Scheckinkassoauftrag zur Gutschrift des Erlöses auf dem Konto eines Dritten: Pfand- und Sicherungsrechte der Sparkasse; Gutschriftanspruch des Begünstigten
Leitsatz
1. Eine Sparkasse, der ein Scheck zum Einzug und zur Gutschrift des Erlöses auf dem Konto eines Dritten eingereicht wird, erlangt weder Sicherungseigentum noch ein Pfandrecht an dem Scheck, auch wenn das Girokonto des Einreichers einen Schuldsaldo aufweist.
2. Wird das Konto des Begünstigten bei der mit dem Scheckeinzug beauftragten Sparkasse geführt, entsteht für diesen aufgrund seines Girovertrages ein Anspruch auf Gutschrift des Erlöses, sobald die Sparkasse Deckung für den Inkassoerlös erlangt.
Orientierungssatz
1. Zitierungen zu Pfand- und Sicherungsrechten der Bank an ihr mit besonderer Zweckbestimmung zugeleiteten Werten: Fortführung BGH, 1970-12-21, II ZR 52/68, WM IV 1971, 178; BGH, 1972-11-30, II ZR 115/71, WM IV 1973, 167; BGH, 1979-04-04, VIII ZR 96/78, BGHZ 74, 129, 132.














vorgehend LG Bochum, 1. Juli 1987, 2 O 153/87



Fortführung BGH, 30. November 1972, II ZR 115/71
Fortführung BGH, 21. Dezember 1970, II ZR 52/68
Tatbestand
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Die Klägerin verlangt von der verklagten Sparkasse die Gutschrift des Erlöses aus einem Scheckinkassoauftrag.
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Die O. GmbH & Co. KG stand mit der Beklagten in Geschäftsverbindung. Sie unterhielt ein Girokonto und nahm Geschäftskredite in Anspruch. Diese hatte die Beklagte am 17. Oktober 1986 gekündigt. Am 25. Februar 1987 reichte der Geschäftsführer Sch. der O. Verwaltungs-GmbH, der Komplementärin der O. KG, bei der Beklagten einen Scheck über 50.000 DM zum Einzug ein mit dem Auftrag, den Inkassoerlös dem Girokonto der Klägerin bei der Beklagten gutzuschreiben. Den Scheck, der das Ausstellungsdatum vom 25. Februar 1987 trug, hatte die mit der O. KG in Geschäftsverbindung stehende belgische S. NV an deren Order ausgestellt. Die Beklagte zog den Scheck ein und schrieb den Erlös nicht dem Konto der Klägerin, sondern - wie sie behauptet - dem Girokonto der O. KG gut.
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Die Klägerin hat behauptet, die O. KG habe ihr mit Schreiben vom 18. Februar 1987 den Scheck übereignet, weil sie darlehensweise Verbindlichkeiten der KG in Höhe von über 55.000 DM getilgt gehabt habe. Sch. habe deshalb der Beklagten den Inkassoauftrag in ihrem Namen erteilt.
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Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem näher bezeichneten Girokonto der Klägerin bei der Beklagten den Betrag von 50.000 DM gutzuschreiben.
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Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Übereignung des Schecks an die Klägerin bestritten und behauptet, die O. KG habe nach der Kündigung der Kredite eingehende Zahlungen nicht mehr über ihr Geschäftskonto bei ihr, sondern über Privatkonten von Mitarbeitern und deren Angehörigen laufen lassen. Diese hätten damit Verbindlichkeiten der O. KG gegenüber Dritten erfüllt. So sei es auch im Falle der Klägerin, die der O. KG keine Darlehen gewährt habe, gehandhabt worden. Da der Scheck Eigentum der O. KG gewesen sei, habe sie gemäß Nr. 21 AGB-Sparkassen daran ein Pfandrecht erworben, das sie zur Verwertung des Scheckerlöses berechtigt habe. Im übrigen seien die Rechtsgeschäfte zwischen der Klägerin und der O. KG, die dem Zweck dienten, an sich der Beklagten gebührende Mittel an dieser vorbeizuleiten, nach dem Anfechtungsgesetz anfechtbar, gemäß § 138 BGB nichtig und stellten eine sittenwidrige Schädigung im Sinne von § 826 BGB dar.
