Verteilung des Fälschungsrisikos im Sammelüberweisungsverfahren
Leitsatz
1. Zur Frage der Verteilung des Fälschungsrisikos bei der Sammelüberweisung.



















vorgehend LG Amberg, 15. Februar 1990, 1 O 817/89
Anschluß Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen 1. Zivilsenat, 1. Dezember 1993, 1 U 86/93



Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Girovertrag.
- 2
Die Klägerin wickelte bis zum 31. Dezember 1985 die monatlichen Lohnzahlungen an ihre ca. 180 Arbeitnehmer über ein Konto bei der Beklagten im Wege eines sogenannten Sammelüberweisungsverfahrens ab. Sie leitete der Beklagten jeweils einen Sammelüberweisungsträger (Anlage K 4) zu, der neben der Anzahl der Einzelüberweisungen, dem Gesamtbetrag und der Unterschrift der zeichnungsberechtigten Mitarbeiter folgenden Text enthielt:
- 3
"Führen Sie bitte zu Lasten meines/unseres Kontos die als Anlage beigefügten Überweisungen über nachstehenden Betrag aus".
- 4
Die dem Sammelüberweisungsauftrag beigefügten, nicht unterzeichneten Einzelüberweisungsträger wiesen Namen und Bankverbindungen derjenigen Arbeitnehmer aus, an die Löhne auszuzahlen waren. Darüber hinaus erhielt die Beklagte mit dem Sammelüberweisungsauftrag noch die Kopie einer Computerliste, auf der ebenfalls die Namen der Überweisungsempfänger nebst Bankverbindung und auszuzahlendem Einzelbetrag sowie eine betriebsinterne Personalnummer der Klägerin verzeichnet waren. Diese Computerliste - auch als Bankbegleitliste bezeichnet - wurde im Betrieb der Klägerin mit den allmonatlichen Lohnabrechnungen gefertigt und im Original zusammen mit dem Sammelauftrag und den Einzelüberweisungsträgern den unterzeichnungsbefugten Mitarbeitern zur Prüfung und Unterschrift vorgelegt. Nach Unterzeichnung des Sammelüberweisungsträgers erhielt die zuständige Buchhaltungskraft, der auch die Erstellung der Überweisungsträger und der Computerliste oblag, sämtliche Unterlagen zurück und leitete sie an die Beklagte weiter.
- 5
In der Zeit von 1978 bis 1988 war die seit 1959 bei der Klägerin angestellte Buchhalterin F. für die Lohnanweisung zuständig. Diese begann im Jahre 1978 damit, Sammelüberweisungsaufträge zu ihren Gunsten zu verfälschen. Dabei ging sie auf folgende Weise vor:
- 6
Sie führte in der Datei des Personalcomputers bereits ausgeschiedene Mitarbeiter als beschäftigt weiter, ordnete ihnen bei der allmonatlichen Lohnabrechnung fiktive, sich im bei der Klägerin üblichen Rahmen haltende Lohnbeträge zu und nahm die ausgeschiedenen Arbeitnehmer mit den für sie angewiesenen Löhnen sowohl in die Computerliste als auch in entsprechende Einzelüberweisungsträger auf. Nach Erstellung des über den Gesamtbetrag der auszuzahlenden Löhne lautenden Sammelüberweisungsträgers legte sie sämtliche Unterlagen den unterschriftsberechtigten Mitarbeitern der Klägerin vor, die nicht bemerkten, daß sie Löhne für bereits ausgeschiedene Arbeitnehmer anwiesen. Vor der Weiterleitung der Unterlagen an die Beklagte machte die Angestellte F. entweder die Namen und Daten der ausgeschiedenen Mitarbeiter unkenntlich oder schnitt die betreffenden Teile der Liste heraus und fügte die Liste wieder zusammen. Die herausmanipulierten Namen ersetzte sie hand- oder maschinenschriftlich durch die Namen "F." und "H." unter Angabe von Bankkonten, auf die sie Zugriff hatte. Von der so verfälschten Liste erstellte sie eine Kopie, die sie den an die Beklagte weiterzuleitenden Überweisungsträgern beilegte. Die entsprechenden Einzelüberweisungsträger paßte sie der geänderten Liste an. Die Beklagte führte die Überweisungsaufträge ohne Rückfrage aus. Dadurch wurden in dem genannten Zeitraum zu Lasten des Girokontos der Klägerin über 1,3 Millionen DM auf der Mitarbeiterin F. zugängliche Konten überwiesen.
