Anforderungen an die Sorgfalt des Schuldners zur Gläubigerermittlung vor der Hinterlegung
Leitsatz
Der Schuldner ist wegen Ungewißheit über die Person des Gläubigers zur Hinterlegung berechtigt, wenn eine mit verkehrsüblicher Sorgfalt vorgenommene Prüfung zu begründeten Zweifeln über die Person des Gläubigers führt, deren Behebung auf eigene Gefahr dem Schuldner nicht zugemutet werden kann. Dabei dürfen die Anforderungen an die Prüfungspflicht des Schuldners nicht überspannt werden.
Orientierungssatz
Zitierungen: Vergleiche BGH, 1952-10-17, I ZR 45/52, BGHZ 7, 302; BGH, 1959-11-19, II ZR 248/58, WM IV 1960, 112 und BGH, 1965-09-22, VIII ZR 128/63, WM IV 1965, 1210, 1211.










vorgehend LG Düsseldorf, 14. Juni 1993, 1 O 498/92



Martin Arendts, ZAP ERW 1997, 51-52 (Anmerkung)
Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB
● Ehlers, 8. Auflage 2017, § 372 BGB
Vergleiche BGH 2. Zivilsenat, 19. November 1959, II ZR 248/58
Vergleiche BGH 1. Zivilsenat, 17. Oktober 1952, I ZR 45/52
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten und ihrer Streithelferin wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Juni 1995 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 14. Juni 1993 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.
2. Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
Die klagende Bank nimmt die Beklagte, ebenfalls eine Bank, aus abgetretenem Recht auf Auszahlung eines Kontoguthabens sowie auf Schadensersatz in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
- 2
Im Juli 1989 gewährte die Klägerin der Streithelferin der Beklagten ein Darlehen von 10 Millionen DM mit einer Laufzeit von fünf Jahren zur Finanzierung eines Altersvorsorgekonzepts. Die sofort ausgezahlte Darlehensvaluta sollte für fünf Jahresprämien auf Lebensversicherungen der Streithelferin verwendet, die dafür zunächst noch nicht benötigten Beträge sollten verzinslich angelegt werden. Zur Absicherung der Klägerin sah der Darlehensvertrag die Abtretung aller Rechte aus den Lebensversicherungen sowie die Verpfändung der ausgezahlten Darlehensvaluta, soweit diese noch nicht zur Prämienzahlung verwandt war, vor.
- 3
Der für die erste Jahresprämie zweier Lebensversicherungen nicht benötigte Darlehensbetrag in Höhe von nahezu 7,7 Millionen DM wurde vereinbarungsgemäß auf ein Konto der Streithelferin bei der Beklagten überwiesen. Sämtliche Rechte aus den Lebensversicherungen sowie ihr jeweiliges Kontoguthaben bei der Beklagten trat die Streithelferin mit Erklärungen vom 25. August 1989 sicherungshalber an die Klägerin ab, letzteres jedoch nur "unter der Bedingung, daß die B. S.A. seitens der "W." Lebensversicherungs-Gesellschaft ... die Entnahme der für die vorgenannten Vertragsnummern erforderlichen Jahresbeiträge zuläßt". Nach Anlage des Kontoguthabens in festverzinslichen Wertpapieren bestätigte die Beklagte auf Bitte ihrer Streithelferin der Klägerin am 30. April 1991, von der Abtretung des Kontoguthabens sowie des Anspruchs auf Herausgabe der festverzinslichen Wertpapiere Kenntnis genommen zu haben.
- 4
Im März 1992 kündigte die Klägerin das Darlehen fristlos und verlangte von der Beklagten die Auszahlung des Kontoguthabens der Streithelferin an sich sowie die Veräußerung der festverzinslichen Wertpapiere und die Abführung des Erlöses. Die Beklagte kam diesem Verlangen, dem ihre Streithelferin widersprochen hatte, nicht nach.
- 5
Die Klägerin hat zunächst Herausgabe bestimmter Wertpapiere, Zahlung von 1.825.848,55 DM nebst Zinsen, Auskunft über das Wertpapierdepot, Wertpapierveräußerungserlöse und den Guthabenstand des Geldkontos verlangt sowie Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des Schadens begehrt, der ihr, der Klägerin, durch die Nichtherausgabe von Wertpapieren und die Nichtauszahlung der Geldguthaben entstanden sei. Nachdem die Beklagte die im Wertpapierdepot noch vorhandenen Wertpapiere sowie die Kontoguthaben von 2.928.257,86 DM und 883.678.541 Lire beim Amtsgericht D. zugunsten der Streithelferin, der Klägerin und einer Pfändungspfandgläubigerin der Streithelferin unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hatte, hat die Klägerin Zahlung von 883.678.541 Lire und 3.238.734,62 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung aller etwaigen Ansprüche gegen die Hinterlegungsstelle und die weiteren Hinterlegungsbeteiligten sowie gegen schriftliche Bewilligung der Herausgabe der hinterlegten Wertpapiere und Geldbeträge verlangt, Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen der Hinterlegung des Lire-Betrags begehrt, Erledigungsanträge hinsichtlich der bisherigen Auskunftsansprüche gestellt sowie im Wege der Stufenklage beantragt, die Beklagte zur Auskunftserteilung über den Stand des Wertpapierdepots und des Geldkontos am 31. März 1992 (hilfsweise: am 1. August 1994) und zur Schadensersatzleistung für den Zeitraum bis zur Hinterlegung der Werte in einer nach Erteilung der Auskunft zu bestimmenden Höhe zu verurteilen.