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Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
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1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Herausgabe des durch den Scheckeinzug erlangten Inkassoerlöses zu. Die Beweisaufnahme habe nicht ergeben, daß die O. KG den Scheck der Klägerin übereignet habe. Die KG sei somit bei Einreichung des Schecks noch dessen Eigentümerin gewesen. Deshalb habe die Beklagte gemäß Nr. 21 Abs. 1 AGB-Sparkassen mit dem Besitz ein Pfandrecht erworben, das sie wegen des fälligen Anspruchs auf Rückzahlung des gekündigten Darlehens zur Verwertung des Erlöses berechtigt habe.
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Diese Auffassung greift die Revision mit Erfolg an.
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2. Die Beklagte könnte auf den Erlös aus dem Scheckinkasso als Sicherheit für die Schulden der O. KG nur zugreifen, wenn sie bei Hereinnahme des Schecks zum Einzug und zur Gutschrift auf das Konto der Klägerin am 25. Februar 1987 Sicherungseigentum oder ein Pfandrecht daran erlangt hätte. Das ist jedoch selbst dann nicht der Fall, wenn Sch. - was das Berufungsgericht offen gelassen hat - den Einziehungsauftrag nicht im Namen der Klägerin, sondern für die O. KG (vgl. BGHZ 62, 216; BGH, Urteil vom 12. Dezember 1983 - II ZR 238/82, WM 1984, 197) erteilt haben sollte.
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a) Es entspricht den Gepflogenheiten im Bankverkehr, daß eine Bank, die ein eigenes Sicherungsinteresse hat, die ihr zum Einzug übergebenen Schecks gleichzeitig als Mittel für ihre eigene Sicherung entgegennimmt und sie sich deshalb sicherungshalber übereignen läßt. Ein eigenes schutzwürdiges Interesse der Bank besteht insbesondere, wenn - wie hier bei Unterstellung, daß der Auftrag namens der O. KG erteilt wurde - das Konto des Kunden und Auftraggebers einen Schuldsaldo aufweist (BGHZ 5, 285; BGH, Urteil vom 11. November 1976 - II ZR 2/75, WM 1977, 49; BGHZ 69, 27; 95, 149, 154). Wenn die O. KG den Scheck zum Einzug auf ihr eigenes Konto bei der Beklagten eingereicht hätte, hätte die Beklagte daran Sicherungseigentum, zumindest aber gemäß Nr. 21 Abs. 1 AGB-Sparkassen in der Fassung vom Januar 1986 ein Pfandrecht erlangt. Nach dieser Bestimmung dienen Wertgegenstände jeder Art, die in den Besitz oder sonst in die Verfügungsmacht irgendeiner Stelle der Sparkasse gelangen oder gelangt sind, als Pfand für alle bestehenden ... Ansprüche der Sparkasse gegen den Kunden. Zu den Wertgegenständen zählen nach Nr. 21 Abs. 1 Satz 3 AGB-Sparkassen auch Schecks.
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Weder Sicherungseigentum noch Pfandrecht entstehen, wenn der Bank Werte mit einer besonderen Zweckbestimmung zugeleitet werden. Dies hat die Rechtsprechung für Schecks, Wechsel und die Bareinzahlung entschieden (BGH, Urteile vom 21. Dezember 1970 - II ZR 52/68, WM 1971, 178; vom 30. November 1972 - II ZR 115/71, WM 1973, 167; BGHZ 74, 129, 132; Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 750 und 2. Aufl. Rdn. 2664; vgl. für die etwas anders gelagerte Problematik beim Wechseldiskont BGH, Urteil vom 17. September 1984 - II ZR 23/84, WM 1984, 1391 = ZIP 1984, 1322).
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Nichts anderes kann gelten, wenn die Bank - wie hier - beauftragt wird, den Scheck einzuziehen und den Erlös dem Konto eines Dritten gutzuschreiben. Wenn sie den Auftrag annimmt, ist sie verpflichtet, ihn ordnungsgemäß auszuführen. Dazu gehört die Gutschrift auf dem Konto der Klägerin. Da dieses bei der Beklagten geführt wurde, entstand für die Klägerin aufgrund ihres Girovertrages mit der Beklagten in dem Augenblick, in dem diese Deckung für den Inkassoerlös erlangte, ein Anspruch auf Gutschrift in Höhe der Schecksumme, denn die Bank des Überweisungsempfängers ist verpflichtet, bei ihr eingehende Zahlungen für den Kunden diesem durch Gutschrift auf dessen Konto gutzubringen (vgl. Canaris, aaO 3. Aufl. Rdn. 399 m.w.Nachw.). Die mit dem Inkassoauftrag verbundene Weisung, den Erlös dem Konto eines anderen Kunden der Inkassobank gutzuschreiben, kann nach Eingang der Deckung rechtlich nicht anders beurteilt werden, als wenn von vornherein ein Betrag zugunsten dieses Kunden bar eingezahlt worden wäre. In diesem Falle erlangt der Inhaber des begünstigten Kontos sofort einen Anspruch auf Gutschrift des eingezahlten Betrages.
