Verbindlichkeit eines der Kurssicherung eines Exportgeschäfts dienenden Devisentermingeschäfts; Abgrenzung Termingeschäft - Differenzgeschäft
Leitsatz
1. Wer nicht börsentermingeschäftsfähig ist, kann Devisentermingeschäfte selbst dann nicht mit von vornherein verbindlicher Wirkung abschließen, wenn sie dem wirtschaftlich berechtigten Zweck der Kurssicherung (Hedgegeschäft) eines Exportgeschäfts dienen.
Orientierungssatz
1. Die zum Differenzgeschäft entwickelten Rechtsgrundsätze (vergleiche RG, 1923-03-28, I 420/17, RGZ 107, 22, 24; RG, 1927-06-15, I 336/26, RGZ 117, 267; RG, 1934-12-08, I 143/34, RGZ 146, 190; BGH, 1971-12-20, II ZR 156/69, BGHZ 58, 1, 5) lassen sich nicht auf Börsentermingeschäfte übertragen. Die Begriffe des Termingeschäfts und des Differenzgeschäfts sind streng auseinanderzuhalten:
1.1. Das Termingeschäft ist eine bloße Geschäftsform, die volkswirtschaftlich berechtigten und unberechtigten Zwecken dienen kann. Bei einem Börsentermingeschäft, das dem wirtschaftlich berechtigten Zweck der Kurssicherung dient, ändert sich an der Geschäftsart nichts; dh es müssen alle Voraussetzungen vorliegen, die das Börsengesetz für die Wirksamkeit der Börsentermingeschäfte verlangt. Dazu gehört die Börsentermingeschäftsfähigkeit beider Vertragspartner.
1.2. Das Differenzgeschäft ist ein materieller Begriff, es ist das Spiel im Gegensatz zu dem wirtschaftlich berechtigten Geschäft. Ein auf den bloßen Differenzausgleich gerichtetes Kurssicherungsgeschäft als wirtschaftlich berechtigtes Geschäft ist daher schon begrifflich kein (verdecktes) Differenzgeschäft iS von BGB § 764, dem der Differenzeinwand dieser Vorschrift entgegengehalten werden könnte.
















vorgehend LG Paderborn, 4. November 1986, 6 O 80/86
Vergleiche BGH 11. Zivilsenat, 22. September 1992, XI ZR 3/92



Abgrenzung RG 1. Zivilsenat, 8. Dezember 1934, I 143/34
Abgrenzung RG 1. Zivilsenat, 15. Juni 1927, I 336/26
Abgrenzung RG 1. Zivilsenat, 28. März 1923, I 420/17
Tatbestand
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Die Klägerin, eine Geschäftsbank, verlangt vom Beklagten die Zahlung des Schuldsaldos seines Girokontos im Betrage vom 31.319,44 DM.
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Der Beklagte, der während des für diesen Rechtsstreit maßgebenden Zeitraumes nicht als Kaufmann in das Handelsregister eingetragen war, baute, vertrieb und exportierte industrielle Anlagen zur Herstellung synthetischer Fasern. Im April 1985 schloß er mit der F. Corporation in Pr., Rhode Island, einen Vertrag über die Lieferung einer rechnergesteuerten Polyesterspinnmaschine zum Preis von 442.018,50 $. Von dem Kaufpreis sollten 88.403,70 $ bei der Auftragserteilung, 221.009,25 $ nach dem Probelauf in Paderborn und 132.605,55 $ nach der Produktionsaufnahme in den USA, spätestens 90 Tage nach Lieferung bezahlt werden. Wegen der Finanzierung und Abwicklung dieses Exportgeschäfts wandte sich der Beklagte an die Klägerin, die sich bereit erklärte, der F. Corporation für die erste Kaufpreisrate eine Anzahlungsgarantie zu geben, dem Beklagten die erste Rate vorzufinanzieren und die zur Kurssicherung notwendigen Devisentermingeschäfte abzuschließen.
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Am 23. April 1985 eröffnete die Klägerin für den Beklagten das Girokonto Nr. 1.503.129.900. Mit Vereinbarung vom 30. April/3. Mai 1985 gewährte die Klägerin dem Beklagten für die Anzahlungsgarantie einen Avalkredit über 300.000 DM. Am 7. Mai 1985 schloß die Klägerin, vertreten durch den für ihre Auslandsabteilung zuständigen Prokuristen W., mit dem Beklagten drei Devisentermingeschäfte. Dadurch verpflichtete sich die Klägerin, dem Beklagten gegen Lieferung von 88.400 $ in der Zeit vom 10. Mai bis 10. Juni 1985 bei einem Kurs von 3,195 DM 282.438 DM, von 221.000 $ vom 1. bis 29. November 1985 bei einem Kurs von 3,15 DM 696.150 DM und von 132.000 $ vom 2. bis 31. Dezember 1985 bei einem Kurs von 3,14 DM 416.364 DM zu bezahlen.
