Wirksamkeit von Scheckbegebungsverträgen zur Sicherung sittenwidriger Darlehen; Einwendungen und Einreden der Bank
Leitsatz
1. Bei wucherischem Darlehen sind auch die zur Sicherung der Rückzahlung abgeschlossenen Scheckbegebungsverträge nichtig. Der Schecknehmer erlangt deshalb kein Eigentum an den Schecks.
2. Die aus einer Scheckeinlösungsgarantie in Anspruch genommene Bank kann die Zahlung mit der Begründung verweigern, der Garantiebegünstigte sei nicht Eigentümer des Schecks.
3. Die Nichtigkeit eines Darlehensvertrages gem BGB § 138 Abs 1 berührt grundsätzlich die Wirksamkeit eines im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung abgeschlossenen Scheckbegebungsvertrages nicht. Der die Scheckeinlösung garantierenden Bank steht trotzdem in der Regel gegen den ersten Schecknehmer und unmittelbaren Garantiebegünstigten der Einwand des Rechtsmißbrauchs gegen die Geltendmachung der Rechte aus der Garantie zu.
Orientierungssatz
1. Zitierungen zu Leitsatz 1, Nichtigkeit der Scheckbegebungsverträge bei wucherischem Darlehen: für die gleichgelagerte Problematik beim Wechsel vergleiche RG, 1940-01-17, II 123/39, RGZ 162, 302, 306; BGH, 1968-03-25, II ZR 208/64, WM IV 1968, 651, 654; für das Erfüllungsgeschäft des Bewucherten vergleiche BGH, 1982-07-08, III ZR 1/81, WM IV 1982, 1050, 1051.



















vorgehend LG Arnsberg, 8. Oktober 1987, 9 O 145/86


Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB
● Beckmann, 8. Auflage 2017, § 929 BGB
● Nassall, 8. Auflage 2017, § 138 BGB
● Weinland, 8. Auflage 2017, § 164 BGB
Vergleiche BGH 2. Zivilsenat, 25. März 1968, II ZR 208/64
Vergleiche RG 2. Zivilsenat, 17. Januar 1940, II 123/39
Tatbestand
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Der Kläger, Inhaber eines Bauunternehmens, nimmt die verklagte Spar- und Darlehenskasse aus einer Scheckeinlösungszusage auf Zahlung von 150.178 DM nebst Zinsen in Anspruch.
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Die Beklagte hatte Geschäftsbeziehungen zu der G. & Co. GmbH. Diese hatte in den Jahren 1981 und 1982 im Zusammenwirken mit dem ehemaligen Vorstandsmitglied R. und dem einstigen Prokuristen H. der Beklagten ihr Kreditlimit von 280.000 DM um ein Vielfaches überzogen, was durch Manipulationen der Beteiligten vor der Beklagten verheimlicht wurde.
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Zu dieser Zeit gewährte der Kläger der G. GmbH mehrfach kurzfristige Kredite, die durch Wechsel oder von der Beklagten garantierte Schecks gesichert waren und jeweils zurückgezahlt wurden. Am 6. Januar 1982 schloß der Kläger mit der G. GmbH einen weiteren schriftlichen Darlehensvertrag, in dem der Kläger sich verpflichtete, der GmbH einen Betrag von 300.000 DM "zu leihen". Zur Auszahlung gelangten nach Abzug von 15.000 DM "für Finanzierung" und mehrerer alter Forderungen insgesamt 260.704,68 DM. Davon zahlte die GmbH noch am 6. Januar 1982 245.704,68 DM auf ihr Girokonto bei der Beklagten ein. Entsprechend der im Darlehensvertrag übernommenen Verpflichtung übergab die G. GmbH dem Kläger zehn von ihr ausgestellte, auf die Beklagte gezogene Schecks über je 30.000 DM, die im Abstand von jeweils 7 Tagen, beginnend mit dem 1. Februar 1982 und endend am 5. April 1982, vordatiert waren und am Ausstellungstage eingelöst werden sollten. In einem von R. und H. unterzeichneten Schreiben vom 6. Juni 1982 gab die Beklagte dem Kläger gegenüber folgende Erklärung ab:
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"... wir verpflichten uns hiermit, die o.g. Schecks bei Vorlage zu den jeweiligen Ausstellungsterminen ohne Rücksicht auf den Kontostand des Ausstellers einzulösen. Ein Widerspruch seitens des Ausstellers und unsererseits ist ausgeschlossen."