- 7
Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Wege der Teilklage die Erstattung der in den Jahren 1978 und 1979 fehlgeleiteten Beträge. Sie ist der Ansicht, die Beklagte habe gegen die ihr obliegende Pflicht verstoßen, die Überweisungsaufträge zu prüfen und angesichts der Manipulationen bei der Klägerin rückzufragen. Die Zahlungen an die ehemalige Mitarbeiterin seien daher nicht mit befreiender Wirkung erfolgt; jedenfalls stehe ihr, der Klägerin, ein Schadensersatzanspruch zu.
- 8
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.
Entscheidungsgründe
- 9
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
I.
- 10
Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin aus dem Girovertrag verneint und zur Begründung ausgeführt:
- 11
Die Beklagte habe auch die Überweisungen auf die Konten der ehemaligen Mitarbeiterin F. mit befreiender Wirkung vorgenommen. Zwar treffe das Fälschungsrisiko im Überweisungsverkehr grundsätzlich die Bank. Hier müsse die Klägerin jedoch ausnahmsweise ähnlich wie im Fall des Blankettmißbrauchs für den entstandenen Schaden einstehen. Da die Sammelüberweisungsträger selbst nicht verfälscht worden seien, habe die Klägerin die Beklagte trotz der vorausgegangenen Manipulationen bewußt angewiesen, die auf den Sammelüberweisungsträgern angegebenen Beträge zu überweisen. Den dadurch geschaffenen Rechtsschein, diese Beträge seien korrekt, müsse sie sich entgegenhalten lassen. Die Beklagte habe auch die Verfälschung der Einzelüberweisungsträger und der Computerlisten nicht erkennen müssen, denn der Überweisungsauftrag habe seinem äußeren Erscheinungsbild nach den Eindruck der Echtheit erweckt. Für die hand- oder maschinenschriftlichen Einfügungen sei eine Vielzahl unverdächtiger Gründe in Betracht gekommen. Dies gelte um so mehr, als die im Sammelüberweisungsträger genannten Beträge jeweils mit der Summe der Einzelbeträge übereingestimmt haben. Angesichts der schuldbefreienden Wirkung der ausgeführten Überweisungen könne dahinstehen, ob der Beklagten aufrechenbare Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin aus Vertragsverletzung zustünden.
II.
- 12
Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand. Die Ausführung der verfälschten Sammelüberweisungsaufträge durch die Beklagte begründet weder einen Rückerstattungsanspruch der Klägerin aus §§ 675, 667 BGB noch Schadensersatzansprüche wegen positiver Vertragsverletzung. Vielmehr hat die Beklagte das Konto der Klägerin auch in Höhe der fehlgeleiteten Beträge zu Recht in Erfüllung eines ihr zustehenden Aufwendungsersatzanspruchs (§ 670 BGB) belastet.
- 13
1. Im Überweisungsverkehr trägt allerdings nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig die Bank und nicht der Kunde das Risiko, daß Überweisungsaufträge gefälscht oder inhaltlich verfälscht werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 1967 - Ib ZR 169/65, WM 1967, 1142; Beschluß vom 25. Januar 1985 - III ZR 138/84, WM 1985, 511; Urteil vom 20. Juni 1990 - XII ZR 93/89, WM 1990, 1280, 1281). Hiervon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Die Überweisung aufgrund eines gefälschten Überweisungsauftrags steht einer von vornherein fehlenden Anweisung gleich; mangels wirksamen, auf den Bankkunden zurückzuführenden Auftrags ist die Bank zu einer Belastung des Kontos nicht ermächtigt. Diese grundsätzliche Risikoverteilung läßt sich damit rechtfertigen, daß der Kunde mit einem gefälschten Überweisungsauftrag in aller Regel nicht in Berührung kommt, während die Bank durch sorgfältige Prüfung, ob der Auftrag seinem äußeren Erscheinungsbild nach den Eindruck der Echtheit vermittelt, zu einer besseren Beherrschung des Fälschungsrisikos imstande ist (vgl. Canaris Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 368).
