an einer zutreffenden Darstellung der wesentlichen Geschäftsgrundlagen sowie der wirtschaftlichen Zusammenhänge. Der unkundige Leser wird insoweit teilweise irregeführt.
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Bei Erwerb eines Terminkontrakts für Rechnung eines Kunden hat der Broker keinen Kaufpreis zu zahlen oder anzuzahlen, sondern eine sog. "margin", d.h. einen als Sicherheit dienenden Einschuß in von der Börsenaufsicht festgelegter Höhe (ca. 5% bis 15% des Kontraktwertes je nach Ware) bei der Verrechnungsstelle zu deponieren. Um sich seinerseits abzusichern, verlangt der Broker vom Kunden ebenfalls einen Einschuß (vgl. Wach, Der Terminhandel in Recht und Praxis Rdn. 45).
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Auf den Seiten 6 und 12 der Kundenbroschüre heißt es demgegenüber unzutreffend, bei Erwerb eines Kundenkontrakts werde ein "Teil des Kaufpreises" "angezahlt". Nach dem Schreiben der Beklagten vom 22. Februar 1989 verlangt "die Börsenaufsicht" angeblich "ca. 10% als Vorauserfüllung". Fälschlich als "Vorauserfüllung auf zukünftige Verbindlichkeiten" wird der Einschuß auch bei der Übersetzung des Begriffs "margin" auf Seite 18 der Broschüre sowie in Nr. 3 der "Kundenvereinbarung" bezeichnet. Dadurch wird der Kunde im Hinblick auf § 55 BörsG über die Bedeutung des Einschusses mit dem Ziel irregeführt, einer Rückforderung der geleisteten Einzahlung vorzubeugen. Eine Sicherheitsleistung, die nach § 54 BörsG a.F. für ein nach §§ 61, 53 BörsG a.F. unverbindliches Warentermingeschäft nicht wirksam vereinbart werden kann, unterliegt der Rückforderung, eine Vorauserfüllung dagegen nur dann, wenn sie nicht auf ein bestimmtes Termingeschäft erfolgt ist (st.Rspr.; BGHZ 86, 115, 118; 101, 296, 305; 107, 192, 197 f.; Senatsurteile vom 25. Juni 1991 - XI ZR 179/90, WM 1991, 1367 und vom 4. Februar 1992 - XI ZR 32/91, Urteilsumdruck S. 11, für BGHZ bestimmt).
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c) Weiter fehlt es vor allem an einer ausreichenden Aufklärung über die Risiken von Warentermindirektgeschäften. Die Würdigung des Berufungsgerichts, in der Kundenbroschüre werde das hohe Risiko des Kunden verharmlost und insgesamt der falsche Eindruck erweckt, bei Inanspruchnahme der Dienste der Beklagten und des Brokers sei die Gewinnchance größer als die Verlustgefahr, wird entgegen der Ansicht der Revision von den getroffenen Feststellungen getragen.
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Mit Recht hat das Berufungsgericht hervorgehoben, daß der Leser auf den ersten Seiten der Kundenbroschüre unkritisch auf Gewinne und Gewinnchancen bei Warentermingeschäften eingestimmt wird. Auf Seite 6, auf der der Fließtext der Broschüre beginnt, heißt es gleich im zweiten Absatz werbewirksam: "Spektakuläre Gewinne locken hier im Direktgeschäft". Ferner ist die Rede von einer "wirtschaftlich erfolgreichen Bevölkerungsgruppe, ... die freies Kapital regelmäßig an den Devisen- und Rohstoffbörsen einsetzt," von einer "guten Gewinnchance" sowie einem "Bruttogewinn von 100% des eingezahlten Kapitals". Das Risiko von Direktgeschäften wird zwar nicht verschwiegen, aber durch Zusätze relativiert ("verbleibende Risiko"; das der Gewinnchance "entsprechende Risiko kann durch die Stop-loss-Technik gemildert" werden) und unpassende Vergleiche und Hinweise verschleiert. So heißt es etwa, gegenüber den in verschiedenen Zeitzonen gelegenen wichtigen Terminbörsen biete "die regionale Börse - mit wenigen Börsenstunden - .. weniger Chancen und erhöht das Risiko".