- 6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte entsprechend dem Zug-um-Zug- Antrag der Klägerin zur Zahlung verurteilt, einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen der Hinterlegung des Lire-Betrags sowie die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt, soweit die Klägerin Auskunft über den aktuellen Stand des Wertpapierdepots und des Geldkontos verlangt hatte. Ferner hat es die Beklagte zur Auskunftserteilung über den Stand des Wertpapierdepots und des Geldkontos am 1. August 1994 verurteilt, sich die Entscheidung über die noch nicht erledigten Stufenanträge vorbehalten und die Berufung im übrigen zurückgewiesen.
- 7
Mit der Revision erstreben die Beklagte und ihre Streithelferin die volle Zurückweisung der Berufung der Klägerin. Mit der Anschlußrevision verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge weiter, soweit diese abgewiesen wurden.
Entscheidungsgründe
- 8
Die Revision führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Anschlußrevision ist unbegründet.
I.
- 9
Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
- 10
1. Der Zahlungsantrag der Klägerin sei begründet, weil die Beklagte jedenfalls vor den Hinterlegungen verpflichtet gewesen sei, der Klägerin die im Wertpapierdepot vorhandenen Wertpapiere sowie das Geldguthaben herauszugeben. Durch die Hinterlegung seien diese Pflichten nicht erfüllt worden, weil es auf Seiten der Beklagten an einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewißheit über die Person ihres Gläubigers gefehlt habe; die Pflicht zur Herausgabe der Wertpapiere habe sich vielmehr in eine Schadensersatzpflicht in Geld verwandelt. Daran ändere sich auch durch die Verhandlungen nichts, die die Parteien im Jahre 1992 über eine einvernehmliche Hinterlegung sowie über die Möglichkeit der Übernahme der Funktion einer Hinterlegungsstelle durch die Beklagte geführt hätten, weil es dabei nicht zu einer Einigung gekommen sei.
- 11
Die Streithelferin der Beklagten habe ihre Rechte aus dem Geldkonto und dem Wertpapierdepot mit Erklärung vom 25. August 1989 an die Klägerin abgetreten. Die Abtretungserklärung, die über ihren Wortlaut hinaus auch das Wertpapierdepot erfaßt habe, habe die Klägerin konkludent angenommen.
- 12
Die Beklagte könne nicht mit Erfolg geltend machen, die Abtretungen seien unter der Bedingung erklärt worden, daß die Klägerin die Entnahmen der Jahresversicherungsbeiträge von dem Konto zulasse. Die betreffende Klausel in der Abtretungserklärung sei keine Bedingung im Rechtssinne, sondern bringe die Erwartung der Streithelferin zum Ausdruck, daß die Klägerin ihre Vertragspflichten erfülle.
- 13
Die Klägerin sei daher jedenfalls seit dem 31. Juli 1994, an dem ihr Darlehensrückzahlungsanspruch vertragsgemäß fällig geworden sei, berechtigt gewesen, die ihr sicherungshalber abgetretenen Ansprüche auf das Geldkonto und das Wertpapierdepot gegenüber der Beklagten geltend zu machen.
- 14
2. Der Antrag der Klägerin auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen der Hinterlegung des Lire-Betrags sei ebenfalls begründet, weil die Beklagte mit der Auszahlung dieses Betrags in Verzug geraten sei und die Klägerin durch den zwischenzeitlichen Kursverlust der Lira einen Schaden erlitten habe.
- 15
3. Begründet sei ferner der Erledigungsantrag der Klägerin hinsichtlich früherer Auskunftsanträge, denen die Beklagte inzwischen nachgekommen sei, weil die Klägerin aufgrund der Sicherungsabtretung Gläubigerin sei und die begehrten Auskünfte habe verlangen können.