- 14
2. Eine andere Risikoverteilung kommt jedoch in Betracht, wenn der Kunde durch sein Verhalten einen Vertrauenstatbestand bezüglich der Echtheit des Überweisungsauftrags geschaffen hat, auf den die Bank sich verlassen durfte. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß das Fälschungsrisiko ausnahmsweise den Kunden nach Rechtsscheingrundsätzen treffen kann, wenn er etwa Überweisungsformulare blanko unterzeichnet oder bewußt unvollständig ausfüllt; einen verfälschten Auftrag muß er dann nach den allgemeinen Regeln des Blankettmißbrauchs entsprechend §§ 242, 172, 405 BGB gegen sich gelten lassen (vgl. Canaris aaO Rdn. 370; Kindermann in BuB Rdn. 6/165; Hopt WuB I D 1 3.85; Peterhoff WuB I D 1 1.91; OLG Koblenz WM 1984, 206, 208). Entgegen der Ansicht der Revision begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht hier die verfälschten Sammelüberweisungsaufträge nach Rechtsscheingesichtspunkten zu Lasten der Klägerin als wirksam behandelt hat.
- 15
a) Nach den in Analogie zu § 172 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätzen des sogenannten Blankettmißbrauchs muß derjenige, der ein Blankett mit seiner Unterschrift aus der Hand gibt, auch bei einer seinem Willen nicht entsprechenden Ausfüllung des Blanketts den dadurch geschaffenen Inhalt der Urkunde einem redlichen Dritten gegenüber, dem die Urkunde vorgelegt wird, als seine Willenserklärung gegen sich gelten lassen (vgl. BGHZ 40, 65, 68 und 297, 304 f.; 113, 48, 53, jeweils m.w.Nachw.). Damit soll dem Schutzbedürfnis des redlichen Dritten Rechnung getragen werden, der auf den äußeren Schein und Bestand einer schriftlichen Willenserklärung vertraut, weil er ihr nicht ansehen kann, daß es sich um ein abredewidrig ausgefülltes und in Verkehr gebrachtes Blankett handelt (vgl. BGHZ 40, 305). Unter welchen Voraussetzungen dieser Rechtsgedanke auf die inhaltliche Verfälschung von Sammelüberweisungsaufträgen übertragen werden kann, läßt sich nicht generell beantworten. Dies hängt vielmehr entscheidend von der Art und Weise des jeweiligen Sammelgiroverfahrens ab. Im vorliegenden Fall rechtfertigt die vom Berufungsgericht festgestellte Ausgestaltung des von der Klägerin praktizierten Sammelüberweisungsverfahrens die entsprechende Anwendung der Regeln des Blankettmißbrauchs:
- 16
aa) Der Sammelüberweisungsauftrag unterliegt keinen besonderen Formvorschriften; die im Zusammenhang mit der Automatisierung des Zahlungsverkehrs im Kreditgewerbe vereinbarten "Richtlinien für einheitliche Zahlungsvordrucke" (Abdruck bei Kindermann aaO Rdn. 6/41) treffen für die Gestaltung des Sammelauftrags selbst keine Regelung. In der bankrechtlichen Literatur wird das Sammelüberweisungsverfahren dahingehend beschrieben, daß das erste, die Unterschrift des Auftraggebers tragende Blatt des Überweisungsformulars durch eine Aufstellung der einzelnen Überweisungsträger ersetzt wird, der Sammelüberweisungsauftrag aber in jedem Fall die Einzelbeträge sowie die Gesamtsumme der beiliegenden (Einzel-)Überweisungsträger enthalten muß (vgl. dazu Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen 38. Aufl. S. 522, 523; Kindermann aaO Rdn. 6/36 mit Abdruck eines Musterformulars). Seine Unterschrift hat der Auftraggeber unter der Auflistung der Einzelüberweisungen zu leisten (vgl. Kindermann aaO).