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Dem Hinweis darauf, daß nur 25% der Devisen- und Rohstoffspekulanten erfolgreich seien, "gerade diese" aber Millionen verdienten (S. 6), folgt die Hervorhebung der dem Herausgeber der Broschüre zur Verfügung stehenden schnellen Computer- und Nachrichtensysteme als Voraussetzung für eine erfolgreiche Spekulation (S. 7). Erst nach mehrseitigen, wenig bedeutsamen Informationen über einzelne Terminmärkte erfährt der unkritisch auf Gewinn eingestimmte Leser auf Seite 12 der Broschüre unter der Überschrift "Wie wird spekuliert?", daß ein "Totalverlust des als Vorauserfüllung geleisteten Betrages" nicht auszuschließen sei. Das Wort "Totalverlust" wird dabei in anderem Zusammenhang zwar durch Unterstreichung hervorgehoben. Darüber, daß dieses Risiko erheblich und die Gewinnchance des Kunden schon wegen des Disagios von 10% des eingezahlten Kapitals geringer ist als die Verlustgefahr, wird indes auch hier nicht aufgeklärt. Statt dessen wird die Gefahr durch dargestellte Spekulationsbeispiele sowie den Hinweis, mit Hilfe der Stop-loss-Technik werde versucht, "das Verlustrisiko zu minimieren", verharmlost und dabei verschwiegen, daß eng gesetzte Stop-loss-Marken auch die Gewinnchancen des Kunden beeinträchtigen, andererseits aber im Provisionsinteresse des Brokers liegen.
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Erst auf Seite 14 der Broschüre findet sich dann nach werbenden Hinweisen auf den Broker unter der Überschrift "Hinweis auf Risiken" erheblich kleiner gedruckt als der übrige Text der Broschüre u.a. der Satz: "Das Verlustrisiko bei Termin- und Optionsgeschäften ist erheblich". Dieser und die nachfolgenden ebenfalls kleingedruckten Risikohinweise, bei denen es sich um eine Übersetzung des englischsprachigen "Risk Disclosure Statement" handelt, sind schon von ihrer drucktechnischen Gestaltung sowie Plazierung her im hinteren Teil der Broschüre ohne Zusammenhang mit dem übrigen Text nicht geeignet, dem Kunden das hohe Risiko von Warentermindirektgeschäften deutlich zu machen. Nach der Lebenserfahrung bringt der Verwender der Broschüre durch eine solche Gestaltung und Anordnung der Risikohinweise zum Ausdruck, daß es sich um unwichtige Mitteilungen handelt, die nicht gelesen zu werden brauchen (vgl. BGHZ 105, 108, 114).
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Überdies sind die Risikohinweise auch inhaltlich nicht ausreichend. Die Verminderung der Gewinnchancen durch das Disagio von 10% wird - anders als die durch Brokerprovisionen (s. Nr. 5 der Risikohinweise und Nr. 11 der "Kundenvereinbarung") - auch hier nicht angesprochen. Vor allem aber fehlt es an der gebotenen Einbindung der Hinweise in eine zutreffende und gedanklich geordnete Darstellung der wirtschaftlichen Zusammenhänge, die die Gefährlichkeit der ihm empfohlenen Warentermindirektgeschäfte für den Kunden erst nachvollziehbar macht. Ohne eine solche Einbindung bleiben warnende Hinweise abstrakt und verfehlen damit ihren Zweck (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1991 - III ZR 116/90, WM 1991, 1410, 1412).
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d) Eine Verletzung der Aufklärungspflicht hat das Berufungsgericht danach mit Recht bejaht, ohne daß es auf weiteres ankäme, etwa darauf, ob die Provision von 200 US-Dollar pro Geschäft und das vorgesehene Erfolgshonorar von 15% unüblich (hoch) sind und der Kläger auf eine dadurch bedingte Chancenminderung hinzuweisen gewesen wäre.
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4. Rechtsfehlerfrei ist auch die Feststellung des Berufungsgerichts, daß der Kläger den bis auf einen geringen Restbetrag eingebüßten Einschuß nicht geleistet hätte, wenn die Beklagte ihn pflichtgemäß aufgeklärt hätte. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe insoweit unberücksichtigt gelassen, daß der Kläger in Kenntnis eingetretener Verluste weitere Warentermindirektgeschäfte getätigt habe, ist unbegründet. Die Kausalitätsvermutung, die dem Kläger insoweit zugute kommt (st.Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. April 1981 - II ZR 84/80, WM 1981, 552, 553; Senatsurteil vom 27. November 1990 - XI ZR 115/89, WM 1991, 127, 130), ist nicht ausgeräumt. Die Fortsetzung der Spekulation trotz eingetretener Verluste erlaubt, anders als die Revision meint, nicht den Schluß, daß der Kläger den Einschuß auch bei gehöriger Aufklärung über die Risiken von Warentermindirektgeschäften geleistet hätte. Näher liegt, das Verhalten des Klägers darauf zurückzuführen, daß er sich wegen der unzureichenden und irreführenden Hinweise insbesondere in der Kundenbroschüre trotz der Verluste über die erheblichen Risiken und verminderten Gewinnchancen der empfohlenen Warentermindirektgeschäfte nicht im klaren war.
III.
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Die Revision der Beklagten war danach als unbegründet zurückzuweisen.
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