- 16
4. Das im Stufenklageantrag enthaltene Auskunftsbegehren sei nur insoweit begründet, als die Klägerin Auskunft über den Stand der beiden Konten am 1. August 1994 verlange. Vor diesem Tage sei die Beklagte berechtigt gewesen, die Auskehrung des Kontoguthabens und die Aushändigung bzw. Veräußerung der Wertpapiere zu verweigern, weil die Kündigung des Darlehens der Streithelferin der Beklagten durch die Klägerin offenkundig unberechtigt gewesen sei.
II.
- 17
Die Revision der Beklagten ist begründet. Soweit das Berufungsgericht der Berufung der Klägerin stattgegeben hat, hält das angefochtene Urteil der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche bestehen jedenfalls deshalb nicht, weil die Beklagte durch die Hinterlegung nach § 378 BGB von etwa vorhandenen Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin frei geworden ist. Es kann daher offenbleiben, ob die Streithelferin der Beklagten außer ihrem Kontoguthaben auch ihr Wertpapierdepot an die Klägerin abgetreten hat, ob die Abtretung ungeachtet der in ihr enthaltenen "Bedingung" wirksam geblieben ist und ob die Klägerin wegen der Rechtswidrigkeit ihrer Darlehenskündigung sowie der dadurch verursachten Schädigung der Streithelferin unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs gehindert war, Rechte aus einer etwa formal noch wirksamen Sicherungsabtretung geltend zu machen.
- 18
1. Die schuldbefreiende Wirkung der Hinterlegung ergibt sich allerdings entgegen der Ansicht der Revision nicht aus § 75 ZPO. Diese Vorschrift greift hier schon deshalb nicht ein, weil sie nur auf den Eintritt eines Dritten als weitere Hauptpartei entsprechend den Regeln der §§ 64, 65 ZPO und nicht auf die Nebenintervention Anwendung findet (MünchKommZPO-Schilken § 75 Rdn. 7 m.w.Nachw.). Auf die umstrittene Frage, ob § 75 ZPO ein eigenständiges, von den materiellrechtlichen Voraussetzungen der §§ 372 ff. BGB unabhängiges Hinterlegungsrecht begründet (so Schilken aaO Rdn. 8; a.M. Wieczorek/Schütze/Mansel, 3. Aufl., § 75 ZPO Rdn. 32; jeweils m.w.Nachw.), kommt es daher nicht an.
- 19
2. Die Beklagte ist jedoch nach den §§ 372, 376, 378 BGB dadurch von etwaigen Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin frei geworden, daß sie Geld und Wertpapiere unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Diese Hinterlegung erfüllt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Voraussetzungen des § 372 Satz 2 BGB. Auf die Frage, ob die Beklagte auch aufgrund einer Vereinbarung der Parteien aus dem Jahre 1992 zur Hinterlegung berechtigt war, kommt es daher nicht an.
- 20
a) Nach § 372 Satz 2 BGB ist der Schuldner unter anderem dann zur Hinterlegung berechtigt, wenn er infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewißheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann. Das ist dann der Fall, wenn eine mit verkehrsüblicher Sorgfalt vorgenommene Prüfung zu begründeten Zweifeln über die Person des Gläubigers führt, deren Behebung auf eigene Gefahr dem Schuldner nicht zugemutet werden kann (BGHZ 7, 302, 307; BGH, Urteile vom 19. November 1959 - II ZR 248/58 = WM 1960, 112 und vom 22. September 1965 - VIII ZR 128/63 = WM 1965, 1210, 1211). Dabei ist zu berücksichtigen, daß von einem Schuldner, dem die Erkenntnismöglichkeiten eines Gerichts nicht zu Gebote stehen, billigerweise nur begrenzte Anstrengungen zur Ermittlung des Sachverhalts und zu seiner Subsumption unter das auf vielen Gebieten immer unübersichtlicher werdende geschriebene und ungeschriebene Recht verlangt werden können. Das gilt insbesondere dann, wenn die Ungewißheit über die Person des Gläubigers, wie im vorliegenden Fall, überwiegend auf unklare Abtretungsvorgänge zurückzuführen ist, die außerhalb des Einflußbereichs des Schuldners liegen und allein von den daran Beteiligten zu verantworten sind.
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b) Bei der Verneinung einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewißheit der Beklagten über die Person ihres Gläubigers hat das Berufungsgericht diese Grundsätze verkannt und die Anforderungen an die Prüfungspflicht des Schuldners überspannt.
- 22
Die Beklagte befand sich in einer schwierigen Lage, weil sowohl ihre Streithelferin als auch die Klägerin als Inhaber der umstrittenen Kontoguthaben und Wertpapiere auftraten und der Herausgabe an die jeweils andere Seite entschieden widersprachen. Dieser Umstand genügt zwar für sich allein nicht den Voraussetzungen des § 372 Satz 2 BGB, weil das Auftreten mehrerer Forderungsprätendenten den Schuldner grundsätzlich nicht von seiner Prüfungspflicht befreit (BGH aaO). Im vorliegenden Fall kamen aber noch zahlreiche weitere Umstände hinzu, die es verständlich erscheinen lassen, daß die Beklagte keine Gewißheit über die Person ihres Gläubigers zu gewinnen vermochte.