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Die Klägerin kann also, wenn die O. KG den Inkassoauftrag erteilt hatte, von der Beklagten die Gutschrift des Scheckbetrages auf ihrem Konto verlangen.
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b) Dasselbe gilt, wenn der Inkassoauftrag namens der Klägerin erteilt worden ist. Auch in diesem Falle ist der Scheck, selbst wenn er noch im Eigentum der O. KG gestanden haben sollte, der Beklagten mit der besonderen Zweckbestimmung, nämlich zur Gutschrift auf dem Konto der Klägerin, übergeben worden.
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c) Aus den vorstehenden Darlegungen folgt, daß der Anspruch der Klägerin auf Gutschrift des Scheckbetrages auf ihrem Konto unabhängig davon besteht, ob die O. KG bis zur Einlösung des Schecks dessen Eigentümerin geblieben ist. Es braucht daher nicht auf die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen gegen die Feststellung des Berufungsgerichts eingegangen zu werden, die Klägerin habe ihr Eigentum am Scheck nicht nachgewiesen.
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3. Die Revisionserwiderung weist darauf hin, die Beklagte habe im Berufungsverfahren vorgetragen, bei dem "Scheckgeschäft" zwischen der Klägerin und der O. KG habe es sich um eine nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG anfechtbare Rechtshandlung gehandelt. Sie vertritt die Auffassung, dies berechtige die Beklagte gemäß § 5 AnfG, den Anfechtungsanspruch im Wege der Einrede gegen die Klageforderung zu verfolgen. Die Erhebung dieser Einrede sei in dem Vorbringen in der Berufungsinstanz zu sehen.
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Es braucht nicht geprüft zu werden, ob die Voraussetzungen für eine Anfechtung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG vorliegen, weil dieser Anspruch jedenfalls daran scheitert, daß die Beklagte die Einrede in der Tatsacheninstanz nicht erhoben hat. Dem Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz, den der Senat frei und selbständig zu prüfen und auszulegen hat (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 1976 - II ZR 107/74, WM 1976, 1230, 1231 m.w. Rechtsprechungsnachweisen), läßt sich nicht entnehmen, daß diese den Anfechtungsanspruch durch Einrede geltend machen wollte. Die Beklagte hat die nach ihrer Ansicht bestehende Anfechtbarkeit unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 26. Januar 1973 - V ZR 53/71, WM 1973, 303) ausschließlich als Argument für die Sittenwidrigkeit des Zusammenspiels der Klägerin mit der O. KG benutzt. Sie war, wie sich aus dem Zusammenhang ihrer Ausführungen ergibt, der Ansicht, daß es der Anfechtung nach § 3 AnfG nicht bedürfe, weil die Geschäfte ohnedies nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig seien. Schon deswegen liegt in der Erwähnung der Anfechtbarkeit nicht die Erhebung der Einrede nach § 5 AnfG. Im übrigen hat die Beklagte in der Berufungsinstanz nicht vorgetragen, daß sie einen vollstreckbaren Schuldtitel im Sinne des § 2 AnfG gegen die O. KG erlangt habe; sie hat auch keinen Antrag auf Bewilligung einer Frist zur Beibringung eines solchen Titels nach § 5 AnfG gestellt (vgl. dazu Böhle-Stamschräder/Kilger, Anfechtungsgesetz, 7. Aufl. § 5 Anm. 7 a.E.). In der Revisionsinstanz läßt sich die Erhebung der Einrede nicht nachholen, da sie nur bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorgebracht werden kann (Böhle-Stamschräder/Kilger aaO Anm. 3).
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4. Da der Klägerin ein nicht einredebehafteter Anspruch auf Gutschrift des Scheckinkassoerlöses zusteht, hat das Landgericht der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Das zum gegenteiligen Ergebnis gelangende Berufungsurteil war daher aufzuheben und das landgerichtliche Urteil wieder herzustellen.
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