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Prokurist W. hatte die Devisentermingeschäfte ohne Zustimmung der bei der Klägerin intern entscheidungsberechtigten Personen abgeschlossen. Diese verweigerten die Genehmigung und verlangten, die Geschäfte rückgängig zu machen.
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Daraufhin schlossen die Parteien unter dem Datum des 9. Mai 1985 drei gegenläufige Devisentermingeschäfte. Dadurch verkaufte die Klägerin dem Beklagten folgende US-Dollar-Beträge: Per 10. Juni 1985 88.400 $ zum Kurs von 3,165 DM, per 29. November 1985 221.000 $ zum Kurs von 3,12 DM und per 31. Dezember 1985 132.600 $ zum Kurs von 3,11 DM.
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Am 10. Juni 1985 belastete die Klägerin das Girokonto des Beklagten entsprechend dem ersten Devisentermingeschäft vom 9. Mai 1985 mit dem Gegenwert von 88.400 $ in Höhe von 279.786 DM. Unter demselben Datum schrieb sie entsprechend dem ersten Devisentermingeschäft vom 7. Mai 1985 den Gegenwert für 88.400 $ im Betrage von 282.438 DM dem Girokonto gut.
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Der auf die erste Kaufpreisrate gezahlte Betrag von 88.403,70 $ wurde nicht in Deutsche Mark umgewandelt, sondern auf Wunsch des Beklagten als Tagesgeld auf einem Dollar-Konto angelegt. Dieses Dollarguthaben veräußerte die Klägerin nach vorheriger Androhung wegen einer Unterdeckung auf dem Girokonto am 30. Oktober 1985 zum Kurs von 2,64 DM und brachte dem Girokonto des Beklagten den Gegenwert von 232.261,92 DM gut. Wegen des danach noch verbliebenen Schuldsaldos von 42.396,92 DM beantragte die Klägerin am 7. November 1985 gegen den Beklagten den den vorliegenden Rechtsstreit einleitenden Mahnbescheid.
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Am 29. November und 31. Dezember 1985 belastete die Klägerin das Girokonto entsprechend dem zweiten und dritten Devisentermingeschäft vom 9. Mai 1985 mit dem Gegenwert für die vom Kläger zu übernehmenden Dollar-Beträge in Höhe von 689.520 DM und 412.386 DM. Unter denselben Daten schrieb sie aus den entsprechenden Termingeschäften vom 7. Mai 1985 die Gegenwerte für die Dollar-Beträge in Höhe von 696.150 DM und 416.364 DM dem Konto des Beklagten gut. Am 31. Dezember 1985 schloß das stets debitorisch geführte Girokonto, über das auch andere Zahlungsvorgänge als die durch die Devisentermingeschäfte ausgelösten verbucht wurden, mit einem Schuldsaldo zu Lasten des Beklagten von 31.319,44 DM ab. Dementsprechend hat die Klägerin nach Eingang des Widerspruchs des Beklagten die Klageforderung auf diesen Betrag ermäßigt und in Höhe des Differenzbetrages zum Mahnbescheid den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
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Der Beklagte tritt der Klage und der Erledigungserklärung entgegen. Er ist der Ansicht, die Devisentermingeschäfte vom 7. Mai 1985 seien für die Klägerin verbindlich gewesen. Mit den darauf beruhenden Gutschriften habe die Klägerin lediglich ihre Verpflichtungen aus diesen Geschäften erfüllt. Hingegen seien die Termingeschäfte vom 9. Mai 1985 unverbindlich gewesen und deshalb die darauf beruhenden Kontobelastungen unwirksam. Zu Unrecht habe die Klägerin ferner 390 DM für Überziehungsprovision angesetzt. Im übrigen bestreitet der Beklagte eine Reihe weiterer Posten des Girokontos, die die Klägerin erst in der Berufungsinstanz substantiiert dargelegt hat. Hilfsweise rechnet er mit einer Schadensersatzforderung von 211.192,02 DM auf. In dieser Höhe habe er bei der zweiten und dritten Kaufpreisrate wegen der fehlenden Kurssicherung durch den fallenden Dollarkurs Verluste erlitten. Er habe nicht erkannt gehabt, daß durch den Abschluß der "Gegendevisentermingeschäfte" vom 9. Mai 1985 die Kurssicherung entfallen sei. Darauf habe ihn die Klägerin pflichtwidrig nicht hingewiesen.