- 23
Dazu gehört insbesondere die Unklarheit und Auslegungsbedürftigkeit der Abtretungserklärung vom 25. August 1989. Der Wortlaut dieser Erklärung, in der von Kontoguthaben die Rede war und ein Wertpapierdepot mit keinem Wort erwähnt wurde und die überdies die Abtretung in der Form einer "Bedingung" mit der weiteren Bedienung der Lebensversicherungen verknüpfte, sprach eher für den Standpunkt der Streithelferin der Beklagten als für den der Klägerin. Die Frage, ob sich aus dem Sinn und Zweck der Sicherungsabtretung etwas anderes ergab, konnte nur unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Rechtsbeziehungen der daran Beteiligten beurteilt werden. Das war objektiv schwierig und für einen Außenstehenden wie die Beklagte auch bei Anwendung verkehrsüblicher Sorgfalt nicht frei von Irrtumsrisiken. Der Beklagten konnte die Inkaufnahme solcher Risiken umso weniger zugemutet werden, als nicht sie, sondern die Klägerin es war, die durch klarere Vereinbarungen mit der Streithelferin diese Streitpunkte von vorneherein hätte vermeiden können.
- 24
Eine weitere Ungewißheit ergab sich für die Beklagte auch daraus, daß die Klägerin den Kredit der Streithelferin zu Unrecht gekündigt und sich dadurch schadensersatzpflichtig gemacht hatte. Die Beklagte konnte nicht mit Sicherheit davon ausgehen, daß dies auf das Verhältnis der Parteien keinen Einfluß habe. Vielmehr durfte sie ohne Fahrlässigkeit mit der Möglichkeit rechnen, daß sich daraus unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs Einwände auch in ihrem Verhältnis zur Klägerin ergeben könnten. Das hat auch das Landgericht in seinem klageabweisenden Urteil bejaht und selbst das Berufungsgericht jedenfalls für die Zeit bis zum Ablauf der regulären Laufzeit des Kredits angenommen.
- 25
Die Beklagte brauchte ihre Zweifel an der Berechtigung der Klägerin nicht deshalb zurückzustellen, weil ihr die Sicherungsabtretung an die Klägerin von der Streithelferin angezeigt worden war und sie daher im Falle der Leistung an die Klägerin nach § 409 BGB von ihrer Verbindlichkeit frei geworden wäre. § 409 BGB begründet ebenso wie andere Schuldnerschutzvorschriften (z.B. §§ 407, 808, 893 BGB) für den Schuldner nur ein Recht, aber keine Pflicht zur Leistung an den Scheinberechtigten und schließt daher eine Befugnis zur Hinterlegung nicht aus (MünchKomm-Heinrichs, 3. Aufl., BGB § 372 Rdn. 11 m.w.Nachw.; ebenso RGZ 89, 401, 403 für § 808 BGB). Das gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die Beklagte bei ihrer Entscheidung über eine Leistung an die Klägerin nicht nur die eigenen Belange, sondern auch die Interessen ihrer Kundin, der Streithelferin, zu berücksichtigen hatte und begründete Zweifel an der Berechtigung der Klägerin daher nicht im Vertrauen auf § 409 BGB beiseite schieben durfte.
- 26
3. Da die Beklagte von etwaigen Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin jedenfalls durch die Hinterlegung der Geldguthaben und Wertpapiere freigeworden ist, kann die Klägerin von ihr weder Auszahlung der Guthabensbeträge noch Schadensersatz wegen der Nichtherausgabe der Wertpapiere verlangen. Aus diesem Grund erweisen sich auch der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen der Hinterlegung des Lire-Betrags und die Auskunftsansprüche als unbegründet. Der Revision der Beklagten war daher in vollem Umfang stattzugeben.
III.
- 27
Die Anschlußrevision der Klägerin konnte keinen Erfolg haben. Soweit das Berufungsgericht Ansprüche der Klägerin auf Auskünfte zur Vorbereitung der Geltendmachung von Schadensersatzforderungen verneint hat, ist das jedenfalls im Ergebnis richtig. Bereits wegen der oben dargelegten Berechtigung der Beklagten zur Hinterlegung kommen Ansprüche der Klägerin auf Auskunft und Schadensersatz nicht in Betracht. Es kann daher offenbleiben, ob die Annahme des Berufungsgerichts, der Ausübung der Rechte aus der Sicherungsabtretung durch die Klägerin habe für den hier interessierenden Zeitraum der Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegengestanden, den Angriffen der Anschlußrevision stand hält.
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