- 17
bb) Das hier von den Parteien gewählte Verfahren unterscheidet sich davon wesentlich. Das vom Kunden zu unterzeichnende Auftragsformular enthält weder eine Auflistung der Einzelüberweisungen nach Seriennummern noch die jeweiligen Einzelbeträge, sondern lediglich die Anweisung, "die als Anlage beigefügten Überweisungen über nebenstehenden Betrag auszuführen", sowie die Gesamtsumme der Überweisungsbeträge. Über die Gesamtsumme hinaus bietet die nach dem Formulartext einzusetzende Stückzahl der beigefügten Vordrucke die einzige Kontrollmöglichkeit. Hinzu kommt, daß die von der Klägerin dem Überweisungsauftrag beigefügte Computerliste lediglich aus einer mit fortlaufenden Blattzahlen versehenen Sammlung von Blättern bestand, auf denen Überweisungsempfänger mit derselben Bankverbindung unter Angabe der für die jeweilige Empfängerbank bestimmten Zwischensumme zusammengefaßt waren und die weitgehend unbeschriebenen Raum aufwiesen. Die Verwendung eines in so hohem Maße fälschungsanfälligen Sammelgiroverfahrens ist im Ergebnis nicht anders zu bewerten als die bewußt unvollständige Ausfüllung eines Überweisungsauftrags. Der Einwand der Revision, es fehle an der wissentlichen Schaffung eines unrichtigen Rechtsscheins, weil anders als bei einem blanko unterschriebenen Überweisungsträger die Erklärung hier lückenlos, der Überweisungsauftrag vollständig und unmißverständlich erteilt und erst im nachhinein verfälscht worden sei, läßt außer acht, daß der eigentliche Sammelüberweisungsauftrag keine Rubrik enthielt, in die die Einzelüberweisungen eingetragen werden mußten. Die für die Durchführung des Sammelüberweisungsauftrags erforderlichen Daten ergaben sich allein aus den jeweiligen Einzelüberweisungen. Erst durch die beigefügten, jedoch nicht unterschriebenen Anlagen wurde die pauschale Weisung der Klägerin im Sammelauftragsformular inhaltlich konkretisiert. Mit der Verweisung auf diese, durch die Unterschrift räumlich nicht mehr gedeckten - und damit ohne weiteres manipulierbaren - Anlagen hat die Klägerin wissentlich einen ähnlichen Rechtsschein gesetzt wie derjenige, der durch bewußt unvollständige Ausfüllung eines Formulars die Möglichkeit der Manipulation eröffnet. Für diesen Rechtsschein hat die Klägerin einzustehen, denn es war ihre Sache, durch geeignete Maßnahmen einen Mißbrauch des von ihr praktizierten Sammelgiroverfahrens zu verhindern (vgl. BGHZ 40, 305). Die Klägerin hätte zumindest den betriebsinternen Ablauf der allmonatlichen Lohnüberweisung so organisieren müssen, daß die Sammelüberweisungsaufträge nach ihrer Prüfung und Unterzeichnung durch die hierzu bevollmächtigten Mitarbeiter unmittelbar an die Beklagte weitergeleitet wurden und weder die Angestellte F. noch andere Personen unkontrolliert in ihren Besitz gelangen konnten (vgl. OLG Düsseldorf WM 1990, 1818, 1820).
- 18
Daß die Sammelauftragsformulare von der Beklagten stammten, hindert demgegenüber nicht, den erst durch die Unterzeichnung gesetzten Rechtsschein der Klägerin zuzurechnen. Letztlich rührt der Mißbrauch der Sammelüberweisungsaufträge aus der Sphäre der Klägerin her, die sich bewußt auf diese Art der Sammelüberweisung eingelassen und die Manipulationen durch unzureichende betriebsinterne Sicherheitsvorkehrungen erleichtert hat. Im übrigen entsprach es nicht zuletzt dem Interesse und Bedürfnis der Klägerin, sich bei Sammelüberweisungen mit hohen Stückzahlen eines Verfahrens mit möglichst hohem Rationalisierungseffekt bedienen zu können.
- 19
b) Der Beklagten wäre mangels Schutzbedürftigkeit eine Berufung auf den von der Klägerin geschaffenen Rechtsschein nur versagt, wenn sie wegen der an den Anlagen der Überweisung vorgenommenen Veränderungen hätte Nachforschungen bei der Klägerin anstellen müssen (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 6. April 1987 - II ZR 101/86 = NJW 1987, 3124, 3126; Baumbach/Duden/Hopt, HGB 28. Aufl. § 5 Anm. 2 D). Eine Verletzung sich aus dem Girovertrag ergebender Prüfungspflichten hat das Berufungsgericht indessen ohne Rechtsfehler verneint.