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Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag und die Erledigungserklärung weiter.
Entscheidungsgründe
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I. Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht vertreten war, ist über die Revision antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO; vgl. BGHZ 37, 79, 81). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ aaO S. 82).
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II. Die Revision ist begründet.
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1. Die Klägerin macht den Saldo eines unstreitig ohne Rechnungsabschluß und Saldoanerkenntnis beendeten Kontokorrentverhältnisses geltend. Die in das Kontokorrent aufgenommenen Einzelposten bestehen weiter fort (BGHZ 93, 307, 311 m.w.Nachw.). Der Gläubiger des Überschusses hat die Aktivposten zu begründen, der Gegner die Passivposten (BGH, Urt. v. 27. Juni 1988 - II ZR 283/87, ZIP 1988, 1102, 1103; Baumbach/Duden/Hopt, HGB 27. Aufl. § 355 Anm. 7 B). Davon geht auch das Berufungsgericht aus, wenn es ausführt: Aus den den einzelnen Belastungsbuchungen zugrunde liegenden Rechtsgeschäften ergebe sich die Richtigkeit des eingeklagten Schuldsaldos nicht. Die Klägerin habe das Girokonto des Beklagten am 10. Juni 1985 nicht mit 279.786 DM aus dem ersten "Gegengeschäft" vom 9. Mai 1985 belasten dürfen. Die Forderung der Klägerin aus diesem Geschäft sei unverbindlich, weil es sich um ein unwirksames Devisentermingeschäft gehandelt habe. Berücksichtige man diese Belastungsbuchung nicht, ergäbe sich weder bei Rechtshängigkeit noch später eine Schuld des Beklagten.
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Bei dieser Überlegung hat das Berufungsgericht außer acht gelassen, daß sämtliche auf den Devisentermingeschäften beruhenden Buchungen unwirksam sind. Wenn sie unberücksichtigt bleiben, ergibt sich rechnerisch ein die Klageforderung um 13.260 DM übersteigender Schuldsaldo zu Lasten des Beklagten.
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2. Devisentermingeschäfte, wie sie die Parteien abgeschlossen haben, sind inoffizielle Börsentermingeschäfte, die hinsichtlich des Differenzeinwandes den offiziellen gleichgestellt sind (BGH, Urt. v. 15. Oktober 1979 - II ZR 144/78, LM BGB § 762 Nr. 5 = WM 1979, 1381). Sie sind nur verbindlich, wenn beide Vertragspartner börsentermingeschäftsfähig sind. Daran fehlt es beim Beklagten, da er bei Vertragsabschluß nicht als Kaufmann in das Handelsregister eingetragen war (§ 53 Abs. 1 BörsG) und der Parteivortrag auch keine Anhaltspunkte dafür gibt, daß er zur Zeit des Geschäftsabschlusses oder früher berufsmäßig Börsentermingeschäfte betrieben hat (§ 53 Abs. 2 Nr. 1 BörsG).
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An der Unverbindlichkeit der Devisentermingeschäfte ändert sich auch dann nichts, wenn man in Betracht zieht, daß sich der Beklagte mit den Geschäften vom 7. Mai 1985 gegen einen Verfall des Dollarkurses in der Zeit bis zum Eingang der in US-Dollar zu zahlenden Kaufpreisraten sichern wollte.
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Das Reichsgericht hat allerdings in ständiger Rechtsprechung wirtschaftlich berechtigte Sicherungs-(Hedge-)geschäfte in der Form des verdeckten Differenzgeschäfts gegenüber spekulativen Geschäften dieser Art privilegiert, indem es sie für vollwirksam angesehen und vom Differenzeinwand gemäß § 764 BGB ausgenommen hat. Das Charakteristische dieser Geschäftsform ist die Verbindung eines auf tatsächliche Lieferung von Ware gerichteten Hauptgeschäftskaufs oder -verkaufs mit einem daneben laufenden sogenannten Termingeschäft, das grundsätzlich nur dazu dienen soll, das in dem Hauptgeschäft liegende und durch plötzliche und unvorhersehbare Kursschwankungen bedingte Risiko in geeigneter Weise auszugleichen (RGZ 107, 22, 24; 117, 267; 146, 190; BGHZ 58, 1, 5). Nach dieser Rechtsprechung will § 764 BGB wirtschaftlich berechtigte Geschäfte nicht treffen, bei denen die Gegendeckung nur dem Zweck einer Sicherung gegen Verluste aus nicht voraussehbaren Schwankungen der Marktlage dient (RGZ 117, 267, 269).
