Scheckrecht: Rückgriffsanspruch gegen den Scheckaussteller bei Zahlungsverweigerung des Bezogenen; Anforderungen an den Nichteinlösungsvermerk
Orientierungssatz
1. Der Rückgriffsanspruch des Scheckinhabers gegen den Aussteller ist nur gegeben, wenn der rechtzeitig vorgelegte Scheck nicht eingelöst und die Verweigerung der Zahlung durch einen Scheckprotest oder eine der beiden in ScheckG Art 40 vorgesehenen Ersatzerklärung festgestellt worden ist. Die danach notwendige förmliche Feststellung der Zahlungsverweigerung hat nicht lediglich die Funktion eines Beweismittels, sie ist vielmehr sachliche Voraussetzung für den Rückgriffsanspruch, deren Fehlen von Amts wegen zu berücksichtigen ist und zur Sachabweisung im Scheckprozeß führt.
2. Voraussetzung eines wirksamen Nichteinlösungsvermerks ist eine schriftliche, datierte Erklärung des Bezogenen auf dem Scheck, die den Tag der Vorlegung angibt, und innerhalb der Vorlegungsfrist abgegeben werden muß.




vorgehend KreisG Suhl, 4. Februar 1993, 1 C 1240/92
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Senats für Handelssachen des Bezirksgerichts Erfurt vom 13. Juli 1993 - (HS) U 52/93 - aufgehoben, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Kreisgerichts Suhl vom 4. Februar 1993 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- 1
Der Kläger ist Inhaber und erster Nehmer von zwei Verrechnungsschecks über insgesamt 360.000 DM, die der Beklagte ausgestellt und auf sein Konto bei der Sparkasse S. gezogen hat. Diese hat die Schecks bei Vorlage nicht bezahlt. Auf dem am 15. Juli 1992 vom Beklagten ausgestellten Scheck über 160.000 DM vermerkte die Sparkasse S. "Vorgelegt und nicht bezahlt, Grund: Konto ohne Deckung, 27.07.1992". Den am 17. Oktober 1992 vom Beklagten ausgestellten weiteren Scheck über 200.000 DM versah die Sparkasse S. mit dem Vermerk "Vorgelegt und nicht bezahlt, Grund: Mangels Deckung, 27.10.1992".
- 2
Der Kläger nimmt den Beklagten als Scheckaussteller im Scheckprozeß in Anspruch. Er hat behauptet, der Scheck über 160.000 DM sei am 17. Juli 1992 und der Scheck über 200.000 DM am 19. Oktober 1992 jeweils an die LZB W. weitergegeben worden. Er hat eine entsprechende Bescheinigung der H.-Bank Sch. vorgelegt. Der Beklagte hat die Rechtzeitigkeit der Scheckvorlage bei der bezogenen Bank bestritten.
- 3
Das Kreisgericht S. hat mit Urteil vom 4. Februar 1993 die Klage als im Scheckprozeß unstatthaft abgewiesen, da der Kläger nicht mit den im Scheckprozeß zulässigen Beweismitteln unter Beweis gestellt habe, daß die Schecks binnen der Vorlegungsfrist des § 29 Abs. 1 ScheckG vorgelegt worden seien.
- 4
Im Berufungsrechtszug hat der Kläger behauptet, der Scheck vom 15. Juli 1992 sei am 21. Juli 1992 und der Scheck vom 17. Oktober 1992 am 22. Oktober 1992 bei der Sparkasse S. vorgelegt worden. Die Sparkasse S. hat die Vermerke auf den beiden Schecks um die vom Kläger behaupteten Vorlegungsdaten ergänzt. Das Berufungsgericht hat - unter Zurückweisung der Berufung im übrigen - der Scheckklage hinsichtlich eines Teilbetrages aus dem Scheck vom 17. Oktober 1992 in Höhe von 123.738,68 DM nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Schecks, stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe
I.
- 5
Da der Kläger in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht vertreten war, ist über die Revision antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 331, 557 ZPO, vgl. BGHZ 37, 79, 81). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ aaO S. 82).