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Als nach der Einlösung des ersten Schecks die Machenschaften von R. und H. aufgedeckt wurden, verweigerte die Beklagte die Einlösung der weiteren Schecks. Der Kläger hat in einem Vorprozeß die Beklagte auf Zahlung der Schecksumme aus dem zweiten, auf den 8. Februar 1982 ausgestellten Scheck verklagt. Seine Klage wurde durch Urteil des 7. Zivilsenats des Berufungsgerichts vom 8. Juli 1983 (veröffentlicht in WM 1984, 1445) abgewiesen und auf die Widerklage der Beklagten festgestellt, daß diese auch nicht verpflichtet ist, den dritten, vierten und fünften Scheck (mit den Ausstellungsdaten vom 15. Februar, 22. Februar und 1. März 1982) einzulösen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Darlehensvertrag sei bei einem vereinbarten Zinssatz von 31% wegen Wuchers gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig. Die Nichtigkeit ergreife auch die Scheckbegebungsverträge. Deshalb könne die Beklagte dem Kläger gegenüber einwenden, daß er nicht Scheckeigentümer geworden sei. Die Annahme der Revision des Klägers gegen dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof durch Beschluß vom 4. Juni 1984 (II ZR 240/83) abgelehnt.
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Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger die Bezahlung der restlichen 5 Schecks nebst den darauf entfallenden Scheckunkosten. Er behauptet, die im Darlehensbetrag für "Finanzierung" enthaltene Summe von 15.000 DM bestehe - entgegen der Annahme im rechtskräftigen Berufungsurteil des Vorprozesses - nicht ausschließlich aus den Zinsen für das Darlehen. In ihr sei vielmehr ein Betrag von 5.000 DM enthalten, den er von der GmbH als Provision für die Vermittlung eines Bauauftrages zu beanspruchen gehabt habe. Berücksichtige man dies, dann ergebe sich ein Zinssatz von 16% für das Darlehen, der nicht wucherisch sei.
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Die Beklagte bestreitet, daß in den Finanzierungsbetrag eine Provisionsforderung eingerechnet worden sei. Die 15.000 DM seien der Betrag, den die GmbH als Zins für das Darlehen bezahlen müsse. Bezogen auf den wahren Darlehensbetrag von 285.000 DM (300.000 DM abzüglich 15.000 DM) ergebe sich unter Berücksichtigung der Laufzeit der Schecks ein Zinssatz von annähernd 35%; dem stehe ein damals üblicher durchschnittlicher Marktzins von etwa 15% gegenüber. Der Kläger habe gewußt, daß die GmbH keinen Bankkredit mehr bekomme und habe diese Zwangslage zur Erzielung weit überhöhter Zinsen ausgenutzt, obwohl nach seiner Vorstellung die Darlehenshingabe für ihn wegen der Scheckgarantie der Beklagten risikolos war. Im übrigen könne der Kläger Ansprüche aus der Scheckgarantie deswegen nicht herleiten, weil R. und H. ihre Vertretungsmacht mißbraucht hätten und der Kläger dies gewußt habe. Im Innenverhältnis seien ihre Vertreter nicht ermächtigt gewesen, die Scheckeinlösungszusage abzugeben.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger erstrebt mit seiner Anschlußrevision die Zuerkennung seiner 4% übersteigenden Zinsforderung aus 150.178 DM ab 5. April 1982.
Entscheidungsgründe
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Die Rechtsmittel der Parteien sind begründet.