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Es kann offen bleiben, ob diese Erwägungen hier schon deshalb außer Betracht zu lassen sind, weil der Kurssicherungszweck der Geschäfte vom 7. Mai 1985 durch den Abschluß der gegenläufigen Geschäfte unter dem Datum vom 9. Mai 1985 im Ergebnis aufgehoben worden ist. Jedenfalls lassen sich die zum Differenzgeschäft entwickelten Rechtsgrundsätze nicht auf Börsentermingeschäfte übertragen. Die Begriffe des Termingeschäfts und des Differenzgeschäfts sind streng auseinanderzuhalten. Das Termingeschäft ist eine bloße Geschäftsform, die volkswirtschaftlich berechtigten und unberechtigten Zwecken dienen kann. Das Differenzgeschäft dagegen ist ein materieller Begriff, "es ist das Spiel im Gegensatz zu dem wirtschaftlich berechtigten Geschäft" (Nußbaum, Die Börsengeschäfte in Ehrenbergs Hdb. Bd. IV/2 S. 541, 630). Daraus folgt, daß ein auf den bloßen Differenzausgleich gerichtetes Kurssicherungsgeschäft als wirtschaftlich berechtigtes Geschäft schon begrifflich kein (verdecktes) Differenzgeschäft im Sinne von § 764 BGB ist. Demgegenüber ändert sich bei einem Börsentermingeschäft, das dem wirtschaftlich berechtigten Zweck der Kurssicherung dient, an der Geschäftsart nichts; d.h. es müssen alle Voraussetzungen vorliegen, die das Börsengesetz für die Wirksamkeit der Börsentermingeschäfte verlangt. Dazu gehört die Börsentermingeschäftsfähigkeit beider Vertragspartner (Brandes, Der Börsenterminhandel unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in "Zweihundert Jahre Geld und Brief", S. 287, 297; Häuser/ Welter, WM 1985 Sonderbeilage Nr. 8 S. 6/7; Soergel/Häuser, BGB 11. Aufl. § 764 Rz 12). Ein Kurssicherungsgeschäft in der Form des Börsentermingeschäfts ist somit bei fehlender Termingeschäftsfähigkeit unverbindlich.
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Es mag im Ergebnis unbefriedigend erscheinen, Hedgegeschäfte den Wirksamkeitsvoraussetzungen des § 52 BörsG zu unterwerfen und damit dem nicht im Handelsregister eingetragenen Kaufmann die Möglichkeit von vornherein verbindlicher Kurssicherungsgeschäfte an der Börse zu nehmen. Eine Subjektivierung des Begriffs der Börsentermingeschäfte, wie sie Kümpel (WM 1982, Sonderbeilage Nr. 6 S. 6f.; ders., WM 1986, 661, 662f.) und - mit anderer Begründung - von Hellwig/de Lousanoff (Festschrift für Stiefel, 1987 S. 309 f.) befürworten, widerspräche dem Zweck des Börsengesetzes, mit der besonderen Börsentermingeschäftsfähigkeit für den damit angesprochenen Personenkreis eine "Börsenrechtssphäre" zu schaffen, die dem Börsenterminhandel volle Freiheit einräumt (vgl. Soergel/Häuser aaO Rz 23 und 11 m.w.Nachw.; MünchKomm/Pecher, 2. Aufl. § 764 Rz 8 Fußn. 22). Daraus folgt, daß es gerade keine Rolle spielen sollte, ob es sich bei den verbindlichen Börsentermingeschäften um wirtschaftlich berechtigte oder um spekulative Geschäfte handelt. Dafür spricht auch die Regelung in § 57 BörsG, wonach ein nicht verbotenes Börsentermingeschäft als von Anfang an verbindlich gilt, wenn der eine Teil bei oder nach dem Eintritte der Fälligkeit sich dem anderen Teile gegenüber mit der Bewirkung der vereinbarten Leistung einverstanden erklärt und der andere Teil diese Leistung an ihn bewirkt hat. Gehörte es zum Begriff des Börsentermingeschäfts, daß damit kein wirtschaftlich gerechtfertigter Zweck verfolgt wird (Kümpel aaO), wäre diese Vorschrift überflüssig. Sie hat ihren Grund darin, daß Börsentermingeschäfte vereinzelt zu Anlagezwecken oder zur tatsächlichen Verwendung der Ware geschlossen werden und es geboten erscheint, solche wirtschaftlich dem Kassahandel nahestehenden Geschäfte rechtswirksam zuzulassen, weil sie wirtschaftlich berechtigten Zwecken dienen (BGHZ 92, 317, 324). Fielen Börsentermingeschäfte, die wirtschaftlich berechtigten Zwecken dienen, ohnehin nicht unter das Börsengesetz, hätte es dieser Ausnahmeregelung nicht bedurft (vgl. dazu Nußbaum, BankArch. 1911/12 S. 295f.).