- 6
Der Durchführung des Revisionsverfahrens steht nicht entgegen, daß durch Beschluß des Amtsgerichts M. vom 10. August 1994 die Gesamtvollstreckung über das Vermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Hotel G. eröffnet worden ist, deren Gesellschafter u.a. der Beklagte ist. Eine Unterbrechung des Rechtsstreits (entsprechend § 240 ZPO) ist dadurch nicht eingetreten. Der Prozeß hat kein Recht zum Verfahrensgegenstand, das im Fall des Bestehens zur Aktivmasse des Gesamtvollstreckungsverfahrens gehören würde (vgl. z.B. Baumbach/Hartmann, ZPO, 48. Aufl., Anm. 1 m.w.Nachw.).
II.
- 7
Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des kreisgerichtlichen Urteils.
- 8
Das Berufungsgericht ist zu Recht von der Zulässigkeit der Berufung ausgegangen. Der Kläger hat die Berufungsfrist gewahrt, indem er gegen das am 4. Februar 1993 verkündete Urteil einer allgemeinen Zivilkammer des Kreisgerichts S. beim übergeordneten Bezirksgericht M. Berufung eingelegt hat. Es ist unerheblich, daß für einen Scheckprozeß als Handelssache nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 GVG i.V. mit dem Einigungsvertrag Anl. I Kap. III Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 e, h bei den Kreisgerichten Kammern für Handelssachen zuständig sind und über Berufungen Senate für Handelssachen des Bezirksgerichts zu entscheiden haben, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat. Die Rechtsmittelzuständigkeit richtet sich aus Gründen der Rechtsklarheit allein danach, welcher Spruchkörper die Entscheidung erlassen hat (formelle Anknüpfung). Es kommt nicht darauf an, welcher Spruchkörper sachlich zur Entscheidung berufen gewesen wäre (BGH, Beschluß vom 1. April 1993 - III ZB 35/92 = WM 1993, 1573 f.). Die Verweisung des Rechtsstreits an das Bezirksgericht E. hat keine der Parteien gerügt.
III.
- 9
1. Das Berufungsgericht hält die Scheckklage - soweit es ihr stattgegeben hat - für begründet: Der Kläger habe hinsichtlich des vom Beklagten am 17. Oktober 1992 ausgestellten Schecks einen Anspruch auf Zahlung aus Art. 12, 40 ScheckG in Höhe von 123.738,68 DM schlüssig dargelegt. Der Scheck sei binnen der achttägigen Frist des Art. 29 ScheckG vorgelegt worden, was durch den ergänzenden Vermerk der Sparkasse S. auf dem Scheck bewiesen sei.
- 10
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Prüfung nicht stand. Der Rückgriffsanspruch des Klägers als Scheckinhaber gegen den Beklagten als Aussteller scheitert daran, daß ein den Anforderungen des Art. 40 Nr. 2 ScheckG entsprechender Nichteinlösungsvermerk fehlt.
- 11
Der Rückgriffsanspruch des Scheckinhabers gegen den Aussteller ist nur gegeben, wenn der rechtzeitig vorgelegte Scheck nicht eingelöst und die Verweigerung der Zahlung durch einen Scheckprotest oder eine der beiden in Art. 40 ScheckG vorgesehenen Ersatzerklärungen festgestellt worden ist. Die danach notwendige förmliche Feststellung der Zahlungsverweigerung hat nicht lediglich die Funktion eines Beweismittels, sie ist vielmehr sachliche Voraussetzung für den Rückgriffsanspruch, deren Fehlen von Amts wegen zu berücksichtigen ist und zur Sachabweisung im Scheckprozeß führt (BGHZ 115, 247, 252; 107, 111, 114; 96, 9, 15 m.w.Nachw.).
- 12
Der hier zu beurteilende Nichteinlösungsvermerk der bezogenen Sparkasse S. erfüllt nicht die Voraussetzungen des Art. 40 Nr. 2 ScheckG. Danach ist eine schriftliche, datierte Erklärung des Bezogenen auf dem Scheck erforderlich, die zudem den Tag der Vorlegung angibt. Diese für die Wirksamkeit der Erklärung notwendigen Angaben müssen - wie Art. 40 und 41 ScheckG eindeutig klarstellen - sämtlich vor Ablauf der Vorlegungsfrist gemacht werden (BGHZ 107, 111, 115 m.w.Nachw.). Das ist hier hinsichtlich des Tages der Scheckvorlegung unstreitig nicht geschehen. Durch den späteren ergänzenden Vermerk der Sparkasse S. konnte der Mangel - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht mehr behoben werden.
Permalink
-
Diesen Link können Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses Dokument verlinken möchten:
https://www.juris.de/perma?d=KORE560779500