Versäumnisverfahren vor dem BGH: Zulässigkeit des Einspruchs trotz unterbliebener Begründung
Orientierungssatz
1. Ein Einspruch gegen ein Versäumnisurteil des BGH, der in der gesetzlich vorgeschriebenen Form und Frist eingelegt worden ist bleibt auch dann zulässig, wenn er weder in der Einspruchsschrift noch innerhalb der Einspruchsfrist begründet worden ist.

vorgehend LG Hildesheim, 8. Dezember 1988, 4 O 281/87
Tatbestand
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Die Klägerin macht gegen den Beklagten unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung Ansprüche geltend, die sie auf den Saldo zahlreicher, teilweise umstrittener Zahlungsvorgänge zwischen den Parteien stützt. Sie hat in erster Instanz beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 81.835 DM nebst Zinsen und zur Herausgabe eines notariellen Schuldanerkenntnisses vom 19. August 1985 zu verurteilen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Nachdem die Klägerin in der Berufungsinstanz ihren Zahlungsantrag auf 99.799,46 DM nebst Zinsen erhöht hatte, hat das Berufungsgericht den Beklagten zur Zahlung von 25.499,46 DM nebst Zinsen sowie zur Herausgabe der Schuldanerkenntnisurkunde verurteilt und die weitergehende Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung weiterer 18.300 DM nebst Zinsen. In diesem Umfang hat der Senat durch Versäumnisurteil vom 21. Januar 1992, auf dessen Inhalt (ZIP 1992, 253) Bezug genommen wird, das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dagegen richtet sich der Einspruch des Beklagten.
Entscheidungsgründe
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Der statthafte (BGHZ 37, 79, 83; Senatsurteil vom 5. März 1991 - XI ZR 151/89 = WM 1991, 667) Einspruch ist in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt worden und damit zulässig. Die Tatsache, daß der Einspruch weder in der Einspruchsschrift noch innerhalb der Einspruchsfrist begründet worden ist, steht seiner Zulässigkeit nicht entgegen (vgl. BGHZ 75, 138; BGH, Urteil vom 13. Februar 1980 - VIII ZR 61/79 = NJW 1980, 1102, 1103; jeweils m.w.Nachw.).
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Der Einspruch hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Versäumnisurteil des Senats erweist sich aus den dort im einzelnen dargelegten Gründen als zutreffend. Hinsichtlich der angeblichen Quittung der Klägerin vom 28. Mai 1985 über 13.000 DM kann der Senat auch nach erneuter Überprüfung den Ausführungen im Berufungsurteil nicht entnehmen, daß das Berufungsgericht erkannt hätte, daß es nach § 419 ZPO zur Entscheidung nach freier Überzeugung und ohne Bindung an die formellen Beweiskraftregeln der §§ 416, 440 Abs. 2 ZPO berufen war.
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Ergänzend weist der Senat darauf hin, daß der Beklagte aus dem notariellen Schuldanerkenntnis der Klägerin vom 19. August 1985 schon deshalb nichts für sich herleiten kann, weil er durch das insoweit von keiner Seite angefochtene Berufungsurteil rechtskräftig zur Herausgabe der Anerkenntnisurkunde verurteilt ist. Im übrigen folgt aus der Nichtigkeit der wucherischen Zinsabreden zugleich auch die Nichtigkeit des Schuldanerkenntnisses, mit dem die angeblichen Forderungen des Klägers bestätigt werden sollten. Davon ist offenbar auch das Berufungsgericht - ohne dies allerdings ausdrücklich zu begründen - zutreffend ausgegangen, als es bei der Ermittlung des Saldos der gegenseitigen Leistungen der Parteien den Sach- und Streitstand ohne Rückgriff auf das Schuldanerkenntnis würdigte.
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