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Im Ergebnis ist daher festzustellen, daß sämtliche Devisentermingeschäfte der Parteien unverbindlich sind.
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3. Daran hat sich durch die Einstellung der aus den Geschäften herrührenden (unverbindlichen) Forderungen und Verbindlichkeiten in das Kontokorrent nichts geändert. Die Unverbindlichkeit der Börsentermingeschäfte hat zur Folge, daß gegenseitige Ansprüche nur insoweit bestehen, als erbrachte Leistungen grundsätzlich zurückzuzahlen sind. Eine Ausnahme davon macht § 55 BörsG. Danach kann das aufgrund des Geschäfts Geleistete nicht deshalb zurückgefordert werden, weil für den Leistenden nach den §§ 52 bis 54 BörsG eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Es muß sich dabei allerdings um eine Leistung handeln, die zur Erfüllung einer - wenn auch unverbindlichen - Schuld erbracht worden ist. Die Schuld ist erst erfüllt, wenn das Schuldverhältnis endgültig und unbedingt gelöst ist und keine weitere persönliche Verbindlichkeit des Schuldners zurückläßt (BGH, Urt. v. 15. Oktober 1979 - II ZR 144/78, WM 1979, 1381, 1383 für das gleichliegende Problem beim Differenzgeschäft).
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Die Habenbuchungen aus den Devisentermingeschäften vom 7. Mai 1985 auf dem Konto des Beklagten sind keine Leistungen der Klägerin im Sinne des § 55 BörsG. Die Gutschrift auf dem Girokonto ist ein abstraktes Schuldanerkenntnis oder Schuldversprechen der Bank gegenüber dem Kunden. Die Bank, die aus Devisentermingeschäften Zahlungen "schuldet", bewirkt dadurch lediglich eine Ersatzerfüllung, indem sie zum Zwecke der Erfüllung ihrer Schuld eine neue Verbindlichkeit eingeht. Dabei handelt es sich aber gemäß § 59 BörsG wiederum nur um eine Naturalobligation, durch die die nicht einklagbare Schuld nicht endgültig getilgt wird (BGH, Urt. v. 15. Oktober 1979 aaO; BGHZ 93, 307, 311). Die dem Beklagten aufgrund der Devisentermingeschäfte erteilten Gutschriften sind daher bei der Berechnung des Überschusses aus dem Kontokorrent nicht zu berücksichtigen.
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Dasselbe gilt für die Belastungsbuchungen aufgrund der Geschäfte vom 9. Mai 1985. Eine Belastungsbuchung auf dem Girokonto ist ein bloßer Realakt mit rein deklaratorischer Wirkung (Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. 1988 Rdn. 345). Auch sie stellt deshalb keine Leistung des Beklagten an die Klägerin im Sinne von § 55 BörsG dar. Dies wäre selbst dann nicht der Fall, wenn der Beklagte sie anerkannt hätte und man darin eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Beklagten sehen wollte. Deren Wirksamkeit würde, jedenfalls bei einem - wie hier - ausschließlich auf debitorischer Grundlage geführten Girokonto, ebenfalls an § 59 BörsG scheitern. Dies hat zur Folge, daß auch die Belastungsbuchungen aufgrund der Devisentermingeschäfte bei der Berechnung des Überschusses außer Betracht gelassen werden müssen.
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4. Das angefochtene Urteil läßt sich aus diesen Gründen nicht aufrechterhalten. Die Sache muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, das nunmehr die Berechtigung der anderen in das Kontokorrent eingestellten, zum Teil umstrittenen Posten prüfen und feststellen muß, ob sich ein Überschuß zugunsten der Klägerin ergibt (GA 258f., 285).
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Sollte dies der Fall sein, wird sich die Frage stellen, ob die Hilfsaufrechnung des Beklagten durch Nr. 2.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, auf die sich diese im Berufungsrechtszug berufen hat, wirksam ausgeschlossen ist (vgl. dazu BGH, Urt. v. 17. Februar 1986 - II ZR 285/84, WM 1986, 477).
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