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I. Revision der Beklagten:
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Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß die Beklagte gemäß § 164 Abs. 1 BGB an die Scheckeinlösungszusage gebunden sei. Sie könne allenfalls den Einwand des Rechtsmißbrauchs erheben, wenn die Vertreter der Beklagten ihre Vertretungsmacht mißbraucht hätten und dies dem Kläger habe auffallen müssen, oder wenn die Inanspruchnahme aus dem Garantievertrag wegen Nichtigkeit des Darlehensvertrages und der Scheckbegebungsverträge gegen Treu und Glauben verstieße. Es könne jedoch dahingestellt bleiben, ob ein Mißbrauch der Vertretungsmacht vorgelegen habe und der Kläger dies habe erkennen können, desgleichen, ob der Darlehensvertrag nichtig sei. Die Inanspruchnahme der Beklagten sei in keinem Falle rechtsmißbräuchlich. Durch die Einzahlung eines wesentlichen Teils des Darlehensbetrages auf das Konto der G. GmbH bei der Beklagten sei die Schuld der GmbH erheblich verringert worden. Dadurch habe die Beklagte unmittelbar einen Vermögensvorteil erlangt. Da sie dem Kläger bislang nur 30.000 DM bezahlt habe und dessen Ansprüche aus 4 Schecks rechtskräftig abgewiesen worden seien, erscheine es nicht als grob unbillig, wenn die Beklagte die restlichen 5 Schecks einlösen müsse.
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Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hätte nicht offen lassen dürfen, ob der Darlehensvertrag wegen Wuchers oder sonstiger Sittenwidrigkeit nichtig ist oder ob die Voraussetzungen des Mißbrauchs der Vertretungsmacht vorliegen.
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1. Bei Wucher sind der Darlehensvertrag und die Scheckbegebungsverträge nichtig (RGZ 162, 302, 306; BGH, Urteil vom 25. März 1968 - II ZR 208/64, WM 1968, 651, 654 unter V. und Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz 16. Aufl. Art. 17 WG Rz 49 für die gleichgelagerte Problematik beim Wechsel; BGH, Urteil vom 8. Juli 1982 - III ZR 1/81, WM 1982, 1050, 1051 für das Erfüllungsgeschäft des Bewucherten; Hopt/Mülbert, Kreditrecht § 607 Rz 320 unter Hinweis auf das Berufungsurteil des Vorprozesses). Der erste Schecknehmer erlangt deshalb kein Eigentum am Scheck. Nach ganz herrschender Auffassung kann dies die Bank bei der Scheckkartengarantie dem Schecknehmer entgegenhalten, weil die Garantie nur dem materiell-berechtigten Schecknehmer gewährt wird (Baumbach/Hefermehl aaO Anhang Art. 4 ScheckG Rz 15; Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rz 837). Dasselbe gilt auch für die Scheckeinlösungsgarantie, die sich insoweit mit dem Inhalt der Scheckkartengarantie deckt (Canaris aaO Rz 731). Auch die Garantieerklärung der Beklagten kann nicht anders ausgelegt werden, als daß sie nur dem materiell-berechtigten Scheckinhaber gegenüber gilt. Dies wird besonders deutlich, wenn man an förmliche Mängel des Schecks, etwa das Fehlen der Unterschrift des Ausstellers denkt. Daß eine Scheckeinlösungsgarantie auch diesen Fall deckt, kann, wenn es nicht ausdrücklich gesagt wird, nicht angenommen werden. Die Klage scheitert also schon am fehlenden Scheckeigentum des Klägers, wenn der Darlehensvertrag gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig ist.
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2. Ist das Grundgeschäft, hier also der Darlehensvertrag, wegen Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB nichtig, berührt dies wegen der abstrakten Rechtsnatur der Scheckerklärungen grundsätzlich die Wirksamkeit der Scheckbegebungsverträge nicht (Baumbach/Hefermehl aaO Art. 17 WG Rz 50; Hopt/Mülbert aaO Rz 320). Der die Scheckeinlösung garantierenden Bank steht aber trotzdem in der Regel jedenfalls gegen den ersten Schecknehmer und unmittelbaren Garantiebegünstigten der Einwand des Rechtsmißbrauchs gegen die Geltendmachung der Rechte aus der Garantie zu, da sie nicht auf dem Umweg über die Einlösungsgarantie zur Mitwirkung an einem sittenwidrigen Geschäft gezwungen werden darf (Canaris aaO Rz 836).
