Streitwert der Klage eines Verbraucherschutzvereins gegen eine Tilgungsberechnungsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts
Orientierungssatz
1. Bei der Klage eines Verbraucherschutzverbandes gegen eine Tilgungsberechnungsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts bestimmt sich der Streitwert nicht nach dem durch das Klauselverbot zu erwartenden Zinsverlust, sondern nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Ausschaltung der streitigen Klausel.
2. Bei einer Klausel von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung (zu erwartender Zinsverlust über einen Zeitraum von drei Jahren in Höhe von 1.172.000 DM) erscheint es aber nicht zulässig, dem Verwender durch eine Wertfestsetzung unter 40.000 DM die Möglichkeit zu nehmen, das Berufungsurteil auch ohne Zulassung der Revision gemäß ZPO § 546 Abs 1 dem Bundesgerichtshof zur Überprüfung vorzulegen.




vorgehend LG Köln, 21. März 1990, 26 O 152/89
Anschluß OLG Celle 13. Zivilsenat, 14. Oktober 1994, 13 U 78/94
Tenor
Der Wert der Beschwer und der Streitwert für die Revisionsinstanz werden auf 50.000 DM festgesetzt.
Gründe
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Der klagende Verbraucherschutzverband hat gemäß § 13 AGBG gegen die Beklagte, eine öffentlich-rechtliche Bodenkreditanstalt, das Verbot erwirkt, eine vom 1. September 1978 bis 30. Juni 1981 und in leicht veränderter Form auch vom 30. Juni 1981 bis 1. September 1985 verwendete AGB-Klausel weiter zu benutzen, nach der die Kreditzinsen trotz vierteljährlicher Tilgungsleistungen jeweils nach dem Kapitalstand am Beginn des Tilgungsjahres berechnet werden sollen. Das Berufungsgericht hat den Wert der Beschwer auf 8.000 DM festgesetzt.
- 2
Dagegen wendet sich die Beklagte, die gegen das Berufungsurteil Revision eingelegt hat. Mit Recht begehrt sie eine Festsetzung des Wertes der Beschwer und des Revisionsstreitwerts auf einen 40.000 DM übersteigenden Betrag. Nach ihrem Vortrag beläuft sich der Zinsverlust, zu dem das Klauselverbot allein bei den Verträgen aus der Zeit vom 1. September 1978 bis 30. Juni 1981 führen kann, auf rund 1.172.000 DM. Dieser Betrag kann zwar nicht unmittelbar Maßstab für die begehrte Festsetzung sein, weil nach § 22 AGBG das Interesse der Allgemeinheit an der Ausschaltung der streitigen AGB-Klausel den Streitwert bestimmt (Lindacher in: Wolf/Horn/Lindacher AGBG 2. Aufl. § 22 Rdn. 5; Hensen in: Ulmer/Brandner/Hensen AGBG 6. Aufl. § 22 Rdn. 4) und Verbraucherschutzverbände als Kläger vor einem zu hohen Kostenrisiko geschützt werden sollen (Lindacher aaO Rdn. 1).
- 3
Es erscheint aber nicht zulässig, bei einer AGB-Klausel von so erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung dem Verwender durch eine Wertfestsetzung unter 40.000 DM die Möglichkeit zu nehmen, das Berufungsurteil auch ohne Revisionszulassung gemäß § 546 Abs. 1 ZPO dem Bundesgerichtshof zur Überprüfung vorzulegen. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß sich das Überprüfungsinteresse der Allgemeinheit dann, wenn - wie hier - Grundsatzurteile des Bundesgerichtshofs zu vergleichbaren AGB-Klauseln bereits ergangen sind, bei den Folgeentscheidungen verringern kann. Im vorliegenden Fall erscheint es dem Senat danach angemessen, den Wert der Beschwer und den Streitwert für die Revisionsinstanz auf 50.000 DM festzusetzen.
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