- 20
Dabei ist es zutreffend von dem Grundsatz ausgegangen, daß eine Bank ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Prüfung eines Überweisungsauftrags genügt, wenn sie sich davon überzeugt, daß er seinem äußeren Erscheinungsbild nach den Eindruck der Echtheit erweckt. Die Banken werden im allgemeinen Überweisungsverkehr nur zum Zwecke eines technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Zahlungsverkehrs tätig und haben sich schon wegen dieses begrenzten Geschäftszwecks und der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge grundsätzlich nicht um die beteiligten Interessen ihrer Kunden zu kümmern (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 1986 - II ZR 283/85 = NJW 1987, 317, 318 m.w.Nachw.). Das gilt insbesondere bei Sammelüberweisungsaufträgen eines Kunden hinsichtlich der Gehälter seiner Arbeitnehmer, die sich - wie hier - monatlich wiederholten und deren Echtheit zu bezweifeln die Beklagte grundsätzlich keinen Anlaß hatte. Anders als die Revision meint, brauchte weder das unterschiedliche Schriftbild der von der Angestellten F. eingefügten Überweisungsträger noch der Umstand, daß sich in jedem Monat einige wenige hand- oder maschinenschriftlich erstellte Überweisungsträger an jeweils dieselben Empfänger unter den übrigen Einzelüberweisungsträgern befanden, die Beklagte zu einer Rückfrage bei der Klägerin veranlassen. Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, kamen für diese Abweichungen eine Reihe unverdächtiger Gründe in Betracht. Umstände, die das Vorliegen solcher Gründe - unzureichende bürotechnische Ausführung der schriftlichen Arbeiten, bloße Korrektur unvermittelt aufgetretener Fehler - gegenüber der Möglichkeit einer Verfälschung der Sammelüberweisungsaufträge aus Sicht der Beklagten als fernliegend erscheinen lassen mußte, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Im übrigen brauchte sich die Beklagte für derartige, dem äußeren Anschein nach betriebsinterne Vorfälle nicht zu interessieren. Das gilt auch insoweit, als die auf dem Sammelüberweisungsträger angegebene Anzahl der beigefügten Einzelüberweisungen mit der Zahl der tatsächlich beigefügten Einzelüberweisungen mitunter nicht übereinstimmte, weil die Mitarbeiterin F. eine bestimmte Anzahl von Lohnüberweisungen an ausgeschiedene Arbeitnehmer durch eine geringere Anzahl von - gefälschten - Überweisungen an sich ersetzte. Für die Beklagte war in erster Linie entscheidend, daß die auf dem Sammelüberweisungsauftrag angegebene Gesamtsumme mit der Summe der sich aus den Einzelüberweisungen ergebenden Beträge übereinstimmte. War das der Fall, konnte die Beklagte davon ausgehen, daß auch die Zahl der Einzelüberweisungen zutraf. Aus diesem Grund brauchte die Beklagte auch nicht zu überprüfen, ob handschriftliche Einzelüberweisungen etwa stets dieselben Zahlungsempfänger betrafen.
- 21
3. Da die Beklagte die ihr obliegenden Vertragspflichten bei der allmonatlichen Ausführung des Sammelüberweisungsauftrags nicht verletzt hat, scheiden auch Schadensersatzansprüche der Klägerin aus positiver Vertragsverletzung aus.
- 22
4. Unbegründet ist schließlich die Rüge der Revision, das angefochtene Urteil leide an einem Mangel im Tatbestand, weil die Gerichtsakten wegen des Fehlens bestimmter, von der Klägerin eingereichter Anlagen unvollständig seien. Bei diesen Anlagen handelt es sich um vier Bankbegleitlisten, die von der Klägerin als Anlagen K 11 bis K 14 vorgelegt wurden und die sich aus ungeklärten Gründen nicht mehr bei den Akten befinden. Zwar kann das Fehlen entscheidungserheblicher Unterlagen, auf die - wie hier - im Berufungsurteil Bezug genommen wird und die nach Abschluß der Instanz zurückgegeben worden sind, zu einem Mangel im Tatbestand führen, der die Revision begründet und die Zurückverweisung der Sache erforderlich macht (vgl. BGHZ 80, 64). Den fehlenden Bankbegleitlisten kommt eine entscheidungserhebliche Bedeutung indessen nicht zu. Soweit sie nämlich Veränderungen enthielten, die den Veränderungen der Einzelüberweisungen jeweils entsprachen, bilden diese jedenfalls - wie dargelegt - keine besonderen Verdachtsgründe, aus deren Nichtbeachtung eine Pflichtverletzung der Beklagten hergeleitet werden könnte.
Permalink
-
Diesen Link können Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses Dokument verlinken möchten:
https://www.juris.de/perma?d=KORE304399200