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Von diesem Rechtssatz geht zwar auch das Berufungsgericht aus. Es verweigert der Beklagten aber die Berufung auf den Einwand des Rechtsmißbrauchs, weil das gesamte Geschäft (Darlehens- und Garantievertrag) für die Beklagte vorteilhaft gewesen sei, da der größte Teil der Darlehenssumme wirtschaftlich der Beklagten über das Konto der G. GmbH zugeflossen sei. Dabei hat das Berufungsgericht wesentlichen Parteivortrag außer acht gelassen und das Beweisergebnis nicht umfassend gewürdigt (Verletzung von § 286 ZPO). Der Annahme, das Darlehen sei im wesentlichen der Beklagten zugute gekommen, könnte die Aussage des Zeugen G. entgegenstehen, der G. GmbH hätten für die Durchführung von Projekten 300.000 DM gefehlt, die die Beklagte nicht habe finanzieren wollen. Der Zeuge habe deshalb zum Vorstandsmitglied R. gesagt, er wolle sich dieses Geld beim Kläger besorgen (GA 140). Der Kläger selbst hat vorgetragen, die Prozeßparteien, also der Kläger und die Beklagte, hätten einverständlich der G. GmbH durch das Darlehen ermöglichen wollen, den Geschäftsbetrieb weiterzuführen und nach und nach die Verbindlichkeiten abzubauen. Nach diesen Äußerungen stand nicht die Rückführung der Bankschulden im Vordergrund, sondern die Weiterführung des Betriebes der G. GmbH. Wenn dabei vorgesehen war, das Darlehen im wesentlichen über das Girokonto der GmbH bei der Beklagten abzuwickeln und dies zu einer Verringerung der Kontoüberziehung geführt hat, braucht dies für die Beklagte nicht vorteilhaft gewesen zu sein, wenn vorgesehen war, die GmbH über die Gelder verfügen zu lassen. Danach kommt durchaus in Betracht, daß der Garantievertrag für die Beklagte nachteilig war. Die Beweislast für das Gegenteil trägt der Kläger, da es sich insoweit um eine Ausnahme von dem Rechtssatz handelt, daß der Bank bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB in der Regel die Einrede des Rechtsmißbrauchs zusteht.
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Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand hätte das Berufungsgericht also auch nicht offenlassen dürfen, ob das Darlehen gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und deshalb nichtig ist.
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3. Liegen die Voraussetzungen des Mißbrauchs der Vertretungsmacht vor (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. Mai 1980 - II ZR 241/79, WM 1980, 953; Urteil vom 5. Dezember 1983 - II ZR 56/82, WM 1984, 305, 306; Canaris aaO Rz 170f.), braucht der Vertretene das Rechtsgeschäft grundsätzlich nicht gegen sich gelten zu lassen. Hätten das Vorstandsmitglied R. und der Prokurist H. der Beklagten mit der Scheckeinlösungsgarantie ihre Vertretungsmacht bewußt mißbraucht, und hätte der Kläger dies erkannt oder grob fahrlässig die Augen davor verschlossen, müßte die Beklagte aus dem Garantievertrag nicht haften (vgl. BGHZ 50, 112 und BGH, Urteil vom 5. Dezember 1983 aaO).
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4. Nach allem muß das Berufungsurteil, soweit die Beklagte es anficht, aufgehoben werden. Da nach dem Vortrag der Beklagten nicht ausgeschlossen werden kann, daß der Darlehensvertrag wucherisch oder in sonstiger Weise sittenwidrig und damit nichtig ist oder die Voraussetzungen des Mißbrauchs der Vertretungsmacht vorliegen, muß die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit die erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
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II. Anschlußrevision des Klägers
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Der Kläger hat in seinem Antrag in der Berufungsbegründungsschrift neben der Hauptsumme 10% Zinsen aus 30.035,60 DM seit 9. März 1982, aus 60.073,20 DM seit 17. März 1982, aus 90.106,80 DM seit 22. März 1982, aus 120.142,40 DM seit 26. März 1982 und aus 150.178 DM seit 5. April 1982 verlangt. Mit Schriftsatz vom 5. September 1988 hat er eine Bescheinigung der Sparkasse A.-S. vom 30. August 1988 vorgelegt, in der dargelegt wird, daß er seit dem 5. April 1982 "bis heute ständig Kredite bzw. Darlehen" in Höhe von mindestens 150.200 DM in Anspruch genommen habe. Weiter heißt es: "Für Kontokorrentkredite stellten wir folgende Zinsen in Rechnung". Es folgen dann Angaben über Zinssätze zwischen 8,75 und 14,5% für die Zeit zwischen dem 5. April 1982 und dem 12. Juli 1988. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 14. September 1988 stellte der Kläger hinsichtlich der Zinsforderung den Antrag, in Ergänzung seines Antrags aus der Berufungsbegründungsschrift ihm Zinsen entsprechend der Zinsbescheinigung vom 30. August 1988 zuzusprechen.
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Das Berufungsgericht hat dem Kläger Zinsen für die im Antrag der Berufungsbegründungsschrift aufgeführten Beträge lediglich in Höhe von 4% zuerkannt und die weitergehende Zinsforderung abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe den bestrittenen Zinsschaden nicht hinreichend dargetan. Nach der Zinsbescheinigung habe der Kläger "Kredite bzw. Darlehen" in Anspruch genommen, während die aufgeführten Zinssätze sich auf "Kontokorrentkredite" bezögen. Es sei aber gerichtsbekannt, daß die Zinsen für "Kredite und Darlehen" in der fraglichen Zeit erheblich niedriger gewesen seien als die Kontokorrentkreditzinsen.
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Dies greift die Revision an, soweit dem Kläger für die Zeit ab 5. April 1982 über 4% hinausgehende Zinsen aus 150.178 DM nicht zuerkannt wurden. Die Abweisung der über 4% hinausgehenden Zinsforderung für die Zeit vom 9. März 1982 bis 4. April 1982 ist daher nicht mehr im Streit.
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Die Revision rügt mit Erfolg die Verletzung von § 139 ZPO durch das Berufungsgericht. Wenn dieses Zweifel daran hegte, ob sich die mitgeteilten Zinssätze auf die vom Kläger in Anspruch genommenen Kredite bezogen, hätte es den Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf hinweisen müssen. Die Zinsbescheinigung diente ersichtlich dem Zweck des Nachweises eines Zinsschadens. Es muß daher angenommen werden, daß dies auch die ausstellende Sparkasse wußte und diese eine Bescheinigung ausstellen wollte, die ihren Zweck erfüllte. Die Möglichkeit, daß es sich bei den in der Bescheinigung verwandten Begriffen lediglich um ungenaue Bezeichnungen handelte, liegt deshalb nahe. Dies aufzuklären war Aufgabe des Berufungsgerichts, zumal der Kläger bereits im Verfahren vor dem Landgericht die Bescheinigung derselben Sparkasse vom 25. September 1986 (GA 135) vorgelegt hatte, in der dem Kläger bescheinigt wird, daß ihm seit dem 1. Februar 1982 "ständig ein Kredit in laufender Rechnung" in Höhe von 150.000 DM eingeräumt worden sei. Im Anschluß daran werden die berechneten Kontokorrentkreditzinsen aufgeführt. Wäre der Kläger auf die Bedenken des Berufungsgerichts hingewiesen worden, hätte er, wie die Revision vorbringt, durch Zeugnis des Kreditsachbearbeiters B. der Sparkasse A.-S. unter Beweis gestellt, daß er seit dem 5. April 1982 für seine Kredite die in der Zinsbescheinigung vom 30. August 1988 angeführten Zinsen habe bezahlen müssen.
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Der Verfahrensfehler des Berufungsgerichts führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit der Kläger die Abweisung der Zinsforderung angefochten hat. Die Sache muß auch insoweit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
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